Entscheidungsdatum: 04.12.2018
1. NV: Es ist höchstrichterlich geklärt und damit nicht mehr von grundsätzlicher Bedeutung, ob und wann die in der Folge des JStG 2010 vom 8. Dezember 2010 (BGBl I 2010, 1768) geänderte Fassung des § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG zur Anwendung kommt und den Abzug eines Auflösungsverlusts auf 60 % begrenzt .
2. NV: Dabei spielt keine Rolle, ob der Anteilseigner die Absicht hatte, die Option nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG für eine im Privatvermögen gehaltene Beteiligung nicht auszuüben und offene oder verdeckte Gewinnausschüttungen ausschließlich mit dem Abgeltungssteuersatz nach § 32d Abs. 1 EStG und nicht auf der Grundlage des § 3 Nr. 40 EStG zu versteuern .
3. NV: Das FG kann auf die in der mündlichen Verhandlung beantragte Zeugenbefragung verzichten, wenn die unter Beweis gestellte Tatsache nicht streitig und zudem nach der vom FG vertretenen Rechtsauffassung nicht entscheidungserheblich ist .
Die Beschwerde der Kläger wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts München vom 19. April 2018 11 K 1450/17 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Kläger zu tragen.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sind nicht gegeben. Die Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, dazu unter 1.) noch zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO, dazu unter 2.) zuzulassen. Auch der gerügte Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, dazu unter 3.) liegt nicht vor.
1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig sein (Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 115 Rz 23, m.w.N.).
b) Daran fehlt es hier. Es ist höchstrichterlich geklärt und damit nicht mehr von grundsätzlicher Bedeutung, ob und wann die in der Folge des Jahressteuergesetzes 2010 --JStG 2010-- (vom 8. Dezember 2010, BGBl I 2010, 1768) geänderte Fassung des § 3c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zur Anwendung kommt und den Abzug eines Auflösungsverlusts auf 60 % begrenzt. Denn für die Anwendung des Teilabzugsverbots ist allein die Absicht des Steuerpflichtigen zur Erzielung von Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen i.S. des § 3 Nr. 40 EStG ausreichend. Es spielt keine Rolle, ob die nach § 3 Nr. 40 EStG zu versteuernden Erträge tatsächlich anfallen oder nicht (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. September 2014 IX R 43/13, BFHE 247, 203, BStBl II 2015, 257, und vom 29. Mai 2018 IX R 40/17, BFH/NV 2018, 944). Ausweislich der Gesetzesbegründung, die ausdrücklich auf die vorangegangene Rechtsprechung des BFH im Urteil vom 25. Juni 2009 IX R 42/08, BFHE 225, 445, BStBl II 2010, 220 Bezug nimmt, wollte der Gesetzgeber jeden aus einer Beteiligung i.S. des § 17 EStG folgenden Auflösungsgewinn oder –verlust dem Teileinkünfteverfahren unterwerfen, "wenn der Steuerpflichtige keinerlei durch seine Beteiligung vermittelte Einnahmen erzielt hat". Vielmehr sollen "sich Gewinne und Verluste aus einer Kapitalbeteiligung gleichermaßen nur anteilig auf die Einkommensteuer auswirken" (vgl. BTDrucks 17/2249, S. 50).
Dies ist nicht anders zu entscheiden, wenn der Anteilseigner die Absicht hatte, die Option nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG für eine im Privatvermögen gehaltene Beteiligung nicht auszuüben und offene oder verdeckte Gewinnausschüttungen ausschließlich mit dem Abgeltungssteuersatz nach § 32d Abs. 1 EStG und nicht auf der Grundlage des § 3 Nr. 40 EStG zu versteuern (vgl. zur Streitfrage Desens in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 3c EStG Rz 90; Förster, GmbH-Rundschau --GmbHR-- 2010, 1009, 1016; ders. GmbHR 2011, 393, 397; Nacke, Finanz-Rundschau 2011, 699, 705). Denn ausweislich des klaren Gesetzeswortlauts des § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG kommt es allein auf die "Absicht zur Erzielung von Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen im Sinne des § 3 Nr. 40" EStG an. Einnahmen i.S. des § 3 Nr. 40 EStG sind nach dem eindeutigen Wortlaut in Buchst. d und e der Vorschrift auch Dividenden i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG und Bezüge i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Dass der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die Absicht zur Erzielung entsprechender Einnahmen hatte, lässt sich den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) eindeutig entnehmen. Ob der Kläger die Einnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG mit dem Abgeltungssteuersatz oder dem Teileinkünfteverfahren zu versteuern beabsichtigte, spielt daher keine Rolle (so im Ergebnis auch HHR/ Desens, § 3c EStG Rz 90; Glaser, Deutsches Steuerrecht 2011, 1797, 1798 f.; Ratschow, BFH-PR 2015, 73; Scheunemann/ Dennisen, Betriebs-Berater 2011, 220).
Dieses Ergebnis folgt auch aus den BFH-Urteilen in BFHE 247, 203, BStBl II 2015, 257 und in BFH/NV 2018, 944. Denn die Entscheidungen betrafen die Jahre 2011 und 2012, in denen dem Steuerpflichtigen die Wahl zwischen Abgeltungssteuer und Teileinkünfteverfahren eingeräumt war. Ob der Steuerpflichtige Ausschüttungen mit der Abgeltungssteuer oder dem Teileinkünfteverfahren versteuern wollte, ist vom BFH als nicht entscheidungserheblich eingeordnet worden.
Im Übrigen kann die Ausübung des Wahlrechts zwischen beiden Besteuerungsalternativen ohnehin erst nach dem tatsächlichem Zufluss der Einnahmen und spätestens bis zur Abgabe der Einkommensteuererklärung erfolgen (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG). Vorher ließe sich eine Absicht des Steuerpflichtigen, wie er die Einnahmen zu versteuern beabsichtigte, nicht anhand von Indizien feststellen. Folgte man daher in diesem Punkt der Argumentation der Kläger, ginge die Gesetzesänderung durch das JStG 2010 vollständig ins Leere. Denn bei einnahmelosen Beteiligungen stellt sich die Frage der Ausübung des Wahlrechts in der Einkommensteuererklärung nicht. Der Steuerpflichtige könnte daher immer geltend machen, Dividenden mit dem Abgeltungssteuersatz versteuern zu wollen und so entgegen § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG den Vollabzug des Beteiligungsverlusts bei einnahmelosen Beteiligungen erreichen.
2. Aus den vorgenannten Gründen scheidet auch eine Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) aus.
3. Der gerügte Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) liegt nicht vor.
a) Das FG hat seine Pflicht zur vollständigen Berücksichtigung des Streitstoffs (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) nicht verletzt. Das FG konnte auf die in der mündlichen Verhandlung beantragte Zeugenbefragung verzichten, weil die unter Beweis gestellte Tatsache --Vorhandensein von Auszahlungsansprüchen der Gesellschafter-- nicht streitig und zudem nach der vom FG vertretenen Rechtsauffassung nicht entscheidungserheblich war. Denn ausweislich des Sitzungsprotokolls war zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der streitige Auflösungsverlust im Jahr 2013 zu berücksichtigen war. Weiter war ebenfalls unstreitig, dass von Beginn des Insolvenzverfahrens an nicht mit der Auszahlung von Mitteln der Gesellschaft an den Kläger zu rechnen war. Eine dahingehende Beweiserhebung war daher nicht erforderlich.
b) Der weiter gehende Vortrag der Kläger, wonach der Kläger eine renditestarke Beteiligung im Privatvermögen vor Augen hatte, stellt sich ebenfalls als nicht entscheidungserheblich dar. Der Hinweis der Kläger auf die Meinungen in der Fachliteratur richtet sich gegen die vom FG vertretene materielle Rechtsauffassung. Dieser Vortrag kann nicht zum Gegenstand einer Verfahrensrüge gemacht werden.
4. Von einer weiter gehenden Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.