Entscheidungsdatum: 29.05.2018
NV: Bei der Ermittlung des Verlusts i.S. von § 17 EStG aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft oder der Auflösung der Gesellschaft dürfen die Anschaffungs- und die Veräußerungskosten gemäß § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG i.d.F. durch das JStG 2010 auch dann nur zu 60 % abgezogen werden, wenn der Steuerpflichtige zwar keine durch seine Beteiligung vermittelten Einnahmen erzielt hat, aber mit der Absicht zur Erzielung von Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen gehandelt hat .
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 18. Juli 2017 5 K 1003/16 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens haben die Kläger zu tragen.
I.
Streitig ist die Höhe eines im Streitjahr 2012 entstandenen Auflösungsverlusts i.S. des § 17 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) werden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb und erlitt aus der Liquidation der ... GmbH, deren Alleingesellschafter er war, einen Auflösungsverlust i.S. des § 17 Abs. 4 EStG.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärten die Kläger einen Auflösungsverlust in Höhe von 39.900 €. Nach ihren Berechnungen ergab sich dieser aus den vom Kläger erworbenen beiden Kapitalanteilen von je 50 v.H., die er für 12.500 € und 10.000 € erworben hatte, sowie aus der geltend gemachten Erhöhung einer "Kapitaleinlage" von 44.000 €.
In dem Einkommensteuerbescheid für 2012 vom 6. Oktober 2014 berücksichtigte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) lediglich einen Veräußerungsverlust in Höhe von 13.500 €. Dieser ergebe sich nach dem Teileinkünfteverfahren in Höhe von 60 v.H. der Anschaffungskosten des Klägers für das Stammkapital der GmbH (= 22.500 € × 60 v.H.).
Den von den Klägern hiergegen eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 7. Dezember 2015 als unbegründet zurück.
Das Finanzgericht (FG) hat der hiergegen erhobenen Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2018, 366 veröffentlichten Urteil insoweit stattgegeben, als ein Auflösungsverlust in Höhe von 22.500 € zu berücksichtigen sei. Da dem Kläger keine durch seine Beteiligung vermittelten Einnahmen zugeflossen seien, sei das Teilabzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG nicht anwendbar und die Anschaffungskosten für die Gesellschaftsanteile in Höhe von 22.500 € seien in vollem Umfang abziehbar. Im Übrigen hat das FG die Klage abgewiesen.
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung des § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2010 (JStG 2010) vom 8. Dezember 2010 (BGBl I 2010, 1768).
Das FA beantragt,
das angefochtene Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist begründet. Der Senat entscheidet nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der Sache selbst und weist die Klage ab. Die Vorentscheidung verletzt § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG i.d.F. des JStG 2010. Das FA hat den unstreitigen Auflösungsverlust nach § 17 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 und 2, § 3c Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG zu Recht nur in Höhe von 13.500 € zum Abzug zugelassen.
1. Gemäß § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c i.V.m. Satz 2 EStG sind 40 % des gemeinen Werts i.S. von § 17 Abs. 2 und Abs. 4 EStG steuerfrei. Die hiermit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Aufwendungen sind nur zu 60 % abzuziehen; denn nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG dürfen Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zu 60 % abgezogen werden. Entsprechendes gilt, wenn bei der Ermittlung der Einkünfte der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils am Betriebsvermögen oder die Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder der an deren Stelle tretende Wert mindernd zu berücksichtigen sind. Bei steuerfreien Einnahmen soll kein doppelter steuerlicher Vorteil durch den zusätzlichen Abzug von unmittelbar mit diesen zusammenhängenden Aufwendungen erzielt werden (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. September 2014 IX R 43/13, BFHE 247, 203, BStBl II 2015, 257).
Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteile vom 25. Juni 2009 IX R 42/08, BFHE 225, 445, BStBl II 2010, 220; vom 14. Juli 2009 IX R 8/09, BFH/NV 2010, 399; Beschluss vom 18. März 2010 IX B 227/09, BFHE 229, 177, BStBl II 2010, 627, jeweils zum Halbeinkünfteverfahren) kommt eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 40 EStG nicht in Betracht, wenn keine Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen. Dann tritt die nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG maßgebende Bedingung dafür, entsprechende Aufwendungen nur zu 60 % zu berücksichtigen, nicht ein. Als Reaktion auf diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber indes die Regelung in § 3c Abs. 2 EStG durch das JStG 2010 um einen neu eingefügten Satz 2 ergänzt. Danach ist für die Anwendung des Satzes 1 die Absicht zur Erzielung von Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen i.S. des § 3 Nr. 40 EStG oder von Vergütungen i.S. des § 3 Nr. 40a EStG ausreichend (vgl. BTDrucks 17/2249, 50; BFH-Urteil in BFHE 247, 203, BStBl II 2015, 257, Rz 16). Gemäß § 52 Abs. 8a Satz 3 EStG ist § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG i.d.F. des JStG 2010 erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2011 anzuwenden (vgl. BTDrucks 17/2249, 63).
2. Nach diesen Maßstäben hat das FG die im Streitjahr 2012 anzuwendende Vorschrift des § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG (jetzt § 3c Abs. 2 Satz 7 EStG) zu Unrecht nicht berücksichtigt. Die Vorentscheidung ist daher aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Das Teilabzugsverbot des § 3c Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG ist im Streitfall anwendbar. Weitere Voraussetzungen stehen nicht im Streit, so dass die Klage antragsgemäß abzuweisen ist. Der Auflösungsverlust ist nur in Höhe von 13.500 € zu berücksichtigen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.