Entscheidungsdatum: 17.08.2015
Der Senat beabsichtigt, die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts München - 25. Zivilsenat - vom 27. Juni 2014 gemäß § 552a Satz 1 ZPO auf ihre Kosten zurückzuweisen.
Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen
eines Monats
Stellung zu nehmen.
I. Die Klägerseite (Versicherungsnehmerin: im Folgenden d. VN) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer fondsgebundenen Lebensversicherung.
Diese wurde aufgrund eines Antrags d. VN mit Versicherungsbeginn zum 1. Mai 2001 nach dem so genannten Policenmodell des § 5a VVG in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden § 5a VVG a.F.) abgeschlossen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d. VN mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen und eine Verbraucherinformation nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG). Die im Versicherungsschein enthaltene Widerspruchsbelehrung lautet: "Der Vertrag gilt auf Grundlage dieses Versicherungsscheins, der darin enthaltenen Versicherungsbedingungen und der ebenfalls für den Vertragsabschluß maßgeblichen Verbraucherinformationen als abgeschlossen, wenn Sie nicht innerhalb von 14 Tagen schriftlich widersprechen. Der Lauf dieser 14tägigen Widerspruchsfrist beginnt, wenn Ihnen die o.g. Unterlagen - einschließlich dieser Belehrung über das Widerspruchsrecht - vollständig vorliegen. ..."
D. VN zahlte von Mai 2001 bis September 2013 Prämien in Höhe von insgesamt mindestens 14.077,04 €. Mit Schreiben vom 23. September 2013 erklärte d. VN den Widerspruch nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. Mit Schreiben vom 30. September 2013 kündigte d. VN den Vertrag; der Versicherer zahlte daraufhin den Rückkaufswert aus.
Mit der Klage verlangt d. VN - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts, insgesamt 12.730,70 €.
Nach Auffassung d. VN ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Sie sei nicht hinreichend über ihr Widerspruchsrecht belehrt worden, so dass die Widerspruchsfrist nicht in Gang gesetzt worden sei. Das Policenmodell sei mit den Lebensversicherungsrichtlinien der Europäischen Union nicht vereinbar.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen.
II. Das Berufungsgericht hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. D. VN habe die Prämien mit Rechtsgrund geleistet. Die Widerspruchsbelehrung genüge den Anforderungen des § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. Sie sei in drucktechnisch hinreichend deutlicher Form erfolgt. Sie befinde sich an markanter Stelle unten auf Seite 1 des Versicherungsscheins, sei fettgedruckt, durch eine Randüberschrift hervorgehoben und springe direkt ins Auge. Der Abschnitt über die Widerspruchsbelehrung sei deutlich von dem vorausgehenden Hinweis zu § 5 VVG a.F. schon durch die jeweilige Randüberschrift abgegrenzt und außerdem insgesamt fettgedruckt. Die Belehrung sei auch nicht hinsichtlich des Beginns der Widerspruchsfrist ungenau, sondern entspreche dem Wortlaut des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. Die Regelung des Policenmodells verstoße nicht gegen die Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt d. VN das Klagebegehren weiter.
III. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision i.S. von § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor, und das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).
1. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil die Rechtssache bezüglich der Frage der Europarechtskonformität des Policenmodells grundsätzliche Bedeutung habe. Diese Frage stellt sich hier nicht.
a) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass d. VN über das Widerspruchsrecht ordnungsgemäß belehrt worden ist. Die Revision wendet sich erfolglos gegen die Würdigung des Berufungsgerichts, dass die Widerspruchsbelehrung drucktechnisch deutlich hervorgehoben sei. Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, ist die Belehrung sowohl durch den Fettdruck als auch durch die Randüberschrift hervorgehoben und damit klar von dem vorherigen Abschnitt und dem übrigen Text des Versicherungsscheins abgegrenzt.
Die Revision beanstandet weiter ohne Erfolg, der Versicherer habe d. VN nicht ordnungsgemäß über den Beginn der Widerspruchsfrist belehrt. Soweit es im ersten Satz der Belehrung heißt, "wenn Sie nicht innerhalb von 14 Tagen widersprechen", entspricht dies dem Wortlaut des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. Soweit der zweite Satz der Belehrung darauf abstellt, dass der Lauf der 14tägigen Widerspruchsfrist beginnt, "... wenn Ihnen die Unterlagen vorliegen ...", ist dies in § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. so vorgesehen. Diese Formulierung kann entgegen der Ansicht der Revision nicht den unzutreffenden Eindruck vermitteln, der Tag des Zugangs zähle entgegen § 187 Abs. 1 BGB mit. Ohne dass der durchschnittliche Versicherungsnehmer diese Vorschrift und die damit korrespondierende Bestimmung des § 188 Abs. 1 BGB kennen muss, wird er nach seinem maßgeblichen Empfängerhorizont die Belehrung so verstehen, dass die Frist durch den Zugang der genannten Unterlagen in Gang gesetzt wird und 14 Tage später am gleichen Wochentag abläuft.
b) Eine grundsätzliche Bedeutung ergibt sich nicht aus der Notwendigkeit einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union. Ob nach dem Policenmodell geschlossene Versicherungsverträge wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des § 5a VVG a.F. Wirksamkeitszweifeln unterliegen (vgl. dazu Senatsurteil vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13, BGHZ 202, 102 Rn. 16 ff.; BVerfG VersR 2015, 693 Rn. 30 ff.), kann im Streitfall dahinstehen. Die von der Revision begehrte Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union scheidet bereits deshalb aus, weil es auf die Frage, ob das Policenmodell mit den genannten Richtlinien unvereinbar ist, hier nicht entscheidungserheblich ankommt. D. VN ist es auch im Falle einer unterstellten Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Policenmodells nach Treu und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten (vgl. im Einzelnen zu den Maßstäben Senatsurteil vom 16. Juli 2014 aaO Rn. 32-42; BVerfG aaO Rn. 42 ff.). D. VN verhielt sich objektiv widersprüchlich. Die zumindest vertraglich eingeräumte und bekannt gemachte Widerspruchsfrist ließ sie bei Vertragsschluss 2001 ungenutzt verstreichen. D. VN zahlte über zwölf Jahre und fünf Monate die Versicherungsprämien, erklärte dann den Widerspruch und kündigte den Vertrag. Die jahrelangen Prämienzahlungen der bereits im April 2001 über die Möglichkeit, den Vertrag nicht zustande kommen zu lassen, belehrten VN haben bei der Beklagten ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Vertrages begründet. Diese vertrauensbegründende Wirkung war für d. VN auch erkennbar.
2. Aus den dargelegten Gründen hält das Berufungsurteil jeden falls im Ergebnis rechtlicher Prüfung stand.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller