Entscheidungsdatum: 22.09.2015
Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandgerichts Köln vom 6. Dezember 2013 wird gemäß § 552a Satz 1 ZPO auf Kosten der Klägerseite zurückgewiesen.
Streitwert für das Revisionsverfahren: 34.431,10 €.
Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerseite (Versicherungsnehmern: im Folgenden d. VN) war gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für ihre Zulassung nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. Der Senat hat die Parteien mit Beschluss vom 26. August 2015 auf die beabsichtigte Zurückweisung hingewiesen. Auf die dortigen Gründe wird ergänzend Bezug genommen.
Der Schriftsatz vom 9. September 2015 gibt keine Veranlassung, von der Zurückweisung der Revision abzusehen.
Soweit dort darauf hingewiesen wird, die Revision sei auf die Europarechtswidrigkeit des Policenmodells insgesamt gestützt, begründet dies im Streitfall keine Pflicht zu einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union, da es auf diese Frage hier nicht entscheidungserheblich ankommt. Wie der Senat in seinem Hinweisbeschluss näher ausgeführt hat, wäre es der Klägerin, die trotz Belehrung darüber, dass d. VN den Vertrag nicht zustande kommen lassen musste, diesen über viele Jahre durchgeführt hat, wegen widersprüchlichen Verhaltens verwehrt, sich bei unterstellter Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Policenmodells auf eine Unwirksamkeit des Vertrages zu berufen. Die Frage einer möglichen Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union in einem Fall, in dem kein widersprüchliches Verhalten der Versicherungsnehmer festgestellt werden kann, stellt sich im Streitfall nicht.
Entgegen der Ansicht der Revision sind die Maßstäbe für die Berücksichtigung der Gesichtspunkte von Treu und Glauben auch in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt (siehe im Einzelnen Senatsurteil vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13, BGHZ 202, 102 Rn. 41 f.; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 4. März 2015 - 1 BvR 3280/14, juris Rn. 31 ff. m.w.N.) und die Annahme rechtsmissbräuchlichen Verhaltens steht in Fällen wie dem vorliegenden in Einklang mit dieser Rechtsprechung (vgl. Senatsurteil aaO; vgl. auch BVerfG aaO).
Soweit die Revision geltend macht, es sei unionsrechtlich ungeklärt, ob verbraucherschützende Widerspruchsrechte durch nationale Vorschriften zum Rechtsmissbrauch beschränkt werden dürften, berührt dies zwar das Gebot der praktischen Wirksamkeit. Der Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben und des Verbots widersprüchlicher Rechtsausübung steht dies aber nicht entgegen, weil die Ausübung dieser Rechte in das nationale Zivilrecht eingebettet bleibt und die nationalen Gerichte ein missbräuchliches Verhalten auch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union berücksichtigen dürfen (BVerfG aaO Rn. 32 m.w.N.).
Die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben beeinträchtigt auch angesichts der besonderen Umstände des Streitfalles die praktische Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts und den Sinn und Zweck des Widerspruchsrechts nicht. Die Erwägungen der Zweiten und Dritten Richtlinie Lebensversicherung, eine genaue Belehrung der Versicherungsnehmer über ihr Rücktrittsrecht vor Abschluss des Vertrages sicherzustellen, werden auch hier nicht berührt, denn entscheidend ist im Streitfall, dass d. VN bzw. ihr Ehemann, der dem geltenden nationalen Recht entsprechend ordnungsgemäß über die Möglichkeit belehrt worden war, den Vertrag ohne Nachteile nicht zustande kommen zu lassen, diese gleichwohl in Vollzug gesetzt und über mehrere Jahre durchgeführt haben (vgl. ergänzend Senatsurteil vom 10. Juni 2015 - IV ZR 105/13, VersR 2015, 876 Rn. 13 f. ).
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller