Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 12.11.2014


BGH 12.11.2014 - IV ZR 161/14

Grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union: Abfassung der Anträge in deutscher Sprache; Übersetzung der Anlagen in die deutsche Sprache


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
4. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
12.11.2014
Aktenzeichen:
IV ZR 161/14
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend OLG Frankfurt, 31. März 2014, Az: 1 U 35/13, Urteilvorgehend LG Frankfurt, 21. Dezember 2012, Az: 2-7 O 262/09nachgehend BGH, 8. April 2015, Az: IV ZR 161/14, Urteil
Zitierte Gesetze
§§ 114ff ZPO
Art 13 Abs 2 Buchst a EGRL 8/2003

Tenor

Der Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.

Gründe

1

Der Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 114 Abs.1 i.V.m. § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist zurückzuweisen, weil nicht festgestellt werden kann, dass sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage sind, die Kosten der Prozessführung aufzubringen. Da die Beklagten ihren Wohnsitz in Griechenland haben, finden für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gemäß § 114 Abs. 1 Satz 2 ZPO ergänzend die §§ 1076 bis 1078 ZPO Anwendung. Gemäß § 1076 Abs. 1 ZPO gelten für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union nach der Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen (Amtsblatt EG Nr. L 26 S. 41, Amtsblatt EU Nr. L 32 S. 15) die §§ 114 bis 127a ZPO, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eingehende Ersuchen um grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe ist in § 1078 ZPO geregelt. Erfasst ist die - hier gegebene - Konstellation der Gewährung von Prozesskostenhilfe für ein Verfahren vor einem deutschen Gericht an eine Person mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat (vgl. MünchKomm-ZPO/Rauscher, 4. Aufl. § 1078 Rn. 1). Gemäß § 1078 Abs. 1 Satz 2 ZPO müssen die Anträge in deutscher Sprache ausgefüllt und die Anlagen von einer Übersetzung in die deutsche Sprache begleitet sein (vgl. OLG München OLGR 2007, 284; MünchKommZPO aaO Rn. 6; Musielak/Fischer, ZPO 11. Aufl., § 1078 Rn. 2). Einen solchen in deutscher Sprache gestellten Antrag nebst Anlagen in deutscher Sprache haben die Beklagten nicht gestellt. Sie haben vielmehr lediglich drei Unterlagen in griechischer Sprache eingereicht, von denen ihr Bevollmächtigter vorträgt, es handele sich um Steuerbescheide für die Beklagten. Ferner haben sie zwei in englischer Sprache gefasste ... bescheinigungen der Beklagten zu 2 und zu 3 vorgelegt. Dem Erfordernis des § 1078 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist mithin nicht Genüge getan. Die Regelung entspricht § 184 Satz 1 GVG. Hiernach ist deutsch die Gerichtssprache.

2

Nichts anderes ergibt sich auch aus der Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003. Gemäß deren Art. 13 Abs. 2a sind Anträge auf Prozesskostenhilfe auszufüllen und die beigefügten Anlagen zu übersetzen in der bzw. die Amtssprache des Mitgliedstaates der zuständigen Empfangsbehörde, die zugleich einer der Amtssprachen der Europäischen Gemeinschaft entspricht. Dies ist hier die deutsche Sprache. Nach Art. 13 Abs. 4 der Richtlinie unterstützt die zuständige Übermittlungsbehörde den Antragsteller, indem sie dafür Sorge trägt, dass dem Antrag alle erforderlichen Anlagen beigefügt werden. Nach Art. 8b der Richtlinie gewährt der Mitgliedstaat, in dem die Person, die Prozesskostenhilfe beantragt hat, ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, die erforderliche Prozesskostenhilfe gemäß Art. 3 Abs. 2 zur Deckung der Kosten für die Übersetzung des Antrags und der erforderlichen Anlagen, wenn der Antrag auf Prozesskostenhilfe bei den Behörden dieses Mitgliedstaates eingereicht wird. Die Beklagten müssen mithin einen in deutscher Sprache ausgefüllten Antrag nebst Übersetzung der Anlagen in deutscher Sprache entweder auf der Grundlage des Formulars gemäß § 117 Abs. 3 und 4 ZPO oder des Standardformulars nach Art. 16 der Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 einreichen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2010 - V ZB 214/10, FGPrax 2011, 41 Rn. 4, 8; MünchKomm-ZPO/Rauscher, 4. Aufl. § 1078 Rn. 7). Formfreie und nicht in deutscher Sprache gestellte Anträge nebst entsprechenden Belegen müssen demgegenüber nicht zugelassen werden (vgl. Münch-Komm-ZPO aaO). Ebenso wenig kommt hier die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die entstehenden Übersetzungskosten in Betracht. Für diese Übersetzungen haben die Beklagten selbst über das in Art. 8b i.V.m. Art. 13 Abs. 2, Abs. 4, Abs. 6 der Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 geregelte Verfahren in ihrem Heimatstaat zu sorgen.

Mayen                              Harsdorf-Gebhardt                                       Dr. Karczewski

                  Lehmann                                           Dr. Brockmöller