Entscheidungsdatum: 26.04.2012
1. Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen sind nicht zu bilden, wenn eine Inanspruchnahme am maßgeblichen Bilanzstichtag infolge eines Schuldbeitritts nicht (mehr) wahrscheinlich ist .
2. Ein Freistellungsanspruch wegen des Schuldbeitritts zu den Pensionsverpflichtungen ist in einem solchen Fall nicht zu aktivieren (gegen BMF-Schreiben vom 16. Dezember 2005 IV B 2 -S 2176- 103/05, BStBl I 2005, 1052) .
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine KG, hatte ihren Mitarbeitern mit Versorgungsordnung vom 21. Dezember 1992 einen Anspruch auf Alters- und Invalidenrente in Höhe von monatlich 6,50 DM (= 3,32 €) je anrechenbares Dienstjahr eingeräumt.
Am 16. Dezember des Streitjahres (2002) vereinbarte die Klägerin mit einer konzernverbundenen GmbH einen entgeltlichen Schuldbeitritt, mit dem Letztere sich verpflichtete, als weitere Schuldnerin für die Pensionszusagen der Klägerin gegenüber namentlich bezeichneten Pensionsberechtigten einzustehen (§ 1 des Vertrages). Die Klägerin hatte dafür ein sofort fälliges Basisentgelt zu zahlen, bei dem es sich um die Summe der nach den damaligen Erkenntnissen ermittelten Barwerte der Zahlungsverpflichtungen gegenüber den einzelnen Pensionsberechtigten handelte. Es sollte ca. 309.700 € betragen und sich in Abhängigkeit von den Auszahlungen an die einzelnen Pensionsberechtigten erhöhen oder vermindern (§ 2 des Vertrages). Im Innenverhältnis war die GmbH verpflichtet, die Zahlungen aus den Pensionsverpflichtungen unter Ausschluss eines Ausgleichsanspruchs zu leisten. Sofern --davon abweichend-- die Klägerin in Anspruch genommen werden sollte, hatte sie die Zahlungen im Innenverhältnis für Rechnung der GmbH vorzunehmen, die diese einmal jährlich nachschüssig auszugleichen hatte (§ 3 des Vertrages).
Die Klägerin wies daraufhin für die vom Schuldbeitritt betroffenen Verpflichtungen in ihrer Handels- und Steuerbilanz zum 31. Dezember des Streitjahres keine Pensionsrückstellungen mehr aus. Sie war der Auffassung, für sie bestünde keine wirtschaftliche Belastung mehr, nachdem sie insoweit durch den Schuldbeitritt freigestellt worden sei.
Dem folgte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) nach einer Betriebsprüfung nicht mehr. Auch nach dem Schuldbeitritt bleibe der Arbeitgeber, der die Versorgungsleistungen zugesagt habe, weiterhin der Pensionsverpflichtete, dem gegenüber die Pensionsberechtigten ihre Ansprüche allein geltend machen könnten. Eine Aufrechnung der Pensionsverpflichtungen mit dem Freistellungsanspruch gegenüber der GmbH sei nicht möglich, weil die Gläubiger nicht identisch seien. Die Pensionsrückstellungen und der im Innenverhältnis mit der GmbH bestehende Freistellungsanspruch stellten unabhängig voneinander zu bilanzierende Wirtschaftsgüter dar. Eine Saldierung sei nach § 246 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs (HGB) nicht möglich. Die Auflösung der Pensionsrückstellungen zum 31. Dezember des Streitjahres sei nicht zulässig, weil die Pensionsverpflichtungen der Klägerin auch nach dem Schuldbeitritt fortbestünden und weiterhin mit den Werten nach § 6a des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 233.860 € auszuweisen seien. Neben der Passivierung der Pensionsrückstellungen nach § 6a EStG habe die Klägerin den Freistellungsanspruch in Höhe des an die GmbH gezahlten Entgeltes (Anschaffungskosten) mit 309.577,58 € als Forderung zu aktivieren.
Die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren gerichtete Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, das FA sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin in der Bilanz des Streitjahres für die von dem Schuldbeitritt erfassten Pensionsverpflichtungen weiterhin Pensionsrückstellungen zu passivieren habe. Denn es sei nicht wahrscheinlich, dass die Klägerin daraus in Anspruch genommen werde. Die für den Schuldbeitritt an die GmbH geleistete Zahlung sei im Streitjahr als sofort abzugsfähige Betriebsausgabe gewinnmindernd zu berücksichtigen. Es handele sich nicht um Anschaffungskosten für ein Wirtschaftsgut, weil ein Anspruch auf Freistellung von Verbindlichkeiten aus der Pensionszusage nicht zu aktivieren sei. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 1922 veröffentlicht.
Dagegen richtet sich die Revision des FA. Die unstreitig bis Ende 2001 handelsrechtlich wie steuerlich bestehende Passivierungspflicht nach § 6a EStG für die unmittelbaren Pensionszusagen der Klägerin an ihre Mitarbeiter habe auch zum 31. Dezember 2002 fortbestanden. Eine Auflösung sei nicht zulässig, weil der Grund für die Rückstellung nicht entfallen sei (§ 249 Abs. 2 Satz 2 HGB). Durch den Schuldbeitritt sei lediglich im Innenverhältnis der Beitretende Schuldner potentieller Pensionsforderungen geworden. Jedoch sei weder die Pensionsverpflichtung der Klägerin entfallen, noch bestünden Rechtsverhältnisse zwischen den Pensionsberechtigten und dem Schuldbeitretenden. Im Ergebnis habe das FG entschieden, dass man sich gesetzlichen Verpflichtungen, die sich vorliegend aus dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) und dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) --Gesamtschuldnerschaft i.S. von §§ 421 ff. BGB-- sowie §§ 6a und 5 Abs. 1 EStG i.V.m. §§ 249 ff. HGB ergäben, durch privatschriftliche Vereinbarungen entziehen könne.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf eine beigefügte gutachterliche Stellungnahme und ist der Auffassung, ein Freistellungs- oder Ausgleichsanspruch existiere nicht.
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren beigetreten (§ 122 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Das BMF vertritt die Auffassung, die Pensionsverpflichtungen seien nach § 6a EStG zu passivieren gewesen. An der Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme daraus habe sich auch nach dem Schuldbeitritt der GmbH nichts geändert. Die Verpflichtung zur betrieblichen Altersversorgung bestehe bei der Klägerin als Arbeitgeberin fort, die zivilrechtlich und arbeitsrechtlich den Arbeitnehmern gegenüber verpflichtet bleibe und sich lediglich durch den Vertragsschluss mit der GmbH abgesichert habe. Das Risiko der Inanspruchnahme sei nicht auf die GmbH übertragen worden.
II. Die Revision des FA ist nicht begründet und deshalb nach § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Klägerin weder Rückstellungen für die vom Schuldbeitritt betroffenen Pensionsverpflichtungen zu bilden noch einen Freistellungsanspruch gegen die beitretende GmbH zu aktivieren hatte.
1. Die Klägerin hat zu Recht Rückstellungen für die Pensionszusagen, die dem Schuldbeitritt unterfielen, nicht (mehr) bilanziert. Es kann dahinstehen, ob sich die Klägerin der Pensionsverpflichtungen zwar mangels befreiender Schuldübernahme noch nicht rechtlich, aber doch wirtschaftlich vollständig entäußert hat (vgl. Schlotter/Pinkernell, Finanz-Rundschau --FR-- 2011, 689, unter III.1.; Weber-Grellet, Der Betrieb 2011, 2875, unter V.2.). Denn selbst wenn es an einer vollständigen Entäußerung fehlen sollte, kommt jedenfalls die Passivierung der Pensionsverpflichtungen wegen des --nicht nur internen-- Schuldbeitritts nicht in Betracht, weil es an der Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme fehlt.
a) Die Verpflichtung der Klägerin, ihren Mitarbeitern künftig Versorgungsleistungen zu erbringen, ist eine ungewisse Verbindlichkeit i.S. des § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB. Eine Rückstellung darf dafür nur gebildet werden, wenn aus der Sicht des Bilanzstichtags eine Inanspruchnahme wahrscheinlich ist (u.a. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. März 2000 VIII R 77/96, BFHE 191, 339, BStBl II 2002, 227, unter II.2.a der Gründe; vom 18. Dezember 2001 VIII R 27/00, BFHE 197, 483, BStBl II 2002, 733, unter II.1. der Gründe). Ist die Inanspruchnahme nicht wahrscheinlich, besteht handelsrechtlich ein Passivierungsverbot, das wegen der Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Grundsätze für die Gewinnermittlung (§ 5 Abs. 1 EStG) auch steuerrechtlich zu beachten ist. Das gilt auch im Anwendungsbereich des § 6a EStG (BFH-Urteile vom 5. April 2006 I R 46/04, BFHE 213, 326, BStBl II 2006, 688, unter II.2.a der Gründe; vom 8. Oktober 2008 I R 3/06, BFHE 223, 115, BStBl II 2010, 186, unter II.4.b bb aaa der Gründe).
b) Durch den Schuldbeitritt werden der ursprüngliche Schuldner und der Schuldbeitretende Gesamtschuldner (Palandt/Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 71. Aufl., vor § 414 Rz 2). Der Gläubiger kann die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Gesamtschuldner, aber nur einmal fordern (§ 421 BGB). Die Gesamtschuldnerschaft hat zwar regelmäßig zur Folge, dass die Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet sind; das gilt jedoch nicht, soweit anderes bestimmt ist (§ 426 Abs. 1 Satz 1 BGB). Im Außenverhältnis führt ein Schuldbeitritt somit zur Entstehung einer eigenen Schuld des Beitretenden gegenüber dem Gläubiger (Palandt/Grüneberg, a.a.O., vor § 414 Rz 4). Der Schuldbeitritt ist ein Vertrag zu Gunsten Dritter - des Gläubigers. Dessen Zustimmung ist nicht erforderlich, weil sich seine Rechtsstellung (nur) verbessert (vgl. Palandt/Grüneberg, a.a.O., vor § 414 Rz 2). Im Innenverhältnis zum bisherigen Schuldner kann der Beitretende die Schuld durch entsprechende Vereinbarung in vollem Umfang übernehmen, wie sich aus § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt. Wird der ursprüngliche Schuldner gleichwohl von dem Gläubiger in Anspruch genommen, kann er von dem Beigetretenen Ausgleich verlangen; die Forderung des Gläubigers gegen den Beigetretenen geht auf ihn über (§ 426 Abs. 2 Satz 1 BGB).
c) Von diesen Grundsätzen ausgehend hat das FG zu Recht entschieden, dass die Klägerin die streitigen Rückstellungen für Versorgungsleistungen nicht zu bilden hatte, weil ihre Inanspruchnahme am maßgeblichen Bilanzstichtag nicht (mehr) wahrscheinlich war. Zwar schuldete die Klägerin den Versorgungsberechtigten weiterhin künftige Versorgungsleistungen; ihre Inanspruchnahme war jedoch infolge des Schuldbeitritts der GmbH nicht (mehr) wahrscheinlich. Da nach dem Innenverhältnis der Gesamtgläubiger allein die (leistungsfähige) GmbH künftig zu den Versorgungsleistungen verpflichtet war, waren die Pensionsrückstellungen von der GmbH und nicht von der Klägerin zu passivieren (Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, 3. Aufl., § 246 Rz 315; Ellrott/Rhiel in Beck Bil-Komm., 8. Aufl., § 249 Rz 220; Prinz, FR 2011, 551, unter V.3.b aa; Schlotter/Pinkernell, FR 2011, 689, unter III.4.; Stellungnahme des Instituts der Wirtschaftsprüfer vom 20. Juni 2005 zum Entwurf eines BMF-Schreibens, abrufbar unter www.idw.de; anderer Ansicht BMF-Schreiben vom 16. Dezember 2005 IV B 2 -S 2176- 103/05, BStBl I 2005, 1052, unter II.a).
2. Einen Freistellungsanspruch gegen die GmbH wegen des Schuldbeitritts zu den Pensionsverpflichtungen hat die Klägerin ebenfalls zutreffender Weise nicht aktiviert. Denn die Verpflichtung der GmbH zur Freistellung der Klägerin, falls diese künftig aus den Pensionsverpflichtungen in Anspruch genommen werden sollte, ist bei dieser --wie das FG zutreffend entschieden hat-- schon deshalb kein bilanzierungsfähiges Wirtschaftsgut, weil bereits die künftige Inanspruchnahme aus den Pensionsverpflichtungen ungewiss und --wie unter II.1. dargelegt-- für deren Passivierung nicht hinreichend wahrscheinlich ist. Tatsächlich war die Klägerin bis zum Bilanzstichtag aus den Pensionsverpflichtungen --wie das FG festgestellt hat und zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist-- nicht in Anspruch genommen worden. Auch insoweit kommt daher die Aktivierung eines Freistellungsanspruchs nicht in Betracht. Da das Entgelt für den Schuldbeitritt unstreitig sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach betrieblich veranlasst war, führt es --mangels Erfüllung der Voraussetzungen für die Aktivierung eines Wirtschaftsguts-- zu sofort abziehbaren Betriebsausgaben (vgl. BFH-Urteil vom 8. September 2011 IV R 5/09, BFHE 235, 241, BStBl II 2012, 122). Der wirtschaftliche Wert der Ansprüche, die die Klägerin aus dem Schuldbeitritt der GmbH gegen diese hat, spiegelt sich bilanziell allein darin wider, dass die ungewisse Verbindlichkeit aus den Pensionszusagen nicht mehr als Passivposten auszuweisen ist.
3. Die Einwände des FA und des BMF rechtfertigen die weitere Passivierung von Pensionsrückstellungen und die Aktivierung eines Freistellungsanspruchs nicht.
a) Die Regelung in § 249 Abs. 2 Satz 2 HGB, nach der Rückstellungen nur aufgelöst werden dürfen, soweit der Grund hierfür entfallen ist, führt --entgegen der Auffassung des FA-- vorliegend zur Auflösung der streitigen Pensionsrückstellungen.
aa) § 249 Abs. 2 Satz 2 HGB hat (lediglich) klarstellende Bedeutung. Denn die Auflösung einer passivierungspflichtigen Pensionsrückstellung bei fortbestehendem Grund verstieße gegen die Regelung, die zur Bildung der Rückstellung geführt hat (vgl. Kozikowski/Schubert in Beck Bil-Komm., a.a.O., § 249 Rz 326). Auf der anderen Seite stellt § 249 Abs. 2 Satz 2 HGB im Umkehrschluss jedoch auch klar, dass in den vorausgegangenen Bilanzen gebildete Rückstellungen aufzulösen sind, wenn bis zur Bilanzaufstellung bekannt wird, dass mit einer Inanspruchnahme nicht mehr zu rechnen ist, weil sich die Verhältnisse geändert haben oder neue Informationen vorliegen, die zu einer geänderten Beurteilung der sachlichen Verhältnisse führen (Kozikowski/Schubert in Beck Bil-Komm., a.a.O., § 249 Rz 21).
bb) Vorliegend sind danach die in den vorausgegangenen Bilanzen gebildeten Pensionsrückstellungen aufzulösen, weil sich die für ihre Bildung maßgeblichen Verhältnisse --entgegen der Auffassung des FA und des BMF-- geändert haben. Die Klägerin hat die stillen Lasten im Wege des entgeltlichen Schuldbeitritts mit Erfüllungsübernahme durch die GmbH realisiert (vgl. Prinz, FR 2011, 551, unter V.3.b; Schlotter/Pinkernell, FR 2011, 689, unter III.4.a); eine Inanspruchnahme aus den fortbestehenden rechtlichen Verpflichtungen war nicht mehr wahrscheinlich (s. oben unter II.1.c). Die Auffassung des BMF, dass sich das Risiko der Inanspruchnahme für die Klägerin nicht geändert habe, ist nicht nachvollziehbar. Es trifft auch nicht zu, dass der Schuldbeitritt lediglich das Innenverhältnis zwischen Klägerin und GmbH berührt; vielmehr erhielten die Versorgungsberechtigten einen unmittelbaren Anspruch gegen die GmbH als Gesamtschuldnerin (s. oben unter II.1.b).
cc) Anhaltspunkte dafür, dass sich die Klägerin --wie das FA meint-- gesetzlichen Verpflichtungen aus dem BetrAVG, dem BGB oder § 6a EStG entziehen wollte, sind nicht erkennbar.
(1) § 4 BetrAVG schränkt die Möglichkeit, eine Schuld in der Weise zu übernehmen, dass der Dritte an die Stelle des bisherigen Schuldners tritt (§§ 414 ff. BGB), zum Schutz des Pensions-Sicherungs-Vereins und der Versorgungsberechtigten ein (vgl. dazu BFH-Urteil vom 17. Dezember 2008 III R 22/05, BFH/NV 2009, 1409, unter II.1.b bb der Gründe; Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 11. März 2008 3 AZR 358/06, BAGE 126, 120, unter B.II.2.b der Gründe). Eine isolierte Übertragung der entsprechenden Verbindlichkeiten mit befreiender Wirkung ist deshalb nicht möglich. Das gilt jedoch für den Schuldbeitritt nicht, weil er ausschließlich zu einer Verbesserung der Rechtsstellung der Gläubiger (Versorgungsberechtigten) führt (s. oben unter II.1.b). Die Beachtung des § 4 BetrAVG ist offenkundig Grundlage des vereinbarten Schuldbeitritts.
(2) Nichts anderes gilt für die Regelungen über die Gesamtschuldnerschaft in §§ 421 ff. BGB (dazu s. oben unter II.1.b). Sie liegen offensichtlich dem vereinbarten Schuldbeitritt zu Grunde.
(3) Die Klägerin hat sich auch nicht den gesetzlichen Verpflichtungen aus § 6a EStG entzogen. Zwar sind die nach Maßgabe des § 6a EStG gebildeten Pensionsrückstellungen niedriger als der Barwert der zu Grunde liegenden Pensionsverpflichtungen. Fehlt es jedoch --wie vorliegend nach dem Schuldbeitritt-- an der Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme, dürfen Rückstellungen nicht mehr passiviert werden. Das gilt auch für Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen. Denn die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme ist auch im Anwendungsbereich des § 6a EStG Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung (s. oben unter II.1.a).
b) Das angefochtene Urteil steht auch mit der Rechtsprechung des BFH zur bilanziellen Behandlung von Versorgungszusagen in Einklang, für die einerseits eine kongruente Rückdeckungsversicherung abgeschlossen wurde (BFH-Urteil vom 25. Februar 2004 I R 54/02, BFHE 205, 434, BStBl II 2004, 654), oder die andererseits durch eine selbstständige, umlagefinanzierte Versorgungskasse erfüllt werden (BFH-Urteile in BFHE 223, 115, BStBl II 2010, 186; in BFHE 213, 326, BStBl II 2006, 688).
aa) Zur Rückdeckung der Ansprüche aus den Versorgungszusagen durch eine kongruente Rückdeckungsversicherung hat der BFH entschieden, dass die Pensionsverpflichtungen einerseits und der Rückdeckungsanspruch andererseits unabhängig voneinander zu bilanzierende Wirtschaftsgüter darstellen, die nicht saldiert werden dürfen (BFH-Urteil in BFHE 205, 434, BStBl II 2004, 654, unter II.1.b der Gründe). Soweit in der Rechtsprechung des BFH die Berücksichtigung von Rückgriffsmöglichkeiten bei der Bilanzierung von Verbindlichkeiten und Forderungen bejaht worden sei, habe es sich --anders als im (damaligen) Streitfall-- jeweils um künftig entstehende und damit noch nicht aktivierbare Rückgriffsansprüche gehandelt. Der Anspruch auf Rückdeckung (Erstattung) der zu leistenden Renten sei als Forderung unter den sonstigen Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens mit den Anschaffungskosten in Höhe der verzinslichen Ansammlung der vom Versicherungsnehmer geleisteten Sparanteile der Versicherungsprämien zuzüglich etwa vorhandener Guthaben aus Überschussbeteiligungen zu bilanzieren.
bb) Demgegenüber hat der BFH die Bildung von Pensionsrückstellungen nicht zugelassen, wenn der unmittelbar verpflichtete Arbeitgeber Mitglied einer Versorgungskasse ist und später Versorgungsleistungen nach den am Bilanzstichtag bestehenden Erkenntnissen voraussichtlich von dieser Versorgungskasse erbracht werden (BFH-Urteile in BFHE 223, 115, BStBl II 2010, 186, und in BFHE 213, 326, BStBl II 2006, 688). Für den Fall, dass ein Arbeitgeber seinen Betriebsangehörigen einen unmittelbaren Rechtsanspruch auf Versorgung einräumt, diese Pensionsverpflichtungen aber vereinbarungsgemäß nach Eintritt des Versorgungsfalles aufgehoben und auf eine Unterstützungskasse übertragen werden sollen, hat der BFH entschieden, dass der Arbeitgeber für die bis zum Eintritt des Versorgungsfalles bestehende unmittelbare Verpflichtung eine Pensionsrückstellung bilden kann (BFH-Urteil vom 19. August 1998 I R 92/95, BFHE 187, 12, BStBl II 1999, 387). Entscheidungserheblich war in diesen Fällen die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme aus den Versorgungszusagen. Soweit der unmittelbar verpflichtete Arbeitgeber Mitglied einer Versorgungskasse war, die aus Sicht des Bilanzstichtags voraussichtlich die Versorgungsleistungen erbrachte, hat der BFH die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme und deshalb die Zulässigkeit der Bildung von Pensionsrückstellungen durch den Arbeitgeber verneint, auch wenn Rechte und Pflichten nur zwischen der Kasse und den einzelnen Mitgliedern (den Arbeitgebern) begründet wurden (BFH-Urteile in BFHE 223, 115, BStBl II 2010, 186, unter II.4.b bb aaa der Gründe, und in BFHE 213, 326, BStBl II 2006, 688, unter II.2.b der Gründe). Für den Fall der Übertragung der Versorgungsverpflichtungen nach Eintritt des Versorgungsfalles auf eine Unterstützungskasse hat der BFH dagegen die Inanspruchnahme aus den Versorgungszusagen bis zum Eintritt des Versorgungsfalles für wahrscheinlich gehalten (BFH-Urteil in BFHE 187, 12, BStBl II 1999, 387, unter II.2. der Gründe).
cc) Mit dem Urteilsfall des BFH-Urteils in BFHE 205, 434, BStBl II 2004, 654 ist der Streitfall hinsichtlich der für die Entscheidung maßgeblichen Voraussetzungen dagegen nicht vergleichbar. Denn um eine Saldierung der ungewissen Verbindlichkeiten aus den Versorgungszusagen mit Rückdeckungsansprüchen, die nach § 246 Abs. 2 Satz 1 HGB unzulässig wäre, geht es vorliegend --anders als im damaligen Urteilsfall-- nicht. Eine Saldierung kommt im Streitfall schon deshalb nicht in Betracht, weil weder wegen der Versorgungszusagen ein Posten auf der Passivseite, noch wegen etwaiger Ausgleichsforderungen bei der Inanspruchnahme der Klägerin ein Posten auf der Aktivseite (s. dazu unter II.2.) anzusetzen ist. Der Senat folgt auch nicht der Ansicht des BMF, dass das Entgelt für den Schuldbeitritt der GmbH --ähnlich den Versicherungsprämien für die kongruente Rückdeckungsversicherung-- eine Sparkomponente aufweise. Denn die Klägerin spart nicht --anders als im damaligen Fall-- Kapital an, um später die Ansprüche der Versorgungsberechtigten erfüllen zu können, sondern sie leistet einem Dritten ein Entgelt für die Schuld(mit-)übernahme, um sich der Versorgungsverpflichtungen soweit zu entledigen, wie es unter Beachtung des § 4 BetrAVG möglich war.
dd) Aus der Anwendung der in den BFH-Urteilen in BFHE 223, 115, BStBl II 2010, 186, in BFHE 213, 326, BStBl II 2006, 688 und in BFHE 187, 12, BStBl II 1999, 387 entwickelten Rechtsgrundsätze auf den Streitfall folgt, dass die Passivierung der Pensionsrückstellungen von der Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme aus den Versorgungszusagen abhängt, die das FG zu Recht verneint hat (s. oben unter II.1.c). Ebenso wie in den Urteilsfällen in BFHE 223, 115, BStBl II 2010, 186 und in BFHE 213, 326, BStBl II 2006, 688 fehlt es vorliegend an der Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme aus den rechtlich (auch) bei der Klägerin fortbestehenden Versorgungsverpflichtungen, weil diese durch einen Dritten --vorliegend die GmbH, damals die Versorgungskassen-- zu erfüllen sind. Zwar hat der BFH --wie das FA geltend macht-- darauf hingewiesen, dass in beiden Urteilsfällen der Versorgungsverpflichtete einer Versorgungskasse angehörte, die von ihren Mitgliedern geschuldete Versorgungsleistungen im Namen des jeweiligen Mitglieds leistete, sowie, dass die Versorgungskasse durch Umlagen ihrer Mitglieder finanziert wurde und kein eigenes Deckungskapital aufbaute, mit der Folge, dass von denselben Rechtsgrundsätzen auszugehen war (BFH-Urteil in BFHE 223, 115, BStBl II 2010, 186, unter II.4.b bb bbb der Gründe). Zu den maßgeblichen Rechtsgrundsätzen gehört in beiden Fällen jedoch, dass Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen nicht zu bilden sind, wenn es an der Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme fehlt. Nichts anderes ergibt sich aus dem BFH-Urteil in BFHE 187, 12, BStBl II 1999, 387.
4. Die Revision des FA hat danach keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil ist nicht zu beanstanden.