Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 23.07.2015


BGH 23.07.2015 - III ZR 4/15

Altersdiskriminierung von Polizeivollzugsbeamten: Anwendbarkeit der Ausschlussfrist des AGG auf einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen legislativen Unrechts; Vereinbarkeit der Festlegung einer niedrigeren als die allgemeine Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand und die Anhebung der Altersgrenze in Anpassung an die Entwicklung der demografischen Verhältnisse mit der Gleichbehandlungsrichtlinie


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
3. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
23.07.2015
Aktenzeichen:
III ZR 4/15
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend OLG Hamm, 3. Dezember 2014, Az: I-11 U 6/13, Urteilvorgehend LG Münster, 20. November 2012, Az: 11 O 23/12
Zitierte Gesetze
§ 115 Abs 1 LBG NW
§ 129 LBG NW
Art 4 Abs 1 EGRL 78/2000
Art 6 Abs 1 EGRL 78/2000

Leitsätze

1. Die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG ist nicht auf einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen des Erlasses eines Gesetzes anwendbar, das beamtenrechtliche Regelungen über den Eintritt in den Ruhestand enthält, die eine (im vorliegenden Einzelfall allerdings zu verneinende) unzulässige Diskriminierung wegen des Alters darstellen.

2. Es ist nach Art. 4 Abs. 1 RL 2000/78/EG gerechtfertigt, für Polizeivollzugsbeamte eine niedrigere Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand zu bestimmen als für Beamte der allgemeinen Dienstzweige.

3. Es ist nach Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG gerechtfertigt, die Anhebung der Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand in Anpassung an die Entwicklung der demografischen Verhältnisse stufenweise nach dem Geburtsjahr oder -monat der Bediensteten vorzunehmen.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 3. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsrechtszugs hat der Kläger zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der am 13. März 1947 geborene Kläger stand als Kriminalbeamter im Dienst des beklagten Landes Nordrhein-Westfalen und trat mit Ablauf des 30. Juni 2010 in den Ruhestand. Er verlangt von seinem Dienstherrn Schadensersatz mit der Begründung, die maßgeblichen - für sich genommen zutreffend angewandten - landesgesetzlichen Regelungen zu den Altersgrenzen für Polizeibeamte verstießen gegen die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EU L 303 S. 16 - im Folgenden: Richtlinie 2000/78/EG oder nur Richtlinie beziehungsweise RL). Seine Versetzung in den Ruhestand habe deshalb erst zum 31. März 2012 erfolgen dürfen.

2

Nach der bis zum 31. Dezember 2003 gültigen Regelung traten Polizeivollzugsbeamte des Beklagten mit Ende des Monats, in dem sie das 60. Lebensjahr vollendeten, in den Ruhestand (§ 192 Satz 1 LBG NRW aF). Nach § 192 Satz 2 i.V.m. § 44 Abs. 3 Satz 1 LBG NRW aF konnte bei Vorliegen dringender Gründe im Einzelfall der Eintritt in den Ruhestand mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde und des Beamten um bis zu zwei Jahre verschoben werden.

3

Mit dem Zehnten Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 17. Dezember 2003 (GV. NRW. S. 814) wurde die Regelaltersgrenze für Polizeivollzugsbeamte auf 62 Jahre angehoben (§ 192 Abs. 1 LBG NRW nF). Gemäß § 192 Abs. 2 i.V.m. § 44 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW in der Fassung dieses Gesetzes konnte der Eintritt in den Ruhestand auf Antrag des Polizeivollzugsbeamten mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres hinausgeschoben werden. In Artikel 7 § 5 des Gesetzes war für Polizeivollzugsbeamte folgende Übergangsregelung getroffen:

"(1) Die neue Altersgrenze des § 192 Abs. 1 (vollendetes 62. Lebensjahr) gilt für Beamte ab dem Geburtsjahrgang 1950.

(2) Vom 1. Januar 1947 bis 30. Juni 1947 geborene Beamte treten zum 30. Juni 2007, vom 1. Juli 1947 bis 31. Dezember 1947 geborene Beamte zum 31. Dezember 2007 in den Ruhestand.

(3) Für die Beamten des Geburtsjahrgangs 1948 wird die bis zum 31. Dezember 2006 geltende Altersgrenze (vollendetes 60. Lebensjahr) um 12 Monate, für die Beamten des Geburtsjahrgangs 1949 um 18 Monate angehoben."

4

Nach der mit Wirkung zum 1. April 2009 erfolgten Neufassung des nordrhein-westfälischen Beamtengesetzes durch das Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 21. April 2009 (GV. NRW. S. 224) wurde die bislang in § 192 Abs. 1 LBG NRW bestimmte Altersgrenze in § 115 Abs. 1 LBG NRW geregelt und die vorzitierte Übergangsregelung für die Geburtsjahrgänge 1948 bis 1950 als § 129 LBG NRW für alle Beamten übernommen. Weiterhin wurde im neuen § 32 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 LBG NRW allgemein bestimmt, dass auf Antrag des Beamten der Eintritt in den Ruhestand um bis zu drei Jahre über den regulären Zeitraum, jedoch nicht über das 70. Lebensjahr hinaus, verschoben werden kann, sofern dienstliche Gründe nicht entgegenstehen.

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Auf entsprechende Anträge schob der Beklagte auf der Grundlage von § 192 Abs. 2 i.V.m. § 44 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW in der bis zum 31. März 2009 geltenden Fassung und gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 LBG in der seither geltenden Fassung den Ruhestand des Klägers um insgesamt drei Jahre über den in Artikel 7 § 5 Abs. 2, 1. Halbsatz des Zehnten Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 17. Dezember 2003 bestimmten Zeitpunkt, das heißt bis zum 30. Juni 2010, hinaus. Im September 2009 beantragte der Kläger, den Eintritt in den Ruhestand um weitere zwei Jahre, mithin bis zum 30. Juni 2012 zu verschieben. Mit Bescheid vom 5. Januar 2010 lehnte der Beklagte diesen Antrag ab. Daraufhin versuchte der Kläger, die Verlängerung seines Verbleibs im aktiven Dienst des Beklagten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu erreichen. Der entsprechende Antrag blieb vor dem Verwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht ohne Erfolg. Seine verwaltungsgerichtliche Klage in der Hauptsache nahm er, nachdem er mit Ablauf des 30. Juni 2010 in den Ruhestand getreten war, zurück.

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Der Kläger begehrt mit seiner Klage, so gestellt zu werden, als ob er erst mit Ablauf des 31. März 2012 pensioniert worden wäre. Er verlangt für den Zeitraum zwischen dem 1. Juli 2010 und dem 31. März 2012 die Differenz zwischen dem Gehalt eines aktiven Beamten seiner Besoldungsgruppe und seinen Ruhestandsbezügen sowie Ersatz der während dieser Zeit angefallenen Kosten für eine private Krankenversicherung. Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt er sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision ist im Ergebnis unbegründet.

I.

8

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger werde durch die vorgenannten Regelungen in zweifacher Hinsicht gegenüber anderen Landesbeamten ungleich behandelt. Zum einen sei die Regelaltersgrenze für Polizeivollzugsbeamte auf lediglich 62 Jahre heraufgesetzt worden, während für Beamte anderer Dienstzweige diese Grenze bei 65 Jahren liege. Zum anderen sei aufgrund der Übergangsregelung des Artikels 7 § 5 des Zehnten Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 17. Dezember 2003 für den am 13. März 1947 geborenen Kläger die zuvor geltende Regelaltersgrenze von 60 Jahren um lediglich drei Monate hochgesetzt worden, während für nach dem 1. Juli 1947 geborene Polizeibeamte die reguläre Altersgrenze schrittweise bis zur Vollendung des 62. Lebensjahres angehoben worden sei. Ob diese Ungleichbehandlungen, die eine unmittelbare Diskriminierung des Klägers im Sinne von Art. 2 Abs. 2a RL darstellten, nach Art. 4 Abs. 1 und Art. 6 RL gerechtfertigt seien, sei nicht unzweifelhaft. Das beklagte Land habe nichts dazu vorgetragen, welche konkreten Anhaltspunkte sich für die von ihm verfolgten gesetzgeberischen Ziele aus welchem Kontext der Verabschiedung der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen ergeben hätten.

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Diese Frage brauche aber ebenso wenig abschließend entschieden zu werden wie die Frage, ob eine etwaige Verletzung von Art. 2 Abs. 2a, Art. 3 Abs. 1c und Art. 6 RL durch den Beklagten als ein qualifizierter Verstoß gegen Unionsrecht zu werten wäre. Der Kläger sei jedenfalls mit seinen etwaigen Schadensersatzansprüchen ausgeschlossen, weil er die in § 15 Abs. 4 AGG geregelte Ausschlussfrist von zwei Monaten versäumt habe. Diese Frist finde auch auf den unionsrechtlichen Haftungsanspruch Anwendung. Dieser habe zwar seine Grundlage unmittelbar im Gemeinschaftsrecht. Die Folgen eines Unionsrechtsverstoßes seien nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union aber von dem Mitgliedstaat im Rahmen des nationalen Haftungsrechts zu beheben. Mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, das die Richtlinie 2000/78/EG umgesetzt habe, seien in Deutschland nationale Haftungsnormen geschaffen worden, in denen die Voraussetzungen, unter denen ein Entschädigungs- oder Schadensersatzanspruch wegen unzulässiger Ungleichbehandlungen im Beruf und Zivilrechtsverkehr geltend gemacht werden könne, näher bestimmt worden seien. Vorliegend sei die nationale Haftungsvorschrift des § 15 AGG einschlägig.

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Der Anwendung dieser Bestimmung stehe es nicht entgegen, dass der Beklagte bei dem Erlass der vom Kläger als diskriminierend gerügten Vorschriften zur abgestuften Anhebung der Altersgrenze für Polizeivollzugsbeamte als Gesetzgeber gehandelt habe, es sich dementsprechend um legislatives Unrecht handele. § 15 AGG enthalte eine Rechtsgrundverweisung auf § 7 Abs. 1 AGG, der sich auf Beschäftigungsverhältnisse beziehe. Die hierfür maßgeblichen Regelungen des Gesetzes gälten gemäß § 24 AGG "unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung" auch für Beamte. Zu den Besonderheiten der Rechtsstellung von Landesbeamten gehöre aber, dass ihre Arbeits- und Entlassungsbedingungen vom beklagten Land als Gesetzgeber geregelt würden. Dementsprechend unterfielen die in Rede stehenden legislativen Maßnahmen des Beklagten gemäß § 24 AGG dem Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 AGG.

11

Die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG sei mit der Richtlinie vereinbar. Der Kläger habe diese Frist nicht gewahrt.

II.

12

Die Klageabweisung hält im Ergebnis der rechtlichen Prüfung stand.

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1. Allerdings vermag der Senat nicht die Ansicht des Berufungsgerichts zu teilen, die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG sei auf den vom Kläger geltend gemachten unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen der Schaffung einer seiner Ansicht nach dem Unionsrecht widersprechenden Gesetzeslage anwendbar. Die Bestimmung, die nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. Juli 2010 (C-246/09 - Bulicke - Slg. 2010, I-7006) mit der Richtlinie 2000/78/EG vereinbar ist, regelt die Ausschlussfrist für Ansprüche auf Entschädigung und Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG. Dieser ist weder deckungsgleich mit dem eingeklagten unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch noch handelt es sich - anders als im Verhältnis zu Ansprüchen aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 und § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 7 Abs. 3 AGG (siehe hierzu BAG NZA 2012, 1211 Rn. 41, 42 ff) - bei § 15 Abs. 1 und 2 AGG um Spezialregelungen, die diese Anspruchsgrundlage verdrängen. Vielmehr sind im vorliegenden Zusammenhang nach der Zielrichtung von § 15 Abs. 1 und 2 AGG Grundlage der dort geregelten Ansprüche individual- oder kollektivrechtliche Vereinbarungen oder eine einzelfallbezogene, konkrete Maßnahme des Arbeitgebers, die gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen, nicht aber die Schaffung einer diesem Verbot widersprechenden abstrakten Rechtslage. Der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch wegen "legislativen Unrechts" weist eine andere inhaltliche Qualität auf als die auf § 15 Abs. 1 und 2 AGG beruhenden und dem § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG unterliegenden Ansprüche. Bestätigt wird dies durch die Gesetzesbegründung zu § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG. Danach soll die darin bestimmte kurze Frist für die Geltendmachung von Ansprüchen nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG den Arbeitgeber angesichts der für ihn ungünstigen Beweislastregelung des § 22 AGG davor schützen, "Dokumentationen über Einstellungsverfahren etc." unzumutbar lange, das heißt bis zum Ablauf der allgemeinen Verjährungsfrist von drei Jahren, aufbewahren zu müssen (Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung, BR-Drucks. 329/06, S. 40 f). Die Notwendigkeit dieses Schutzes besteht aber nicht für den Erlass von Gesetzen, da die dem legislativen Verfahren zugrunde liegenden Materialien ohnehin aufzubewahren sind und teilweise, etwa in Parlamentsdrucksachen, veröffentlicht werden.

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Weiterhin ergibt sich auch daraus, dass sich der Anspruch gegen den "Arbeitgeber" beziehungsweise nach Maßgabe des § 24 AGG gegen den jeweiligen Dienstherrn des betroffenen Beamten richtet, dass der Gesetzgeber nicht nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG haften kann und daher die Ausschlussfrist gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG auf den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen legislativen Unrechts nicht anwendbar ist. Das beklagte Land wurde bei dem Erlass der maßgeblichen Bestimmungen als Gesetzgeber, nicht aber in seiner Funktion als Arbeitgeber beziehungsweise als Dienstherr tätig. Zwar ist es richtig, wenn das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang darauf hinweist, dass es zu den Besonderheiten des Landes als Dienstherrn gehört, dass es die Bedingungen für den Ruhestandseintritt seiner Beamten durch Gesetz selbst regelt. Dies rechtfertigt es jedoch nicht, die unterschiedlichen Rollen des Beklagten als Gesetzgeber und als Dienstherr mit der Folge zu vermengen, den Erlass beamtenrechtlicher Gesetze dem Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 und 2 und damit auch des Absatzes 4 Satz 1 AGG zuzuordnen. Das Landesbeamtengesetz des Beklagten gilt nicht nur für die Beamten, deren Dienstherr es ist. Vielmehr regelt es nach seinem § 1 Abs. 1 auch die Rechtsverhältnisse der Beamten der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Hieraus ergibt sich, dass zwischen den Eigenschaften des Beklagten als (beamtenrechtlicher) Gesetzgeber und als Dienstherr im Sinne des § 15 Abs. 1, 2 und 4 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG zu differenzieren ist. Anderenfalls käme es zu einer mit dem Sinn dieser Bestimmungen unvereinbaren unterschiedlichen Behandlung von Beamten des Landes und von Beamten der übrigen Dienstherren, für die ebenfalls das Landesbeamtengesetz gilt. Würde der Erlass eines gegen die Richtlinie 2000/78/EG verstoßenden Gesetzes unter § 15 Abs. 1, 2 und 4 Satz 2 AGG fallen, würde dies nur für die Beamten des Landes gelten, da nur für diese das Land nicht nur Gesetzgeber, sondern auch Dienstherr ist. Demgegenüber wäre § 15 Abs. 1, 2 und 4 Satz 1 AGG nicht auf die Beamten der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie die der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts anwendbar, da das Land nicht der Dienstherr dieser Bediensteten ist. Insbesondere wären die Beamten des Landes bei der Geltendmachung legislativer Verstöße gegen Unionsrecht den zeitlichen Beschränkungen des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG unterworfen, während dies für die übrigen Beamten nicht gälte. Eine solche sachwidrige Differenzierung wäre aber mit dem Zweck des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes nicht zu vereinbaren.

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2. Die angefochtene Entscheidung stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar, sodass die Revision gemäß § 561 ZPO zurückzuweisen ist.

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a) Die beamtenrechtlichen Vorschriften, die, wie der Kläger nicht in Abrede stellt, für sich genommen zutreffend angewandt wurden und so zu seinem Eintritt in den Ruhestand zum 30. Juni 2010 geführt haben, sind mit dem Unionsrecht, insbesondere mit der Richtlinie 2000/78/EG vereinbar.

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Die Richtlinie bezweckt nach ihrem Art. 1 im Bereich von Beschäftigung und Beruf, wozu auch der öffentliche Dienst zählt (vgl. Art. 3 Abs. 1 RL; siehe auch EuGH, Urteil vom 21. Juli 2011 - C-159/10 und C-160/10 - Fuchs und Köhler, Slg. 2010, I-6922 Rn. 33 f), bestimmten Arten der Diskriminierung, darunter auch der wegen des Alters, im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten entgegenzuwirken (EuGH, Urteil vom 16. Oktober 2007 - C-411/05 - Palacios de la Villa, Slg. 2007, I-8566 Rn. 49). Regelungen, die den Eintritt in den Ruhestand mit Erreichen eines bestimmten Lebensalters zum Gegenstand haben, lassen den Beschäftigten unmittelbar eine weniger günstige Behandlung zuteil werden als anderen Erwerbstätigen. Sie führen nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union daher zu einer unmittelbar auf dem Alter beruhenden Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. a RL 2000/78 (Urteile vom 21. Juli 2011 aaO und vom 16. Oktober 2007 aaO Rn. 51). Zwar berührt die Richtlinie 2000/78/EG nach ihrem 14. Erwägungsgrund nicht die einzelstaatlichen Bestimmungen über die Festsetzung der Altersgrenzen für den Eintritt in den Ruhestand. Dieser Erwägungsgrund beschränkt sich jedoch auf die Klarstellung, dass die Richtlinie nicht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten tangiert, das Alter für den Eintritt in den Ruhestand zu bestimmen, und steht der Anwendung der Richtlinie auf nationale Maßnahmen nicht entgegen, mit denen die Bedingungen geregelt werden, unter denen ein Beschäftigungsverhältnis endet, wenn das auf diese Weise festgesetzte Ruhestandsalter erreicht wird (EuGH, Urteil vom 16. Oktober 2007 aaO Rn. 44).

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Die Mitgliedstaaten können jedoch - unabhängig von den nachfolgend erörterten Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 RL (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Januar 2010 - C-229/08 - Wolf, Slg. 2010, I-18 Rn. 45) - nach Art. 4 Abs. 1 RL eine Ungleichbehandlung wegen eines bestimmten Merkmals vorsehen, wenn es aufgrund der Art einer bestimmten beruflichen Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern es sich um einen rechtmäßigen Zweck und eine angemessene Anforderung handelt. Eine Ungleichbehandlung wegen des Alters ist hiernach zulässig, wenn die Berufsausübung besondere Fähigkeiten erfordert und diese altersabhängig sind (vgl. EuGH, Urteile vom 13. September 2011 - C-447/09 - Prigge, Slg. 2011, I-8034 Rn. 67 und vom 12. Januar 2010 aaO Rn. 35, 40; BVerwG, Beschluss vom 20. Februar 2012 - 2 B 136/11, juris Rn. 9). Der nach Art. 4 Abs. 1 RL erforderliche rechtmäßige Zweck für die Ungleichbehandlung liegt insbesondere vor, wenn dadurch die Einsatzbereitschaft und das ordnungsgemäße Funktionieren eines Notfalldienstes gewährleistet werden soll (EuGH, Urteil vom 12. Januar 2010 aaO; BVerwG aaO). Schließlich muss die Ungleichbehandlung angemessen, das heißt bei Abwägung der widerstreitenden öffentlichen und privaten Interessen verhältnismäßig sein.

19

Weiterhin stellt nach Art. 6 Abs. 1 RL eine Ungleichbehandlung wegen des Alters keine Diskriminierung dar, sofern sie objektiv und angemessen ist und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Insoweit verfügen die Mitgliedstaaten sowohl hinsichtlich der verfolgten Ziele als auch in Bezug auf die Wahl der Mittel über einen weiten Ermessensspielraum (EuGH, Urteil vom 16. Oktober 2007 aaO Rn. 68; siehe auch EuGH, Urteil vom 22. November 2005 - C-144/04 - Mangold, Slg. 2005, I-10013 Rn. 63).

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An diesen Kriterien gemessen haben die in Rede stehenden Bestimmungen des Landesbeamtengesetzes eine gerechtfertigte Ungleichbehandlung des betroffenen Personenkreises, dem auch der Kläger angehört, zum Inhalt.

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aa) Dies gilt zum einen für die - vom Kläger für sich genommen nicht beanstandeten - Bestimmungen, die für Polizeivollzugsbeamte eine niedrigere als die allgemeine Altersgrenze vorsehen (§ 192 Satz 1 LBG NRW in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung, § 192 Abs. 1 LBG NRW in der bis zum 31. März 2009 geltenden Fassung, § 115 Abs. 1 LBG NRW nF). Die damit verbundene ungleiche Behandlung von Polizeivollzugsbeamten ist nach Art. 4 Abs. 1 RL gerechtfertigt. Polizeivollzugsbeamte sind gegenüber in der allgemeinen Verwaltung tätigen Beamten erhöhten physischen Anforderungen ausgesetzt. Sie müssen, anders als Beamte, für die die reguläre Altersgrenze gilt, unter anderem in der Lage sein, Außen- und Schichtdienste zu absolvieren, unmittelbaren Zwang - insbesondere in ausgesprochen stressbeladenen Konflikt- und Gefährdungssituationen - auch unter Anwendung körperlicher Gewalt auszuüben und Waffen, einschließlich Schusswaffen, verantwortungsvoll einzusetzen. Diese Fähigkeiten müssen im Dienst jederzeit einsetzbar sein (siehe z.B. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Polizeivollzugsbeamten des Bundes, BT-Drucks. 3/1425 S. 11; BVerwG, Buchholz 23 7.7 § 194 NWLBG Nr. 2 S. 2). Mit zunehmendem Alter nehmen die hierfür notwendige körperliche Spannkraft und Leistungsfähigkeit regelmäßig ab. Dass aus diesen Gründen eine Zurruhesetzung von Polizeivollzugsbediensteten, sobald sie ein Alter erreicht haben, in dem die erforderlichen körperlichen Fähigkeiten nicht mehr im notwendigen Maß vorhanden sind, die Einsatzbereitschaft des Polizeivollzugsdienstes sicherstellen soll, damit einem legitimen Zweck dient und eine angemessene Maßnahme darstellt, liegt auf der Hand. Diese Würdigung liegt im Übrigen auch dem Erwägungsgrund Nr. 18 der Richtlinie zugrunde. Danach darf unter anderem der Polizei, um ihre Einsatzbereitschaft zu wahren, nicht zur Auflage gemacht werden, Personen weiter zu beschäftigen, die nicht mehr den Anforderungen entsprechen, um sämtliche ihnen übertragenen Aufgaben zu erfüllen.

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Da die Richtlinie keine konkreten Vorgaben zu nach Art. 4 Abs. 1 zulässigen Altersgrenzen enthält, verbleibt insoweit ein Ermessensspielraum der Mitgliedstaaten. Es liegt innerhalb des dem nordrhein-westfälischen Gesetzgeber hiernach zustehenden Spielraums, anzunehmen, dass ab einem Lebensalter von 62 Jahren typischerweise die für den Polizeivollzugsdienst notwendigen besonderen physischen Fähigkeiten nicht mehr im ausreichenden Maß vorhanden sind. Insbesondere bestehen keine Bedenken dagegen, dass das Gesetz eine grundsätzlich feste Altersgrenze vorsieht. Der Gerichtshof der Europäischen Union geht davon aus, dass eine typisierende Betrachtungsweise und damit feste Altersgrenzen zulässig sind. Dies ist dessen Urteilen vom 16. Oktober 2007 (C-411/05 - Palacios de la Villa, Slg. 2007, I-8566 Rn. 27), 12. Januar 2010 (C-229/08 - Wolf, Slg. 2010, I-18 Rn. 12) und 21. Juli 2011 (C-159/10 und 160/10, Fuchs und Köhler - Slg. 2011, I-6922 Rn. 12) zu entnehmen, denen jeweils feste Altersgrenzen für den Eintritt in den Ruhestand (Urteile vom 16. Oktober 2007 und vom 21. Juli 2011 jew. aaO) beziehungsweise für die Einstellung in das Beamtenverhältnis (Urteil vom 12. Januar 2010 aaO) zugrunde lagen, ohne dass der Gerichtshof hiergegen Bedenken geäußert hat.

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Vorliegend kommt folgendes hinzu: Der nordrhein-westfälische Landesgesetzgeber hat durch das Zehnte Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 17. Dezember 2003 nicht nur die Regelaltersgrenze für Polizeivollzugsbeamte auf 62 Jahre angehoben, sondern zugleich die Voraussetzungen für das "individuelle" Hinausschieben der Altersgrenze deutlich erleichtert. Während es nach der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Rechtslage nur unter engen, allein der Beurteilung des Dienstherrn obliegenden Voraussetzungen möglich war, einen Beamten länger im Dienst zu belassen (§ 192 Satz 2 i.V.m. § 44 Abs. 3 Satz 1 LBG NRW aF), ist durch dieses Gesetz für Polizeivollzugsbeamte eine Sonderregelung geschaffen worden (§ 192 Abs. 1 LBG NRW nF), die für eine Verlängerung der Dienstzeit als wesentliche Voraussetzung einen entsprechenden Antrag des Beamten vorsah (beziehungsweise vorsieht, vgl. jetzt § 32 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 LBG NRW). Von diesen, den individuellen Wünschen des Beamten Rechnung tragenden Vorschriften ist hier zugunsten des Klägers auch mehrfach Gebrauch gemacht worden mit der Folge, dass er bei Eintritt in den Ruhestand die neue - erhöhte - für Polizeibeamte geltende reguläre Altersgrenze von 62 Jahren um insgesamt 15 Monate überschritten hat.

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bb) Die - vom Kläger als unionsrechtswidrig beanstandeten - Übergangsregelungen des nordrhein-westfälischen Landesbeamtengesetzes, nach denen für den am 13. März 1947 geborenen Kläger eine niedrigere Altersgrenze galt als für ab dem 1. Juli 1947 geborene Polizeivollzugsbeamte, für die die Ruhestandsgrenze nach Maßgabe des Geburtsjahrgangs schrittweise angehoben wurde (Artikel 7 § 5 des Zehnten Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 17. Dezember 2003, § 129 LBG NRW nF), beinhalten ebenfalls keine nach der Richtlinie unzulässige Diskriminierung. Vielmehr handelt es sich insbesondere unter Berücksichtigung des den Mitgliedstaaten zustehenden weiten Ermessensspielraums um eine nach Art. 6 Abs. 1 RL gerechtfertigte Ungleichbehandlung wegen des Alters.

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Wie schon aus den Worten "besondere Bestimmungen, die je nach der Situation der Mitgliedstaaten unterschiedlich sein können" im 25. Erwägungsgrund der Richtlinie hervorgeht, gilt dieser Spielraum auch für die Entscheidung, die Lebensarbeitszeit der Arbeitnehmer zu verlängern oder, im Gegenteil, deren früheren Eintritt in den Ruhestand vorzusehen, zu der sich die betreffenden nationalen Stellen aufgrund politischer, wirtschaftlicher, sozialer, demografischer oder haushaltsbezogener Erwägungen und in Anbetracht der konkreten Arbeitsmarktlage in einem bestimmten Mitgliedstaat veranlasst sehen können (EuGH, Urteile vom 21. Juli 2011 aaO Rn. 54, 65, 73 und vom 16. Oktober 2007 aaO Rn. 69). Die Rechtfertigung der betreffenden Maßnahme nach diesen Maßstäben muss sich aber zumindest aus ihrem allgemeinen Kontext ergeben (EuGH, Urteil vom 21. Juli 2011 aaO Rn. 39 mwN). Die Regelungen müssen zudem kohärent und systematisch sein (EuGH, Urteil vom 21. Juli 2011 aaO Rn. 85 mwN).

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Die nach Geburtsmonaten (Jahrgang 1947) beziehungsweise -jahren (Jahrgänge 1948, 1949) schrittweise erfolgende Anhebung des Ruhestandsalters für Polizeivollzugsbeamte durch das Zehnte Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 17. Dezember 2003 genügt diesen Anforderungen. Die Anhebung als solche ist - gerade auch vom Rechtsstandpunkt des Klägers aus - nicht zu beanstanden. Sie trug den sich wandelnden demografischen Verhältnissen in Deutschland, die dazu führen, dass sich das Verhältnis zwischen Versorgungsempfängern und aktiven Beschäftigten kontinuierlich verschlechtert, sowie den daraus resultierenden Belastungen der öffentlichen Haushalte Rechnung (vgl. zu dieser Entwicklung die Begründung des Entwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung, BT-Drucks. 16/3794 S. 1, 2, 27). Dies ergibt sich, wenn auch nicht ausdrücklich, für die nordrhein-westfälischen Polizeivollzugsbeamten, aus den Gesetzesmaterialien und dem Gesamtkontext der Regelung. Zur Begründung der Anhebung der Altersgrenze für Polizeivollzugsbeamte wurde die mit Blick auf die angespannte Finanzlage des Landes notwendige Reduzierung der Zahl der Empfänger von Versorgungsbezügen angegeben (Landtagsprotokoll 13/108 S. 10721). Mit der Gesetzesänderung wurde für Polizeivollzugbeamte die stufenweise Anhebung der Pensionierungsgrenze lediglich vorgezogen, die für die Beamten der allgemeinen Dienstzweige mit dem Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 21. April 2009 in § 31 LBG NRW erfolgte. Diese wurde unter Hinweis auf die entsprechenden Regelungen für die gesetzliche Rentenversicherung und die Bundesbeamten begründet (Begründung der Landesregierung des Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften, LT-Drucks. 14/8176 S. 126 zu §§ 17-41). Aus den Begründungen der entsprechenden Bundesgesetze wiederum ergibt sich, dass die demografische Entwicklung ausschlaggebend für die Verlängerung der Lebensarbeitszeit der Beschäftigten war (Begründung des Entwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung aaO; Begründung der Bundesregierung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung und Modernisierung des Bundesdienstrechts, BT-DRs. 16/7076 S. 1, 2, 3, 4, 93). Bei einer Gesamtschau folgt hieraus, dass die Anhebung des Ruhestandsalters für Polizeivollzugsbeamte durch das Zehnte Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 17. Dezember 2003 im Kontext mit der Bevölkerungsentwicklung in Deutschland und den Auswirkungen der Versorgungslasten auf die öffentlichen Haushalte steht. Eine sich verändernde demografische Situation und hierauf gründende haushaltsbezogene Erwägungen sind nach der oben zitierten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zulässige Kriterien, die eine Veränderung der Ruhestandsgrenzen erlauben. Gegen die Kohärenz der Anhebung des Ruhestandsalters spricht ebenfalls nichts.

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Auch die in Art. 7 § 5 des Zehnten Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 17. Dezember 2003 bestimmte lediglich schrittweise Anhebung des Ruhestandsalters für Polizeivollzugsbeamte ist nach den vom Gerichtshof der Europäischen Union entwickelten Maßstäben mit Art. 6 Abs. 1 RL vereinbar. Die demografische Situation und damit das Verhältnis zwischen Versorgungsbezügeempfängern und aktiven Beschäftigten haben sich nicht abrupt verändert. Vielmehr steigt die Anzahl der Versorgungsempfänger im Verhältnis zu den noch im Dienst befindlichen Beschäftigten erst allmählich an. Es liegt deshalb innerhalb des dem nationalen Gesetzgeber zustehenden Ermessensspielraums, wenn er diesem sich in Entwicklung befindlichen Prozess dadurch Rechnung trägt, dass er korrespondierend hiermit die Ruhestandsgrenze ebenfalls nur sukzessive nach Maßgabe des Geburtszeitpunkts der zur Pensionierung anstehenden Beamten erhöht. Hierbei handelt es sich um ein in sich schlüssiges und konsequentes Mittel, der sich in Veränderung befindlichen Bevölkerungsentwicklung Rechnung zu tragen.

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Dass eine stufenweise Anhebung der Ruhestandsgrenze zulässig ist, lässt sich insbesondere aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 21. Juli 2011 ableiten. Das Gericht hat zum einen ausgeführt (aaO Rn. 96), aus dem 25. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/78/EG gehe hervor, dass die Änderungen in den einzelnen Mitgliedstaaten in unterschiedlichem Rhythmus erfolgen könnten, um der jeweiligen besonderen Situation Rechnung zu tragen. Dieser Rhythmus könne auch von Region zu Region unterschiedlich sein, um regionale Besonderheiten zu berücksichtigen und es den zuständigen Behörden zu ermöglichen, die erforderlichen Anpassungen vorzunehmen. Zwar bezieht sich diese Aussage unmittelbar darauf, dass es zulässig ist, unterschiedlichen regionalen Verhältnissen innerhalb eines Mitgliedstaats durch verschiedene Regelungen über den Eintritt in den Ruhestand Rechnung zu tragen. Den Ausführungen lässt sich aber darüber hinausgehend entnehmen, dass differenzierende Regelungen auch innerhalb desselben regionalen Geltungsbereichs möglich sind, wenn inhaltliche Unterschiede zwischen verschiedenen Alterskohorten bestehen. Dies ergibt sich daraus, dass der Gerichtshof es für zulässig hält, "der jeweiligen besonderen Situation Rechnung zu tragen".

29

Überdies hat sich der Gerichtshof in dieser Entscheidung, die die Ruhestandsregelungen des hessischen Beamtenrechts zum Gegenstand hatte, mit der Frage befasst, ob die betreffenden Vorschriften inkohärent seien, weil sie im Gegensatz zu Bestimmungen in anderen deutschen Ländern noch keine stufenweise Anhebung der Altersgrenze vorsahen. In diesem Zusammenhang hat das Gericht die vorgenannte Erwägung angestellt. Hätte es Bedenken gegen die Vereinbarkeit der Stufenregelung mit der Richtlinie gehabt, wäre zu erwarten gewesen, dass es dies in seiner Begründung angesprochen hätte.

30

Demnach ist es auch nicht zu beanstanden, dass sich nach dem maßgeblichen nordrhein-westfälischen Landesrecht die Anhebung der Altersgrenze in erheblich kürzeren Etappen vollzieht als nach der vergleichbaren Regelung des Bundesbeamtengesetzes (§ 51 Abs. 2 BBG). Eine konkrete Benachteiligung des Klägers ist mit dieser unterschiedlichen Regelung nicht verbunden. Im Gegenteil: Da er im März 1947 geboren wurde, ist für ihn als Angehöriger des ersten, von der Neuregelung betroffenen Jahrgangs 1947 aufgrund der nordrhein-westfälischen Übergangsregelung die individuelle Altersgrenze um drei Monate hinausgeschoben worden, während er nach Maßgabe der vergleichbaren Regelung des Bundes (§ 51 Abs. 2 Satz 2 BBG) nur einen zusätzlichen Monat gewonnen hätte.

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b) Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 Abs. 2, 3 AEUV ist entbehrlich. Soweit unionsrechtliche Fragestellungen betroffen sind, steht mit der nach der "acte-clair-" beziehungsweise "acte-éclairé-Doktrin" erforderlichen Gewissheit (siehe hierzu z.B. EuGH, Urteil vom 15. September 2005 - C-495/03 - Intermodal Transports, Slg. 2005, I-8191 Rn. 33) fest, dass die Erwägungen des Senats zum Unionsrecht zutreffen. Ihnen liegen die in der zitierten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union entwickelten Maßstäbe für nach Art 4. Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78 zulässige Ungleichbehandlungen wegen des Alters zugrunde. Soweit es um die danach erforderlichen legitimen Ziele und die zu deren Erreichung angemessenen Mittel geht, ist mangels konkreter Vorgaben der Richtlinie 2000/78 den Mitgliedstaaten ein Ermessenspielraum verblieben, den der Gerichtshof der Europäischen Union in Bezug auf Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78 sogar ausdrücklich als weit bezeichnet hat (Urteil vom 16. Oktober 2007 - C-411/05 - Palacios de la Villa, Slg. 2007, I-8566 Rn. 68; siehe auch Urteil vom 22. November 2005 - C-144/04 - Mangold, Slg. 2005, I-10013 Rn. 63). Dass sich die in Rede stehenden Bestimmungen des Landesbeamtenrechts des Beklagten in dem den nationalen Gesetzgebern zustehenden Beurteilungsspielraum halten und sich deshalb weitere klärungsbedürftige unionsrechtliche Fragen nicht mehr stellen, ist zur Überzeugung des Senats offensichtlich, zumal sich die insoweit angestellten Erwägungen überwiegend ebenfalls auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union stützen.

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3. Ansprüche des Klägers aus § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG scheiden ebenfalls aus. Dies gilt insbesondere auch, soweit nicht "legislatives Unrecht" in Rede steht, sondern der Verwaltungsakt, durch den die weitere Verlängerung des Verbleibs des Klägers im aktiven Dienst abgelehnt wurde. Ungeachtet der Frage, ob auch für diesen besonderen deliktischen Anspruch die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG gilt und inwieweit wegen der Rücknahme der insoweit zur Hauptsache erhobenen verwaltungsgerichtlichen Klage § 839 Abs. 3 BGB eingreift, fehlt es an der Rechtswidrigkeit der Maßnahme. Die einschlägigen Vorschriften des Landesbeamtengesetzes wurden, wie der Kläger nicht verkennt, zutreffend angewendet, und die Bestimmungen widersprechen dem Unionsrecht aus den zuvor ausgeführten Gründen nicht.

Schlick                             Herrmann                             Hucke

                 Tombrink                              Remmert