Entscheidungsdatum: 21.01.2016
1. Ist bei einer sukzessiv erfolgenden Beurkundung von Vertragsangebot und Vertragsannahme das Angebot des Käufers einer Eigentumswohnung zum Zeitpunkt der Beurkundung der Annahmeerklärung des Verkäufers nach Ablauf der vertraglichen Bindungsfrist erloschen, obliegt es dem die Annahmeerklärung beurkundenden Notar, in dessen Person nach dem von ihm entworfenen Angebot des Käufers mehrere für den Abschluss und die Durchführung des Vertrags wesentliche Funktionen gebündelt sind, nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG, § 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO ("betreuende Belehrung"), den Käufer über die veränderte Sach- und Rechtslage zu informieren, um die weitere Vorgehensweise zu klären.
2. Lässt sich die rechtliche Wirksamkeit einer Vertragsklausel nicht zweifelsfrei klären, darf der Notar das Rechtsgeschäft erst dann beurkunden, wenn die Vertragsparteien auf der Beurkundung bestehen, obwohl er sie über die offene Rechtsfrage und das mit ihr verbundene Risiko belehrt hat (Bestätigung BGH, Urteil vom 27. September 1990, VII ZR 324/89, DNotZ 1991, 750).
Eine solche Situation bestand im Dezember 2006 in Bezug auf eine mögliche Unwirksamkeit von unbefristeten Fortgeltungsklauseln, nach denen das Angebot des Käufers nach Ablauf einer Bindungsfrist (unbefristet) bis zum Widerruf des Angebots durch den Käufer fortgilt.
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 29. April 2015 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Der Kläger nimmt aus eigenem und abgetretenem Recht den beklagten Notar aus Amtshaftung auf Schadensersatz in Anspruch.
Die I. mbH und die I. KG planten, einen größeren Altbaukomplex in M. sanieren und die sanierten Wohnungen als Eigentumswohnungen zu verkaufen. In diesem Zusammenhang entwickelte der Beklagte den Entwurf eines notariellen Angebots zum Abschluss eines Wohnungskaufvertrags. Darin bietet der Käufer den vorgenannten Gesellschaften an, mit ihm einen in dem Entwurf wiedergegebenen Kaufvertrag abzuschließen. Weiter heißt es in dem Angebotsentwurf:
"An dieses Angebot hält sich Käufer bis zum … gebunden. Auch danach soll das Angebot weiter gelten, bis es von dem Käufer gegenüber dem
- Notar S. in M. [= Beklagter]
nachstehend Vollzugsnotar genannt, widerrufen wird. Der Widerruf muss durch eingeschriebenen Brief erfolgen. Der Vollzugsnotar ist vom Verkäufer zur Entgegennahme des Widerrufs bevollmächtigt worden.
Der Kaufvertrag kommt bereits dadurch zustande, dass der Verkäufer vor dem Vollzugsnotar eine Annahmeerklärung beurkunden lässt. Der Zugang der Annahmeerklärung ist nicht erforderlich. Es genügt, wenn diese "demnächst" dem Käufer zugeht."
Am 21. August 2006 beurkundete der Notar H. in N. das Ange-bot des Klägers und von S. zum Abschluss eines Wohnungskaufvertrags entsprechend dem vorgenannten Entwurf. In die Leerstelle wurde ein-getragen, dass die Käufer an das Angebot bis zum 3. September 2006 gebunden sind. Der Kaufpreis betrug 93.774 €. Am 19. Dezember 2006 beurkundete der Beklagte die Annahme des Angebots durch die Verkäufer. Die Käufer entrichteten den vorgenannten Preis und wurden Eigentümer der Wohnung.
Mit Vereinbarung vom 18. Dezember 2013 trat die Ehefrau des Klägers, die ihr im Zusammenhang mit dem Erwerb der Eigentums-wohnung anteilig zustehenden Ansprüche gegen den Beklagten an den Kläger ab und ermächtigte ihn zur entsprechenden Prozessführung.
Der Kläger begehrt die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 93.774 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen lastenfreie Übertragung der Eigentumswohnung. Der Kläger vertritt die Auffassung, der Beklagte hätte ihn und seine Ehefrau vor Beurkundung der Annahmeerklärung darauf hinweisen müssen, dass das Kaufangebot bereits erloschen sei und die Annahme der Verkäufer ein neues Angebot darstelle, das er und seine Ehefrau ihrerseits hätten an-nehmen müssen, damit ein wirksamer Kaufvertrag zustande komme. Bei einem entsprechenden Hinweis hätten er und seine Ehefrau von einem Vertragsabschluss Abstand genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers.
Die Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Beklagte habe nicht gegen sei-ne aus § 4, § 17 Abs. 2 BeurkG, § 14 Abs. 2 BNotO folgenden Belehrungspflichten verstoßen, indem er die Annahme des Antrags des Klägers beurkundet sowie den Vertrag vollzogen und den Kläger nicht darauf hingewiesen habe, dass dessen Kaufvertragsangebot unwirksam gewesen sei.
Zwar habe der Bundesgerichtshof mit Versäumnisurteil vom 7. Juni 2013 (V ZR 10/12, NJW 2013, 3434) entschieden, dass Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach das Angebot des Käufers unbefristet fortbestehe und vom Verkäufer jederzeit angenommen werden könne, auch dann mit § 308 Nr. 1 BGB unvereinbar seien, wenn das Angebot nicht bindend, sondern widerruflich sei. Dies sei für den Beklagten jedoch im Jahr der Beurkundung nicht erkennbar gewesen. Mit der Problematik der Annahmefähigkeit eines widerruflich fortbestehenden Angebots habe sich bis dahin nur eine Literaturstimme befasst. Gegen die vertragliche Vereinbarung einer kurzen Bindungsfrist mit einer sich anschließenden fortbestehenden Annahmefähigkeit bei freier Widerruflichkeit seien seinerzeit keine Bedenken erhoben worden. Solche Bedenken hätten sich nicht ansatzweise in den Gestaltungsempfehlungen der Notarliteratur widergespiegelt.
Vor diesem Hintergrund sei es eine Überspannung der an einen Notar zu stellenden Sorgfaltspflichten, wenn man ihm abverlange, von einer entsprechenden Beurkundung abzusehen beziehungsweise den Käufer darauf hinzu-weisen, dass sein Angebot möglicherweise unwirksam geworden sei. Insoweit vermöge sich der Senat nicht der Auffassung des Oberlandesgerichts Celle (Ur-teil vom 5. Oktober 2012 - 3 U 42/12, juris Rn. 64) anzuschließen, wonach es auf der Hand gelegen habe, dass eine Regelung, nach der die Annahmefähigkeit eines nach Ablauf der Antragsfrist erloschenen Angebots bis zu einem ausdrücklichen Widerruf habe bestehen bleiben sollen, mit den Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar sei und die Wirksamkeit einer entsprechenden Vertragsklausel höchst zweifelhaft gewesen sei.
II.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Zu Recht beanstandet die Revision, dass das Berufungsgericht eine schuldhafte Amtspflichtverletzung des Beklagten im Zusammenhang mit der am 19. Dezember 2006 erfolgten Beurkundung der Annahmeerklärung der Verkäufer verneint hat.
1. Der Beklagte verletzte bei dem vorgenannten Amtsgeschäft eine ihm gegenüber dem Kläger und S. (im Folgenden zusammenfassend nur noch: Kläger) obliegende Hinweis- und Belehrungspflicht (§ 17 Abs. 1 BeurkG, § 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO).
a) Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG hat der Notar den Willen der Beteiligten zu erforschen, den Sachverhalt zu klären und über die rechtliche Tragweite des Geschäfts zu belehren. Damit soll gewährleistet werden, dass die zu errichtende Urkunde den Willen der Parteien vollständig sowie inhaltlich richtig und eindeutig wiedergibt. Demzufolge hat der Notar die Beteiligten über die rechtliche Bedeutung ihrer Erklärungen sowie die Voraussetzungen für den Eintritt der bezweckten Rechtsfolge in dem Umfang zu belehren, wie es zur Errichtung einer dem wahren Willen entsprechenden rechtsgültigen Urkunde erforderlich ist (Senat, Urteil vom 4. März 2004 - III ZR 72/03, BGHZ 158, 188, 193 mwN). Bestehen Zweifel, ob das Geschäft dem Gesetz oder dem wahren Willen der Beteiligten entspricht, sollen die Bedenken mit den Beteiligten erörtert werden (§ 17 Abs. 2 Satz 1 BeurkG).
Der Notar hat in allen Phasen seiner Tätigkeit den sichersten Weg zu gehen, das heißt den Beteiligten zur sichersten Gestaltung zu raten und dafür zu sorgen, dass ihr Wille diejenige Rechtsform erhält, die für die Zukunft Zweifel ausschließt (Senat, Urteil vom 9. Dezember 2010 - III ZR 272/09, WM 2011, 571 Rn. 20; BGH, Urteil vom 9. Juli 1992 - IX ZR 209/91, NJW 1992, 3237, 3239, jeweils mwN; Armbrüster in Armbrüster/Preuß/Renner, BeurkG, DNotO, 7. Aufl., § 17 BeurkG Rn. 34 mwN; Ganter in Ganter/Hertel/Wöstmann, Handbuch der Notarhaftung, 3. Aufl., Rn. 2166).
b) Die vorgenannten Pflichten beschränken sich allerdings, wenn allein die Annahme eines vorgegebenen Vertragsangebots beurkundet werden soll, grundsätzlich auf die rechtliche Bedeutung der Annahme; der Inhalt des Vertragsangebots gehört nicht zur rechtlichen Tragweite dieses Urkundsgeschäfts (Senat, Urteil vom 4. März 2004 aaO mwN). Die aus § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG erwachsende Pflicht zur Rechtsbelehrung obliegt dem Notar gegenüber den formell an der Beurkundung Beteiligten (unmittelbar Beteiligten; Senat aaO S. 194 mwN). Das sind gemäß § 6 Abs. 2 BeurkG die Erschienenen, deren im eigenen oder fremden Namen abgegebene Erklärungen beurkundet werden sollen. Ausnahmsweise können jedoch auch gegenüber anderen Personen, die nicht formell (unmittelbar), wohl aber mittelbar Beteiligte sind, Belehrungspflichten nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG, § 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO bestehen ("betreuende Belehrung": Senat aaO mwN; BGH, Urteil vom 2. Mai 1972 - VI ZR 193/70, BGHZ 58, 343, 353). Mittelbar Beteiligter in diesem Sinne ist auch, wer sich aus Anlass der Beurkundung an den Notar gewandt und ihm eigene Belange anvertraut hat (Senat aaO; BGH aaO mwN).
Der Kläger ist aufgrund der besonderen Ausgestaltung des Beurkundungsverfahrens der zuletzt genannten Fallgruppe zuzurechnen. In dem vom Beklagten entworfenen Angebot des Klägers wurde der Beklagte als Empfänger einer etwaigen Widerrufserklärung des Klägers, als die Annahmeerklärung der Verkäufer beurkundender Notar und als Vollzugsnotar bestimmt. In seiner Person waren damit aus Sicht des Klägers im Hinblick auf dessen Angebot mehrere für den Abschluss und die Durchführung des Vertrags wesentliche Funktionen gebündelt. Zudem barg das von dem Beklagten mitgestaltete Beurkundungsverfahren wegen der sukzessiv erfolgenden Beurkundung von Vertragsangebot und -annahme von vorneherein die Gefahr, dass zwischenzeitlichen Änderungen der Sachlage nicht Rechnung getragen wurde (vgl. Senat aaO mwN). Nach dem von ihm entwickelten Entwurf des Kaufangebots des Klägers sollte dieses auch nach Ablauf der bis zum 3. September 2006 währenden Bindungsfrist unbegrenzt fortgelten. Diese Fortgeltungsklausel war indes wegen des nicht limitierten Zeitraums, in dem die Verkäufer das Angebot noch annehmen konnten, ungeachtet der Widerrufsmöglichkeit für den Kläger, nach § 308 Nr. 1 BGB unwirksam (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 7. Juni 2013 - V ZR 10/12, NJW 2013, 3434 Rn. 21 ff). Infolgedessen war das Angebot des Klägers nach Ablauf der Bindungsfrist erloschen und stellte die am 19. Dezember 2006 beurkundete - verspätete - Annahmeerklärung der Verkäufer nach § 150 Abs. 1 BGB ein neues Angebot dar (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 7. Juni 2013 aaO Rn. 27).
Dem Beklagten oblag es, den Kläger über diese veränderte Sachlage zu informieren, um die weitere Vorgehensweise - etwa die Beurkundung eines erneuten Angebots des Klägers oder eine Abstandnahme vom Vertragsschluss - zu klären (vgl. OLG Celle, Urteil vom 5. Oktober 2012 - 3 U 42/12, juris Rn. 61). Unstreitig hat der Beklagte eine solche Belehrung unterlassen.
2. Diese Amtspflichtverletzung war fahrlässig.
a) Der pflichtbewusste und gewissenhafte durchschnittliche Notar muss über die für die Ausübung seines Berufs erforderlichen Rechtskenntnisse verfügen. Er hat sich über die Rechtsprechung der obersten Gerichte, die in den amtlichen Sammlungen und den für seine Amtstätigkeit wesentlichen Zeitschriften veröffentlicht ist, unverzüglich zu unterrichten sowie die üblichen Erläuterungsbücher auszuwerten (BGH, Urteil vom 9. Juli 1992 - IX ZR 209/91 - NJW 1992, 3237, 3239 und Beschluss vom 17. Mai 1994 - IX ZR 56/93, NJW-RR 1994, 1021; Ganter aaO Rn. 2154 ff; Grziwotz in Grziwotz/Heinemann, BeurkG, 2012, § 17 Rn. 26 f). Dagegen würde es die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten eines Notars überspannen, wollte man von ihm verlangen, dass er vereinzelte Stimmen der Literatur zu einem Thema, das mehr am Rande notarieller Amtstätigkeit liegt und nicht Gegenstand breiterer Erörterungen war, bei künftigen einschlägigen Beurkundungen gegenwärtig haben und berücksichtigen muss (BGH, Urteil vom 17. Mai 1994 aaO; Ganter aaO Rn. 2155; Grziwotz aaO Rn. 26).
Der Notar hat auch nicht die Pflicht, die künftige Entwicklung der höchst-richterlichen Rechtsprechung vorauszuahnen. Erkennbare Tendenzen der Rechtsprechung darf er allerdings nicht übersehen (Armbrüster in Armbrüster/Preuß/Renner, BeurkG, DNotO, 7. Aufl., § 17 BeurkG Rn. 37; Schramm in Schippel/Bracker, Bundesnotarordnung, 9. Aufl., § 19 Rn. 59; Haug/Zimmermann, Die Amtshaftung des Notars, 3. Aufl., Rn. 85, 94; Schlick, ZNotP 2014, 322, 326). Dies gilt auch im Hinblick auf künftige Entscheidungen im Bereich der richterlichen Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Schramm aaO). In diesem Zusammenhang darf zwar die objektiv unrichtige Verwendung neu entwickelter Allgemeiner Geschäftsbedingungen, deren Inhalt zweifelhaft sein kann und durch eine höchstrichterliche Rechtsprechung noch nicht klargestellt ist, einem Notar nicht als Verschulden angelastet werden, wenn er nach sorgfältiger Prüfung zu einer aus seiner Sicht keinen Zweifeln unterliegenden Rechtsauffassung gelangt und dies für rechtlich vertretbar gehalten werden kann (vgl. zu neu entwickelten Vertragstypen: BGH, Urteil vom 28. September 2000 - IX ZR 279/99, BGHZ 145, 265, 276; Ganter aaO Rn. 2157). Lässt sich indes die Rechtslage nicht klären, darf der Notar das Rechtsgeschäft erst dann beurkunden, wenn die Vertragsparteien auf der Beurkundung bestehen, obwohl er sie über die offene Rechtsfrage und das mit ihr verbundene Risiko belehrt hat (BGH, Urteil vom 27. September 1990 - VII ZR 324/89, DNotZ 1991, 750, 752; Haug/Zimmermann aaO Rn. 86; Knops, NJW 2015, 3121, 3122; Herrler, DNotZ 2013, 887, 921). Der Notar hat in solchen Fällen selbst ohne jegliche Vorgaben seine Belehrungspflichten zu erkennen und kann sich nicht darauf berufen, Rechtsprechung und Literatur seien zu einem Problemkreis nicht vorhanden (vgl. Senat, Urteil vom 2. Juni 2005 - III ZR 306/04, NJW 2005, 3495, 3497; Knops aaO).
b) Danach stellt es einen sorgfaltswidrigen Pflichtverstoß dar, dass der Beklagte die Annahmeerklärung der Verkäufer am 19. Dezember 2006 beurkundete, ohne den Kläger zuvor oder wenigstens bei Übersendung der Erklärung über die Zweifel zu belehren, die im Hinblick auf die Wirksamkeit der in dem Kaufangebot des Klägers vom 21. August 2006 enthaltenen unbefristeten Fortgeltungsklausel bestanden. Aufgrund einer sorgfältigen rechtlichen Prüfung hätte der Beklagte erkennen müssen, dass das Kaufangebot des Klägers - nach Ablauf der zweiwöchigen Bindungsfrist - möglicherweise zwischenzeitlich erloschen war und der Kaufvertrag mithin nicht mehr durch die Annahmeerklärung der Verkäufer zustande kommen konnte. Infolge dessen oblag es dem Beklagten - wie er ebenfalls erkennen musste -, den Kläger über die veränderte Sach- und Rechtslage nach § 17 Abs. 1 BeurkG, § 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO zu belehren und die weitere Vorgehensweise zu klären (s.o. zu 1 b).
aa) Zwar weist das Berufungsgericht zutreffend darauf hin, dass es im Zeitpunkt der Beurkundung noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung gab, nach der eine unbefristete Fortgeltungsklausel gemäß § 308 Nr. 1 BGB unwirksam war (so auch Herrler aaO S. 893, 922). In der Literatur hatte bis dahin allein Thode entsprechende, im Schrifttum vorgeschlagene Vertragsklauseln für nicht vereinbar mit der in § 147 Abs. 2 BGB geregelten Rechtsfolge einer verspäteten Annahme und im Hinblick auf § 308 Abs. 1 BGB für zweifelhaft erachtet (ZNotP 2005, 162, 164 f).
bb) Die rechtliche Problematik unbefristeter Fortgeltungsklauseln und ihre Erkennbarkeit dürfen jedoch nicht isoliert betrachtet werden. Ausgangspunkt für die Prüfung der Angemessenheit unbefristeter Fortgeltungsklauseln nach § 308 Nr. 1 BGB ist der in § 147 Abs. 2, § 146 BGB bestimmte Zeitraum, in dem ein Antragender üblicherweise die Entscheidung des Angebotsempfängers erwarten darf (BGH, Versäumnisurteil vom 7. Juni 2013 - V ZR 10/12, NJW 2013, 3434 Rn. 22). Dass Klauseln in Kaufverträgen, die für die Annahme des Angebots des Käufers eine unangemessen lange Annahmefrist des Verkäufers vorsehen, nach § 308 Nr. 1 BGB beziehungsweise § 10 Nr. 1 AGBG unwirksam sein konnten, war im Zeitpunkt der Beurkundung höchstrichterlich seit langem geklärt (Senat, Urteile vom 6. März 1986 - III ZR 234/84, NJW 1986, 1807, 1808 [Darlehen] und vom 24. März 1988 - III ZR 21/87, NJW 1988, 2106, 2107 [Darlehen]; BGH, Urteil vom 13. September 2000 - VIII ZR 34/00, BGHZ 145, 139, 142 ff [Möbelkauf]). Gründe, weshalb diese Rechtsprechung nicht auch für den Wohnungskauf gelten sollte, waren nicht ersichtlich. Dementsprechend wurde in der obergerichtlichen Rechtsprechung darauf erkannt, dass die in einem formularmäßigen notariellen Angebot zum Kauf einer Eigentumswohnung bestimmte Bindungsfrist von zehn Wochen gegen § 10 Nr. 1 AGBG verstößt und an die Stelle der unwirksamen Annahmefristklausel die gesetzliche Regelung des § 147 BGB tritt (OLG Dresden, MittBayNot 2005, 300, 301 f). In den seinerzeitigen Erläuterungsbüchern wurde hierauf hingewiesen (vgl. nur Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, 3. Aufl., Teil C Rn. 1291; Hertel in Würzburger Notarhandbuch, 2005, Teil 2 Kap. 2 Rn. 797).
Die vorgenannte Rechtsprechung betraf unmittelbar nicht Fortgeltungs-klauseln, sondern Bindungsfristklauseln, das heißt Klauseln, die die anbietende Vertragspartei für einen bestimmten Zeitraum an ihren Antrag binden und dem Vertragspartner eine entsprechend lange Annahmefrist einräumen. Alternativ wurde in der Literatur vorgeschlagen, statt einer langen eine kurze Bindungsfrist und für den Zeitraum nach ihrem Ablauf die Fortgeltung des Angebots bis zu dessen Widerruf durch den Käufer vorzusehen (Brambring in Beck'sches Notar-Handbuch, 4.Aufl., Kap. A I Rn. 382, 386, 389; Brambring/Hertel in Hagen/Brambring/Krüger/Hertel, Der Grundstückskauf, 8. Aufl., Rn. 912; Hertel aaO Rn. 797 f; Krauß aaO Rn. 1292 unter Hinweis auf die abweichende Meinung von Thode in Fußnote 1751; Basty in Formularbuch und Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, 21. Aufl., § 36 Rn. 239 M ff; Cremer/Wagner, NotBZ 2004, 331, 336 f), wie es auch in dem vom Beklagten entworfenen Kaufangebot vorgesehen war. Von Teilen der Literatur wurde aber empfohlen, auch hierfür einen Endtermin zu setzen, das heißt vertraglich vorzusehen, dass das nach Ablauf der Bindungsfrist fortgeltende Angebot zu einem bestimmten Zeitpunkt ohne Widerruf erlischt (Brambring/Hertel aaO; Hertel aaO Rn. 798). Teilweise wurde auch vertreten, Fortgeltungsklauseln verstießen gegen § 308 Nr. 1 BGB (bejahend: Thode, ZNotP 2005, 162, 165; verneinend: Cremer/Wagner aaO S. 335).
In einer solchen Situation, in der die Rechtslage in Bezug auf die Wirksamkeit eines bestimmten Typs von Allgemeinen Geschäftsbedingungen - hier: von Fortgeltungsklauseln - durch höchstrichterliche Rechtsprechung noch nicht geklärt ist und in der Literatur mit einem breiten Meinungsspektrum - von der Unwirksamkeit der Klausel über die Empfehlung einer befristeten Fortgeltungs-klausel bis hin zum Vorschlag einer unbefristeten Fortgeltungsklausel - erörtert wird, obliegt dem Notar die eigenständige sorgfältige Prüfung der Wirksamkeit der betreffenden Klausel. Lässt sich auch danach die Rechtslage nicht klären, darf der Notar das Rechtsgeschäft nach den vorstehend (unter a) wiedergegebenen Grundsätzen erst beurkunden, wenn die Vertragsparteien auf der Beurkundung bestehen, obwohl er sie über die offene Rechtsfrage und das mit ihr verbundene Risiko belehrt hat.
cc) So lag der Fall hier. Bei sorgfältiger Prüfung der Rechtslage war für den Beklagten erkennbar, dass hinsichtlich der Fortgeltungsklausel eine Prüfung ihrer Wirksamkeit anhand des Maßstabes des § 308 Nr. 1 BGB in Betracht kam. Zwar wird die Fortgeltungsklausel von dem Wortlaut der Vorschrift nicht unmittelbar erfasst, weil sie keine Frist für die Annahme des Angebots nach § 148 BGB bestimmt, sondern dem Verwender eine zeitlich unbegrenzte Möglichkeit zur Annahme des Angebots eröffnet (BGH, Versäumnisurteil vom 7. Juni 2013 - V ZR 10/12, NJW 2013, 3434 Rn. 20). Angesichts des Zwecks der Vorschrift, den Anbieter in seiner Dispositionsfreiheit und vor Nachteilen übermäßig lang andauernder Schwebezustände zu schützen (vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, BT-Drucks. 7/3919, S. 24 [zu § 8 Nr. 1 AGBG]; MüKoBGB/Wurmnest, 7. Aufl., § 308 Nr. 1 Rn. 1; BeckOK BGB/Becker, § 308 Nr. 1 [01.08.2015] Rn. 2), lag es indes nahe, dass § 308 Nr. 1 BGB auch auf Fortgeltungsklauseln anzuwenden ist, die keine Frist für die Annahme durch den Verwender bestimmen, sondern diesem eine zeitlich unbeschränkte Annahme auch noch Monate oder Jahre nach der Abgabe der Angebotserklärung ermöglichen. Denn auch durch eine solche Klausel wird der Antragende - ungeachtet der Möglichkeit des Widerrufs des Angebots - für eine unter Umständen sehr lange Zeit nach Abgabe seines Angebots in der Ungewissheit gehalten, ob der von ihm gewünschte Vertrag zu Stande kommt (BGH aaO Rn. 23 f).
Im Rahmen der von ihm am Maßstab des § 308 Nr. 1 BGB auszurichtenden sorgfältigen Prüfung der Rechtslage hätte der Beklagte erkennen müssen, dass die Wirksamkeit der in den Angebotsentwurf einbezogenen Fortgeltungsklausel jedenfalls angesichts ihrer mangelnden Befristung zweifelhaft war.
(1) Ausgangspunkt einer solchen Prüfung hatte ersichtlich der in § 147 Abs. 2 BGB bezeichnete Zeitraum zu sein, in welchem der Antragende regel-mäßig die Entscheidung des Angebotsempfängers über sein Angebot erwarten darf. Der inhaltliche Bezug der Fortgeltungsklausel zu § 147 Abs. 2 BGB war unverkennbar. Dies gilt erst recht angesichts des Umstands, dass mit der Kombination aus kurzer Bindungsfrist und anschließend fortgeltendem, widerruflichem Angebot den AGB-rechtlichen, in Rechtsprechung und Literatur erörterten Problemen langer Bindungsfristen begegnet werden sollte. Bereits in diesem Zusammenhang wurde § 147 Abs. 2 BGB als Ausgangspunkt der rechtlichen Prüfung hervorgehoben (vgl. nur Senat, Urteil vom 6. März 1986 - III ZR 234/84, NJW 1986, 1807, 1808; BGH, Urteil vom 13. September 2000 - VIII ZR 34/00, BGHZ 145, 139, 142; Brambring/Hertel aaO Rn. 911; Krauß aaO Rn. 1291; Thode aaO Seite 163; Walchshöfer, WM 1986, 1041, 1043). Die vertraglich vereinbarte unbefristete Fortgeltung eines Kaufangebots wich erkennbar von § 147 Abs. 2 BGB ab. Sie überschritt den dort bestimmten Zeitraum erheblich und unbegrenzt.
(2) Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung war, wenn eine Bindungsfristklausel den in § 147 Abs. 2 BGB bestimmten Zeitraum erheblich überschritt, in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob der Verwender daran ein schutzwürdiges Interesse hat, hinter dem das Interesse des Kunden am baldigen Wegfall seiner Bindung zurückstehen muss (Senat, Urteil vom 6. März 1986 aaO; BGH, Urteil vom 13. September 2000 aaO; Krauß aaO; Walchshöfer aaO). Zwar konnte vorliegend der Kläger nach Ablauf der kurzen Bindungsfrist sein Kaufangebot jederzeit widerrufen. Eine Einschränkung seiner Dispositionsfreiheit war daher nicht in gleichem Maße gegeben wie im Fall einer noch laufenden Bindungsfrist. Dennoch waren auch mit einer unbefristeten Fortgeltungsklausel für den Käufer - erkennbar - Nachteile verbunden. Für ihn entstand ein - möglicherweise über Monate oder sogar Jahre andauernder - Schwebezustand, in dem er nicht wusste, ob der von ihm angebotene Vertrag zu Stande kommen würde. Zudem konnte nach Ablauf längerer Zeiträume das von ihm unterbreitete Angebot mangels Reaktion des Verkäufers in Vergessenheit geraten mit der Folge, dass er von einer schließlich dann doch noch erfolgenden Annahme durch den Verkäufer und einem hierdurch zustande kommenden, von ihm möglicherweise nicht mehr gewünschten Vertrag überrascht werden konnte (vgl. Thode aaO S. 165 sowie nunmehr BGH, Versäumnisurteil vom 7. Juni 2013 aaO Rn. 24).
Diese Zusammenhänge und die daraus folgenden erheblichen Nachteile für den Käufer ergeben sich - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht erst im Rahmen einer im Nachhinein angestellten (ex post-) Betrachtung, sondern mussten sich dem Beklagten bei einer sorgfältigen rechtlichen Prüfung auch seinerzeit schon erschließen. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die Stimmen in der kautelarjuristischen Literatur, die eine unbefristete Fortgeltungs-klausel, wie sie hier verwendet wurde, befürworteten, letztlich objektiv in die Richtung gingen, die von der Rechtsprechung missbilligten Ergebnisse, wenn auch in abgemilderter Form, wieder herbeizuführen. Die hiergegen bereits von Thode (aaO) und später vom V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 7. Juni 2013 (aaO) vorgebrachten Bedenken lagen so nahe, dass bereits 2006 ernsthafte Zweifel an der rechtlichen Tragfähigkeit der unbefristeten Fortgeltungsklausel angebracht waren.
Die vorgenannten, mit der Fortgeltungsklausel verbundenen Nachteile des Klägers werden ersichtlich nicht durch ein schutzwürdiges Interesse der Verkäufer gerechtfertigt. Dies gilt jedenfalls für eine - wie vorliegend - unbefristete Fortgeltungsklausel, bei der das nach Ablauf der Bindungsfrist zunächst fortgeltende Angebot des Käufers nicht nach Ablauf einer bestimmten (weiteren) Frist ohne sein Zutun erlischt, sondern unbegrenzt und möglicherweise über Jahre hinweg fortbesteht. Ein schutzwürdiges Interesse der Verkäufer an einer solchen unbefristeten Fortgeltung des Kaufangebots ist nicht erkennbar und wird von dem Beklagten auch nicht geltend gemacht.
dd) Selbst wenn der Beklagte - entgegen den vorstehenden Ausführungen - eine Anwendbarkeit von § 308 Nr. 1 BGB auf die unbefristete Fortgeltungsklausel nicht hätte erkennen müssen, begegnete die Klausel im Hinblick auf die in §§ 146 bis 149 BGB zum Ausdruck gekommenen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ernstlichen Wirksamkeitsbedenken (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB; zur Prüfung nach Maßgabe des § 307 BGB, wenn die betreffende Klausel nicht vom Tatbestand des § 308 BGB umfasst wird, vgl. MüKoBGB/Wurmnest, 7. Aufl., § 308 Rn. 3). § 146 BGB bestimmt, dass ein Angebot auf Abschluss eines Vertrages erlischt, wenn es abgelehnt oder nicht nach Maßgabe der §§ 147 bis 149 BGB angenommen wird. Die Fortgeltung eines Angebots nach dem Ende der Bindung des Erklärenden (§ 145 BGB) sieht das Gesetz hingegen nicht vor. Der Gesetzgeber hat sich vielmehr ausdrücklich dagegen entschieden, dass mit Ablauf der Annahmefrist nur die Bindung des Erklärenden entfällt, der Antrag aber bis zu einem Widerruf fortbesteht und noch annahmefähig bleibt (Motive I S. 168; BGH, Urteil vom 1. Juni 1994 - XII ZR 227/92, NJW-RR 1994, 1163, 1164; MüKoBGB/Busche, 7. Aufl., § 146 Rn. 4). Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass dies weder der Verkehrsanschauung noch der Absicht des Antragenden entspräche (Motive aaO). Vertragsangebote würden mit Rücksicht auf die jeweilige, dem Wechsel der Verhältnisse unterworfene Lage nicht für potenziell unbegrenzte Dauer gemacht (Motive; BGH; jeweils aaO). Zudem würde eine ersichtlich nicht gewollte Unsicherheit über die künftigen rechtlichen Verhältnisse provoziert.
Auch wenn einem Notar nicht angesonnen werden kann, sich mit den Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch zu befassen, mussten sich die vorstehenden, sich auch aus der zitierten Rechtsprechung ergebenden Bedenken inhaltlich jedoch ebenso aufdrängen wie die daraus folgende Erkenntnis, dass eine unbefristete Fortgeltungsklausel im System des Allgemeinen Teils des Bürgerlichen Gesetzbuchs einen Fremdkörper darstellt. Dementsprechend war die Unvereinbarkeit der Klausel mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung und ihre - angesichts der mit ihr verbundenen, nicht durch ein schutzwürdiges Interesse der Verkäufer gerechtfertigten Nachteile des Klägers (siehe vorstehend zu cc) - Unangemessenheit (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) auch bereits 2006 erkennbar ernstlich in Betracht zu ziehen waren.
ee) Nach alledem mussten sich für den Beklagten nach einer sorgfältigen rechtlichen Prüfung erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit der unbefristeten Fortgeltungsklausel ergeben. Über diese Zweifel hätte er den Kläger gemäß § 17 Abs. 1 BeurkG, § 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO belehren müssen, um die weitere Vorgehensweise - etwa die Beurkundung eines erneuten Angebots des Klägers oder die Abstandnahme vom Vertragsschluss - zu klären. Die Unterlassung einer solchen Belehrung war sorgfaltswidrig.
III.
Das angefochtene Urteil ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO), das die weiteren Feststellungen zu den Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs nachzuholen haben wird.
Herrmann Wöstmann Tombrink
Remmert Reiter