Entscheidungsdatum: 26.02.2015
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 10. April 2014 - I-24 U 98/13 - aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: 6.750 €
I.
1. Die in Indonesien ansässige Klägerin nimmt die Beklagte aus einem am 15. Juni 2011 geschlossenen Vertrag über die Erbringung von Vertriebsleistungen in Ostasien in Anspruch. Die Klägerin sollte ein monatliches Pauschalhonorar von 4.500 € nebst Umsatzsteuer erhalten. Der Ehemann der Klägerin war bei der Beklagten als Vertriebsleiter angestellt. Er hatte sich mit der Beklagten darauf verständigt, dass er monatlich 7.000 € zuzüglich Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie ein Betriebsfahrzeug erhalten sollte. Um Sozialversicherungsbeiträge zu sparen, schlossen die Beteiligten unter dem 27. April 2011 einen Arbeitsvertrag, der einen Monatslohn lediglich in Höhe von 3.250 € vorsah. Weiter schlossen die Klägerin und die Beklagte den vorgenannten Vertrag, der die nicht in den Arbeitsvertrag aufgenommene weitere Vergütung für die Tätigkeit ihres Ehemannes umfassen sollte. Die Klägerin kündigte den Vertrag zum 31. Dezember 2011.
Sie verlangt von der Beklagten das Honorar für den Zeitraum vom 1. September bis zum 15. Oktober 2011 in Höhe von 6.750 € nebst Zinsen und vorgerichtlicher Anwaltskosten
2. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die insoweit darlegungspflichtige Klägerin habe nicht substantiiert vorgetragen, welche konkreten Vertriebsleistungen sie in dem fraglichen Zeitraum erbracht habe. Soweit sie in ihren Schriftsätzen vom 14. August 2012 und vom 8. Februar 2013, ohne dass dies bestritten worden sei, vorgetragen habe, die Pauschalvergütung sei im allseitigen Einvernehmen als verdecktes Gehalt des bei der Beklagten angestellten Ehemanns der Klägerin vereinbart worden, ohne dass sie eine eigene Gegenleistung geschuldet habe, sei die Vereinbarung gemäß §§ 134, 138 Abs. 1 BGB und § 1 Abs. 2 SchwarzArbG unwirksam.
3. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin rechtzeitig Berufung eingelegt. Mit ihrer ebenfalls fristgemäß eingereichten Berufungsbegründung hat sie vorgebracht: Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei ein unter Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz zustande gekommener Arbeitsvertrag nicht insgesamt unwirksam. Lediglich die Abrede der Vertragsparteien, anteilige Steuern und Sozialversicherungsbeiträge nicht abzuführen, sei nichtig. Auch sei der Vertrag nicht wegen Verstoßes gegen die guten Sitten insgesamt nichtig. Der Ehemann der Klägerin habe mit Zustimmung zu dem von ihm ausgehandelten Vertrag vom 15. Juni 2011 seinen Vergütungsanspruch als Arbeitnehmer in Höhe von 4.500 € an die Klägerin abgetreten. Rein vorsorglich trete er seine Forderung erneut ab. Selbst wenn man mit dem Landgericht unterstelle, der Vertrag vom 15. Juni 2011 sei nichtig, habe die Beklagte das Rechtsgeschäft gemäß § 141 BGB bestätigt, indem sie regelmäßige Zahlungen vorgenommen habe.
Das Berufungsgericht hat das Rechtsmittel der Klägerin als unzulässig verworfen, weil sie die tragende Begründung des Landgerichts zur Nichtigkeit der Vereinbarung vom 15. Juni 2011 im Verhältnis der Parteien zueinander nicht angegriffen habe. Soweit sie ihre Ansprüche nunmehr auf eine Abtretung von arbeitsrechtlichen Gehaltsansprüchen durch ihren Ehemann stütze, sei sie durch das klageabweisende Urteil nicht beschwert, da im Wege der Klageänderung ausschließlich ein neuer Anspruch zur Entscheidung gestellt werde.
Soweit sich die Klägerin in der Berufungsbegründung auf die arbeitsvertraglichen Rechtsbeziehungen zwischen der Beklagten und ihrem Ehemann beziehe, könne sie nicht mit Erfolg geltend machen, dass sie ihren Anspruch bereits in erster Instanz hierauf gestützt habe. Es sei insbesondere nicht nachvollziehbar, wenn sie nunmehr vortrage, diese Ansprüche seien bereits in der Vereinbarung vom 15. Juni 2011, an der ihr Ehemann nicht im eigenen Namen beteiligt gewesen sei, abgetreten worden. Dieser Vertrag enthalte weder ausdrücklich noch seinem Sinn nach irgendwelche Abtretungsvereinbarungen, sondern habe neben dem Arbeitsvertrag zu einem Geldfluss führen sollen, den die Klägerin für Leistungen ihres Ehemanns habe entgegennehmen sollen. Für ihr vom Wortlaut der Vereinbarung nicht gedecktes Verständnis habe sie in erster Instanz nichts vorgetragen. Dass ihr Ehemann mit seiner Zustimmung zu dem Vertrag seinen Vergütungsanspruch als Arbeitnehmer an sie abgetreten habe, werde erstmals in der Berufungsbegründung behauptet.
Die Einwendung der Klägerin, jedenfalls sei das Rechtsgeschäft mit der Wirkung des § 141 BGB bestätigt worden, beziehe sich ebenfalls nicht auf den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag, sondern auf das Arbeitsrechtsverhältnis zwischen ihrem Ehemann und der Beklagten.
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.
II.
1. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig, da die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Verwerfung der Berufung als unzulässig verletzt die Klägerin in ihrem Verfahrensgrundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Das Berufungsgericht hat die in § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO beschriebenen Anforderungen an den Inhalt der Berufungsbegründung verkannt und hierdurch der Klägerin den Zugang zur Berufungsinstanz in unzulässiger Weise versagt.
a) Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO hat die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände zu enthalten, aus denen sich nach Ansicht des Rechtsmittelführers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Da die Berufungsbegründung erkennen lassen soll, aus welchen tatsächlichen und rechtlichen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält, hat dieser - zugeschnitten auf den Streitfall und aus sich heraus verständlich - diejenigen Punkte darzulegen, die er als unzutreffend beurteilt ansieht, und dazu die Gründe anzugeben, aus denen sich die Fehlerhaftigkeit jener Punkte und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung herleitet. Zur Darlegung der Fehlerhaftigkeit ist somit lediglich die Mitteilung der Umstände erforderlich, die das Urteil aus der Sicht des Berufungsführers in Frage stellen. Besondere formale Anforderungen werden nicht gestellt; für die Zulässigkeit der Berufung ist es insbesondere ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind (ständige Rechtsprechung, vgl. nur Senat, Beschluss vom 28. Januar 2014 - III ZB 32/13, juris Rn. 12 m. umfangr. w.N.).
b) Hieran gemessen genügt die Berufungsbegründung der Klägerin den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO. Ihre Ausführungen, mit denen sie geltend macht, das Landgericht habe §§ 134, 138 Abs. 1 BGB, § 1 Abs. 2 Nr. 1 SchwarzArbG zu Unrecht angewandt, beziehen sich auf einen tragenden Grund, aus dem die erste Instanz den auf den Vertrag vom 15. Juni 2011 gestützten Klageanspruch für unbegründet erachtet hat. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts richten sich die Angriffe der Berufung sehr wohl gegen die rechtliche Würdigung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags und betreffen keineswegs nur den - nicht streitgegenständlichen - Arbeitsvertrag, der zwischen der Beklagten und dem Ehemann der Klägerin geschlossen wurde. Der Kern des Vorbringens der Klägerin geht nämlich, wie die Beschwerde zu Recht geltend macht, dahin, dass die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach ein unter Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz zustande gekommener Arbeitsvertrag nicht nichtig sei, auch auf den streitgegenständlichen Vertrag anzuwenden sei, durch den der Arbeitsvertrag durch eine weitere, mit einer anderen Person geschlossene Vergütungsabrede ergänzt werde, um auf diese Weise anfallende Sozialversicherungsbeiträge zu vermeiden.
Der Umstand, dass in der Berufungsbegründung der Klägerin erstmals von einer (Teil-)Abtretung der Vergütungsforderung ihres Ehegatten beziehungsweise von einer "vorsorglich" erneut erklärten Abtretung die Rede ist, rechtfertigt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts keine andere Sichtweise. Die Klägerin hat, worauf die Beschwerde zutreffend hingewiesen hat, bereits in ihrem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 8. Februar 2013 vorgetragen, der Geschäftsführer der Beklagten sei im Rahmen der Vertragsgespräche mit der Beklagten auf die Idee gekommen, einen Teil der Vergütung des Ehemanns "auf einen Geschäftsbesorgungsvertrag" mit der Klägerin "zu übertragen". Alle drei Beteiligten hätten daraufhin die entsprechenden Verträge geschlossen. Daraus lässt sich hinreichend deutlich entnehmen, dass die Klägerin, auch wenn ihr Vortrag hinsichtlich der rechtlichen Einordnung nicht völlig stimmig erscheinen mag, im Berufungsverfahren nicht etwa im Wege der Klageänderung einen neuen Anspruch zur Entscheidung stellen will.
Damit ist den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO entsprochen. Das Berufungsgericht hätte das Rechtsmittel der Klägerin nicht als unzulässig verwerfen dürfen, so dass der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen ist, damit sie über die Begründetheit der Berufung befindet (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
Schlick Herrmann Wöstmann
Seiters Reiter