Entscheidungsdatum: 24.05.2018
Der Antrag der Beklagten, ihr Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück vom 3. November 2017 - 2 S 425/16 - zu bewilligen, wird abgelehnt.
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht auf Honorarzahlung für zahnärztliche Leistungen in Anspruch.
Das Amtsgericht hat die Beklagte mit Anerkenntnisurteil vom 6. September 2016 zur Zahlung von 9.847,60 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verurteilt. Das Urteil ist dem damaligen Prozessbevollmächtigen der Beklagten, Rechtsanwalt F. , am 15. September 2016 zugestellt worden. Dieser hat sodann mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2016, der am selben Tag beim Landgericht eingegangen ist, Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz beantragt, wobei er in einem weiteren Schriftsatz vom 14. Oktober 2016 ergänzend ausgeführt hat, die "Beklagte und Berufungsklägerin" beabsichtige, nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen und gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung einzulegen. Unter dem 28. Oktober 2016 hat die Klägerin beantragt, den Prozesskostenhilfeantrag der "zukünftigen Berufungsklägerin und Beklagten" zurückzuweisen. Mit Schriftsatz vom 3. November 2016 hat der jetzige Prozessbevollmächtigte der Beklagten, Rechtsanwalt L. , die Vertretung der Beklagten angezeigt und Akteneinsicht beantragt, die ihm sodann gewährt worden ist. Unter dem 12. Mai 2017 hat er die Fortsetzung des Berufungsverfahrens angekündigt und erneut um Akteneinsicht gebeten. Auf die Mitteilung des Landgerichts vom 16. Mai 2017, das Verfahren sei seit der letzten Akteneinsicht nicht gefördert worden, hat er das Gesuch zurückgenommen. Mit Schriftsatz vom 22. Mai 2017 hat die Klägerin abermals beantragt, den Prozesskostenhilfeantrag der Beklagten zurückzuweisen, dieses Mal mit der Begründung, dass eine Berufung nicht eingelegt worden sei.
Mit Beschluss vom 11. Juli 2017, der dem Prozessbevollmächtigten am 13. Juli 2017 zugestellt worden ist, hat das Landgericht der Beklagten Prozesskostenhilfe für den Berufungsrechtszug bewilligt. Auf einen Aussetzungsantrag der Beklagten nach § 148 ZPO hat das Landgericht mit Verfügung vom 16. August 2017 mitgeteilt, dass bislang keine Berufung eingelegt worden sei. Mit einem am 31. August 2017 eingegangenen Schriftsatz hat die Beklagte sodann Berufung eingelegt und gleichzeitig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Mit Beschluss vom 3. November 2017 hat das Landgericht die Berufung wegen Versäumung der Einlegungsfrist als unzulässig verworfen und den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen. Die Beklagte begehrt Prozesskostenhilfe, um gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde einzulegen.
II.
Prozesskostenhilfe kann der Beklagten nicht bewilligt werden, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Rechtsbeschwerde wäre gemäß § 577 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen. Sie ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO zwar statthaft. Es fehlt jedoch an einem Zulassungsgrund im Sinne des § 574 Abs. 2 ZPO. Insbesondere liegt der allein in Betracht kommende Grund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht vor.
1. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte die Berufungsfrist, die gemäß § 517 ZPO einen Monat beträgt, versäumt hat. Das Urteil des Amtsgerichts ist ihr am 15. September 2016 zugestellt worden; ihre Berufung ist erst am 31. August 2017 beim Landgericht eingegangen.
2. Ebenfalls zu Recht hat das Landgericht darauf abgestellt, dass auch der Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsfrist nicht innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO eingegangen ist.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Rechtsmittelführer, der - wie hier die Beklagte - innerhalb der Rechtsmittelfrist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt hat, bis zur Entscheidung über seinen Antrag als unverschuldet verhindert anzusehen, das Rechtsmittel wirksam einzulegen, wenn er nach den gegebenen Umständen vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung seines Antrags wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen musste (vgl. nur Senatsbeschluss vom 24. Juli 2014 - III ZB 4/14, juris Rn. 3; BGH, Beschluss vom 14. März 2017 - VI ZB 36/16, NJW-RR 2017, 895 Rn. 6; jeweils mwN). Mit der Bekanntgabe des Beschlusses über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe entfällt das Hindernis für die Einlegung des Rechtsmittels, so dass der Lauf der Zwei-Wochen-Frist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu diesem Zeitpunkt gemäß § 234 Abs. 2 ZPO beginnt (z.B. Senatsbeschluss vom 30. November 2011 - III ZB 34/11, juris Rn. 8; BGH, Beschlüsse vom 19. Juni 2007 - XI ZB 40/06, BGHZ 173, 14 Rn. 10 und vom 28. November 2012 - XII ZB 235/09, NJW 2013, 697 Rn.10; jeweils mwN). Nachdem der Prozesskostenhilfe bewilligende Beschluss der Beklagten am 13. Juli 2017 zugestellt worden war, hätte sie Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsfrist bis zum 27. Juli 2017 beantragen müssen. Der erst am 31. August 2017 eingegangene Antrag hat diese Frist nicht gewahrt.
b) Zwar kann gemäß § 233 Satz 1 ZPO Wiedereinsetzung auch hinsichtlich der Frist nach § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewährt werden. Die Beklagte hat diese Frist jedoch schuldhaft versäumt, weil sie sich das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss. Eine Wiedereinsetzung kommt deshalb nicht in Betracht.
aa) Auf Grund der im November 2016 erhaltenen vollständigen Akteneinsicht und der Mitteilung des Landgerichts vom 16. Mai 2017, wonach das Verfahren seit der letzten Akteneinsicht nicht gefördert worden sei, hätte Rechtsanwalt L. bei Anwendung der für eine ordentliche Prozessführung erforderlichen, üblichen Sorgfalt ohne weiteres erkennen können, dass bislang nur ein Prozesskostenhilfegesuch vorlag und deshalb das beabsichtigte Rechtsmittel binnen zwei Wochen nach Zugang des Prozesskostenhilfebeschlusses einzulegen war. Es kommt hinzu, dass die Klägerin mit Schriftsatz vom 22. Mai 2017 ausdrücklich darauf hingewiesen hat, Berufung sei bisher nicht eingelegt worden. Da ein Rechtsanwalt, der - wie Rechtsanwalt L. - nach einem Anwaltswechsel ein Berufungsmandat übernimmt, die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels zu prüfen hat, wozu zwingend die Zulässigkeitsvoraussetzungen gehören, musste er sein Augenmerk insbesondere auf die Einhaltung der Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist richten (vgl. Senatsbeschluss vom 26. September 2002 - III ZB 44/02, NJW 2002, 3636, 3637). Diese Prüfung ist offensichtlich unterblieben. Nur so lässt es sich erklären, dass der eindeutige Akteninhalt von ihm nicht beachtet wurde. Es entlastet den Prozessbevollmächtigten deshalb auch nicht, dass im Rubrum des Prozesskostenhilfebeschlusses vom 11. Juli 2017 die Parteien als "Beklagte und Berufungsklägerin" sowie "Klägerin und Berufungsbeklagte" bezeichnet wurden, zumal sich diese Parteibezeichnung ersichtlich auf das beabsichtigte Berufungsverfahren bezog (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2016 - IX ZA 22/16, juris Rn. 4 f).
bb) Soweit die Beklagte geltend macht, das Landgericht hätte im Hinblick auf die schriftsätzliche Mitteilung vom 12. Mai 2017, die "Berufungsklägerin" habe sich entschieden, das "Berufungsverfahren" fortsetzen zu wollen, einen klarstellenden Hinweis nach § 139 ZPO erteilen müssen, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Denn das Landgericht hat - wie bereits ausgeführt - mit Vorsitzendenverfügung vom 16. Mai 2017 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Verfahren seit der letzten Akteneinsicht im November 2016 (also seit Eingang des Prozesskostenhilfegesuchs) nicht gefördert worden sei. Es bestanden somit keine Anhaltspunkte für eine zwischenzeitlich erfolgte Berufungseinlegung (durch den früheren Prozessbevollmächtigten).
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