Entscheidungsdatum: 17.09.2013
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Kammergerichts vom 10. März 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die bis zu ihrer Auflösung den Zweck verfolgt hat, ein Grundstück in L. zu bebauen und die errichteten Gebäude durch Vermietung und Verpachtung zu nutzen. Sie nimmt den Beklagten als einen ihrer Gesellschafter nach Schlussabrechnung auf Ausgleich seines negativen Saldos in Anspruch. Die Parteien haben im bisherigen Verlauf des Rechtsstreits insbesondere darüber gestritten, ob die T. Immobilienfonds Verwaltung GmbH (künftig: T. ) wirksam zur Geschäftsbesorgerin und nachfolgend zur Liquidatorin der Klägerin bestellt wurde und deshalb zur Vertretung der Klägerin berechtigt ist.
Der Gesellschaftsvertrag (künftig: GV) der Klägerin sieht in § 18 eine Verlustausgleichspflicht der Gesellschafter vor, wenn bei Auflösung der Gesellschaft das Gesellschaftsvermögen zur Berichtigung der Gesellschaftsschulden nicht ausreicht. Außerdem enthält er u.a. folgende Regelungen:
§ 4 Beteiligung an der Gesellschaft
…
(2) Es ist vorgesehen, so viele Gesellschafter in die Gesellschaft aufzunehmen, dass eine Gesamtzeichnung von DM 27.000.000 besteht. …
(3) Sollte die Gesellschaft bis 31.08.1993 nicht geschlossen sein, übernimmt Herr P. K. S. , die restlichen Anteile treuhänderisch für noch zu benennende Gesellschafter. …
§ 6 Geschäftsführung, Vertretung
(1) Die Führung der Geschäfte der Gesellschaft und die Vertretung steht allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu.
(2) Mit der Errichtung, der Finanzierung und Verwaltung des Bauvorhabens sowie mit der Wahrnehmung bestimmter Gesellschafterrechte wird ein Geschäftsbesorger beauftragt. …
§ 8 Gesellschafterbeschlüsse
…
(3) Nach der ersten Gesellschafterversammlung werden weitere Gesellschafterversammlungen auf Verlangen von mindestens 25% der Gesellschafterstimmen oder auf Verlangen des Geschäftsbesorgers oder Grundbuchtreuhänders abgehalten.
Der Geschäftsbesorger hat schriftlich hierzu einzuladen. …
…
(8) Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Der Gesellschaftsvertrag kann nur mit mindestens 75% der abgegebenen Stimmen geändert werden. …
In der Vorbemerkung zum Gesellschaftsvertrag hieß es ursprünglich:
…
Die Gesellschafter sind damit Bauherren und übernehmen alle damit verbundenen Rechte und Pflichten. Um die Verfahrensweise zu vereinfachen, beauftragen sie einen aus ihrer Mitte mit der Geschäftsführung der Gesellschaft und übertragen ihm, als Geschäftsbesorger, bestimmte administrative Aufgaben. …
Der zweite Satz wurde dem auszugsweise vorgelegten „Protokoll zur 19. Gesellschafterversammlung“ zufolge später mit einer Mehrheit von 95,4% der abgegebenen Stimmen bei einer Anwesenheitsquote von 87,6% geändert und - unter Weglassung der Worte „aus ihrer Mitte“ - wie folgt gefasst:
Um die Verfahrensweise zu vereinfachen, beauftragen sie einen Geschäftsbesorger und übertragen diesem bestimmte administrative Aufgaben.
Mit der Geschäftsbesorgung beauftragte die Klägerin auf der Grundlage eines im Protokoll der 22. Gesellschafterversammlung vom 6. Dezember 2003 festgehaltenen, zwischen den Parteien allerdings streitigen, Beschlusses die T. . Nach dem - bestrittenen - Vortrag der Klägerin wurde in einer Gesellschafterversammlung vom 31. Mai 2005, zu der die T. als Geschäftsbesorgerin eingeladen hatte, bei einer Anwesenheitsquote von über 90% und jeweils mit einer Mehrheit von über 90% der Anwesenden zu TOP 7 beschlossen, die Gesellschaft mit sofortiger Wirkung aufzulösen, die T. zur Liquidatorin zu bestellen und sie in dieser Funktion zu beauftragen, die voraussichtlichen Verlustausgleichsbeträge bei den Gesellschaftern einzufordern.
Die Klägerin beansprucht von dem Beklagten aufgrund einer zum 30. September 2008 erstellten Schlussabrechnung, die nach Darstellung der Klägerin im schriftlichen Umlaufverfahren im Oktober 2008 mehrheitlich genehmigt wurde, eine Ausgleichszahlung in Höhe von 115.909,48 € nebst Zinsen. Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat eine von der T. unter dem 10. Oktober 2008 ausgestellte Prozessvollmacht erstinstanzlich in Kopie (Anlage K 14) und in der Berufungsverhandlung im Original vorgelegt. Die Vorinstanzen haben die Klage als unzulässig abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ferner die Anschlussberufung des Beklagten verworfen, mit der er widerklagend Einsicht in die Geschäftsbücher und Papiere der Klägerin begehrt hat. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Klageforderung weiter.
Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt, soweit zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist und der T. die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt worden sind, zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung über die Klage im Wesentlichen wie folgt begründet:
Das Landgericht sei jedenfalls im Ergebnis zutreffend von einer nicht wirksam durch die Klägerin erteilten Prozessvollmacht und folglich von der Unzulässigkeit der Klage ausgegangen. Nachdem der Beklagte in erster Instanz die fehlende Vollmacht gerügt und das Landgericht eine Frist zur Vorlage gesetzt hat, hätte die Bevollmächtigungskette durch Vorlage von Originalurkunden nachgewiesen werden müssen, was aber nicht geschehen sei. Der Nachweismangel sei durch die in der Berufungsverhandlung im Original überreichte Vollmachtsurkunde nicht geheilt worden. Wenn, wie hier, die Klage mangels Vollmacht zu Recht zurückgewiesen worden sei, sei eine genehmigende Nachreichung der Vollmacht in der Rechtsmittelinstanz nicht mehr möglich. Deshalb sei auch die nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils im schriftlichen Umlaufverfahren erfolgte Genehmigung der Mandatserteilung unbeachtlich, ohne dass es auf die Wirksamkeit des hierzu gefassten Gesellschafterbeschlusses ankomme.
Die vorgelegte Vollmachtsurkunde weise eine Bevollmächtigung durch die Klägerin nicht nach, weil sie lediglich eine Bevollmächtigung durch die T. bestätige, die ihrerseits nicht berechtigt sei, die Klägerin als Liquidatorin gesetzlich zu vertreten. Die T. sei nicht wirksam zur Liquidatorin bestellt worden. Dies folge schon daraus, dass die Ladung zur Gesellschafterversammlung am 31. Mai 2005 durch die T. unwirksam gewesen sei, weil die T. am 6. Dezember 2003 durch Mehrheitsbeschluss nicht wirksam zur Geschäftsbesorgerin habe bestellt werden können. Die Übertragung der den Gesellschaftern nach § 6 Abs. 1 GV zustehenden Geschäftsführung auf einen Fremdgeschäftsführer hätte eines einstimmigen Beschlusses bedurft. Aus dem Gesellschaftsvertrag lasse sich auch im Wege der Auslegung nicht entnehmen, dass die Geschäftsführung insgesamt durch Mehrheitsbeschluss auf einen externen Geschäftsbesorger übertragen werden könne.
Erst recht hätte die Bestellung der T. zur Liquidatorin einen einstimmigen Beschluss erfordert. Der Gesellschaftsvertrag enthalte keinerlei Anknüpfungspunkte für eine eindeutige Auslegung dahin, dass auch die Bestellung eines Dritten zum Liquidator zulässig sei. Ein solcher Beschluss hielte zudem einer inhaltlichen Wirksamkeitsprüfung nicht stand, weil der Beklagte nach dem Wegfall des gemeinsam verfolgten Gesellschaftszwecks und angesichts in der Liquidation möglicher Interessenkonflikte zwischen den einzelnen Gesellschaftern nicht durch einen Mehrheitsbeschluss von der ihm nach § 730 Abs. 2 BGB gemeinschaftlich mit den anderen Gesellschaftern zustehenden Geschäftsführungsbefugnis ausgeschlossen werden könne.
II. Diese Ausführungen halten einer revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand. Das Revisionsgericht hat von Amts wegen und ohne Bindung an die vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu prüfen, ob die Klägerin ordnungsgemäß vertreten ist. Diese Prüfung ergibt auf der Grundlage der von der Klägerin dargestellten und vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Beschlusslage der Gesellschaft, dass es weder an einer ordnungsgemäßen Prozessvollmacht noch an der Berechtigung der T. zur gesetzlichen Vertretung der Klägerin fehlt.
1. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht einen zur Unzulässigkeit der Klage führenden Mangel der Prozessvollmacht angenommen.
a) Es ist zwar im Ausgangspunkt richtig, dass ein Vollmachtsmangel, der zu einem klageabweisenden Prozessurteil geführt hat, durch eine nachträgliche Bevollmächtigung nicht mehr behoben werden kann (GmS-OGB, Beschluss vom 17. April 1984 - GmS-OGB 2/83, BGHZ 91, 111, 115 f.). Von einer nachträglichen Bevollmächtigung ist jedoch der spätere Nachweis einer rechtzeitigen Vollmachterteilung zu unterscheiden. Der Nachweis einer bereits für die Vorinstanz erteilten Vollmacht kann - durch Vorlage der Vollmachtsurkunde (§ 80 ZPO) - noch im Rechtsmittelverfahren geführt werden (GmS-OGB, Beschluss vom 17. April 1984 - GmS-OGB 2/83, BGHZ 91, 111, 115; BGH, Urteil vom 7. März 2002 - VII ZR 193/01, WM 2002, 1249, 1250; MünchKomm ZPO/Toussaint, 4. Aufl., § 88 Rn. 10; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 88 Rn. 7 a.E.).
Die von der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgelegte Prozessvollmacht trägt das Datum 10. Oktober 2008. Da eine Kopie dieser Vollmacht noch vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz eingereicht wurde, ist davon auszugehen, dass die Bevollmächtigung als solche rechtzeitig erfolgte.
b) Die Vorlage der Originalvollmacht konnte auch deshalb im Berufungsverfahren nachgeholt werden, weil das Landgericht die Klage nicht im Hinblick darauf als unzulässig abgewiesen hat, dass die durch die T. ausgestellte Prozessvollmacht im ersten Rechtszug nur in Kopie eingereicht worden war. Das Nachreichen der Vollmacht mit genehmigender Wirkung ist in der Rechtsmittelinstanz nur dann ausgeschlossen, wenn die Klage in der Vorinstanz gerade wegen des Vollmachtmangels zu Recht als unzulässig abgewiesen wurde (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 89 Rn. 11 mwN).
Das Landgericht hat die Klage für unzulässig gehalten, weil es an einer ausreichenden „Bevollmächtigung“ der T. zur Prozessführung gegen den Beklagten fehle. Damit ist der Sache nach die Frage angesprochen, ob die T. als Liquidatorin zur gesetzlichen Vertretung der Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit berufen ist. Für die Beantwortung dieser, für die Entscheidung des Landgerichts ausschlaggebenden, Frage kam es auf die Vorlage der von der T. ausgestellten Originalvollmacht nicht an. Zudem war die Annahme, die Klägerin werde nicht durch die T. gesetzlich vertreten, unzutreffend (dazu nachfolgend unter II. 2. und 3.).
2. Der Auffassung des Berufungsgerichts, die T. sei nicht wirksam zur Liquidatorin der Klägerin bestellt worden, kann nicht gefolgt werden.
a) Der Gesellschafterbeschluss vom 31. Mai 2005, die T. zur Liquidatorin zu bestellen, war nicht schon wegen eines Einberufungsmangels unwirksam. Die Annahme des Berufungsgerichts, die T. sei nicht zur Einladung befugt gewesen, weil sie mangels einstimmiger Beschlussfassung nicht wirksam zur Geschäftsbesorgerin bestellt worden sei, trifft nicht zu.
aa) Im Gesellschaftsvertrag der Klägerin ist in § 6 Abs. 2 die Beauftragung eines Geschäftsbesorgers vorgesehen, dem u.a. die Aufgabe zugewiesen ist, zu den Gesellschafterversammlungen einzuladen (§ 8 Abs. 3 Satz 2 GV). In der Vorbemerkung zum Gesellschaftsvertrag war allerdings ursprünglich vorgegeben, dass der Geschäftsbesorger aus der Mitte der Gesellschafter auszuwählen sei. Diese Einschränkung, die die Beauftragung eines Nichtgesellschafters ausschloss, wurde nach dem auszugsweise vorgelegten Protokoll zur 19. Gesellschafterversammlung später durch einen mit der für eine Änderung des Gesellschaftsvertrags erforderlichen 3/4-Mehrheit gefassten Gesellschafterbeschluss aufgehoben.
(1) Dieser Beschluss ist nicht schon wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Selbstorganschaft unwirksam. Zwar kann in einer Personengesellschaft die Geschäftsführungsbefugnis nicht ohne Gesellschaftsanteil an einen Dritten übertragen werden. Das schließt aber nicht die Möglichkeit aus, einen Dritten im Gesellschaftervertrag oder durch Gesellschafterbeschluss in weitem Umfang mit Geschäftsführungsaufgaben zu betrauen und ihm umfassende Vollmacht zu erteilen, sofern die organschaftliche Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis den Gesellschaftern verbleibt (BGH, Urteil vom 20. September 1993 - II ZR 204/92, WM 1994, 237, 238; Urteil vom 8. Februar 2011 - II ZR 263/09, BGHZ 188, 233 Rn. 21 mwN). Diesen Vorgaben entspricht der Beschluss der 19. Gesellschafterversammlung, da § 6 Abs. 1 GV und damit die organschaftliche Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis der Gesellschafter unberührt bleibt.
(2) Zur wirksamen Beschlussfassung genügte die 3/4-Mehrheit. Eines einstimmigen Beschlusses bedurfte es nicht.
Beschlüsse in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts sind grundsätzlich einstimmig zu fassen (vgl. § 709 Abs. 1 BGB), wenn und soweit nicht im Gesellschaftsvertrag für den betreffenden Beschlussgegenstand das Einstimmigkeitsprinzip durch das Prinzip einfacher oder qualifizierter Mehrheit ersetzt worden ist (vgl. § 709 Abs. 2 BGB), um die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft sicherzustellen. Für die formelle Legitimation eines Mehrheitsbeschlusses genügt es, dass sich aus dem Gesellschaftsvertrag - ausdrücklich oder durch Auslegung - eindeutig ergibt, dass der jeweilige Beschlussgegenstand einer Mehrheitsentscheidung unterworfen sein soll; einer Aufzählung der von der Mehrheitsklausel erfassten Beschlussgegenstände im Einzelnen bedarf es hierfür grundsätzlich nicht, und zwar auch dann nicht, wenn es sich um ein früher so genanntes „Grundlagengeschäft“ handelt (BGH, Urteil vom 15. Januar 2007 - II ZR 245/05, BGHZ 170, 283 Rn. 9 - OTTO; Urteil vom 24. November 2008 - II ZR 116/08, BGHZ 179, 13 Rn. 15 - Schutzgemeinschaftsvertrag II; Urteil vom 15. November 2011 - II ZR 266/09, BGHZ 191, 293 Rn. 16; Urteil vom 16. Oktober 2012 - II ZR 251/10, ZIP 2013, 68 Rn. 22; Urteil vom 20. November 2012 - II ZR 98/10, juris Rn. 21). Dem so genannten Bestimmtheitsgrundsatz, der schon nach bisheriger Rechtsprechung auf Publikumsgesellschaften keine Anwendung fand (BGH, Urteil vom 19. November 1984 - II ZR 102/84, NJW 1985, 972, 973), kommt nach der neueren Rechtsprechung des Senats für die formelle Legitimation einer Mehrheitsentscheidung keine Bedeutung mehr zu (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2012 - II ZR 251/10, ZIP 2013, 68 Rn. 25 f. mwN).
Den Gesellschaftsvertrag der Klägerin kann der Senat selbst auslegen. Da die Klägerin nach Maßgabe von § 4 Abs. 2 und 3 GV auf Kapitalsammlung ausgerichtet und als Publikumsgesellschaft konzipiert ist, ist der Gesellschaftsvertrag zum Schutz später beitretender Gesellschafter nach dem objektiven Erklärungsbefund nur anhand des schriftlichen Vertrages auszulegen (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2011 – II ZR 199/10, ZIP 2011, 1865 Rn. 14 mwN).
Nach dem Gesellschaftsvertrag war es zulässig, durch einen Beschluss mit qualifizierter Mehrheit die Möglichkeit zu eröffnen, die Stellung des Geschäftsbesorgers einem Nichtgesellschafter zu übertragen. Der Gesellschaftsvertrag regelt in § 8 Abs. 8 Satz 2, dass Beschlüsse über Änderungen des Gesellschaftsvertrags einer 3/4-Mehrheit bedürfen. Einstimmigkeit verlangt der Gesellschaftsvertrag für solche Beschlüsse nicht, auch nicht für bestimmte Arten vertragsändernder Beschlüsse.
(3) Der Beschluss ist auch nicht wegen treupflichtwidriger Verletzung der Rechte der Minderheitsgesellschafter unwirksam.
Ist die Entscheidung der Mehrheit der Gesellschafter von einer Regelung im Gesellschaftsvertrag gedeckt, ist auf einer zweiten Stufe zu prüfen, ob sie sich als treuwidrige Ausübung der Mehrheitsmacht gegenüber der Minderheit darstellt und deshalb inhaltlich unwirksam ist (BGH, Urteil vom 15. Januar 2007 - II ZR 245/05, BGHZ 170, 283 Rn. 10 - OTTO; Urteil vom 24. November 2008 - II ZR 116/08, BGHZ 179, 13 Rn. 17 - Schutzgemeinschaftsvertrag II; Urteil vom 15. November 2011 - II ZR 266/09, BGHZ 191, 293 Rn. 16; Urteil vom 16. Oktober 2012 - II ZR 251/10, ZIP 2013, 68 Rn. 36; Urteil vom 20. November 2012 - II ZR 98/10, juris Rn. 29).
Diese Prüfung ergibt hier keinen Unwirksamkeitsgrund; Anhaltspunkte für eine treuwidrige Ausübung der Mehrheitsmacht sind nicht ersichtlich. Der in der 19. Gesellschafterversammlung gefasste Beschluss änderte nichts an der Befugnis der Gesellschafter zur Geschäftsführung nach § 6 Abs. 1 GV, deren Ausübung von vornherein in den Grenzen des unverändert gebliebenen § 6 Abs. 2 GV einem Geschäftsbesorger oblag. Im Übrigen entsprach es dem objektiven Interesse der als Publikumsgesellschaft konzipierten Klägerin und ihrer Gesellschafter, das im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Amt des Geschäftsbesorgers auch dann besetzen zu können, wenn sich zur Erfüllung dieser Aufgabe kein hierfür geeigneter Gesellschafter (mehr) bereit findet.
(4) Der Beschluss berührte schließlich auch keine mangels Zustimmung unentziehbaren Gesellschafterrechte (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 16. Oktober 2012 - II ZR 251/10, ZIP 2013, 68 Rn. 36 f.). Ein auf die Geschäftsführung bezogenes Sonderrecht stand dem Beklagten nicht zu.
bb) Gegen die Wirksamkeit des Gesellschafterbeschlusses vom 6. Dezember 2003 zu TOP 8, durch den nach dem vorgelegten Protokoll mehrheitlich beschlossen wurde, die T. als Geschäftsbesorgerin zu beauftragen, bestehen gleichfalls keine Bedenken.
Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Geschäftsführung insgesamt, in Erweiterung des dem Geschäftsbesorger ursprünglich zugewiesenen Aufgabenkreises auf die T. übertragen worden sei. Eine Übertragung auch der organschaftlichen Geschäftsführungsbefugnis (§ 6 Abs. 1 GV) oder eine relevante Ausweitung der dem Geschäftsbesorger dienstvertraglich zugewiesenen Aufgaben ist indes nicht ersichtlich. Dem Beschluss vom 6. Dezember 2003 lässt sich keine Änderung des § 6 GV entnehmen. Soweit das Berufungsgericht darauf abstellt, dass die Geschäftsbesorgung ursprünglich nur „bestimmte administrative Aufgaben“ umfassen sollte, während der mit der T. abgeschlossene Geschäftsbesorgungsvertrag auch die Vorbereitung der Gesellschafterversammlung als Aufgabe des Geschäftsbesorgers nenne, berücksichtigt es nicht hinreichend die von Anfang an im Gesellschaftsvertrag in § 6 Abs. 2 und § 8 Abs. 3 getroffenen Regelungen.
cc) War die T. danach wirksam mit der Geschäftsbesorgung betraut, war sie befugt, zu der Gesellschafterversammlung vom 31. Mai 2005 einzuladen (§ 8 Abs. 3 Satz 2 GV).
b) Die Bestellung der T. zur Liquidatorin bedurfte gleichfalls keines einstimmigen Beschlusses. Nach dem vorgelegten Protokoll wurde der Bestellungsbeschluss vom 31. Mai 2005 mit einer 3/4-Mehrheit gefasst. Dies genügte, um die T. wirksam zur Liquidatorin zu berufen.
aa) Die Auslegung des Gesellschaftsvertrags, die der Senat selbst vornehmen kann, ergibt eindeutig, dass die Gesellschafterversammlung die Bestellung eines Liquidators jedenfalls mit 3/4-Mehrheit vornehmen darf. Ein entsprechender Mehrheitsbeschluss ist mithin formell legitimiert.
Gemäß § 8 Abs. 8 Satz 1 GV werden Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Änderungen des Gesellschaftsvertrags bedürfen einer Mehrheit von 75% der abgegebenen Stimmen (§ 8 Abs. 8 Satz 2 GV). Die Bestellung des Liquidators einer Personengesellschaft mag, auch wenn der Gesellschaftsvertrag insoweit keine gesonderte, durch den Beschluss abzuändernde Regelung trifft, als oder wie eine Änderung des Gesellschaftsvertrags zu behandeln sein, weil die den Gesellschaftern nach § 730 Abs. 2 Satz 2 BGB gemeinschaftlich zustehende Verwaltungsbefugnis beschnitten wird (vgl. Staub/Habersack, HGB, 5. Aufl., § 146 Rn. 15). Die für eine Vertragsänderung nach § 8 Abs. 8 Satz 2 GV erforderliche 3/4-Mehrheit wurde hier jedoch erreicht.
Eine auf Vertragsänderungen bezogene Mehrheitsklausel genügt jedenfalls in einer Publikumsgesellschaft, um die Bestellung eines Liquidators durch entsprechenden Mehrheitsbeschluss zu ermöglichen (vgl. Staub/Habersack, HGB, 5. Aufl., § 146 Rn. 16; siehe auch BGH, Urteil vom 11. Oktober 2011 - II ZR 242/09, ZIP 2011, 2299 Rn. 40). Der sogenannte Bestimmtheitsgrundsatz, der eine engere Sichtweise rechtfertigen konnte, hat nach der neueren Rechtsprechung des Senats für die formelle Legitimation einer Mehrheitsentscheidung keine Bedeutung mehr und galt überdies schon nach der früheren Rechtsprechung nicht für Publikumsgesellschaften (s.o. unter II. 2. a) aa) (2)). Gerade in Personengesellschaften, die auf Kapitalsammlung durch sukzessive Aufnahme zahlreicher, untereinander nicht persönlich verbundener Gesellschafter ausgerichtet und damit als Publikumsgesellschaft konzipiert sind, liegt eine weitgehende Anwendung des Mehrheitsprinzips nahe, um ihre Handlungsfähigkeit zu gewährleisten; dies gilt auch nach Auflösung der Gesellschaft in der Abwicklungsphase (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2011 - II ZR 266/09, BGHZ 191, 293 Rn. 19).
bb) Auch der - vom Berufungsgericht besonders hervorgehobene - Umstand, dass ein Nichtgesellschafter zum Liquidator bestellt wurde, führt nicht zur Unwirksamkeit des am 31. Mai 2005 gefassten Beschlusses.
Der Grundsatz der Selbstorganschaft hat nach Auflösung einer Personengesellschaft nicht mehr die gleiche Bedeutung wie während ihres Bestehens als werbende Gesellschaft. Im Liquidationsstadium beschränkt sich der Zweck der Gesellschaft auf die Auseinandersetzung und die hierzu erforderlichen Maßnahmen bei der Verwaltung des Gesellschaftsvermögens. Die Interessen der einzelnen Gesellschafter gehen stärker auseinander als während des Bestehens der werbenden Gesellschaft; sie werden nicht mehr als mit dem Gesellschaftszweck und dem Interesse der übrigen Gesellschafter parallel laufend vermutet (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2011 - II ZR 199/10, ZIP 2011, 1865 Rn. 20). Wenn die gesetzlich vorgesehene gemeinschaftliche Geschäftsführung aller Gesellschafter (vgl. § 730 Abs. 2 Satz 2 BGB) wegen des Zuschnitts der Gesellschaft als Publikumsgesellschaft nicht praktikabel erscheint und es daher zur Wahrung der Handlungsfähigkeit naheliegt, die Geschäftsführungsaufgaben (auch) im Stadium der Liquidation auf eine oder einzelne Person(en) zu übertragen, widerspricht es nicht grundsätzlich den Interessen der übrigen Gesellschafter, anstelle eines Gesellschafters einen Dritten als Liquidator zu bestellen, der an dem Ergebnis der Auseinandersetzung kein unmittelbares Eigeninteresse hat (vgl. Staub/Habersack, HGB, 5. Aufl., § 146 Rn. 6). Dementsprechend lässt § 146 Abs. 1 Satz 1 HGB für die offene Handelsgesellschaft die Bestellung eines Nichtgesellschafters als Liquidator ausdrücklich zu. Für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts gilt dies entsprechend (vgl. MünchKommBGB/Schäfer, 6. Aufl., § 730 Rn. 47). Dass hierfür stets ein einstimmiger Gesellschafterbeschluss erforderlich sei, kann dieser Literaturstelle entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht entnommen werden. Dieses Erfordernis besteht nur, wenn im Gesellschaftsvertrag insoweit keine andere, von § 709 Abs. 1 BGB abweichende Regelung getroffen wurde (siehe auch C. Schäfer, ZGR 2013, 237, 246).
cc) Der Beschluss ist auch nicht wegen treuwidriger Ausübung der Mehrheitsmacht gegenüber der Minderheit unwirksam. Durch die Bestellung der T. wurde zwar in die den einzelnen Gesellschaftern nach § 730 Abs. 2 Satz 2 BGB an sich zustehende Geschäftsführungsbefugnis eingegriffen. Diese alle Gesellschafter gleichermaßen betreffende Maßnahme trug aber dem Umstand Rechnung, dass in einer Publikumsgesellschaft die Liquidation bei gemeinschaftlicher Geschäftsführung aller Gesellschafter nicht sachgerecht betrieben werden kann.
3. Wurde die T. wirksam zur Liquidatorin bestellt, ist sie berechtigt, die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit gesetzlich zu vertreten und in deren Namen Prozessvollmacht zu erteilen. Die Geltendmachung der sich aus der Schlussabrechnung gegen die einzelnen Gesellschafter entsprechend ihrer Verlustbeteiligung ergebenden, der Gesellschaft zustehenden Verlustausgleichsansprüche gemäß § 735 BGB ist als Teil der Abwicklung Aufgabe des Liquidators (BGH, Urteil vom 15. November 2011 - II ZR 266/09, BGHZ 191, 293 Rn. 36; Urteil vom 20. November 2012 - II ZR 99/10, juris Rn. 32).
III. Das angefochtene Urteil ist danach, im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als es die Klage betrifft (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Die Beurteilung der Frage, ob die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen die von den Gesellschaftern gefassten Beschlüsse der Gesellschaft zutreffend wiedergeben, was der Beklagte weitgehend bestreitet, bleibt einschließlich einer hierzu gegebenenfalls erforderlichen Beweisaufnahme dem Berufungsgericht überlassen.
Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass ein etwaiger Mangel der gesetzlichen Vertretung durch Genehmigung des wahren gesetzlichen Vertreters in jeder Lage des Verfahrens rückwirkend geheilt werden kann (vgl. MünchKommZPO/Lindacher, 4. Aufl., § 52 Rn. 42; Musielak/Weth, ZPO, 10. Aufl., § 56 Rn. 10; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 51 Rn. 8 und § 52 Rn. 14). Unter diesem Gesichtspunkt kann der vom Berufungsgericht angesprochene, aber für unerheblich gehaltene und deshalb nicht näher auf seine Wirksamkeit überprüfte Gesellschafterbeschluss Bedeutung erlangen, durch den im Mai 2010, nach Abschluss der ersten Instanz, im schriftlichen Umlaufverfahren sowohl die Bestellung der T. zur Liquidatorin als auch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit bestätigt bzw. genehmigt wurden.
Bergmann Strohn Caliebe
Reichart Sunder