Entscheidungsdatum: 12.01.2016
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Kammergerichts vom 31. Juli 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Der Kläger begehrt im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung seiner Beteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds N. GbR.
Der Kläger beteiligte sich mit Zeichnungserklärung vom 8. November 1999 nach Beratung durch die H. GmbH über die Dr. G. GmbH als Treuhänderin mit 100.000 DM zzgl. 5 % Agio an der N. GbR. Die Beklagte zu 1 ist Geschäftsführerin der Fondsgesellschaft und Prospektherausgeberin sowie neben den Beklagten zu 2 und 3 Gründungsgesellschafterin. Der Kläger hält den Prospekt in verschiedener Hinsicht für fehlerhaft und macht außerdem geltend, von der Anlagevermittlerin unzutreffend beraten worden zu sein. Er verlangt deshalb von den Beklagten als Gesamtschuldner Zahlung von 50.617,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, ihn von sämtlichen Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Immobilienfonds N. GbR und ihren Gläubigern freizustellen und seinen weiteren Vermögensschaden in Zusammenhang mit seiner Beteiligung auszugleichen, sowie entgangenen Gewinn.
Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine in der Berufungsinstanz gestellten Klageanträge weiter.
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Es könne offen bleiben, ob die Beklagten nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne oder aus Delikt hafteten; ebenso dahinstehen könne, wann die kenntnisabhängige Verjährungsfrist zu laufen begonnen habe und ob sich die Wirkung der Verjährungshemmung auch auf die in der Klageschrift noch nicht geltend gemachten Mängel erstreckt habe. Denn die am 11., 13. und 14. Februar 2012 bewirkten Zustellungen der am 26. Dezember 2011 bei Gericht eingegangenen Klage hätten die gemäß § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB in Verbindung mit Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB mit Ablauf des 31. Dezember 2011 eintretende kenntnisunabhängige Verjährung nicht hemmen können. Angesichts des Zugangs der Gerichtskostenanforderung beim Prozessbevollmächtigten des Klägers am Freitag, den 13. Januar 2012, der Weiterleitung an die Rechtsschutzversicherung am selben Tag und des Eingangs des Vorschusses am 30. Januar 2012 sei die Klage nicht "demnächst" im Sinne von § 167 ZPO zugestellt worden.
II. Das Berufungsurteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Zustellung der am 26. Dezember 2011 beim Landgericht eingegangenen Klageschrift ist Mitte Februar 2012 noch "demnächst" im Sinne von § 167 ZPO erfolgt, so dass die Verjährung etwaiger Ansprüche des Klägers gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB in Verbindung mit § 167 ZPO bereits mit Eingang der Klageschrift gehemmt war.
1. Wie das Berufungsgericht noch zutreffend angenommen hat, begann der Lauf der kenntnisunabhängigen zehnjährigen Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB in Verbindung mit Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB am 1. Januar 2002 und endete am 31. Dezember 2011. Gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, dass der Kläger die Beteiligung im Jahr 1999 gezeichnet hat, wird von der Revision nichts erinnert.
2. Auf Rechtsfehlern beruht indessen die Auffassung des Berufungsgerichts, die im Februar 2012 bewirkten Zustellungen der am 26. Dezember 2011 eingereichten Klageschrift hätten die Verjährung nicht gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB in Verbindung mit § 167 ZPO gehemmt.
a) Ob eine Zustellung "demnächst" im Sinne von § 167 ZPO erfolgt ist, beurteilt sich nach dem Sinn und Zweck dieser Regelung. Danach soll die Partei bei der Zustellung von Amts wegen vor Nachteilen durch Zustellungsverzögerungen innerhalb des gerichtlichen Geschäftsbetriebs bewahrt werden. Dagegen sind der Partei die Verzögerungen zuzurechnen, die sie oder ihr Prozessbevollmächtigter (§ 85 Abs. 2 ZPO) bei gewissenhafter Prozessführung hätte vermeiden können (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 1985 - II ZR 236/84, NJW 1986, 1347, 1348). Eine Zustellung "demnächst" nach Eingang des Antrags oder der Erklärung bedeutet daher eine Zustellung innerhalb einer nach den Umständen angemessenen Frist, wenn die Partei oder ihr Prozessbevollmächtigter unter Berücksichtigung der Gesamtsituation alles Zumutbare für die alsbaldige Zustellung getan hat. Die Zustellung ist dagegen nicht mehr "demnächst" erfolgt, wenn die Partei, der die Fristwahrung obliegt, oder ihr Prozessbevollmächtigter durch nachlässiges - auch leicht fahrlässiges - Verhalten zu einer nicht lediglich geringfügigen Zustellungsverzögerung beigetragen hat. Hat der Veranlasser die Zustellung nicht vorwerfbar verzögert oder fällt ihm nur eine geringfügige Verzögerung zur Last, überwiegen regelmäßig seine Interessen gegenüber den Belangen des Zustellungsadressaten (BGH, Urteil vom 3. September 2015 - III ZR 66/14, ZIP 2015, 2501 Rn. 15; Urteil vom 10. Juli 2015 - V ZR 154/14, ZIP 2015, 1898 Rn. 5; Urteil vom 10. Februar 2011 - VII ZR 185/07, NJW 2011, 1227 Rn. 8, jeweils mwN). Dem Zustellungsveranlasser zuzurechnende Verzögerungen von bis zu 14 Tagen gelten regelmäßig als "geringfügig" und sind deshalb hinzunehmen (BGH, Urteil vom 25. November 1985 - II ZR 236/84, NJW 1986, 1347, 1348; Urteil vom 3. September 2015 - III ZR 66/14, ZIP 2015, 2501 Rn. 15; Urteil vom 10. Juli 2015 - V ZR 154/14, ZIP 2015, 1898 Rn. 5).
b) Nach diesen Maßstäben sind die Zustellungen "demnächst" bewirkt worden. Die dem Kläger zuzurechnende Verzögerung überschreitet den noch hinnehmbaren Zeitraum von 14 Tagen nicht.
aa) Das Berufungsgericht hat richtig gesehen, dass der Kläger den Gerichtskostenvorschuss nach § 12 Abs. 1 GKG nicht von sich aus mit der Klage einzahlen muss. Er kann vielmehr - jedenfalls bis drei Wochen nach Einreichung der Klage bzw. nach Ablauf der durch die Klage zu wahrenden Frist - die Anforderung durch das Gericht abwarten (siehe zuletzt BGH, Urteil vom 25. September 2015 - V ZR 203/14, juris Rn.13; Urteil vom 3. September 2015 - III ZR 66/14, ZIP 2015, 2501 Rn. 19 mwN). Erst ab diesem Zeitpunkt ist zu überprüfen, ob ein nachlässiges Verhalten des Klägers oder seines Prozessbevollmächtigten zu einer nicht lediglich geringfügigen Zustellungsverzögerung beigetragen hat. Ob eine geringfügige und deshalb regelmäßig hinzunehmende Verzögerung vorliegt, beurteilt sich nach nunmehr einhelliger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der V. Zivilsenat unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2012 - V ZR 148/11, ZMR 2012, 643, 644 mwN) angeschlossen hat, nicht nach der Zeitspanne zwischen der Aufforderung zur Einzahlung der Gerichtskosten und deren Eingang bei der Gerichtskasse, sondern danach, um wie viele Tage sich der ohnehin erforderliche Zeitraum für die Zustellung der Klage als Folge der Nachlässigkeit des Klägers verzögert hat (BGH, Urteil vom 25. September 2015 - V ZR 203/14, juris Rn. 9; Urteil vom 3. September 2015 - III ZR 66/14, ZIP 2015, 2501 Rn. 19; Urteil vom 10. Juli 2015 - V ZR 154/14, ZIP 2015, 1898 Rn. 9; Urteil vom 10. Februar 2011 - VII ZR 185/07, NJW 2011, 1227 Rn. 8).
bb) Danach überschreitet die dem Kläger zuzurechnende Verzögerung der Klagezustellung bis zum Eingang des Vorschusses am 30. Januar 2012 die regelmäßig noch hinzunehmende Dauer von 14 Tagen nicht. Vorliegend sind die Gerichtskosten verfahrenswidrig nicht unmittelbar beim Kläger angefordert worden, sondern über seinen Prozessbevollmächtigten (vgl. Gerlach/Gerlach in Dörndorfer/Neie/Petzold/Wendtland, BeckOK KostR, 11. Edition, Stand 15.02.2015, § 25 KostVfg Rn. 13 f.). Ob und in welchem Umfang dieses Vorgehen zu einer dem Kläger nicht zuzurechnenden Verzögerung der Zustellung geführt hat, kann dahinstehen (für eine in solchen Fällen im Allgemeinen zu veranschlagende - der Partei nicht zuzurechnende - Verzögerung von drei Werktagen BGH, Urteil vom 10. Juli 2015 - V ZR 154/14, ZIP 2015, 1898 Rn. 8). Selbst wenn dem Kläger die Zahlungsaufforderung am 13. Januar 2012 - einem Freitag - unmittelbar zugegangen wäre, hätte er nicht vor dem darauffolgenden Montag, also dem 16. Januar 2012, tätig werden müssen. Von einer auf die Wahrung ihrer prozessualen Obliegenheiten bedachten Partei kann nicht verlangt werden, an Wochenend- und Feiertagen für die Einzahlung des Kostenvorschusses Sorge zu tragen (BGH, Urteil vom 10. Juli 2015 - V ZR 154/14, ZIP 2015, 1898 Rn. 9). Da vom 16. Januar 2012 bis zum Eingang der Gerichtskosten am 30. Januar 2012 nicht mehr als 14 Tage vergangen sind, kommt es auch nicht darauf an, ob die für die Bankbearbeitung erforderlichen Werktage zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen sein könnten (vgl. auch BGH, Urteil vom 10. Juli 2015 - V ZR 154/14, ZIP 2015, 1898 Rn. 9) und wann der Rechtsschutzversicherer des Klägers die Anweisung veranlasst hat.
III. Das Urteil ist aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen, damit dieses die bislang unterbliebenen, erforderlichen Feststellungen zu den vom Kläger behaupteten Prospekt- und Beratungsfehlern treffen kann.
Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass von der Hemmungswirkung einer in unverjährter Zeit erhobenen Klage (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) der prozessuale Anspruch und damit der Streitgegenstand insgesamt erfasst werden, somit hier alle Ansprüche wegen Prospekt- und Beratungsfehlern, unabhängig davon, ob der einzelne, auf einen bestimmten Fehler gestützte materiell-rechtliche Anspruch in der Klage geltend gemacht worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2014 - XI ZB 12/12, BGHZ 203, 1 Rn. 145; zum Streitgegenstand einer Prospekthaftungsklage vgl. auch BGH, Urteil vom 23. Juni 2015 - II ZR 166/14, ZIP 2015, 1701 Rn. 14 f. mwN).
Bergmann Strohn Caliebe
Reichart Born