Entscheidungsdatum: 20.09.2011
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 15. Dezember 2009 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Die Beklagte, eine Privatbank, beteiligte sich im Jahr 2000 mit einem Anteil von rund 8,5 Mio. € an der Fondsgesellschaft „W. V. II GmbH & Co. KG“. Sie räumte der Klägerin durch Vertrag vom 30. März/29. Juni 2000 eine Unterbeteiligung in Höhe von 150.000 € ein. Zu diesem Zweck vereinbarten die Parteien in § 1 des Vertrags eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts; die Klägerin erwarb keine Mitberechtigung an der Hauptbeteiligung, sondern nur schuldrechtliche Ansprüche aus dem Vertrag mit der Beklagten. In § 3 des Vertrags verpflichtete sich die Klägerin, zuzüglich zu der Einlage in Höhe von 150.000 € ein Agio in Höhe von 5 % zu leisten, das der Aufbringung des Agios für die Hauptbeteiligung dienen sollte.
Die Unterbeteiligung der Klägerin war auf Empfehlung des Grafen S. zustande gekommen, der die Klägerin seinerzeit in Geldanlagen beriet und der zugleich Geschäftsbeziehungen zu der Beklagten unterhielt. Graf S. stand auch mit weiteren Anlegerinnen in Verbindung, die bei der Beklagten eine Unterbeteiligung an dem genannten Fonds erwarben. Am 31. März 2000 überwies ihm die Beklagte 40.000,01 DM (20.451,68 €) als „Bonifikation bezüglich Ihrer Vermittlungstätigkeit V. II Zeichnungen“. Hierüber klärte sie die Klägerin nicht auf.
Die Klägerin überließ Graf S. den Beteiligungsbetrag zuzüglich Agio in Höhe von insgesamt 157.500 € zur Weiterleitung an die Beklagte. Die Beklagte forderte den Betrag, wie in § 3 des Unterbeteiligungsvertrages optional vorgesehen, erst nach und nach in Teilbeträgen ein, wobei sie ihre Kapitalabrufe an Graf S. richtete, ohne die Klägerin darüber zu informieren. Graf S. kam den Kapitalabrufen nicht vollständig nach. Am 16. November 2004 beging er Selbstmord. Der Insolvenzverwalter über seinen Nachlass zahlte am 3. September 2007 an die Klägerin 3.147,51 €.
Die Klägerin hat - unter anderem - den Ersatz des Anlagebetrages nebst Agio abzüglich der geleisteten Zahlung sowie die Erstattung auf dieses Begehren entfallender vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten beansprucht. Das Landgericht hat die Klage in diesem Umfang abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte unter Zurückweisung der weitergehenden, auf unbedingte Zahlung gerichteten, Berufung der Klägerin zur Zahlung des geltend gemachten Schadensersatzbetrages Zug um Zug gegen Verzicht auf sämtliche Rechte aus der Unterbeteiligung sowie zur Erstattung der vorgerichtlichen Kosten verurteilt. Dagegen richtet sich die - vom erkennenden Senat zugelassene - Revision der Beklagten.
Die Revision hat im Umfang der Anfechtung Erfolg und führt insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein auf Rückabwicklung des Unterbeteiligungsvertrages gerichteter Schadensersatzanspruch aus Verletzung einer vorvertraglichen Offenbarungspflicht (culpa in contrahendo) zu, weil die Beklagte sie nicht vor Vertragsschluss auf die mit Graf S. bestehende Provisionsvereinbarung hingewiesen habe. Aus den Umständen ergebe sich, auch unter Berücksichtigung der erstinstanzlichen Beweisaufnahme, zweifelsfrei, dass die Beklagte an Graf S. eine Provision von 2 % des Anlagekapitals gezahlt und nicht etwa eine teilweise Rückerstattung des Agio vorgenommen habe. Durch die Provisionsvereinbarung sei das Interesse der Klägerin an einer allein an ihren Anlagezielen ausgerichteten Beratung gefährdet worden; hierüber hätte die Beklagte die Klägerin aufklären müssen. Für die Beklagte sei erkennbar gewesen, dass Graf S. mindestens als Anlageberater, wenn nicht als Vermögensverwalter der Klägerin tätig gewesen sei. Die Pflichtverletzung der Beklagten sei auch schuldhaft und für die Anlageentscheidung der Klägerin ursächlich gewesen. Der Klägerin sei der so genannte Zeichnungsschaden zu ersetzen, der die Rückgewähr der Einlage samt Agio abzüglich der durch den Nachlassinsolvenzverwalter geleisteten Zahlung umfasse.
II. Diese Beurteilung hält rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand. Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts bieten keine tragfähige Grundlage für die Annahme eines vorvertraglichen Aufklärungsverschuldens der Beklagten.
1. Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe Graf S. für die Vermittlung der Unterbeteiligung eine Provision versprochen, lässt allerdings keinen revisionsrechtlich relevanten Fehler erkennen; sie wird von der Revision auch nicht angegriffen.
2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung die Annahme zugrunde gelegt, der Vertragspartner des Anlegers (hier: die Beklagte) habe diesen grundsätzlich über Provisionszahlungen aufzuklären, die er dem Vermögensverwalter oder Anlageberater des Anlegers gewährt.
a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass zwischen den Parteien mit dem Abschluss des Unterbeteiligungsvertrags eine Innengesellschaft des Bürgerlichen Rechts zustande gekommen ist, an der sich die Klägerin zu Anlagezwecken beteiligt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Vertragspartner des Anlegers diesem wegen Verschuldens beim Abschluss des mit ihm geschlossenen Gesellschaftsvertrags zum Schadenersatz verpflichtet sein, wenn er den Anleger bei der Vertragsanbahnung nicht über alle für seine Anlageentscheidung wesentlichen Umstände zutreffend, verständlich und vollständig aufklärt (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, ZIP 2004, 1706, 1707 f.; Urteil vom 29. November 2004 - II ZR 6/03, ZIP 2005, 254, 256; Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 140/03, ZIP 2005, 753, 757; Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 310/03, ZIP 2005, 759, 760 f.). Diese Aufklärungspflicht trifft den Vertragspartner des Anlegers unabhängig davon, ob der Gesellschaftsvertrag unter Verwendung eines Prospekts angebahnt wird (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 2008 - II ZR 210/06, BGHZ 177, 25 Rn. 11). Die Klägerin macht allerdings, soweit sie beanstandet, dass die Beklagte die an Graf S. gezahlte Provision verschwiegen habe, keinen Aufklärungsmangel geltend, der die Umstände der Hauptbeteiligung betrifft. Daher musste sich das Berufungsgericht auch nicht näher damit befassen, dass der Klägerin nach § 1 Nr. 3 des Unterbeteiligungsvertrages der Zeichnungsprospekt der Hauptgesellschaft mit weiteren Unterlagen übergeben und erläutert worden sein soll.
b) Der Vertragspartner des Anlegers ist jedoch grundsätzlich nicht verpflichtet, diesen vor Vertragsabschluss über die Zahlung von Vertriebsprovisionen aufzuklären, die er an einen (zugleich für den Anleger beratend tätigen) Anlagevermittler leistet (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 308/02, ZIP 2003, 1355, 1356; Urteil vom 21. September 2010 - XI ZR 232/09, ZIP 2010, 2140 Rn. 19 f.; s.a. Urteil vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185 Rn. 11 ff.). Zwar besteht selbst bei Vertragsverhandlungen, in denen die Parteien entgegengesetzte Interessen verfolgen, die Pflicht, den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, die den von ihm verfolgten Vertragszweck vereiteln können und daher für seinen Entschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten durfte (BGH, Urteil vom 4. April 2001 - VIII ZR 32/00, ZIP 2001, 918, 920; Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 308/02, ZIP 2003, 1355, 1357). Diese allgemeinen Voraussetzungen einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht sind aber nicht schon dann erfüllt, wenn der eine Verhandlungspartner dem (auch für den anderen Teil tätigen) Vermittler des Geschäfts eine Provision zahlt.
aa) Nur unter besonderen Voraussetzungen hat der Vertragspartner des Anlegers diesem gegenüber die an einen Vermittler gezahlte Vertriebsprovision offenzulegen. Der Bundesgerichtshof hat eine solche Offenbarungspflicht für den Fall bejaht, dass eine Bank den Vermögensverwalter eines Kunden an ihren Provisionen und Depotgebühren beteiligt (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2000 - XI ZR 349/99, BGHZ 146, 235, 239). Durch die Vereinbarung, dem Vermögensverwalter einen Teil der Provisionen und Depotgebühren zu vergüten, die sie künftig von Kunden erhalte, die er ihr zuführe, schaffe die Bank nämlich für ihn einen Anreiz, sowohl bei der Auswahl der Bankverbindung als auch hinsichtlich der Anzahl und des Umfangs der Geschäfte nicht allein das Interesse des Kunden, sondern auch das eigene Interesse an möglichst umfangreichen Vergütungen der Bank zu berücksichtigen (BGH, aaO). An einer vergleichbaren Interessengefährdung und damit an der Grundlage für die Annahme einer Aufklärungspflicht fehlt es jedoch, wenn zwischen dem Anleger und dem Provisionsempfänger kein Vertragsverhältnis besteht, aufgrund dessen der Provisionsempfänger ähnlich einem Vermögensverwalter die Wahrnehmung der Interessen des Anlegers - insbesondere als Hauptleistungspflicht - schuldet (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 308/02, ZIP 2003, 1355, 1356; Urteil vom 21. September 2010 - XI ZR 232/09, ZIP 2010, 2140 Rn. 20).
bb) Danach kommt eine Pflicht des Vertragspartners des Anlegers, die Bezahlung einer Vertriebsprovision zu offenbaren, lediglich dann in Betracht, wenn der Provisionsempfänger ähnlich einem Vermögensverwalter verpflichtet ist, die Interessen des Anlegers wahrzunehmen und wenn infolgedessen durch die Provisionsvereinbarung das Interesse des Anlegers an einer sachgerechten, durch eigene Erwerbsinteressen seines Vermögensverwalters oder Beraters unbeeinflussten Anlageempfehlung erheblich gefährdet wird. Eine solche Aufklärungspflicht setzt weiter voraus, dass der Anleger die durch die Provisionsvereinbarung bedingte Gefährdung seiner Interessen ohne zutreffende Aufklärung nicht erkennen würde. Erforderlich ist außerdem, dass die Aufklärungsbedürftigkeit des Anlegers einschließlich der sie begründenden Vertragsbeziehung zu dem Provisionsempfänger für den Vertragspartner des Anlegers ersichtlich ist.
c) Das Berufungsgericht hat die für die Annahme einer Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten erforderlichen Feststellungen nicht getroffen.
aa) Das Berufungsgericht durfte sich schon im Rahmen der Prüfung, ob zwischen Graf S. und der Klägerin ein Vertragsverhältnis bestand, das als Grundlage für eine Aufklärungspflicht der Beklagten über die Provisionszahlung an Graf S. in Betracht kam, nicht auf die Feststellung beschränken, Graf S. sei - für die Beklagte erkennbar - mindestens als Anlageberater der Klägerin tätig geworden und habe für sie ein Treuhandkonto unterhalten. Erforderlich waren weitergehende Feststellungen zum konkreten Inhalt der Rechtsbeziehung zwischen der Klägerin und dem Grafen S. , aus denen sich entnehmen lässt, ob dieser ähnlich einem Vermögensverwalter verpflichtet war, die Interessen der Klägerin so wahrzunehmen, dass durch die Provisionsvereinbarung ihr Interesse an einer sachgerechten, durch eigene Erwerbsinteressen des Grafen S. unbeeinflussten Anlageempfehlung erheblich gefährdet werden konnte.
bb) Wie der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs - nach Erlass des Berufungsurteils - entschieden hat, besteht für einen nicht bankmäßig gebundenen, freien Anlageberater - soweit nicht § 31d des Wertpapierhandelsgesetzes eingreift - jedenfalls dann keine Verpflichtung gegenüber seinem Kunden, ungefragt über eine von ihm bei der empfohlenen Anlage erwartete Provision aufzuklären, wenn der Kunde selbst keine Provision an den Berater zahlt und offen ein Agio oder Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung ausgewiesen werden, aus denen ihrerseits die Vertriebsprovisionen aufgebracht werden (BGH, Urteil vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185; Urteil vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, ZIP 2011, 607; s.a. BGH, Beschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, ZIP 2011, 855 Rn. 28 ff.). Maßgebend hierfür ist die Erwägung, dass es für einen Anleger, der sich durch einen freien Anlageberater beraten lässt und diesem selbst keinerlei Entgelt oder Provision zahlt, regelmäßig auf der Hand liegt, dass der Anlageberater von der kapitalsuchenden Anlagegesellschaft (gegebenenfalls vermittelt über einen Hauptvertriebsbeauftragten) Vertriebsprovisionen erhält, die jedenfalls wirtschaftlich betrachtet dem vom Anleger an die Anlagegesellschaft gezahlten Betrag entnommen werden.
cc) Schon aus diesem Grunde genügte entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Annahme, Graf S. sei (mindestens) als Anlageberater der Klägerin tätig geworden, nicht. Das Berufungsgericht hat schon nicht festgestellt, ob Graf S. von der Klägerin eine Vergütung erhalten hat, die ein Entgelt für seine im Zusammenhang mit der hier in Rede stehenden Unterbeteiligung entfaltete Beratungstätigkeit umfasste. Die treuhänderischen Tätigkeiten belegen nicht, dass Graf S. ähnlich einem Vermögensverwalter zur Wahrung der Interessen der Klägerin verpflichtet war. Weitergehende Einzelheiten zum Inhalt der Vertragsbeziehung zwischen der Klägerin und dem Grafen S. lassen sich dem Berufungsurteil nicht entnehmen. Es kommt daher auch nicht darauf an, dass die Beklagte selbst die Tätigkeit des Grafen S. vorgerichtlich und im Lauf des Rechtsstreits als Vermögensverwaltung eingestuft hat. Im Übrigen hat die Klägerin ihrerseits vorgetragen, Graf S. sei als Anlagevermittler der Beklagten tätig geworden und die Beklagte müsse sich sein Verhalten gemäß § 278 BGB zurechnen lassen. Sollte die Klägerin angenommen haben, Graf S. handele bei seiner Anlageempfehlung zugleich als Anlagevermittler im Auftrag der Beklagten, so hätte es für die Klägerin allein schon deshalb nahe gelegen, dass Graf S. von der Beklagten eine Provision erhielt.
III. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
Anders als die Revisionserwiderung meint, kann eine vorvertragliche Pflichtverletzung der Beklagten nicht ohne weiteres daraus hergeleitet werden, dass einer Provisionszahlung an Graf S. die Regelung in § 3 Nr. 1 Satz 2 des Unterbeteiligungsvertrages entgegengestanden habe, nach der das Agio der Aufbringung des Agios für die Hauptbeteiligung dienen sollte. Diese Vertragsbestimmung ließ die Möglichkeit offen, dass aus dem Agio für die Hauptbeteiligung Vertriebsprovisionen gezahlt und von der Beklagten gegebenenfalls (anteilig) weitergereicht werden. Nach § 1 Nr. 4 Satz 2 des Unterbeteiligungsvertrags war die Beklagte zwar verpflichtet, alle Vorteile unverzüglich an die Klägerin weiterzureichen. Hiervon wurde aber „die von der Beklagten berechtigterweise vereinnahmte Platzierungsprovision“ ausgenommen, deren Höhe ungenannt blieb. Daraus konnte die Klägerin entnehmen, dass die Beklagte nicht provisionsfrei tätig wurde und dass auch eine Bezahlung von Unterprovisionen in Betracht kam.
IV. Die Sache ist entgegen der Ansicht der Revision nicht im Sinne der Beklagten entscheidungsreif.
1. Sollte die Beklagte verpflichtet gewesen sein, die Klägerin über die Provisionsvereinbarung mit Graf S. aufzuklären, so könnte sie sich nicht auf einen unvermeidbaren Rechtsirrtum berufen. Die Beklagte musste eine aufgrund ihrer Beteiligung an der Provisionsvereinbarung mit Graf S. möglicherweise bestehende Verpflichtung zur Aufklärung der Klägerin in Betracht ziehen.
2. Ein Verschulden der Beklagten kann auch nicht mit der Begründung verneint werden, die Beklagte habe gemäß § 708 BGB nur für diejenige Sorgfalt einstehen müssen, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt. Die Haftungsmilderung nach § 708 BGB gilt im vorvertraglichen Stadium jedenfalls dann nicht, wenn die Pflichtverletzung in einer Fehlinformation oder einer Aufklärungspflichtverletzung besteht, die den Geschädigten zum Abschluss des Gesellschaftsvertrages erst bewogen hat (vgl. Staudinger/Habermeier, BGB, Neubearb. 2003, § 708 Rn. 2; MünchKommBGB/Emmerich, 5. Aufl., § 311 Rn. 282; Palandt/Sprau, BGB, 70. Aufl., § 708 Rn. 2).
V. Die Sache ist danach unter teilweiser Aufhebung des Berufungsurteils zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), das die zur Beurteilung einer möglichen Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten erforderlichen Feststellungen zu treffen haben wird.
Sollte das Berufungsgericht in der wiedereröffneten Berufungsverhandlung erneut zu dem Ergebnis gelangen, dass die Beklagte der Klägerin wegen Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht zum Schadensersatz verpflichtet ist, wird es hinsichtlich der Höhe des Schadens folgendes zu beachten haben:
1. Grundsätzlich ist der Schadensersatzanspruch eines unzutreffend oder unzureichend informierten Anlegers aus Verschulden bei Vertragsschluss umfassend darauf gerichtet, so gestellt zu werden, als hätte er die Anlageentscheidung nicht getroffen. Geschützt wird das Recht des Anlegers, in freier Willensentscheidung zutreffend informiert unter Abwägung der bestehenden Chancen und Risiken über die Verwendung seines Vermögens selbst zu bestimmen. Auf einen Schaden im Sinne fehlender Werthaltigkeit der Beteiligung kommt es nicht an. Der Anleger kann grundsätzlich Befreiung von dem abgeschlossenen Vertrag und Ersatz seiner im Zusammenhang mit dem Vertrag stehenden Aufwendungen verlangen (BGH, Urteil vom 5. Juli 1993 - II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 111 ff.; Urteil vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, ZIP 2010, 1397, Rn. 19).
Aus diesen Grundsätzen folgt jedoch nicht, dass der Schadensersatzanspruch des Anlegers auch den Ausgleich von Nachteilen umfasst, die der Anleger erleidet, weil schon der Versuch, den Anlagebetrag dem Partner des Anlagegeschäfts zur Verfügung zu stellen, (teilweise) fehlschlägt. Das Recht des Anlegers, zutreffend informiert in freier Willensentscheidung über die Verwendung seines Vermögens bestimmen zu können, wird durch die Investition in eine Kapitalanlage beeinträchtigt, für die er sich bei zutreffender Information nicht entschieden hätte. Der Schutzzweck der Aufklärungspflicht umfasst nicht den Ersatz von Verlusten, die zwar aus Anlass des Anlagegeschäfts aber unabhängig von seinem Inhalt und Gegenstand im Zuge des Geldtransfers eintreten und auf Umstände zurückzuführen sind, die - wie die Untreuehandlungen eines von dem Anleger beauftragten Geldübermittlers - der Sphäre des Anlegers zuzuordnen sind.
2. Nach der für Schadensersatzansprüche aller Art anerkannten Schutzzwecklehre besteht eine Schadensersatzpflicht nur dann, wenn der geltend gemachte Schaden nach Art und Entstehungsweise unter den Schutzzweck der verletzten Norm oder Pflicht fällt. Zu ersetzen sind lediglich die Schäden, die aus dem Bereich der Gefahren stammen, vor denen die betreffende Verhaltenspflicht schützen soll (BGH, Urteil vom 22. April 1958 - VI ZR 65/57, BGHZ 27, 137, 143; Urteil vom 6. Mai 1999 - III ZR 89/97, NJW 1999, 3203, 3204; Urteil vom 6. Juni 2002 - III ZR 206/01, ZIP 2002, 1453, 1454; Urteil vom 11. Januar 2005 - X ZR 163/02, NJW 2005, 1420, 1421 f.; Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, § 249 Rn. 27; MünchKomm/Oetker, BGB, 5. Aufl., § 249 Rn. 118; Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., vor § 249 Rn. 29). Dies gilt auch dann, wenn der Schaden letztlich durch das vorsätzliche Fehlverhalten eines Dritten herbeigeführt wurde (vgl. BGH, Urteil vom 3. Oktober 1978 - VI ZR 253/77, NJW 1979, 712 f.; Urteil vom 26. Januar 1989 - III ZR 192/87, BGHZ 106, 313, 316 f.; Erman/Ebert, BGB, 12. Aufl., vor § 249 Rn. 59;Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., vor § 249 Rn. 49; s.a. Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, § 249 Rn. 61: MünchKomm/Oetker, BGB, 5. Aufl., § 249 Rn. 152). Der Nachteil muss zu der vom Schädiger geschaffenen Gefahrenlage in einem inneren Zusammenhang stehen, eine bloß zufällige äußere Verbindung genügt nicht (BGH, Urteil vom 14. März 1985 - IX ZR 26/84, ZIP 1985, 1143, 1148).
Die Pflicht, über eine Provisionsvereinbarung aufzuklären, dient zwar auch dazu, dem Anleger wegen seines Interesses am Erfolg des in Aussicht genommenen Anlagegeschäfts Informationen über die Vertrauenswürdigkeit seines Beraters im Hinblick auf die Qualität der Anlageempfehlung zu vermitteln (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BGH, Urteil vom 19. Dezember 2000 - XI ZR 349/99, BGHZ 146, 235, 240). Ein Schaden, der dem Anleger durch die Veruntreuung der dem Berater zu Anlagezwecken anvertrauten Gelder entsteht, stammt jedoch nicht aus dem Bereich der Gefahren, vor denen die Pflicht zur Aufklärung über eine Provisionszahlung schützen soll.
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