Entscheidungsdatum: 11.06.2013
Wird die Kapitalerhöhung durch die Erhöhung des Nennbetrags eines bereits bestehenden Geschäftsanteils ausgeführt, ist ein Viertel des Erhöhungsbetrags auch dann vor der Anmeldung einzuzahlen, wenn zum Zeitpunkt des Kapitalerhöhungsbeschlusses durch Einzahlungen auf den bestehenden Geschäftsanteil der nach Aufstockung erhöhte Nennbetrag zu einem Viertel gedeckt ist.
Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 8. Oktober 2012 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
I.
Die antragstellende GmbH ist im Handelsregister mit einem Stammkapital von 50.000 € eingetragen, das in voller Höhe eingezahlt ist. Inhaber des einzigen Geschäftsanteils mit einem Nennbetrag von 50.000 € ist S. S. .
Am 12. Juni 2012 meldeten die Geschäftsführer der Antragstellerin eine Erhöhung des Stammkapitals um 50.000 € auf 100.000 € zur Eintragung im Handelsregister an. Die Anmeldung enthielt folgende Erklärung:
Wir versichern, dass die Einlage auf den bisherigen einzigen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 50.000 EUR zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung voll eingezahlt war.
Der Anmeldung war eine Abschrift der notariellen Niederschrift einer von dem Alleingesellschafter der Antragstellerin am 6. Juni 2012 vor dem Notar abgehaltenen Gesellschafterversammlung beigefügt, auf der der Gesellschafter gemäß A. 1 der Niederschrift folgendes beschlossen hatte:
Das Stammkapital der Gesellschaft wird von derzeit 50.000 € um 50.000 € auf 100.000 € erhöht.
Die Kapitalerhöhung wird durch Erhöhung des Nennbetrages des vorhandenen Geschäftsanteils in Höhe von 50.000 € um 50.000 € auf insgesamt 100.000 € gemäß § 57h Abs. 1 2. Alt. GmbHG ausgeführt.
Zur Übernahme des Erhöhungsbetrags wird Herr S. S. als Inhaber des aufzustockenden Geschäftsanteils zugelassen.
Der Erhöhungsbetrag ist auf Anforderung des Geschäftsführers sofort in bar (durch Überweisung auf ein Konto der Gesellschaft) einzuzahlen.
Der Erschienene erklärt hierzu, dass auf das Stammkapital in Höhe von 100.000 € und somit auch auf den einzig bestehenden Geschäftsanteil in Höhe von 100.000 € insgesamt ein Betrag von 50.000 € eingezahlt ist und somit nach seiner Auffassung nach §§ 56a i. V. m. 7 Abs. 2 GmbHG nicht das Erfordernis der sofortigen Einzahlung eines Teils des Aufstockungsbetrages besteht.
Nach Beendigung der Gesellschafterversammlung gab der Alleingesellschafter vor dem Notar die Erklärung ab, er übernehme auf das erhöhte Stammkapital einen Erhöhungsbetrag in Höhe von 50.000 € auf seinen bereits bestehenden Geschäftsanteil zu den Bedingungen des zuvor erklärten Kapitalerhöhungsbeschlusses.
Das Registergericht wies mit Zwischenverfügung vom 7. August 2012 darauf hin, dass auch bei einer Kapitalerhöhung im Wege der Aufstockung eine Anmeldung erst erfolgen dürfe, wenn mindestens ein Viertel des Aufstockungsbetrags eingezahlt worden sei. Hierzu sei in der Anmeldung der Kapitalerhöhung auch durch sämtliche Geschäftsführer die Versicherung nach § 57 Abs. 2 GmbH abzugeben, die bislang nicht vorliege.
Die gegen die Zwischenverfügung von der Antragstellerin eingelegte Beschwerde hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen, soweit die Vorlage einer den Anforderungen des § 57 Abs. 2 GmbHG genügenden Versicherung beanstandet wurde. Hiergegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragstellerin.
II.
Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung (OLG Köln, ZIP 2013, 577) ausgeführt:
Die Versicherung der beiden Geschäftsführer vom 6. Juni 2012 entspreche nicht den Anmeldeerfordernissen des § 57 Abs. 2 GmbHG. Es genüge bei einer Kapitalerhöhung durch Aufstockung nicht, wenn die Einzahlung auf das ursprüngliche Stammkapital einen Betrag erreiche, der mindestens ein Viertel des durch die Aufstockung erhöhten Stammkapitals ausmache. Die Verweisung des § 56a GmbHG auf § 7 Abs. 2 Satz 1 GmbHG sei so aufzufassen, dass im Falle der Kapitalerhöhung durch Aufstockung ein Viertel des Aufstockungsbetrags eingezahlt sein müsse. Würde man dies anders sehen, führe dies zu einer Ungleichbehandlung der Kapitalerhöhung durch Bildung neuer Anteile auf der einen Seite und der Kapitalerhöhung durch Aufstockung vorhandener Anteile auf der anderen Seite. Diese Ungleichbehandlung sei nicht gerechtfertigt, weil mit der Möglichkeit der Aufstockung einer Zersplitterung der Geschäftsanteile vorgebeugt, nicht hingegen dem Übernehmer Zahlungserleichterungen bei der Kapitalerhöhung eingeräumt werden sollten.
III.
Die gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die von den Geschäftsführern vorgelegte Versicherung nicht den Anforderungen des § 57 Abs. 2 Satz 1 GmbHG entspricht. Die Erklärung, dass die Einlage auf den bisherigen einzigen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 50.000 EUR zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung voll eingezahlt war, genügt nicht.
1. Nach dem der Anmeldung beigefügten Kapitalerhöhungsbeschluss handelt es sich trotz der Bezugnahme auf § 57h Abs. 1 Alt. 2 GmbHG nicht um eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln. Vielmehr soll die übernommene Einlage bar auf ein Konto der Gesellschaft gezahlt werden. Die Bezugnahme auf § 57h Abs. 1 Alt. 2 GmbHG soll ersichtlich nur zum Ausdruck bringen, dass die Barkapitalerhöhung nicht durch Bildung eines neuen Geschäftsanteils (§ 55 Abs. 3 GmbHG), sondern durch Aufstockung des bisherigen Geschäftsanteils erfolgen soll. Die Kapitalerhöhung durch Aufstockung des bisherigen Geschäftsanteils ist im Hinblick auf § 22 Abs. 4 GmbHG jedenfalls zulässig, wenn der vorhandene Geschäftsanteil voll eingezahlt ist oder noch dem Gründer zusteht (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Oktober 1974 - II ZB 1/74, BGHZ 63, 116, 118). Das ist hier der Fall.
2. Bei einer Kapitalerhöhung findet für die Leistung der Einlagen auf das neue Stammkapital die Bestimmung des § 7 Abs. 2 Satz 1 GmbHG, nach der die Anmeldung erst erfolgen darf, wenn auf jeden Geschäftsanteil ein Viertel des Nennbetrags eingezahlt ist, entsprechende Anwendung (§ 56a GmbHG). Nach § 57 Abs. 2 Satz 1 GmbHG ist in der Anmeldung der Kapitalerhöhung nach § 57 Abs. 1 GmbHG die Versicherung abzugeben, dass die Einlagen auf das neue Stammkapital nach § 7 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 GmbHG bewirkt sind und dass der Gegenstand der Leistungen sich endgültig in der freien Verfügung der Geschäftsführer befindet. Die Versicherung des Geschäftsführers hat dahin zu lauten, dass der Betrag der Einzahlung zur freien Verfügung der Geschäftsführung für die Zwecke der Gesellschaft eingezahlt und auch in der Folge nicht an den Einleger zurückgezahlt worden ist (BGH, Versäumnisurteil vom 18. März 2002 - II ZR 363/00, BGHZ 150, 197, 201).
3. Nach der entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 7 Abs. 2 Satz 1 GmbHG ist bei der Barkapitalerhöhung durch Erhöhung des Nennbetrags eines bereits bestehenden Geschäftsanteils ein Viertel des Erhöhungsbetrags einzuzahlen und dementsprechend ist die Bewirkung dieser Zahlung mit der Anmeldung nach § 57 Abs. 2 Satz 1 GmbHG zu versichern. Ein Viertel des Erhöhungsbetrags ist auch dann nach dem Kapitalerhöhungsbeschluss und vor der Anmeldung einzuzahlen, wenn zum Zeitpunkt des Kapitalerhöhungsbeschlusses durch Einzahlungen auf den bestehenden Geschäftsanteil der nach Aufstockung erhöhte Nennbetrag zu einem Viertel gedeckt ist (BayObLG, ZIP 1986, 707, 708; Arnold/F. Born in Bork/Schäfer, GmbHG, § 56a Rn. 2; Gummert in Henssler/Strohn, GesR, § 56a GmbHG, Rn. 3; Michalski/Hermanns, GmbHG, 2. Aufl., § 56a Rn. 40; Inhester/Diers in Saenger/Inhester, GmbHG, § 56a Rn. 5; MünchKommGmbHG/Lieder, § 56a Rn. 7; Lutter/Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 56a Rn. 2; Scholz/Priester, GmbHG, 10. Aufl., § 56a Rn. 4; Schnorbus in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 5. Aufl., § 56a Rn. 2; Ulmer/Ulmer, GmbHG, § 56a Rn. 6; Wachter, EWiR 2013, 281, 282; Zöllner/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 56a Rn. 2; aA für den Fall, dass die früheren Leistungen noch ungeschmälert im Vermögen der Gesellschaft vorhanden sind: Roth in Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., § 56a Rn. 3; Gersch/Herget/Marsch/Stützle, GmbH-Reform 1980, Rn. 10; Pastor/Werner, DB 1968, 1935, 1936).
a) Die Leistungspflicht des Übernehmers knüpft - wie sich schon aus dem Wortlaut der §§ 56a, 57 Abs. 2 Satz 1 GmbHG ergibt - an die mit der Übernahmeerklärung nach § 55 Abs. 1 GmbHG übernommene Einlagepflicht an und nicht an den erhöhten Geschäftsanteil als solchen (Michalski/Hermanns, GmbHG, 2. Aufl., § 56a Rn. 40; MünchKommGmbHG/Lieder, § 56a Rn. 7; Scholz/Priester, GmbHG, 10. Aufl., § 56a Rn. 4; Ulmer/Ulmer, GmbHG, § 56a Rn. 6; vgl. auch BGH, Urteil vom 26. Juni 2006 - II ZR 43/05, BGHZ 168, 201 Rn. 13; aA Pastor/Werner, DB 1968, 1935, 1936; Gersch/Herget/Marsch/Stützle, GmbH-Reform 1980, Rn. 10). Die Leistungspflicht hängt daher nicht davon ab, ob die Kapitalerhöhung durch die Bildung neuer Geschäftsanteile oder durch die Erhöhung des Nennbetrags bestehender Geschäftsanteile ausgeführt wird.
b) Diese Sicht entspricht dem Wesen der Kapitalerhöhung, die zu einer Erweiterung der nach der gesetzlichen Konzeption dem Schutz der Gläubiger dienenden Haftungsmasse führt. Das zur Deckung der erhöhten Kapitalziffer dienende Vermögen soll bei der Kapitalerhöhung unmittelbar der Gesellschaft zufließen und in den Entscheidungs- und Handlungsbereich des geschäftsführenden Organs gelangen (BGH, Versäumnisurteil vom 18. März 2002 - II ZR 363/00, BGHZ 150, 197, 200). Ferner soll in Höhe des Mindesteinzahlungsbetrags die Leistungsfähigkeit des übernehmenden Gesellschafters nachgewiesen werden (BayObLG, ZIP 1986, 707, 708; Scholz/Priester, GmbHG, 10. Aufl., § 56a Rn. 4; Schoenes, NJW 1983, 373, 375). Die Einlage kann daher grundsätzlich erst nach dem Kapitalerhöhungsbeschluss geleistet werden, mit dem die förmliche Übernahme üblicherweise verbunden wird (BGH, Urteil vom 15. März 2004 - II ZR 210/01, BGHZ 158, 283, 285; Urteil vom 26. Juni 2006 - II ZR 43/05, BGHZ 168, 201 Rn. 13). Davon macht der Senat eine Ausnahme, wenn die vorzeitige Zahlung auf die Einlage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung noch zweifelsfrei im Gesellschaftsvermögen vorhanden ist. Der vorher eingezahlte Betrag muss jedoch als solcher und nicht nur wertmäßig vorhanden sein (BGH, Urteil vom 15. März 2004 - II ZR 210/01, BGHZ 158, 283, 285 f.; Urteil vom 26. Juni 2006 - II ZR 43/05, BGHZ 168, 201 Rn. 13). Diese Voraussetzungen für eine schuldtilgende Einlageleistung sind nicht erfüllt, wenn der Erhöhungsbetrag nicht durch eine (vorzeitige) Leistung auf den durch den späteren Kapitalerhöhungsbeschluss neu gebildeten Geschäftsanteil oder bei der Kapitalerhöhung durch Aufstockung auf den Aufstockungsbetrag, sondern (lediglich) durch bereits vorhandenes - sei es auch freies - anderweitiges Gesellschaftsvermögen gedeckt wird (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2004 - II ZR 210/01, BGHZ 158, 283, 285; aA Roth in Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., § 56a Rn. 3).
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist es daher ohne Belang, ob die Erklärung der Geschäftsführer dahin zu verstehen ist, dass die hier von dem Alleingesellschafter bewirkte Zahlung auf den vor dem Kapitalerhöhungsbeschluss bestehenden Geschäftsanteil der Gesellschaft weiterhin uneingeschränkt zur Verfügung steht. Mit der Zahlung auf die vor dem Kapitalerhöhungsbeschluss bestehende Einlageschuld ist diese erloschen. Die mit der Zahlung verbundene Tilgungsbestimmung, dass auf den bisherigen Geschäftsanteil gezahlt wird, könnte schon aus Gründen des Gläubigerschutzes nach Erlöschen der Einlageschuld des bestehenden Geschäftsanteils nicht mehr dahingehend geändert werden, dass ein Teil der Zahlung auf den Erhöhungsbetrag nach Aufstockung des bestehenden Geschäftsanteils angerechnet werden soll (vgl. Wachter, EWiR 2013, 281, 282).
c) Schließlich weist das Beschwerdegericht zu Recht darauf hin, dass die Ausführung der Kapitalerhöhung durch Erhöhung des Nennbetrags der Geschäftsanteile nicht darauf abzielt, dem Übernehmer Zahlungserleichterungen gegenüber der Kapitalerhöhung durch Bildung neuer Geschäftsanteile zu verschaffen oder die zum Schutz der Gläubiger bestehenden Grundsätze der Kapitalaufbringung zu durchbrechen, sondern dass mit der Zulassung der Barkapitalerhöhung durch Aufstockung bestehender Geschäftsanteile lediglich der Zersplitterung der Geschäftsanteile vorgebeugt werden soll (BGH, Beschluss vom 24. Oktober 1974 - II ZB 1/74, BGHZ 63, 116, 118; Ulmer/Ulmer, GmbHG, § 56a Rn. 6).
Bergmann Strohn Caliebe
Reichart Sunder