Entscheidungsdatum: 30.01.2013
1. Tritt nach dem Verkauf einer Forderung mit Besserungsschein zum Verkehrswert der Besserungsfall ein, verwandelt sich der Verkauf nicht in eine freigebige Zuwendung .
2. Im Verhältnis einer Kapitalgesellschaft zu ihren Gesellschaftern oder zu den Gesellschaftern einer an ihr beteiligten Kapitalgesellschaft gibt es neben betrieblich veranlassten Rechtsbeziehungen lediglich offene und verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Kapitalrückzahlungen, aber keine freigebigen Zuwendungen .
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind die Gesamtrechtsnachfolger des während des Revisionsverfahrens verstorbenen Klägers und Revisionsklägers R. R war Mitgesellschafter einer GmbH (GmbH 1), die die alleinige Aktionärin einer AG war, und ferner Mitgesellschafter einer weiteren GmbH (GmbH 2). Die GmbH 2 erlitt in den Jahren 2000 bis 2003 erhebliche Verluste, die die AG durch die Gewährung von Darlehen in Höhe von mehr als 2 Mio. € finanzierte. Im Dezember 2003 verkauften die Gesellschafter der GmbH 2 ihre Geschäftsanteile für einen Kaufpreis von 0 € an die AG, die sie ihrerseits mit Vertrag vom 20. Dezember 2004 für 1 € an eine dritte GmbH (GmbH 3) verkaufte, deren alleiniger Gesellschafter R war.
Die AG verzichtete am 30. Dezember 2004 auf die Rückzahlung der der GmbH 2 gewährten Darlehen, soweit dies erforderlich war, um deren bilanzielle Überschuldung zu verhindern. Der Verzicht erfolgte mit einer Besserungsabrede dergestalt, dass die Forderung der AG wieder aufleben sollte, soweit ihre Erfüllung aus einem künftigen Bilanzgewinn oder Liquidationsüberschuss der GmbH 2 möglich sein würde, frühestens aber mit Wirkung ab dem Geschäftsjahr 2007 und höchstens in Höhe von 1 Mio. € jährlich. Die AG verkaufte diesen "Besserungsschein" mit Vertrag vom 15. Dezember 2005 für einen Kaufpreis von 1 € an R und trat ihn mit Wirkung ab dem 31. Dezember 2004 an ihn ab. In dem Kaufvertrag wurde ausgeführt, der Wert des "Besserungsscheins" übersteige den Kaufpreis in keinem Fall.
Da in den Geschäftsjahren 2007 und 2008 der Besserungsfall eintrat, wurden dem für R bei der GmbH 2 geführten Darlehenskonto zum 31. Dezember 2007 und zum 31. Dezember 2008 Beträge von 961.593 € bzw. 1 Mio. € gutgeschrieben.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) sah in diesen Gutschriften am 31. Dezember 2007 und 31. Dezember 2008 ausgeführte freigebige Zuwendungen der AG an R und setzte demgemäß gegen ihn auf diese Stichtage Schenkungsteuer von 335.405 € und 350.000 € fest. Die Einsprüche blieben erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage durch das in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 952 veröffentlichte Urteil nur hinsichtlich der Höhe der Steuerfestsetzung zum 31. Dezember 2007 teilweise statt, indem es die Steuer auf 334.705 € (35 % von 956.300 €) herabsetzte, und wies die Klage im Übrigen ab. Das FA habe zu Recht das Vorliegen freigebiger Zuwendungen der AG an R angenommen. Es könne auf sich beruhen, ob der Abschluss des Kaufvertrags vom 15. Dezember 2005 zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) geführt habe. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, würde dies die Rechtmäßigkeit der Festsetzung der Schenkungsteuer nicht infrage stellen.
Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG). Da der Verkehrswert der von R erworbenen Forderung beim Abschluss des Kaufvertrags vom 15. Dezember 2005 nicht höher als 1 € gewesen sei, stelle der Kaufpreis eine angemessene Gegenleistung dar. Dies schließe das Vorliegen freigebiger Zuwendungen aus.
Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidungen vom 21. Februar 2011 und die Schenkungsteuerbescheide vom 11. Januar 2011 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, der Einspruchsentscheidungen vom 21. Februar 2011 und der Steuerbescheide vom 11. Januar 2011 (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Unrecht angenommen, die AG habe R am 31. Dezember 2007 und 31. Dezember 2008 etwas freigebig zugewandt.
1. Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.
a) Eine freigebige Zuwendung setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung (objektiv) unentgeltlich ist (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 23. November 2011 II R 33/10, BFHE 237, 179, BStBl II 2012, 473, Rz 20), und in subjektiver Hinsicht den Willen des Zuwendenden zur Freigebigkeit (BFH-Urteil vom 15. Dezember 2010 II R 41/08, BFHE 232, 210, BStBl II 2011, 363, Rz 9).
b) Eine freigebige Zuwendung liegt auch vor, wenn einer höherwertigen Leistung eine Gegenleistung von geringerem Wert gegenübersteht und die höherwertige Leistung neben Elementen der Freigebigkeit auch Elemente eines Austauschvertrags enthält, ohne dass sich die höherwertige Leistung in zwei selbständige Leistungen aufteilen lässt (sog. gemischte Schenkung). Über eine --teilweise-- Unentgeltlichkeit und die Frage einer Bereicherung ist dabei nach zivilrechtlichen Grundsätzen zu entscheiden. Bei einer gemischten Schenkung unterliegt der Schenkungsteuer nur der (unselbständige) freigebige Teil der Zuwendung. Dieser Teil ist die Bereicherung i.S. von § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG und bestimmt sich nach dem Verhältnis des Verkehrswerts der Bereicherung des Bedachten zum Verkehrswert der Leistung des Schenkers (BFH-Urteile in BFHE 232, 210, BStBl II 2011, 363, Rz 10, 14, und vom 23. Mai 2012 II R 21/10, BFHE 237, 466, BStBl II 2012, 793, Rz 22).
Für die Ermittlung des Verkehrswerts kommt es dabei auf den Bewertungsstichtag an. Spätere Entwicklungen wie etwa das vorzeitige Ableben des Rentenberechtigten, wenn sich der Beschenkte im Rahmen einer gemischten Schenkung zur Zahlung einer Rente verpflichtet hat, können dabei abweichend von der Ermittlung des Steuerwerts (vgl. § 14 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes) nicht berücksichtigt werden (BFH-Urteil vom 17. Oktober 2001 II R 72/99, BFHE 196, 296, BStBl II 2002, 25).
2. Diese Voraussetzungen einer gemischten Schenkung sind nach den vom FG getroffenen Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) im Streitfall nicht erfüllt.
a) Das FG hat nicht festgestellt, dass der Verkehrswert der von R erworbenen Forderung beim Abschluss des Kaufvertrags vom 15. Dezember 2005 höher als 1 € gewesen sei. Der Kaufpreis stellte daher eine angemessene Gegenleistung für den Erwerb der Forderung dar. Die AG hatte demgemäß auch nicht den für das Vorliegen einer freigebigen Zuwendung erforderlichen Willen zur Freigebigkeit. Dies schließt das Vorliegen einer freigebigen Zuwendung aus.
b) Dass später der Besserungsfall eingetreten ist und die Forderung daher werthaltig wurde, ist unerheblich. Dies hatte nicht zur Folge, dass sich der zum Verkehrswert erfolgte Verkauf der Forderung rückwirkend in eine freigebige Zuwendung umwandelte. Der Eintritt des Besserungsfalls hat den für die Besteuerung maßgebenden Sachverhalt nicht rückwirkend verändert. Es handelt sich dabei vielmehr um eine spätere Entwicklung, die bei der Prüfung, ob am Stichtag eine gemischte Schenkung vorliegt, keine Rolle spielt.
c) Die am 31. Dezember 2007 und 31. Dezember 2008 vorgenommenen Gutschriften auf dem bei der GmbH 2 für R geführten Darlehenskonto sind auch nicht i.S. von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG "auf Kosten" der AG erfolgt. Da R nicht nur der Gläubiger der gegen die GmbH 2 gerichteten Forderung, sondern zugleich über die GmbH 3 bereits seit Abschluss des Vertrags vom 20. Dezember 2004 und somit lange vor dem am 15. Dezember 2005 vereinbarten Kauf der Forderung von der AG und auch vor dem Eintritt des Besserungsfalls mittelbar alleiniger Gesellschafter der GmbH 2 war, ist der Besserungsfall in seinem Verantwortungs- und Zurechnungsbereich und nicht in jenem der AG eingetreten.
d) Aus dem BFH-Urteil vom 21. April 2009 II R 57/07 (BFHE 224, 279, BStBl II 2009, 606) ergibt sich nichts anderes. Nach diesem Urteil ist zwar die Schenkung einer Forderung, hinsichtlich der eine Besserungsabrede getroffen wurde, ausgeführt, sobald der Besserungsfall eingetreten ist. In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall war die Forderung, auf die sich die vereinbarte Besserungsabrede bezog, aber nicht zum Verkehrswert verkauft, sondern von vornherein freigebig zugewandt worden. Dies war die Voraussetzung für die Prüfung, wann die dem Grunde nach vorliegende freigebige Zuwendung ausgeführt worden war.
3. Der Annahme einer freigebigen Zuwendung der AG an R steht auch entgegen, dass es im Verhältnis einer Kapitalgesellschaft zu ihren Gesellschaftern oder zu den Gesellschaftern einer an ihr beteiligten Kapitalgesellschaft neben betrieblich veranlassten Rechtsbeziehungen lediglich offene und verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Kapitalrückzahlungen, aber keine freigebigen Zuwendungen i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gibt.
a) Gewinnausschüttungen einer Kapitalgesellschaft an ihre Gesellschafter erfolgen nicht freigebig. Sie beruhen vielmehr auf dem Gesellschaftsverhältnis, und zwar unabhängig davon, ob sie offen oder verdeckt vorgenommen werden, und haben daher jedenfalls im Verhältnis zu den Gesellschaftern ausschließlich ertragsteuerrechtliche Folgen.
aa) Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch vGA. Eine vGA ist gegeben, wenn eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass oder zumindest ihre Mitveranlassung im Gesellschaftsverhältnis hat. Das ist der Fall, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer diesen Vorteil einem Nichtgesellschafter nicht zugewendet hätte (BFH-Urteile vom 13. Dezember 2006 VIII R 31/05, BFHE 216, 214, BStBl II 2007, 393, und vom 27. März 2012 VIII R 27/09, BFH/NV 2012, 1127, Rz 18). Die Zuwendung eines Vorteils an den Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung beruht somit zumindest auch auf dem Gesellschaftsverhältnis, wenn sie nicht ausschließlich betrieblich veranlasst ist (BFH-Urteile in BFHE 216, 214, BStBl II 2007, 393, und in BFH/NV 2012, 1127, Rz 18 f.).
bb) Die vGA mindern das Einkommen einer Kapitalgesellschaft nicht (§ 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes --KStG--). Unter einer vGA im Sinne dieser Vorschrift ist eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung zu verstehen, die nicht auf einer offenen Gewinnausschüttung beruht, sich auf den gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG für die Gewinnermittlung maßgebenden Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres auswirkt und durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst oder mitveranlasst ist. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis hat der BFH für den größten Teil der zu entscheidenden Fälle bejaht, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie einem Gesellschaftsfremden unter ansonsten vergleichbaren Umständen nicht zugewendet hätte. Maßstab für den hiernach anzustellenden Fremdvergleich ist das Handeln eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters, der gemäß § 43 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anwendet (BFH-Urteile vom 24. August 2011 I R 5/10, BFH/NV 2012, 271, Rz 27; vom 31. Januar 2012 I R 1/11, BFHE 236, 368, BStBl II 2012, 694, Rz 10, und vom 15. Februar 2012 I R 19/11, BFHE 236, 452, Rz 16, je m.w.N.). Zudem setzt die Annahme einer vGA voraus, dass die Minderung des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG bei der Körperschaft geeignet ist, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (BFH-Urteile vom 20. August 2008 I R 19/07, BFHE 222, 494, BStBl II 2011, 60; in BFH/NV 2012, 271, Rz 27, und in BFHE 236, 452, Rz 16, je m.w.N.).
cc) Eine vGA besteht in ihrem Wesen darin, dass eine Beurteilung eines Sachverhalts geltend gemacht wird, die diesen nicht als Grundlage einer Gewinnausschüttung erscheinen lässt, vielmehr eine solche "verdeckt". Vermögensvorteile werden den Gesellschaftern damit in einer Form zugeführt, in der sie nicht als Ausschüttung erscheinen, sondern unter anderer Bezeichnung verborgen sind. Entscheidend ist somit, ob Leistungen an den Gesellschafter aus betrieblichen Gründen oder mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis (societatis causa) gewährt werden (BFH-Urteil vom 23. Oktober 1985 I R 247/81, BFHE 145, 165, BStBl II 1986, 195).
Eine vGA kann daher beispielsweise bei einem zwischen der Kapitalgesellschaft und einem Gesellschafter geschlossenen Kaufvertrag vorliegen, nämlich wenn die Kapitalgesellschaft einen überhöhten Kaufpreis an den Gesellschafter zahlt oder wenn der vom Gesellschafter an die Gesellschaft zu entrichtende Kaufpreis unangemessen niedrig ist (BFH-Urteile vom 17. Oktober 2001 I R 103/00, BFHE 197, 68, BStBl II 2004, 171, und vom 6. April 2005 I R 22/04, BFHE 209, 460, BStBl II 2007, 658; Wassermeyer, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 20 Rz C 60a, 60c; Schallmoser/Eisgruber/Janetzko in Herrmann/ Heuer/Raupach, § 8 KStG Rz 265; Blümich/Stuhrmann, § 20 EStG Rz 80).
dd) Eine vGA an einen Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft liegt unter den dargelegten allgemeinen Voraussetzungen auch dann vor, wenn die Kapitalgesellschaft den Vermögensvorteil unmittelbar einer dem Gesellschafter nahestehenden Person zuwendet (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 236, 452, Rz 16). Das "Nahestehen" in diesem Sinn kann familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher Art sein (BFH-Urteil vom 19. Juni 2007 VIII R 54/05, BFHE 218, 244, BStBl II 2007, 830). Die Zuwendung eines Vorteils an eine dem Gesellschafter der Kapitalgesellschaft nahestehende Person ist unabhängig davon als vGA zu beurteilen, ob auch der Gesellschafter selbst ein vermögenswertes Interesse an dieser Zuwendung hat, soweit andere Ursachen für die Zuwendung als das Nahestehen des Empfängers zu dem Gesellschafter auszuschließen sind (BFH-Urteile in BFHE 218, 244, BStBl II 2007, 830, und vom 7. November 2007 II R 28/06, BFHE 218, 414, BStBl II 2008, 258, m.w.N.).
Die Zuwendung des Vermögensvorteils an die dem Gesellschafter der Kapitalgesellschaft nahestehende Person ist im Hinblick auf die Anwendung der Vorschriften über die vGA so zu beurteilen, als hätte der Gesellschafter selbst den Vorteil erhalten und diesen an die nahestehende Person weitergegeben (BFH-Urteil in BFHE 218, 244, BStBl II 2007, 830, m.w.N.).
ee) Ist Gesellschafterin einer Kapitalgesellschaft eine andere Kapitalgesellschaft, so stehen dieser deren Gesellschafter nahe. Leistungen, die eine Kapitalgesellschaft unmittelbar an einen Gesellschafter ihres eigenen Gesellschafters (mittelbarer Gesellschafter) erbringt, können daher vGA sein (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 271, Rz 27). In einem solchen Fall ist der normale Weg der Gewinnausschüttung der Beteiligungsgesellschaft an die Muttergesellschaft und der Muttergesellschaft an ihren Gesellschafter abgekürzt. Es liegt dann eine vGA der Beteiligungsgesellschaft an die Muttergesellschaft und eine vGA der Muttergesellschaft an ihren Gesellschafter vor (vgl. BFH-Urteil in BFHE 145, 165, BStBl II 1986, 195, unter B.II.4.).
ff) Entgegen der Ansicht des FG kann die Gewährung eines unangemessenen Vermögensvorteils durch eine Kapitalgesellschaft an einen ihrer Gesellschafter oder an einen Gesellschafter einer an ihr beteiligten Kapitalgesellschaft nur unter dem ertragsteuerrechtlichen Gesichtspunkt einer vGA gewürdigt, nicht aber zusätzlich als freigebige Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG angesehen werden. Durch die Gewährung eines solchen Vermögensvorteils wird der für offene Ausschüttungen zur Verfügung stehende Gewinn der Kapitalgesellschaft gemindert. Die sich durch die Gewinnminderung ergebenden Folgen werden auf der Seite der Kapitalgesellschaft durch § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und auf der Seite des einkommensteuerpflichtigen Gesellschafters durch § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG geregelt. Die vGA werden ertragsteuerrechtlich somit im Ergebnis wie offene Gewinnausschüttungen behandelt.
Damit ließe es sich nicht vereinbaren, wenn eine vGA anders als eine offene Gewinnausschüttung zugleich als freigebige Zuwendung der Kapitalgesellschaft an ihren Gesellschafter oder an einen Gesellschafter einer an ihr beteiligten Kapitalgesellschaft angesehen würde (Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 16. Aufl., § 7 Rz 74; Götz in Wilms/Jochum, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 7 Rz 45; Albrecht, Zeitschrift für die Steuer- und Erbrechtspraxis 2003, 141, 148; Crezelius, Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge --ZEV-- 2008, 268, 273; derselbe, ZEV 2011, 393, 396 f.; Viskorf, ZEV 2012, 442, 446; Wälzholz, ZEV 2008, 273, 276; vgl. dazu bereits Urteil des Reichsfinanzhofs vom 21. Januar 1943 III e 38/41, RStBl 1943, 589; a.A. Hartmann in Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht, § 7 ErbStG Rz 103.2).
Es spielt dabei entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung (gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 14. März 2012, BStBl I 2012, 331, Abschn. 2.6.2) und einer in der Literatur vertretenen Ansicht (Gebel in Troll/ Gebel/Jülicher, ErbStG, § 7 Rz 191 f.; Weinmann in Moench/ Weinmann, § 7 ErbStG Rz 190) keine Rolle, ob alle Gesellschafter der Kapitalgesellschaft vGA in gleicher Höhe erhalten. Auch wenn dies nicht der Fall ist und beispielsweise nur ein Gesellschafter eine überhöhte Vergütung erhält, führt das über die gesellschaftsrechtliche Beteiligungsquote hinaus Verteilte nicht zu einer freigebigen Zuwendung der Kapitalgesellschaft an den Gesellschafter. Vielmehr unterliegt die Zahlung des unangemessenen Teils der Vergütung als vGA der Einkommensteuer, da sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist (Geck in Kapp/Ebeling, § 7 ErbStG, Rz 219 f.; Kamps, Die Steuerberatung 2006, 107, 113 ff.). Dies schließt das Vorliegen einer freigebigen Zuwendung der Kapitalgesellschaft an den Gesellschafter aus. Für vGA kann insoweit nichts anderes gelten wie für Vermögensübertragungen von einem Gesellschafter auf eine Kapitalgesellschaft, die als gesellschaftsrechtliche Vorgänge nicht als freigebige Zuwendungen an die Gesellschaft zu beurteilen sind (BFH-Urteil vom 17. Oktober 2007 II R 63/05, BFHE 218, 429, BStBl II 2008, 381; Viskorf, ZEV 2012, 442, 446).
gg) Ob es Fälle gibt, in denen ein und derselbe Lebenssachverhalt tatbestandlich sowohl der Einkommen- als auch der Schenkungsteuer unterfällt, und in welchem Verhältnis die beiden Steuerarten in solchen Fällen stehen (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 12. September 2011 VIII B 70/09, BFH/NV 2012, 229, Rz 19; Fischer, in Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter, ErbStG, 4. Aufl., § 7 Rz 131), kann im Streitfall auf sich beruhen; denn sowohl offene als auch verdeckte Gewinnausschüttungen einer Kapitalgesellschaft an ihre Gesellschafter oder an die Gesellschafter einer an ihr beteiligten Kapitalgesellschaft sind tatbestandlich, wie dargelegt, keine freigebigen Zuwendungen i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.
b) Der Annahme einer freigebigen Zuwendung der AG an R steht somit auch entgegen, dass dieser über die GmbH 1 mittelbarer Gesellschafter der AG war.
4. Da das FG von einer anderen Ansicht ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die angefochtenen Schenkungsteuerbescheide und die Einspruchsentscheidungen sind ebenfalls aufzuheben.