Entscheidungsdatum: 27.09.2017
1. Bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft, die unmittelbar oder mittelbar an einer grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt ist, ist als Anteil i.S. von § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG --wie bei einer zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft-- die Beteiligung am Gesellschaftskapital und nicht die sachenrechtliche Beteiligung am Gesamthandsvermögen maßgebend.
2. Ein Anteilserwerb kann bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft zu einer mittelbaren Anteilsvereinigung i.S. von § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG beitragen oder führen, wenn dem Erwerber nach dem Anteilserwerb mindestens 95 % der Beteiligung am Gesellschaftskapital der Personengesellschaft zuzurechnen sind.
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. Juni 2015 15 K 3256/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
I.
Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine nach britischem Recht errichtete Limited. Sie erwarb mit Wirkung zum 1. März 2005 alle Aktien an der A-AG.
Die A-AG war zu 100 % an einer britischen Limited beteiligt, die ihrerseits 100 % der Anteile an der B-Holding hielt. Die B-Holding war zunächst zu 100 % an der grundbesitzenden D-GmbH und diese wiederum zu 99,99958 % an der grundbesitzenden E-AG beteiligt; Inhaberin der restlichen Aktien an der E-AG von 0,00042 % war die A-AG. Die E-AG hielt eine große Anzahl von Beteiligungen von mindestens 95 % an Kapital- und Personengesellschaften, zu deren Vermögen ebenfalls inländische Grundstücke gehörten.
Mit Vertrag vom 15. Dezember 2004, also vor dem Aktienerwerb der Klägerin, wurde die C-KG gegründet. Kommanditistin mit einer Beteiligung von 100 % am Gesellschaftsvermögen wurde die B-Holding und Komplementärin mit einer Beteiligung von 0 % die C-GmbH. Die B-Holding leistete ihre Kommanditeinlage durch Einbringung eines Geschäftsanteils an der D-GmbH; nach der Einbringung war die C-KG zu 5,09 % an der D-GmbH beteiligt. Die restlichen Anteile an der D-GmbH von 94,91 % hielt weiterhin die B-Holding. Diese war auch zu 94,04 % an der C-GmbH beteiligt; die weiteren Anteile von 5,96 % an der C-GmbH hielt eine andere GmbH, deren Anteilseignerin eine Bank zu 100 % war.
Das Finanzamt ... (FA-D), in dessen Bezirk sich die geschäftlichen Oberleitungen der grundbesitzenden D-GmbH und E-AG befanden, bat die E-AG, wegen der grunderwerbsteuerrechtlichen Relevanz des Aktienerwerbs der Klägerin eine Anzeige zu erstatten. Mit Schreiben vom 11. März 2005 zeigte die E-AG dem FA-D an, durch den Anteilserwerb habe in den nachgeordneten Personengesellschaften eine steuerbegründende mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes nach § 1 Abs. 2a des Grunderwerbsteuergesetzes in der für 2005 maßgeblichen Fassung (GrEStG) stattgefunden. Eine Anlage zum Schreiben enthielt Angaben zu den von der E-AG gehaltenen Anteilen von mindestens 95 % an Personengesellschaften und die Bezeichnung der diesen gehörenden Grundstücke. Weitere grunderwerbsteuerbare Sachverhalte, insbesondere eine Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG, seien nicht erfüllt worden.
Nach einer Außenprüfung, die sich auf die Grunderwerbsteuer erstreckte, vertrat das mit der Prüfung beauftragte Finanzamt die Auffassung, dass der Erwerb der Aktien an der A-AG durch die Klägerin zu einer Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG geführt habe. Für die Gründung und Zwischenschaltung der C-KG seien weder wirtschaftliche noch sonst beachtliche außersteuerliche Gründe erkennbar; insoweit sei von einem Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 der Abgabenordnung --AO--) auszugehen.
Mit Bescheid vom 20. Dezember 2010 stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) gegenüber der Klägerin die Besteuerungsgrundlagen für eine am 1. März 2005 verwirklichte Vereinigung von Anteilen an der A-AG fest. Der Feststellungsbescheid betraf die inländischen Grundstücke, die der D-GmbH, der E-AG sowie den von der E-AG gehaltenen Kapitalgesellschaften gehörten.
Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage ab. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2015, 1623 veröffentlicht. Das FG stützte seine Entscheidung nicht auf das Vorliegen eines Gestaltungsmissbrauchs i.S. des § 42 AO, sondern auf eine unmittelbare Anwendung des § 1 Abs. 3 Nr. 1 bzw. Nr. 2 GrEStG.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung rechtlichen Gehörs, die fehlerhafte Anwendung von § 169 Abs. 1 Satz 1 AO und § 1 Abs. 3 GrEStG sowie die Nichtgewährung von Vertrauensschutz.
Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung, den Feststellungsbescheid vom 20. Dezember 2010 und die Einspruchsentscheidung vom 19. September 2012 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist unbegründet und war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zutreffend erkannt, dass die Klägerin durch den Erwerb der Aktien an der A-AG den Tatbestand der Anteilsvereinigung gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 bzw. Nr. 2 GrEStG erfüllt hat und der Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer vom 20. Dezember 2010 innerhalb der Feststellungsfrist ergangen ist.
1. Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, unterliegt nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG der Steuer --soweit eine Besteuerung nach Abs. 2a der Vorschrift nicht in Betracht kommt-- ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers vereinigt werden würden. Nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG unterliegt der Steuer auch die unmittelbare oder mittelbare Vereinigung von mindestens 95 % der Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG vorausgegangen ist.
a) Die Steuerbarkeit wird nur durch den Erwerb des letzten Anteils ausgelöst. Dabei ist der Vorgang, der zum Erwerb dieses Anteils führt, zwar das die Steuer auslösende Moment. Gegenstand der Steuer ist aber nicht der Anteilserwerb als solcher, sondern die durch ihn begründete Zuordnung von mindestens 95 % der Anteile in einer Hand. Mit dem Anteilserwerb wird grunderwerbsteuerrechtlich derjenige, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen, so behandelt, als habe er die Grundstücke von der Gesellschaft erworben, deren Anteile sich in seiner Hand vereinigen (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 11. Juni 2013 II R 52/12, BFHE 241, 419, BStBl II 2013, 752, und vom 12. März 2014 II R 51/12, BFHE 245, 381, BStBl II 2016, 356, Rz 11, m.w.N.). Die Anteilsvereinigung kann auch dadurch erfolgen, dass der Erwerber die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft teils unmittelbar und teils mittelbar erwirbt (BFH-Urteil vom 18. September 2013 II R 21/12, BFHE 243, 393, BStBl II 2014, 326, Rz 9, m.w.N.).
b) Der Erwerber erwirbt einen Anteil an der grundbesitzenden Gesellschaft dann unmittelbar, wenn er zivilrechtlich Gesellschafter dieser Gesellschaft wird (BFH-Urteile in BFHE 243, 393, BStBl II 2014, 326, Rz 10, und in BFHE 245, 381, BStBl II 2016, 356, Rz 12).
c) Beim mittelbaren Anteilserwerb, also einem Anteilserwerb, bei dem der Erwerber selbst nicht Gesellschafter der grundbesitzenden Gesellschaft wird, scheidet eine Anknüpfung an das Zivilrecht aus, da es keine Regelungen für einen mittelbaren Anteilserwerb vorsieht (BFH-Urteil in BFHE 243, 393, BStBl II 2014, 326, Rz 11; ebenso zu § 1 Abs. 2a GrEStG BFH-Urteil vom 24. April 2013 II R 17/10, BFHE 241, 53, BStBl II 2013, 833, Rz 13 ff.). Unter welchen Voraussetzungen ein mittelbarer Anteilserwerb vorliegt, ist unter Berücksichtigung von Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG zu beurteilen. Entscheidend kommt es auf die rechtlich begründeten Einflussmöglichkeiten auf die grundbesitzende Gesellschaft an (BFH-Urteile in BFHE 243, 393, BStBl II 2014, 326, Rz 12, und in BFHE 245, 381, BStBl II 2016, 356, Rz 13).
d) Ist die grundbesitzende Gesellschaft eine Kapitalgesellschaft, setzt ein mittelbarer Anteilserwerb, der zu einer Anteilsvereinigung beitragen oder führen kann, voraus, dass der Anteilserwerber sowohl bei der zwischengeschalteten Gesellschaft (Zwischengesellschaft) oder bei den Zwischengesellschaften als auch bei der grundbesitzenden Gesellschaft selbst in grunderwerbsteuerrechtlich erheblicher Weise die rechtliche Möglichkeit hat, seinen Willen durchzusetzen. Dies ist beispielsweise bei Vorhandensein einer einzigen Zwischengesellschaft der Fall, wenn der Anteilserwerber mindestens 95 % der Anteile an der Zwischengesellschaft hält und diese ihrerseits zu mindestens 95 % an der grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt ist. Ist eine weitere Zwischengesellschaft vorhanden, genügt es, wenn der Anteilserwerber mindestens 95 % der Anteile an der ersten Zwischengesellschaft hält, diese zu mindestens 95 % an der zweiten Zwischengesellschaft und diese wiederum zu mindestens 95 % an der grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt ist. Entsprechendes gilt auch bei weiteren Zwischengesellschaften (BFH-Urteile in BFHE 243, 393, BStBl II 2014, 326, Rz 13, und in BFHE 245, 381, BStBl II 2016, 356, Rz 14).
e) Sind diese Voraussetzungen erfüllt, wird die Beteiligung der Gesellschaft, die Gesellschafterin der grundbesitzenden Gesellschaft ist, für Zwecke des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG dem Anteilserwerber als mittelbare Beteiligung an der grundbesitzenden Gesellschaft zugerechnet (BFH-Urteil in BFHE 243, 393, BStBl II 2014, 326, Rz 14). Insoweit gelten für § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG dieselben Grundsätze wie für § 1 Abs. 3 Nr. 3 und Nr. 4 GrEStG (BFH-Urteil in BFHE 243, 393, BStBl II 2014, 326, Rz 15). Der Gesetzgeber geht mit der Absenkung der Mindestbeteiligungsquote auf 95 % durch Art. 15 Nr. 1 Buchst. b des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402) für Zwecke der Grunderwerbsteuer typisierend davon aus, dass der Anteilserwerber mit dem Erreichen dieser Quote in grunderwerbsteuerrechtlich erheblicher Weise die rechtliche Möglichkeit hat, seinen Willen --wenn auch über so viele Stufen, wie zumindest 95 %ige Beteiligungen an Zwischengesellschaften vorhanden sind-- bei der grundbesitzenden Gesellschaft durchzusetzen (BFH-Urteile in BFHE 243, 393, BStBl II 2014, 326, Rz 16, und in BFHE 245, 381, BStBl II 2016, 356, Rz 15).
f) Anteile der Gesellschaft i.S. von § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG sind bei Kapitalgesellschaften die Beteiligungen am Gesellschaftskapital, also bei einer GmbH die Geschäftsanteile (vgl. § 5 und §§ 14 ff. des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung) und bei einer AG die Aktien (vgl. §§ 8 ff. des Aktiengesetzes). Entsprechendes gilt für vergleichbare ausländische Kapitalgesellschaften. Die Höhe der Beteiligung am Gesellschaftskapital einer Kapitalgesellschaft ist ausschlaggebend dafür, ob ein Anteilserwerb zu einer unmittelbaren oder mittelbaren Vereinigung von Anteilen an einer grundbesitzenden Gesellschaft beitragen oder führen kann.
g) Bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft, die unmittelbar oder mittelbar an einer grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt ist, ist als Anteil i.S. von § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG --wie bei einer zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft-- die Beteiligung am Gesellschaftskapital und nicht die sachenrechtliche Beteiligung am Gesamthandsvermögen maßgebend.
aa) Die Beteiligung am Gesellschaftskapital der Personengesellschaft vermittelt, soweit sie mindestens 95 % beträgt, die rechtliche Möglichkeit für den beteiligten Gesellschafter, den Willen in der Personengesellschaft in grunderwerbsteuerrechtlich erheblicher Weise durchzusetzen. Diese Möglichkeit hat der Gesellschafter auch in Bezug auf nachgeordnete Gesellschaften, an denen die Personengesellschaft wiederum zu mindestens 95 % beteiligt ist. Die Beteiligung an diesen Gesellschaften ist unmittelbar der Personengesellschaft und mittelbar deren Gesellschafter zuzurechnen. Für die Zurechnung zum qualifiziert beteiligten Gesellschafter ist unerheblich, dass an der zwischengeschalteten Personengesellschaft weitere Gesellschafter mit einem Kapitalanteil von weniger als 5 % oder kapitalmäßig überhaupt nicht beteiligt sind.
Soweit der BFH im Urteil vom 8. August 2001 II R 66/98 (BFHE 195, 427, BStBl II 2002, 156) zu einer Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG in der für 1989 geltenden Fassung entschieden hat, dass bei einer Personengesellschaft, die an einer anderen Gesellschaft beteiligt ist, die gesamthänderische Mitberechtigung am Gesellschaftsvermögen der Personengesellschaft für eine Zurechnung der Anteile an der anderen Gesellschaft maßgeblich sein soll, wird an dieser Rechtsauffassung nicht mehr festgehalten.
bb) Ein Anteilserwerb, der zu einer mittelbaren Anteilsvereinigung i.S. von § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG beitragen oder führen kann, setzt bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft, die unmittelbar oder mittelbar an einer grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt ist, voraus, dass dem Erwerber nach dem Anteilserwerb mindestens 95 % der Beteiligung am Gesellschaftskapital der Personengesellschaft zuzurechnen sind. Ist diese Voraussetzung erfüllt, sind auch die unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen der Personengesellschaft an den grundbesitzenden Gesellschaften dem Anteilserwerber mittelbar zuzurechnen.
cc) Die durch Art. 26 des Gesetzes vom 26. Juni 2013 (BGBl I 2013, 1809) erfolgte Einführung des § 1 Abs. 3a GrEStG, der auf Erwerbsvorgänge nach dem 6. Juni 2013 anzuwenden ist (§ 23 Abs. 11 GrEStG n.F.), rechtfertigt keine andere Beurteilung der Zurechnung von Anteilen an zwischengeschalteten Personengesellschaften für die Zeit davor.
Mit der Einführung der wirtschaftlichen Beteiligung als Anknüpfungspunkt für die Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3a GrEStG n.F. sollen insbesondere Erwerbsvorgänge mit sog. Real Estate Transfer Tax-Blocker-Strukturen (RETT-Blocker) der Besteuerung unterworfen werden (BTDrucks 17/13033, S. 110). Die neue Regelung stellt deshalb auf die unmittelbare oder/und mittelbare Beteiligung am Kapital oder am Vermögen einer Gesellschaft ab. Damit gilt nicht die sachenrechtliche Beteiligung. Vielmehr sollen alle Beteiligungen am Kapital oder am Vermögen einer Gesellschaft rechtsformneutral anteilig zu berücksichtigen sein (BTDrucks 17/13033, S. 110).
Die mit der Einführung des § 1 Abs. 3a GrEStG n.F. verbundene Intention des Gesetzgebers schließt es nicht aus, bereits für frühere Anteilserwerbe auch bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft --wie bei einer zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft-- auf die Beteiligung am Gesellschaftskapital abzustellen. Insoweit werden mittelbare Beteiligungen an grundbesitzenden Gesellschaften im Rahmen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG rechtsformneutral behandelt.
dd) Für eine unterschiedliche Behandlung von zwischengeschalteten Personen- und Kapitalgesellschaften im Rahmen der Prüfung einer Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG gibt es auch unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--) keine Grundlage (BFH-Urteil in BFHE 245, 381, BStBl II 2016, 356, Rz 20). Der Sinn und Zweck der Vorschriften würde vielmehr verfehlt, wenn man insoweit zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften unterscheiden würde.
2. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Klägerin durch den Erwerb der Aktien an der A-AG am 1. März 2005 den Tatbestand der Anteilsvereinigung erfüllt. Aufgrund des Aktienerwerbs wurden mittelbar die Anteile an der D-GmbH, der E-AG und den grundbesitzenden Kapitalgesellschaften, an denen die E-AG beteiligt war, in der Hand der Klägerin vereinigt.
a) Der Klägerin waren nach dem Aktienerwerb mittelbar (über eine englische Limited) 100 % der Anteile an der B-Holding zuzurechnen. Die B-Holding hielt wiederum teils unmittelbar, teils mittelbar 100 % der Geschäftsanteile an der grundbesitzenden D-GmbH. Unmittelbar waren der B-Holding 94,91 % zuzurechnen. Die verbleibenden 5,09 % waren ihr mittelbar über die C-KG zuzurechnen. Die Geschäftsanteile von 5,09 % gehörten zum Zeitpunkt des Aktienerwerbs zum Gesamthandsvermögen der C-KG. Da die B-Holding als Kommanditistin zu 100 % am Gesellschaftskapital der C-KG beteiligt war, war ihr die Beteiligung der C-KG an der D-GmbH von 5,09 % voll zuzurechnen. Damit war auf jeder Beteiligungsstufe eine der Klägerin zuzurechnende Beteiligung von 100 % gegeben.
Die weiteren Beteiligungen der D-GmbH an der grundbesitzenden E-AG von 99,99958 %, der A-AG an der E-AG von 0,00042 % sowie der E-AG an deren grundbesitzenden Tochtergesellschaften von mindestens 95 % waren ebenfalls mittelbar der B-Holding und damit mittelbar der Klägerin zuzurechnen.
b) Eine Besteuerung nach dem für Personengesellschaften geltenden § 1 Abs. 2a GrEStG kommt für den im Feststellungsbescheid vom 20. Dezember 2010 erfassten Sachverhalt nicht in Betracht. Denn der angefochtene Feststellungsbescheid bezieht sich ausschließlich auf Grundstücke, die zum Vermögen von Kapitalgesellschaften gehörten.
3. Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg auf Vertrauensschutz berufen.
a) Ein dem Schutz vor einer verschärfenden Gesetzesänderung entsprechender oder jedenfalls angenäherter Vertrauensschutz ist geboten, wenn die Entscheidung des BFH von einer Jahrzehnte währenden höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht, die langjährige Rechtsprechung Eingang in die Richtlinien der Finanzverwaltung (Art. 108 Abs. 7 GG) gefunden hat und der BFH bei einem derartigen Rechtsfindungsprozess ähnlich einem Normgeber tätig geworden ist (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 17. Dezember 2007 GrS 2/04, BFHE 220, 129, BStBl II 2008, 608, unter D.IV.2.b). In diesen Fällen darf der Bürger auf die durch die höchstrichterliche Rechtsprechung konkretisierte Rechtslage und deren Bestand vertrauen (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 220, 129, BStBl II 2008, 608, unter D.IV.2.b). Bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen kann es aus Gründen des Vertrauensschutzes auch geboten sein, neue Rechtsprechungsgrundsätze des BFH nur mit Wirkung für die Zukunft anzuwenden (vgl. BFH-Urteil vom 11. Juli 2017 IX R 36/15, BFHE 258, 427, Rz 41 f.).
b) Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen nicht vor. Zum einen ist das BFH-Urteil in BFHE 195, 427, BStBl II 2002, 156 zu einer anderen Rechtslage ergangen. Nach dem für das Streitjahr 1989 geltenden § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG a.F. sollte der Steuer u.a. ein Rechtsgeschäft unterliegen, das den Anspruch auf Übertragung mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung alle Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers vereinigt werden würden. Die Vorschrift stellte auf eine erforderliche Inhaberschaft von 100 % der Anteile der Gesellschaft ab; zudem fehlte das Tatbestandsmerkmal der mittelbaren Anteilsvereinigung.
Zum anderen gibt es keine Jahrzehnte währende höchstrichterliche Rechtsprechung des BFH mit dem Inhalt, dass bei einer Personengesellschaft auch auf der Beteiligungsebene die gesamthänderische Mitberechtigung maßgeblich sein soll. Es gibt nur die zur alten Rechtslage ergangene Entscheidung zur mittelbaren Anteilsvereinigung bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft und zur Zurechnung von Anteilen an dieser Personengesellschaft (vgl. BFH-Urteil in BFHE 195, 427, BStBl II 2002, 156). Insoweit kann nicht von einer Tätigkeit des Gerichts als "Ersatznormgeber" gesprochen werden. Unerheblich ist deshalb, dass die Finanzverwaltung die vorgenannte Rechtsprechung des BFH auch bei der Prüfung, ob eine Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG vorliegt, angewandt hat (gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 9. Oktober 2013 – Beispiel 5 – BStBl I 2013, 1364). Diese Erlasse können im Streitfall auch deshalb keinen Vertrauensschutz begründen, weil sie erst nach der am 1. März 2005 erfolgten Anteilsvereinigung ergangen sind und die Klägerin sie daher bei der Entscheidung für den Erwerb der Aktien der A-AG nicht berücksichtigen konnte. Ein Vertrauenstatbestand muss ursächlich für Maßnahmen, Handlungen oder Dispositionen des Steuerpflichtigen gewesen sein (BFH-Urteile vom 30. Oktober 2014 IV R 61/11, BFHE 247, 332, BStBl II 2015, 478, Rz 34, und vom 7. September 2016 I R 23/15, BFHE 255, 190, BStBl II 2017, 472, Rz 19).
4. Der Erlass des Feststellungsbescheids am 20. Dezember 2010 erfolgte innerhalb der Feststellungsfrist.
a) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO). Gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO beginnt die vierjährige Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO u.a. dann, wenn eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist. Diese Bestimmungen gelten gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 AO sinngemäß auch für die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen. Die bei Verletzung der Anzeigepflicht eintretende Anlaufhemmung verhindert, dass der Steuerpflichtige durch --ggf. gezielt-- verspätete Abgabe der Anzeige den Handlungszeitraum des Finanzamts verkürzt (BFH-Beschluss vom 17. August 2009 II B 172/08, BFH/NV 2009, 1970, m.w.N.).
b) § 19 GrEStG begründet eine gesetzliche Anzeigepflicht i.S. des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO (BFH-Urteil vom 23. Mai 2012 II R 56/10, BFH/NV 2012, 1579, Rz 11). Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrEStG müssen Steuerschuldner Anzeige erstatten über schuldrechtliche Geschäfte, die auf die Vereinigung von mindestens 95 % der Anteile einer Gesellschaft gerichtet sind, wenn zum Vermögen der Gesellschaft ein Grundstück gehört. Anzeigepflichtig ist auch die Vereinigung von mindestens 95 % der Anteile einer Gesellschaft, wenn zum Vermögen der Gesellschaft ein Grundstück gehört (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GrEStG).
Die Anzeige ist gemäß § 19 Abs. 4 Satz 1 GrEStG an das für die Besteuerung zuständige Finanzamt zu richten. Gemäß § 19 Abs. 5 Satz 1 GrEStG ist die Anzeige eine Steuererklärung i.S. der AO. Sie ist nach § 19 Abs. 5 Satz 2 GrEStG schriftlich abzugeben. Die nach § 19 GrEStG zu erstattende Anzeige muss den in § 20 GrEStG vorgeschriebenen Inhalt haben und insbesondere das Grundstück nach Grundbuch, Kataster, Straße und Hausnummer bezeichnen (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG).
c) Die grunderwerbsteuerrechtliche Anzeigepflicht nach § 19 GrEStG besteht unabhängig davon, ob und inwieweit die Beteiligten erkannt haben, dass der Rechtsvorgang der Grunderwerbsteuer unterliegt, bzw. wussten, dass insoweit eine Anzeigepflicht besteht (BFH-Urteil vom 29. Juli 2009 II R 58/07, BFH/NV 2010, 63, unter II.2.b bb, m.w.N.). Die Anlaufhemmung einer Festsetzungs- oder Feststellungsfrist tritt deshalb unabhängig von subjektiven Merkmalen schon bei objektiver Anzeigepflichtverletzung ein (vgl. BFH-Urteil vom 12. Juni 1996 II R 3/93, BFHE 180, 474, BStBl II 1996, 485, unter II.3.b, m.w.N.).
d) Im Streitfall war der Anlauf der Feststellungsfrist nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO gehemmt. Die Frist begann erst mit Ablauf des Jahres 2008 und endete mit Ablauf des Jahres 2012. Denn die Klägerin hat keine ordnungsgemäße Anzeige eingereicht.
Die Klägerin ist mit dem Schreiben der E-AG vom 11. März 2005 ihrer Anzeigepflicht nur insoweit nachgekommen, als sie einen Wechsel im Gesellschafterbestand bei den der E-AG nachgeordneten Personengesellschaften mitgeteilt hat (§ 1 Abs. 2a, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a GrEStG). Nicht angezeigt hat sie die Erwerbsvorgänge bezogen auf die Beteiligungen an der D-GmbH und der E-AG sowie auf die von der E-AG gehaltenen Beteiligungen an weiteren Kapitalgesellschaften, obwohl zum Vermögen der D-GmbH, der E-AG und der nachgeordneten Kapitalgesellschaften jeweils inländische Grundstücke gehörten (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bzw. Nr. 5 i.V.m. § 1 Abs. 3 Nr. 1 bzw. Nr. 2 GrEStG). Vielmehr hat sie ausgeführt, dass weitere in der Bundesrepublik Deutschland grunderwerbsteuerbare Tatbestände, insbesondere eine Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG ihres Erachtens nicht erfüllt seien. Auch eine Anzeige nach § 19 Abs. 1 Satz 2 GrEStG für übrige Erwerbsvorgänge ist nicht erfolgt.
Einer Anzeige hätte es ohne Rücksicht darauf bedurft, ob die Klägerin selbst subjektive Kenntnis von der Erfüllung des Besteuerungstatbestands der Anteilsvereinigung hatte.
5. Eine Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO) liegt nicht vor.
Aus der Revisionsbegründung der Klägerin im Schriftsatz vom 7. September 2015 ergibt sich, dass das FG bereits in der mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten erörtert hat, dass die Rechtsprechung des BFH zur mittelbaren Anteilsübertragung (vgl. BFH-Urteil in BFHE 245, 381, BStBl II 2016, 356) im vorliegenden Fall anwendbar sei und deshalb eine Anteilsvereinigung i.S. des § 1 Abs. 3 GrEStG vorliege. Die Klägerin musste allein schon aus diesem Grund damit rechnen, dass das FG die Rechtsprechung des BFH bei der Urteilsfindung berücksichtigen würde. Auch hatte die rechtskundig vertretene Klägerin in der mündlichen Verhandlung hinreichend Gelegenheit, sich hierzu zu äußern. Eine Überraschungsentscheidung ist insoweit nicht gegeben (vgl. BFH-Beschlüsse vom 31. Juli 2014 III B 13/14, BFH/NV 2014, 1901, und vom 20. Oktober 2016 VI R 27/15, BFHE 255, 529).
Die fehlende Erörterung zur Anwendung des § 42 AO hat schon deshalb keine Bedeutung, weil das FG seine Entscheidung nicht auf § 42 AO gestützt hat.
6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.