Entscheidungsdatum: 10.12.2015
1. Führt der aufgrund eines Luftfrachtvertrags beauftragte Frachtführer den Transport auf einer Teilstrecke mit dem LKW durch, obwohl eine Luftbeförderung technisch und verbindungsmäßig grundsätzlich möglich wäre, hat die Oberflächenbeförderung keine Hilfsfunktion mehr, sondern einen die Luftbeförderung ersetzenden eigenständigen Charakter, so dass nicht mehr von einem Zubringerdienst im Sinne von Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ auszugehen ist. Darauf, dass der unterbeauftragte Luftfrachtführer vom nächstgelegenen Flughafen nicht direkt zum Zielort fliegt, kommt es nicht an (Ergänzung zu BGH, Urteil vom 13. Juni 2012, I ZR 161/10, TranspR 2012, 456 Rn. 33).
2. Erfolgt die Luftbeförderung des Guts über einen Flughafen, an dem es in der Vergangenheit zu Diebstählen an Sendungen gekommen ist, rechtfertigt dies für sich allein nicht den Vorwurf eines qualifizierten Verschuldens des Frachtführers im Sinne von § 435 HGB.
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 12. März 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Die Klägerin ist Transportversicherer der e. T. GmbH & Co. KG (im Folgenden: Versicherungsnehmerin). Mit Schreiben vom 7. Juni 2010 beauftragte die Versicherungsnehmerin die Beklagte mit dem Transport von zwei Europaletten mit einem Gewicht von ca. 470 kg zu festen Kosten "Luftfracht ex Bochum nach Singapur". Auf die Paletten hatte die Versicherungsnehmerin Handys der Marke Nokia 5800 packen lassen. Die I. B. GmbH (im Folgenden: Verkäuferin) hatte 900 derartiger Handys an die R. Ltd. in Singapur verkauft.
Die Beklagte beauftragte ein Luftfahrtunternehmen mit dem Transport. Dieses unterzeichnete am 7. Juni 2010 den Luftfrachtbrief, in dem die beiden Packstücke mit einem Gesamtgewicht von 470 kg angeführt waren, und beförderte die Sendung auf der Straße von Bochum nach Düsseldorf und von dort aus nach Paris. Ab Paris erfolgte der Transport mit dem Flugzeug nach Singapur. Die Sendung wurde am 11. Juni 2010 in äußerlich unbeschädigtem Zustand an die Empfangsspediteurin ausgeliefert, die die Empfangsquittung, die ein Gewicht der Sendung von 470 kg auswies, ohne Vorbehalte unterzeichnete. Die Empfangsspediteurin teilte nach dem Öffnen der Sendung mit, dass diese nur 670 Mobiltelefone enthalten und deren Gewicht nur 321 kg betragen habe.
Nachdem die Klägerin an ihre Versicherungsnehmerin Versicherungsleistungen wegen 230 fehlender Handys im Gesamtwert von 35.305 € erbracht hatte, nahm sie die Beklagte aus abgetretenem und übergegangenem Recht auf Schadensersatz in Anspruch.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte hafte für den eingetretenen Schaden gemäß §§ 425, 428, 435 HGB in vollem Umfang. Dazu hat es ausgeführt:
Zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten sei ein Frachtvertrag zustande gekommen, auf den das Landfrachtrecht Anwendung finde. Zwar habe die Versicherungsnehmerin einen "Auftrag Luftfracht" erteilt. Es komme jedoch nicht das Montrealer Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im Internationalen Luftverkehr (MÜ) zur Anwendung, weil es sich um einen Multimodalvertrag gehandelt habe, bei dem der Transport sowohl im Straßengüterverkehr als auch im Luftfrachtverkehr durchgeführt worden sei. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme und nach dem Inhalt der zur Gerichtsakte gereichten Unterlagen sei das Gericht davon überzeugt, dass am 7. Juni 2010 die beiden streitgegenständlichen Paletten mit 900 Handys Nokia 5800 gepackt und dem Frachtführer übergeben worden seien. In Singapur sei festgestellt worden, dass die beiden äußerlich unbeschädigten Paletten zusammen nur noch 321 kg gewogen hätten; beim Öffnen der Kartons sei das Fehlen von 230 Handys festgestellt worden. Dass der Verlust nach Ankunft in Singapur entstanden sein könnte, sei nach der Lebenserfahrung auszuschließen. Die Beklagte müsse für den eingetretenen Schaden aufkommen, ohne sich auf Haftungsbeschränkungen oder Haftungsbefreiungen berufen zu können. Der Schadensersatzanspruch der Klägerin sei nicht wegen eines Mitverschuldens der Versicherungsnehmerin gemindert.
II. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen rechtfertigen nicht die Annahme, dass die Beklagte für den von der Klägerin geltend gemachten Schaden in vollem Umfang haftet.
1. Das Berufungsgericht ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass sich die Haftung der Beklagten nach den §§ 425 ff. HGB und nicht nach den Vorschriften des Montrealer Übereinkommens richtet.
a) Wird die Beförderung des Gutes auf Grund eines einheitlichen Frachtvertrags mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln durchgeführt und wären, wenn über jeden Teil der Beförderung mit jeweils einem Beförderungsmittel (Teilstrecke) zwischen den Vertragsparteien ein gesonderter Vertrag abgeschlossen worden wäre, mindestens zwei dieser Verträge verschiedenen Rechtsvorschriften unterworfen, so sind auf den Vertrag nach § 452 Satz 1 HGB die §§ 407 bis 450 HGB anzuwenden, soweit die folgenden besonderen Vorschriften oder anzuwendende internationale Übereinkommen nichts anderes bestimmen.
b) Die Beförderung des Gutes ist im Streitfall auf Grund eines einheitlichen Frachtvertrags mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln (Fahrzeug, Flugzeug) durchgeführt worden. Wäre über jeden Teil der Beförderung mit jeweils einem Beförderungsmittel (Teilstrecke) zwischen den Vertragsparteien ein gesonderter Vertrag abgeschlossen worden, wäre auf den ersten Vertrag (Beförderung von Bochum nach Paris auf der Straße) das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) und auf den zweiten Vertrag (Beförderung von Paris nach Singapur mit dem Flugzeug) das Montrealer Übereinkommen anwendbar. Auf den Vertrag sind daher grundsätzlich die Vorschriften der §§ 407 bis 450 HGB anzuwenden.
c) Die dem § 452 HGB folgenden besonderen Vorschriften bestimmen nichts anderes. Insbesondere liegen die Voraussetzungen des § 452a HGB nicht vor.
aa) Steht fest, dass der Verlust auf einer bestimmten Teilstrecke eingetreten ist, so bestimmt sich nach § 452a HGB die Haftung des Frachtführers abweichend von den Vorschriften der §§ 425 ff. HGB nach den Rechtsvorschriften, die auf einen Vertrag über eine Beförderung auf dieser Teilstrecke anzuwenden wären.
bb) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts steht nicht fest, auf welcher Strecke ein Teilverlust der Handys erfolgt ist. Insbesondere hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, dass der Verlust auf der Luftfrachtstrecke eingetreten ist.
d) Anzuwendende internationale Übereinkommen bestimmen gleichfalls nichts anderes. Insbesondere ergibt sich aus dem Montrealer Übereinkommen nichts Abweichendes.
aa) Für eine gemischte Beförderung, die zum Teil durch Luftfahrzeuge, zum Teil durch andere Verkehrsmittel ausgeführt wird, bestimmt Art. 38 Abs. 1 MÜ, dass das Übereinkommen vorbehaltlich seines Artikels 18 Abs. 4 (nur) für die Luftbeförderung gilt. Nach Art. 18 Abs. 4 Satz 1 MÜ umfasst der Zeitraum der Luftbeförderung zwar nicht die Beförderung zu Land, zur See oder auf Binnengewässern außerhalb eines Flughafens. Erfolgt jedoch eine solche Beförderung bei Ausführung des Luftbeförderungsvertrags zum Zweck der Verladung, der Ablieferung oder der Umladung (sogenannte Zubringerdienste), so wird nach Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, dass der Schaden durch ein während der Luftbeförderung eingetretenes Ereignis verursacht worden ist.
bb) Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, bei dem Landtransport von Bochum über Düsseldorf nach Paris sei nicht von einem Zubringerdienst im Sinne von Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ auszugehen.
(1) Zwar hat der Senat in der Entscheidung, auf die sich die Revision beruft, offen gelassen, unter welchen Voraussetzungen von Zubringerdiensten im Sinne von Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ auszugehen ist (BGH, Urteil vom 10. Mai 2012 - I ZR 109/11, TranspR 2012, 466 Rn. 27). Er hat diese Frage jedoch in einer nachfolgenden Entscheidung beantwortet. Danach ist von einem Zubringerdienst im Sinne von Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ nur dann auszugehen, wenn der Oberflächenbeförderung lediglich eine reine Hilfsfunktion für die Luftbeförderung zukommt. Unterbleibt eine Luftbeförderung auf einer Teilstrecke, obwohl eine solche technisch und verbindungsmäßig möglich wäre, hat die Oberflächenbeförderung keine Hilfsfunktion mehr, sondern einen die Luftbeförderung ersetzenden eigenständigen Charakter (BGH, Urteil vom 13. Juni 2012 - I ZR 161/10, TranspR 2012, 456 Rn. 33; Pokrant in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl., Art. 18 MÜ Rn. 20; Koller, Transportrecht, 8. Aufl., Art. 18 MÜ Rn. 12).
(2) Danach ist die Ansicht des Berufungsgerichts, beim Landtransport von Bochum über Düsseldorf nach Paris sei nicht mehr von einem Zubringerdienst auszugehen, weil eine Luftbeförderung von Düsseldorf nach Paris möglich gewesen wäre, nicht zu beanstanden. Darauf, dass der von der Beklagten beauftragte Luftfrachtführer weder von Düsseldorf noch von einem anderen deutschen Flughafen direkt nach Singapur fliegt, kommt es nicht an. Da der Transport damit teilweise auf dem Landweg und teilweise auf dem Luftweg stattgefunden hat, bleibt es dabei, dass sich die Haftung des Frachtführers nach den §§ 425 ff. HGB richtet.
2. Die Revision wendet sich jedoch mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Voraussetzungen einer uneingeschränkten Haftung der Beklagten gemäß den §§ 425, 428, 435 HGB seien im Streitfall erfüllt.
a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kann schon nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte für den Verlust der Handys gemäß § 425 Abs. 1 HGB dem Grunde nach haftet.
aa) Der Frachtführer haftet gemäß § 425 Abs. 1 HGB für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht.
bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Verlust der Handys sei in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zu Ablieferung entstanden. Die Handys, wegen deren Verlust die Klägerin von der Beklagten Schadensersatz beansprucht, seien in die Obhut der Beklagten gelangt. Es sei ausgeschlossen, dass die fehlenden Handys in Singapur nach Ablieferung der Sendung abhandengekommen seien. Gegen diese Annahmen wendet sich die Revision mit Erfolg.
cc) Die Klägerin muss als Anspruchsteller substantiiert darlegen und, da die Beklagte die Sachdarstellung der Klägerin insoweit bestritten hat, beweisen, dass das Gut, für das sie Ersatz beansprucht, während der Obhutszeit der Beklagten abhandengekommen und wie hoch der dadurch eingetretene Schaden ist. Dies umfasst neben dem Beweis der Übernahme von Gütern auch den Nachweis ihrer Identität, ihrer Art, ihrer Menge und ihres Zustands (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 12. Juni 2014 - I ZR 50/13, TranspR 2015, 31 Rn. 19 mwN). Die Frage, ob der Schadensersatz verlangende Kläger den ihm obliegenden Beweis geführt hat, ist grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln des Zivilprozessrechts, insbesondere nach § 286 ZPO zu beurteilen. Dies zwingt den Anspruchsteller zur Erbringung des Vollbeweises. Eine Beweiserleichterung aufgrund der Grundsätze zum Anscheinsbeweis kommt ihm nicht zugute (BGH, TranspR 2015, 31 Rn. 21). Die richterliche Überzeugung davon, dass sich in den (teilweise) verlorengegangenen Paketen Waren in dem von der Klägerin behaupteten Umfang befanden, setzt einen Grad an Gewissheit voraus, der Zweifeln Schweigen gebietet (vgl. BGH, TranspR 2015, 31 Rn. 19 mwN). Die Würdigung der Beweise ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten, an dessen Feststellungen das Revisionsgericht gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden ist. Dieses kann lediglich nachprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 16. April 2013 - VI ZR 44/12, VersR 2013, 1045 Rn. 13; Urteil vom 22. Mai 2014 - I ZR 109/13, TranspR 2015, 33 Rn. 15, jeweils mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts nicht.
dd) Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann schon nicht davon ausgegangen werden, dass die Handys, wegen deren Verlust die Klägerin von der Beklagten Schadensersatz beansprucht, in die Obhut der Beklagten gelangt sind.
(1) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, es sei aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme und nach dem Inhalt der zur Akte gereichten Unterlagen davon überzeugt, dass die beiden streitgegenständlichen Paletten am 7. Juni 2010 mit 900 Handys Nokia 5800 gepackt, mit einem Gewicht von ca. 470 kg gewogen und dem Frachtführer übergeben worden seien. Der Zeuge L. habe zwar nach vier Jahren keine konkreten Erinnerungen an den damaligen Verpackungsvorgang gehabt; er habe die Arbeitsabläufe sowie die örtlichen Verhältnisse und auch die Kontrollmechanismen in den Geschäftsräumen der Versicherungsnehmerin aber gewissenhaft geschildert. Danach sei davon auszugehen, dass auf die beiden Paletten Masterkartons und Verkaufskartons mit Handys gepackt worden seien. Die Handys seien entweder in einen Karton gepackt worden, der sich auf der Palette befunden habe, oder die bereits in Kartons verpackten Handys seien mit einem Stülpkarton abgedeckt worden. Die Kartons seien dann mit Plastikfolie umwickelt und mit Zurrbändern kreuzweise auf der Palette fixiert worden. Darüber hinaus seien Klebebänder mit dem Firmenlogo der Verkäuferin angebracht worden. Die gepackten Paletten hätten sich in einer Halle befunden, zu der Fahrer von Transportunternehmen nur unter Aufsicht und nur zur Abholung der Frachtpapiere Zugang gehabt hätten. Ansonsten seien die Hallentore verschlossen und sei die gesamte Halle mit Videokameras überwacht worden. Der Zeuge G. habe sich erinnert, seinerzeit eine Videoaufnahme angeschaut und dann auf DVD gebrannt zu haben, aus der sich ergeben habe, wie der Zeuge L. die Paletten gepackt habe. Dabei seien keine Unregelmäßigkeiten zutage getreten. Der Zeuge G. habe ausgeführt, dass nach Abschluss des Verpackungsvorgangs die Paletten gewogen und die Gewichte schriftlich festgehalten worden seien. Diese Unterlagen seien dem jeweiligen Exportsachbearbeiter übergeben worden. Aus diesem Grund bestünden keine Bedenken gegen die Annahme, dass das ermittelte Gewicht von ca. 470 kg aus dem geschilderten Verpackungs- und Wiegevorgang in den Frachtauftrag sowie den Luftfrachtbrief Eingang gefunden habe. Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
(2) Urkunden, die die Übergabe von 900 Handys an die Beklagte belegen, existieren nicht. Die Klägerin hat zwar ein Scanprotokoll mit Datum vom 7. Juni 2010 vorgelegt, das nach ihrer Behauptung die verladenen und verpackten Handys betrifft. Grundsätzlich wäre eine Urkunde, die von Handyverpackungen eingelesene Scans enthält, zum Nachweis geeignet, dass diese Kartons den ausgewiesenen Inhalt haben. Ohne konkreten Anlass ist ein Versender nicht gehalten, versiegelte Kartons zu öffnen, um festzustellen, ob sie den Inhalt haben, den sie ausweislich der Verpackung haben sollen. Das von der Klägerin vorgelegte Scanprotokoll besteht jedoch nur aus einer datierten Liste von Seriennummern. Nichts lässt erkennen, dass es sich um die 900 Geräte handelt, die nach der Behauptung der Klägerin am 7. Juni 2010 vom Zeugen L. für die Verkäuferin verpackt worden sein sollen. Es ist auch nicht erkennbar, wer dieses Scanprotokoll angefertigt hat. Den Zeugen ist dieses Protokoll anlässlich der Beweisaufnahme nicht vorgehalten worden. Die Niederschrift über die Beweisaufnahme enthält keine Äußerungen der Zeugen dazu, ob es überhaupt Scanprotokolle gegeben hat, wie diese Protokolle ausgesehen haben und inwiefern aus ihnen erkennbar ist, ob ein sogenannter Masterkarton mit mehreren Handys oder ein Einzelkarton gescannt worden ist. Weder der Frachtauftrag vom 7. Juni 2010 noch der Luftfrachtbrief vom selben Tag belegen eine Übergabe von 900 Handys an die Beklagte. In diesen Unterlagen ist lediglich die Übergabe von zwei bepackten Paletten mit einem Gewicht von 470 kg dokumentiert.
(3) Die Revision rügt ferner mit Recht, dass die im Berufungsurteil wiedergegebenen Zeugenaussagen nicht die Annahme rechtfertigen, die beiden Paletten seien am 7. Juni 2010 mit 900 Handys Nokia 5800 gepackt und übergeben worden. Keiner der beiden Zeugen hatte konkrete Erinnerungen an den Vorgang. Der Zeuge L. hat nicht bekundet, wie er festgestellt hat, dass er 900 Handys Nokia 5800 aufgeladen hat. Der Zeuge G. hat ausdrücklich erklärt, er habe auf dem von dem Verpackungsvorgang gefertigten - von der Klägerin nicht vorgelegten - Video die Zahl der vom Zeugen L. aufgeladenen Kartons nicht genau erkennen können. Er hat bekundet, den Videoaufnahmen sei nicht zu entnehmen, welche Art von Handys verpackt worden sei. Diese Aussagen sind - auch in Zusammenschau mit den zur Akte gereichten Unterlagen - nicht geeignet, die Überzeugung zu begründen, dass die Zeugen für die Versicherungsnehmerin eine Sendung zusammengestellt haben, die sämtliche in der Handelsrechnung der Verkäuferin vom 7. Juni 2010 aufgeführten Waren enthielt. Das Berufungsgericht hat weiterhin nicht berücksichtigt, dass die beiden Zeugen nicht Mitarbeiter der Verkäuferin gewesen sind, sondern Mitarbeiter eines Dienstleisters, der die von der Verkäuferin angelieferte Ware lediglich kommissioniert hat. Es hat nicht festgestellt, ob und wie der Zeuge L. die Vollständigkeit der für die Versendung nach Singapur bestimmten Sendung überprüft und mit den Unterlagen der Verkäuferin abgeglichen hat.
ee) Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen rechtfertigen des Weiteren nicht dessen Annahme, es sei ausgeschlossen, dass die fehlenden Handys in Singapur nach Ablieferung der Sendung abhandengekommen sind.
(1) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die beiden Paletten seien äußerlich unbeschädigt in Singapur angekommen; ihr Empfang sei "rein" quittiert worden. Nach Ankunft seien sie nur zur Zollbehandlung gebracht und dann wieder in das Lagerhaus der Empfangsspedition überführt worden, wo alsbald ihr Inhalt geprüft und die Fehlmenge und das Mindergewicht festgestellt worden seien. Dass der Verlust nach Ankunft in Singapur entstanden sei, sei nach der Lebenserfahrung auszuschließen.
(2) Das Berufungsgericht hat nicht berücksichtigt, dass die Sendung unstreitig äußerlich unbeschädigt in Singapur angekommen ist und die Empfangsspediteurin den Erhalt von zwei Paletten mit einem Gewicht von 470 kg quittiert hat. Hiermit ist die Annahme des Berufungsgerichts nicht in Einklang zu bringen, in Singapur sei festgestellt worden, dass beide Paletten nur noch 321 kg gewogen hätten, ein Teilverlust der Sendung nach Ankunft in Singapur sei nach der Lebenserfahrung jedoch ausgeschlossen.
(3) Die Revision beanstandet weiter zu Recht, dass das Berufungsgericht den Verlust der Handys nach der Lebenserfahrung als ausgeschlossen angesehen hat, ohne dass ersichtlich ist, aufgrund welcher Erkenntnisse über den Ablauf der Beförderung nach Ankunft in Singapur, die eine Bewertung der Gefährdung des Transportguts vor Ort erlauben, das Berufungsgericht einen derartigen Schluss gezogen hat. Die Beklagte hat unter Hinweis darauf, dass die Ablieferung gegen reine Quittung erfolgt ist und die Paletten in äußerlich unversehrtem Zustand beim Empfänger angekommen sind, in zulässiger Weise mit Nichtwissen bestritten, dass die angeblich abhanden gekommenen Handys schon beim Empfang durch den Empfangsspediteur gefehlt haben.
ff) Zutreffend weist die Revision darauf hin, dass das Berufungsgericht bei seiner Annahme, der behauptete Teilverlust der Sendung sei während des Haftungszeitraums eingetreten, die Widersprüche im Vortrag der Klägerin zu den abhandengekommenen Handys nicht berücksichtigt hat.
(1) In der Klageschrift hat die Klägerin unter Berufung auf die Mitteilung der Empfängerin in Singapur vorgetragen, bei dieser seien nur 170 rote Handys und 500 schwarze Handys angekommen. Die Rechnung der Verkäuferin an die Käuferin vom 7. Juni 2010 und die Schadensmeldung der Verkäuferin an die Versicherungsnehmerin vom 18. Juni 2010 weisen demgegenüber insgesamt 800 rote Handys und 100 schwarze Handys aus. Sollten tatsächlich 170 rote Handys und 500 schwarze Handys in Singapur angekommen sein, ist ausgeschlossen, dass der Zeuge L. genau die in der Handelsrechnung der Verkäuferin aufgeführten Handys auf die beiden Paletten gepackt hat.
(2) Soweit die Revision sich darauf beruft, dass die Klägerin zwar eine Liste vorgelegt hat, die die Ausgangsscans der verpackten Handys enthalten soll, nicht dagegen eine korrespondierende Liste mit den beim Empfänger eingetroffenen Geräten, kann dies allerdings nicht als Ungereimtheit angesehen werden. Da alle 900 Handys - trotz verschiedener Farben - zum selben Preis verkauft worden sind, musste die Klägerin nicht notwendig genau mitteilen, welche Handys verloren gegangen sind, um zu beweisen, dass ihr durch die behauptete Fehlmenge der geltend gemachte Schaden entstanden ist.
(3) Zutreffend weist die Revision jedoch darauf hin, dass die von der Klägerin vorgetragene Gewichtsdifferenz und die behauptete Zahl der fehlenden Handys mit den Gewichtsangaben für die beiden gepackten Paletten rechnerisch nicht widerspruchsfrei erklärbar sind. Die von der Klägerin behauptete Gewichtsdifferenz der Sendung nach Teilverlust betrug 149 kg. Daraus ergibt sich ein Gewicht für jedes der 230 Handys mit Zubehör und Karton, die verloren gegangen sein sollen, von durchschnittlich rund 650 g. Diese Berechnung ist entgegen der Annahme der Revisionserwiderung nach den getroffenen Feststellungen möglich, weil es sich bei der fehlenden Ware um nur in der Farbe voneinander abweichende Handys desselben Modells gehandelt hat. Wenn man mit dem Berufungsgericht davon ausgeht, dass alle 900 Handys vom Zeugen L. auf die Paletten gepackt worden sind, hätten allein schon die Handys ohne Paletten und Umverpackungen nahezu 600 kg gewogen. Die beiden Paletten sollen nach dem Vortrag der Klägerin nach Abschluss des Verpackungsvorgangs jedoch nur 470 kg gewogen haben. Dies spricht dagegen, dass der Zeuge L. insgesamt 900 Handys auf den Paletten verpackt hat.
b) Mit Erfolg wendet sich die Revision ferner gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte hafte für den Teilverlust der Sendung gemäß § 435 HGB der Höhe nach unbeschränkt.
aa) Gemäß § 435 HGB gelten die in den §§ 407 bis 450 HGB und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 HGB genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.
bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat grundsätzlich der Anspruchsteller die Voraussetzungen für den Wegfall der zugunsten des Frachtführers bestehenden gesetzlichen oder vertraglichen Haftungsbegrenzungen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Danach trägt er die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Frachtführer oder seine Leute vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein gehandelt haben, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Die den Anspruchsteller treffende Darlegungs- und Beweislast kann jedoch dadurch gemildert werden, dass der Frachtführer angesichts des unterschiedlichen Informationsstands der Vertragsparteien nach Treu und Glauben gehalten ist, soweit möglich und zumutbar, zu den näheren Umständen des Schadensfalls eingehend vorzutragen. Eine solche sekundäre Darlegungslast des Anspruchsgegners ist zu bejahen, wenn der Klagevortrag ein qualifiziertes Verschulden mit gewisser Wahrscheinlichkeit nahelegt oder sich Anhaltspunkte für ein derartiges Verschulden aus dem unstreitigen Sachverhalt ergeben. Insbesondere hat der Frachtführer in diesem Fall substantiiert darzulegen, welche Sorgfalt er zur Vermeidung des eingetretenen Schadens konkret aufgewendet hat. Kommt er dem nicht nach, kann nach den Umständen des Einzelfalls der Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden gerechtfertigt sein (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 13. Juni 2012 - I ZR 87/11, TranspR 2012, 463 Rn. 16 f.).
cc) Es ist nicht erkennbar, dass das Berufungsgericht nach diesen Maßstäben das Vorliegen eines qualifizierten Verschuldens geprüft hat.
(1) Das Berufungsgericht hat angenommen, mangels anderweitiger Anhaltspunkte und Erklärungen könne nur davon ausgegangen werden, dass an den Paletten während des Frachtführergewahrsams Manipulationen vorgenommen worden seien, mit deren Hilfe ein Teil der Fracht entwendet worden sei. Hierfür spreche, dass nach den Bekundungen des Zeugen G. in dem in Rede stehenden Zeitraum in kürzester Zeit noch in zwei weiteren Fällen über den Flughafen in Paris abgewickelte Sendungen bestohlen worden seien.
(2) Das Berufungsgericht hat danach allein aus dem Umstand, dass der von ihm - auf fehlerhafter Grundlage bejahte - Teilverlust der Sendung während des Haftungszeitraums der Beklagten eingetreten ist und es am Pariser Flughafen, an dem die Sendung auf ein Flugzeug verladen worden ist, in zwei Fällen Diebstähle an Sendungen gegeben haben soll, auf ein qualifiziertes Verschulden des Frachtführers geschlossen. Diese Annahme ist schon deshalb nicht tragfähig, weil das Berufungsgericht nicht festgestellt hat, dass der Teilverlust der von der Beklagten beförderten Sendung am Pariser Flughafen eingetreten ist. Das Berufungsgericht hat nicht einmal festgestellt, dass von diesen Diebstählen von der Beklagten befördertes Gut betroffen war. Das Berufungsgericht hat des Weiteren den Umstand unberücksichtigt gelassen, dass die Sendung mit äußerlich unversehrter Verpackung in Singapur angekommen ist, so dass das äußere Erscheinungsbild der Sendung keinen Anhaltspunkt für ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten bietet (vgl. hierzu BGH, TranspR 2012, 463 Rn. 19).
III. Danach ist das angefochtene Urteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben. Die Sache ist, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist, zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Das Berufungsgericht wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren neue Feststellungen dazu zu treffen haben, ob die Beklagte die Sendung vollständig übernommen hat, der behauptete Teilverlust der Sendung während des Obhutszeitraums eingetreten ist und die Beklagte hieran ein qualifiziertes Verschulden trifft. Sollte es dabei erneut zu der Annahme gelangen, dass der Klägerin gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch dem Grunde nach zusteht, ist seine Annahme, die Beklagte könne sich nicht auf ein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin berufen (§ 425 Abs. 2 HGB, § 254 Abs. 2 BGB), nach den bislang getroffenen Feststellungen nicht zu beanstanden.
Eine unterlassene Wertdeklaration oder ein nicht erteilter Hinweis auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens rechtfertigt allerdings grundsätzlich den Mitverschuldenseinwand des Frachtführers. Der Versender setzt dadurch eine für den eingetretenen Schaden ursächliche Bedingung, dass er seine aus dem Grundsatz von Treu und Glauben folgende Obliegenheit nicht rechtzeitig und damit nicht ordnungsgemäß erfüllt, den Frachtführer über den außergewöhnlich hohen Wert des Transportguts und das damit verbundene Schadensrisiko aufzuklären (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2006 - I ZR 80/03, TranspR 2006, 121 Rn. 18; BGH, TranspR 2012, 463 Rn. 22).
Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen hat die Klägerin jedoch unwidersprochen vorgetragen, der Beklagten habe zwingend die Ausfuhrerklärung mit Wertangabe vorgelegen, ohne die die Sendung nicht aus der Europäischen Union hätte ausgeführt werden können. Die Revision legt nicht dar, dass die Beklagte in den Tatsacheninstanzen geltend gemacht hat, vom Wert der Sendung nicht rechtzeitig genug erfahren zu haben, um zu entscheiden, ob sie den Auftrag ausführt oder nicht, und dass sie bei rechtzeitiger Information besondere Sicherungsmaßnahmen ergriffen hätte.
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