Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 24.01.2013


BGH 24.01.2013 - I ZR 73/11

Wettbewerbsrecht: Werbung für legale Glücksspiele mit Aufforderungscharakter; Unterlassung verbotener Werbung gegenüber Minderjährigen in Bayern


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
1. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
24.01.2013
Aktenzeichen:
I ZR 73/11
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend OLG München, 31. März 2011, Az: 29 U 4835/10, Urteilvorgehend LG München I, 23. September 2010, Az: 17 HKO 21641/09
Zitierte Gesetze
§ 5 Abs 1 GlüStVtr BY 2012
§ 5 Abs 2 GlüStVtr BY 2012

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 31. März 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger ist der 2008 gegründete GIG  Verband für Gewerbetreibende im Glücksspielwesen e.V. Der Beklagte zu 1 ist der Freistaat Bayern, der über seine Staatliche Lotterieverwaltung in Bayern Sofortlotterien veranstaltet. Der Kläger nimmt den Beklagten zu 1 und den Geschäftsführer der Staatlichen Lotterieverwaltung in Bayern, den Beklagten zu 2, wegen irreführender Angaben zur Gewinnhöhe bei Lotterieausspielungen (Jackpot) in Anspruch.

2

Die Satzung des Klägers bestimmt in § 5 Nr. 1, dass "juristische Personen des öffentlichen Rechts oder privatrechtliche Gesellschaften, an denen juristische Personen des öffentlichen Rechts unmittelbar oder mittelbar maßgeblich beteiligt sind …" von der Mitgliedschaft ausgeschlossen sind. Gemäß § 3 Nr. 1 der Satzung bezweckt der Kläger ausschließlich die Förderung der Inter-essen privater Gewerbetreibender im Glücksspielwesen; zu diesem Zweck will er den lauteren Wettbewerb fördern und das Marktverhalten von Marktteilnehmern beobachten.

3

Der Kläger hat behauptet, zwei Lottoannahmestellen des Beklagten zu 1 hätten den Jackpot zu hoch angegeben. Auf einem Werbeaufsteller der Annahmestelle K.   in W.    sei der Jackpot mit 18 Mio. € statt tatsächlich 10 Mio. € angegeben worden, in der Annahmestelle R.  in M.    mit 3 Mio. € statt 1 Mio. €.

4

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten, bei geschäftlichen Handlungen im Bereich des Glücksspielwesens bei der Werbung mit Höchstgewinnen (Jackpot) mit unrichtigen Gewinnhöhen zu werben und/​oder werben zu lassen, insbesondere wenn dies wie

(es folgt die mittels eingeblendeter Fotografien unterlegte Beschreibung der vom Kläger geltend gemachten Verletzungshandlungen)

geschehen ist.

5

Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen, weil sie rechtsmissbräuchlich sei. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt der Kläger seinen Unterlassungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

6

I. Das Berufungsgericht hat die Unzulässigkeit der Klage damit begründet, dass es rechtsmissbräuchlich sei, wenn der Kläger die Klagebefugnis gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG allein zu dem Zweck einsetze, unlauterem Wettbewerbsverhalten der staatlichen Lottogesellschaften entgegenzuwirken, sich aber kategorisch weigere, Wettbewerbsverstöße seiner Mitglieder zu verfolgen.

7

II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.

8

1. Wie der Senat nach Verkündung des Berufungsurteils entschieden hat, handelt der Kläger nicht rechtsmissbräuchlich, wenn er sich dauerhaft auf die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen der staatlichen Lottogesellschaften beschränkt. Denn diese Beschränkung folgt bereits aus seinem  rechtlich unbedenklichen  Verbandszweck, ausschließlich die Interessen privater Gewerbetreibender im Glücksspielwesen zu vertreten und zu diesem Zweck den lauteren Wettbewerb zu fördern und das Marktverhalten von Marktteilnehmern zu beobachten (BGH, Urteil vom 17. August 2011  I ZR 148/10, GRUR 2012, 411 Rn. 25 = WRP 2012, 453  Glücksspielverband).

9

Besondere Umstände, die im Streitfall die Rechtsverfolgung durch den Kläger rechtsmissbräuchlich erscheinen lassen könnten, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und sind auch sonst nicht ersichtlich.

10

2. Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, so dass sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 563 Abs. 1 ZPO).

Bornkamm                                      Büscher                                            Schaffert

                         Kirchhoff                                          Löffler