Entscheidungsdatum: 01.06.2017
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung der Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (ABl. L 180 vom 19. Juli 2000, S. 22) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Fällt die Vergabe von Stipendien, die Forschungs- oder Studienvorhaben im Ausland fördern sollen, durch einen eingetragenen Verein unter den Begriff "Bildung" im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2000/43/EG?
2. Falls Frage 1 zu bejahen ist:
Stellt bei der Vergabe der in Vorlagefrage 1 genannten Stipendien die Teilnahmevoraussetzung des in Deutschland erworbenen Ersten Juristischen Staatsexamens eine mittelbare Diskriminierung eines Bewerbers im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43/EG dar, wenn der Bewerber, der Unionsbürger ist, zwar einen vergleichbaren Abschluss in einem nicht der Europäischen Union angehörenden Staat erworben hat, ohne dass die Wahl dieses Abschlussorts mit der ethnischen Herkunft des Bewerbers in Zusammenhang steht, er jedoch aufgrund seines inländischen Wohnsitzes und fließender Beherrschung der deutschen Sprache wie ein Inländer die Möglichkeit hatte, nach einem inländischen Jurastudium das Erste Juristische Staatsexamen abzulegen?
Macht es dabei einen Unterschied, dass mit dem Stipendienprogramm, ohne an diskriminierende Merkmale anzuknüpfen, das Ziel verfolgt wird, Absolventen des Jurastudiums in Deutschland durch die Förderung eines Forschungs- oder Studienvorhabens im Ausland die Kenntnis ausländischer Rechtssysteme, Auslandserfahrung und Sprachkenntnisse zu vermitteln?
I. Das Verfahren wird ausgesetzt.
II. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung der Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (ABl. L 180 vom 19. Juli 2000, S. 22) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Fällt die Vergabe von Stipendien, die Forschungs- oder Studienvorhaben im Ausland fördern sollen, durch einen eingetragenen Verein unter den Begriff "Bildung" im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2000/43/EG?
2. Falls Frage 1 zu bejahen ist:
Stellt bei der Vergabe der in Vorlagefrage 1 genannten Stipendien die Teilnahmevoraussetzung des in Deutschland erworbenen Ersten Juristischen Staatsexamens eine mittelbare Diskriminierung eines Bewerbers im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43/EG dar, wenn der Bewerber, der Unionsbürger ist, zwar einen vergleichbaren Abschluss in einem nicht der Europäischen Union angehörenden Staat erworben hat, ohne dass die Wahl dieses Abschlussorts mit der ethnischen Herkunft des Bewerbers in Zusammenhang steht, er jedoch aufgrund seines inländischen Wohnsitzes und fließender Beherrschung der deutschen Sprache wie ein Inländer die Möglichkeit hatte, nach einem inländischen Jurastudium das Erste Juristische Staatsexamen abzulegen?
Macht es dabei einen Unterschied, dass mit dem Stipendienprogramm, ohne an diskriminierende Merkmale anzuknüpfen, das Ziel verfolgt wird, Absolventen des Jurastudiums in Deutschland durch die Förderung eines Forschungs- oder Studienvorhabens im Ausland die Kenntnis ausländischer Rechtssysteme, Auslandserfahrung und Sprachkenntnisse zu vermitteln?
A. Der Kläger ist italienischer Staatsbürger, der in Deutschland geboren und wohnhaft ist. Im Jahr 2013 erwarb er an einer Universität in Armenien den akademischen Grad "Bachelor of Laws".
Die Beklagte ist ein eingetragener Verein. Sie vergibt im Rahmen ihres Satzungszwecks Stipendien.
Der Kläger wandte sich mit einer E-Mail vom 11. Dezember 2013 kurz vor seinem 35. Geburtstag an die Beklagte, in der er auf die Vergabe von Stipendien im Rahmen des "Bucerius-Jura-Programms" der Beklagten einging. Dieses Programm hatte die Förderung juristischer Forschungs- oder Studienvorhaben im Ausland zum Gegenstand. Die Beklagte antwortete mit E-Mail vom 17. Januar 2014 und verwies darauf, dass Bewerber die Erste Juristische Staatsprüfung absolviert haben müssten.
Hierauf entgegnete der Kläger am selben Tag, der von ihm erworbene "fünfjährige Abschluss" sei mit dem Zweiten Juristischen Staatsexamen vergleichbar, da er im Drittland zum Richteramt und zur Tätigkeit als Anwalt befähige. Er gab zu bedenken, dass die Teilnahmevoraussetzung als Diskriminierung wegen der ethnischen oder sozialen Herkunft gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verstoßen könne.
Am 1. Februar 2014 endete die Bewerbungsfrist für das Bucerius-Jura-Programm der Beklagten. Bis zu diesem Zeitpunkt bewarb sich der Kläger nicht. In der Folgezeit tauschten die Parteien ihre unterschiedlichen Standpunkte im Rahmen eines weiteren Schriftverkehrs aus.
Der Kläger hat geltend gemacht, durch die ablehnende Haltung der Beklagten von einer Bewerbung abgehalten worden zu sein.
Der Kläger hat die Beklagte auf Beseitigung und Unterlassung der Benachteiligung wegen seines Alters oder seiner Herkunft, auf Zahlung von 18.734,60 € und Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung weiteren Schadensersatzes für Reisekosten in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche weiter.
B. Der Erfolg der Revision hängt von der Auslegung der Art. 2 Abs. 2 Buchst. b und Art. 3 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (ABl. L 180 vom 19. Juli 2000, S. 22) ab. Vor einer Entscheidung über das Rechtsmittel ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 3 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union einzuholen.
I. Das Berufungsgericht hat die geltend gemachten Ansprüche als nicht begründet angesehen und hierzu ausgeführt:
Die Voraussetzungen der als Anspruchsgrundlagen in Betracht kommenden § 21 Abs. 1 und 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) lägen nicht vor. Die Vergabe der Teilnahme am Bucerius-Jura-Programm sei kein zivilrechtliches Schuldverhältnis im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG, weil die Persönlichkeit der Bewerber eine maßgebliche Rolle bei der Auswahlentscheidung spiele. Das Erfordernis der Ersten Juristischen Staatsprüfung benachteilige den Kläger, der der deutschen Sprache fließend mächtig sei, nicht aufgrund seiner ethnischen Herkunft. Es sei ihm unabhängig von seiner ethnischen Herkunft möglich, in Deutschland die genannte Prüfung zu absolvieren. Der Erwerb des Abschlusses in Armenien stehe in keinem Zusammenhang mit der ethnischen Herkunft des Klägers.
II. Die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche scheitern nicht schon an der Versäumung der Klagefrist des § 21 Abs. 5 Satz 1 AGG (dazu nachfolgend II 1). Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt vielmehr davon ab, ob die Vergabe von Stipendien, durch die Forschungs- oder Studienvorhaben im Ausland gefördert werden sollen, durch einen eingetragenen Verein unter den Begriff der Bildung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2000/43/EG fällt (dazu nachfolgend II 2). Eine unmittelbare Diskriminierung ist nicht gegeben (dazu nachfolgend II 3 b). Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt - sofern der Geltungsbereich der Richtlinie 2000/43/EG nach ihrem Art. 3 Abs. 1 Buchst. g eröffnet ist - weiter davon ab, ob die Teilnahmevoraussetzung des Ersten Juristischen Staatsexamens bei der Vergabe dieser Stipendien einen Bewerber entgegen Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43/EG mittelbar diskriminiert, wenn der Bewerber, der Unionsbürger ist, zwar einen vergleichbaren Abschluss außerhalb der Europäischen Union erworben hat, ohne dass die Wahl dieses Abschlussorts mit der ethnischen Herkunft des Bewerbers in Zusammenhang steht, er jedoch aufgrund seines inländischen Wohnsitzes und fließender Beherrschung der deutschen Sprache wie ein Inländer die Möglichkeit hatte, nach einem Jurastudium im Inland das Erste Juristische Staatsexamen abzulegen (dazu nachfolgend II 3 c aa und bb). Weiter steht in Frage, ob das bildungspolitische Ziel des nicht an diskriminierende Merkmale anknüpfenden Stipendienprogramms eine sachliche Rechtfertigung im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43/EG darstellt (dazu nachfolgend II 3 c cc).
1. An einer fehlenden Bewerbung oder an der Versäumung der in § 21 Abs. 5 Satz 1 AGG vorgesehenen Frist zur Geltendmachung des Anspruchs scheitert die Klage nicht. Der Kläger ist im Zuge der Korrespondenz mit der Beklagten von einer Bewerbung innerhalb der von der Beklagten gesetzten Frist abgehalten worden. Nachdem die Beklagte mit E-Mail vom 28. März 2014 mitgeteilt hatte, an einer Altersbeschränkung werde nicht festgehalten, jedoch sei der vom Kläger erworbene Abschluss nicht mit dem Zweiten Juristischen Staatsexamen vergleichbar, hat der Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 26. Mai 2014 und somit innerhalb der Frist des § 21 Abs. 5 Satz 1 AGG seine Ansprüche geltend gemacht.
2. Die Revision hat nur Erfolg, wenn die Vergabe von Stipendien durch die Beklagte unter den Begriff der Bildung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7 AGG fällt, durch den Art. 3 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2000/43/EG umgesetzt worden ist (vgl. Bauer/Krieger, AGG, 4. Aufl., § 2 Rn. 4). Der Klärung dieser Frage dient die Vorlagefrage 1.
a) Art. 3 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2000/43/EG bestimmt, dass die Richtlinie für alle Personen in öffentlichen und privaten Bereichen, einschließlich öffentlicher Stellen, in Bezug auf die Bildung gilt.
Die Frage, ob die Vergabe von Stipendien unter Art. 3 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2000/43/EG fällt, ist mit Blick darauf nicht zweifelsfrei zu beantworten, dass diese Vorschrift in einer Entwurfsfassung (Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft, ABl. C 116 E vom 26. April 2000, S. 56, 58) folgenden Wortlaut hatte:
Bildung, einschließlich Ausbildungsbeihilfen und Stipendien, unter strikter Beachtung der Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Lehrinhalte und die Gestaltung des Bildungssystems sowie der Vielfalt ihrer Kulturen und Sprachen
Die ausdrückliche Nennung der Stipendien ist - ebenso wie diejenige der Ausbildungsbeihilfen und die Anführung der Beachtung der Verantwortung der Mitgliedstaaten - in der endgültigen Fassung des Art. 3 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2000/43/EG nicht mehr enthalten; dieser nennt nunmehr allein die "Bildung".
b) Die Revisionserwiderung macht geltend, die Streichung der Stipendien aus dem Wortlaut der Vorschrift spreche dafür, dass die Stipendienvergabe nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/43/EG falle. Demgegenüber wird im Schrifttum der Standpunkt vertreten, dass der Begriff der Bildung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7 AGG und des Art. 3 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2000/43/EG weit zu verstehen ist und sich auch auf Leistungen erstreckt, die nicht in Bildungsangeboten selbst bestehen, sondern - wie Stipendien oder Ausbildungsbeihilfen - die Wahrnehmung eines Bildungsangebots ermöglichen sollen (vgl. Schiek, in dies., AGG, § 3 Rn. 49; MünchKomm.BGB/Thüsing, 7. Aufl., § 2 AGG Rn. 33; Adomeit/Mohr, AGG, 2. Aufl., § 2 Rn. 119; Oetker in Gedächtnisschrift für Eckert, 2008, S. 617, 634; in Bezug auf Stiftungen und gemeinnützige Vereine krit. Reuter, Festschrift für Adomeit, 2008, S. 595, 605 ff.).
3. Der Erfolg der Revision hängt, wenn die Vorlagefrage 1 zu bejahen ist, weiter davon ab, ob die Teilnahmevoraussetzung des Ersten Juristischen Staatsexamens bei der Vergabe dieser Stipendien einen Bewerber entgegen Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43/EG, der durch § 3 Abs. 2 AGG umgesetzt wird, mittelbar diskriminiert, wenn der Bewerber, der Unionsbürger ist, zwar einen vergleichbaren Abschluss außerhalb der Europäischen Union erworben hat, ohne dass die Wahl dieses Abschlussorts mit der ethnischen Herkunft des Bewerbers in Zusammenhang steht, er jedoch aufgrund seines inländischen Wohnsitzes und fließender Beherrschung der deutschen Sprache wie ein Inländer die Möglichkeit hatte, nach einem inländischen Jurastudium das Erste Juristische Staatsexamen abzulegen. Weiter ist fraglich, ob das Ziel des nicht an diskriminierende Merkmale anknüpfenden Stipendienprogramms, Absolventen des Jurastudiums in Deutschland durch die Förderung eines Forschungs- oder Studienvorhabens im Ausland die Kenntnis ausländischer Rechtssysteme, Auslandserfahrung und Sprachkenntnisse zu vermitteln, eine sachliche Rechtfertigung im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43/EG darstellt. Auf die Klärung dieser Fragen zielt die Vorlagefrage 2.
a) Nach § 19 Abs. 2 AGG, der der Umsetzung der Art. 2 und 3 der Richtlinie 2000/43/EG dient (vgl. Bittner/Oppermann in Rust/Falke, AGG, § 19 Rn. 61), ist eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft bei der Begründung sonstiger zivilrechtlicher Schuldverhältnisse im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 5 bis 8 AGG unzulässig. Durch die Nennung "sonstiger zivilrechtlicher Schuldverhältnisse" erstreckt die Vorschrift den Diskriminierungsschutz über die in § 19 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AGG genannten Massen- und Versicherungsgeschäfte hinaus auf sämtliche Schuldverhältnisse, sofern sie die in § 2 Abs. 1 Nr. 5 bis 8 AGG geregelten Bereiche - darunter die Bildung (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 AGG) betreffen (vgl. Bittner/Oppermann in Rust/Falke aaO § 19 Rn. 60). Da die Vorlagefrage 2 nur für den Fall der Bejahung der Vorlagefrage 1 gestellt wird, ist von der Eröffnung des Anwendungsbereichs der Richtlinie 2000/43/EG und des diese Richtlinie in deutsches Recht umsetzenden Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes auszugehen.
b) Eine unmittelbare Benachteiligung im Sinne des § 3 Abs. 1 AGG und des Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/43/EG kommt im Streitfall nicht in Betracht.
aa) Nach § 3 Abs. 1 AGG, durch den mit Blick auf die Benachteiligung wegen Rasse und ethnischer Herkunft Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/43/EG umgesetzt worden ist (vgl. Meinel/Heym/Herms, AGG, 2. Aufl., § 3 Rn. 1), ist eine unmittelbare Benachteiligung gegeben, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Die sich nachteilig auswirkende Maßnahme muss direkt an das nach § 1 AGG verbotene Merkmal anknüpfen, wobei unerheblich ist, ob diese Anknüpfung offen oder verdeckt erfolgt (vgl. BAGE 138, 166 Rn. 33; BAGE 142, 158 Rn. 25). Um eine verdeckte Anknüpfung handelt es sich, wenn an ein in § 1 AGG nicht enthaltenes Merkmal angeknüpft wird, das in einem untrennbaren Zusammenhang mit einem in dieser Vorschrift genannten Grund steht (vgl. BVerfG, FamRZ 2011, 1134 Rn. 54; BAGE 138, 107 Rn. 23; Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung, BT-Drucks. 16/1780 S. 32; vgl. ferner zur Richtlinie 76/207/EWG EuGH, Urteil vom 8. November 1990 - C-177/88, Slg. 1990, I-3941 Rn. 10 - Dekker; zur Richtlinie 2000/78/EG EuGH, Urteil vom 18. März 2014 - C-363/12, NZA 2014, 525 Rn. 51 - Z./A Government department und The Board of management of a community school; Adomeit/Mohr aaO § 3 Rn. 74; Schleusener in ders./Suckow/Voigt aaO § 3 Rn. 20; Schiek in dies. aaO § 3 Rn. 18).
bb) Die in Art. 2 der Richtlinie 2000/43/EG und in § 1 und § 19 Abs. 2 AGG genannten Merkmale der Benachteiligung aus Gründen der Rasse und wegen der ethnischen Herkunft sind weit auszulegen. Bei der mit Blick auf Art. 2 der Richtlinie 2000/43/EG obligatorischen unionsrechtlichen Auslegung dieser Begriffe kann auf das in deren 3. Erwägungsgrund genannte Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung vom 7. März 1966 (BGBl. 1969 II, S. 961) zurückgegriffen werden (vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung, BT-Drucks. 16/1780, S. 31; BAGE 142, 158 Rn. 31), wonach zu den Kriterien Rasse, Hautfarbe, Abstammung, nationaler Ursprung oder Volkstum gehören, auch wenn die Verwendung des Begriffs der Rasse nach Erwägungsgrund 6 der Richtlinie 2000/43/EG nicht die Akzeptanz von Theorien impliziert, mit denen versucht wird, die Existenz verschiedener menschlicher Rassen zu belegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können unter einer ethnischen Gruppierung Bevölkerungsteile verstanden werden, die durch die gemeinsame Herkunft, eine lange gemeinsame Geschichte, Kultur oder Zusammengehörigkeitsgefühl verbunden sind (vgl. BAGE 142, 158 Rn. 31; Däubler in ders./Bertzbach, AGG, 3. Aufl., § 1 Rn. 27 f.; Palandt/Ellenberger, BGB, 76. Aufl., § 1 AGG Rn. 2; MünchKomm.BGB/Thüsing aaO § 1 AGG Rn. 55). Die Staatsangehörigkeit als solche zählt nicht zur ethnischen Herkunft. Nach Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2000/43/EG wird eine unterschiedliche Behandlung wegen der Staatsangehörigkeit von der Richtlinie nicht erfasst. Eine scheinbar allein auf die Staatsangehörigkeit abstellende Differenzierung kann allerdings eine Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft beinhalten, wenn tatsächlich die Zugehörigkeit zur Volks- und Kulturgemeinschaft für die Zurückstellung tragend ist (vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung, BT-Drucks. 16/1780, S. 31; BAGE 142, 158 Rn. 31; Schleusener in ders./Suckow/Voigt, AGG, 4. Aufl., § 1 Rn. 44; Däubler in ders./Bertzbach aaO § 1 Rn. 34; Meinel/Heyn/Herms aaO § 1 Rn. 14). Danach erfasst der Begriff der ethnischen Herkunft sowohl Fälle, in denen die Benachteiligung eine bestimmte Herkunft betrifft, als auch solche, in denen die Benachteiligung allein daran anknüpft, dass der Betroffene nicht inländischer Herkunft ist (vgl. zur öffentlichen Bekundung eines Unternehmens, keine Menschen fremder Herkunft einzustellen, EuGH, Urteil vom 10. Juli 2008 - C-54/07, Slg. 2008, I-5187 = NJW 2008, 2767 - Feryn; ferner BAGE 142, 158 Rn. 31; Däubler in ders./Bertzbach aaO § 1 Rn. 38, 44; Palandt/Ellenberger aaO § 1 Rn. 2).
cc) Das vom Kläger beanstandete Ausschreibungskriterium - Abschluss des Ersten Juristischen Staatsexamens - knüpft weder offen noch verdeckt direkt an die in Art. 1 und 2 der Richtlinie 2000/43/EG sowie § 1 AGG verbotenen Merkmale der Rasse oder ethnischen Herkunft an. Das Berufungsgericht hat zu Recht und von der Revision unbeanstandet festgestellt, dass das Erste Juristische Staatsexamen von Absolventen des rechtswissenschaftlichen Studiums in Deutschland unabhängig von der ethnischen Herkunft abgelegt werden kann. Es handelt sich auch nicht um eine verdeckte unmittelbare Benachteiligung, weil aufgrund des Umstands, dass das Erste Juristische Staatsexamen allen Absolventen eines rechtswissenschaftlichen Studiums in Deutschland offensteht, kein zwingender Zusammenhang zwischen dem erfolgreichen Prüfungsabschluss und der ethnischen Herkunft besteht. Ein solcher Zusammenhang besteht ferner nicht aufgrund des Umstands, dass Voraussetzung für die Zulassung zur Prüfung das Durchlaufen eines inländischen Universitätsstudiums ist (vgl. exemplarisch §§ 1, 6 des Berliner Juristenausbildungsgesetzes), weil dieses bei Erreichen der hierfür erforderlichen Voraussetzungen ebenfalls Angehörigen aller Ethnien offensteht.
Die Ausschreibung des Stipendiums stellt auch im Übrigen nicht auf eine inländische Herkunft der Bewerber ab. Danach können sich Kandidaten ohne deutsche Staatsangehörigkeit bewerben, wenn sie ihre Berechtigung zum Hochschulzugang in Deutschland oder an einer deutschen Auslandsschule erworben haben, gemäß den in § 8 BAföG genannten Voraussetzungen deutschen Staatsangehörigen gleichgestellt sind oder die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Union oder der Schweiz besitzen und ihren letzten Hochschulabschluss (Bachelor, Master, Diplom, Staatsexamen) in Deutschland erworben haben.
c) Nach Auffassung des Senats liegt auch eine mittelbare Diskriminierung im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43/EG und des § 3 Abs. 2 AGG nicht vor, weil der Kläger nicht zur benachteiligten Vergleichsgruppe zählt und zudem die beanstandete Zugangsvoraussetzung durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt ist. Dies ist allerdings unionsrechtlich nicht zweifelsfrei.
aa) Nach § 3 Abs. 2 AGG, der mit Blick auf die Diskriminierung wegen Rasse und ethnischer Herkunft der Umsetzung von Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43/EG dient (vgl. Meinel/Heym/Herms aaO § 3 Rn. 1), liegt eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union liegt etwa eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vor, wenn eine nationale Maßnahme zwar neutral formuliert ist, in ihrer Anwendung aber wesentlich mehr Arbeitnehmer des einen Geschlechts als Arbeitnehmer des anderen Geschlechts benachteiligt (vgl. EuGH, Urteil vom 2. Oktober 1997 - C-1/95, Slg. 1997, I-5253 Rn. 30 - Gerster; Urteil vom 20. Oktober 2011 - C-123/10, Slg. 2011, I-10003 Rn. 56 - Brachner; Urteil vom 20. Juni 2013 - C-7/12, BeckEuRS 2012, 648635 - Riezniece; Urteil vom 18. März 2014 - C-363/12, NZA 2014, 525 Rn. 51 - Z./A Government department und The Board of management of a community school). Nach der zu § 3 AGG ergangenen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann eine mittelbare Benachteiligung daraus folgen, dass Vorschriften im Wesentlichen oder ganz überwiegend Personen betreffen, die eines der in § 1 AGG angeführten Merkmale erfüllen. Eine mittelbare Benachteiligung kann ferner darin liegen, dass die Vorschriften an Voraussetzungen knüpfen, die von Personen, die von § 1 AGG nicht erfasst sind, leichter erfüllt werden. Dasselbe gilt, wenn sich die Tatbestandsvoraussetzungen einer Norm besonders zum Nachteil von Personen auswirken, bei denen ein Merkmal des § 1 AGG besteht (vgl. BAGE 134, 160 Rn. 21; 137, 80 Rn. 27; BAG, NZA 2013, 577 Rn. 21).
Die Prüfung einer mittelbaren Benachteiligung erfordert die Bildung von Vergleichsgruppen, die dem persönlichen Geltungsbereich der Differenzierungsregel entsprechend zusammengesetzt sind. Der Gesamtheit der Personen, die von der Regelung erfasst werden, ist die Gesamtheit der Personen gegenüberzustellen, die durch die Regelung benachteiligt werden. Im Vergleich dieser Gruppen ist zu prüfen, ob die Träger eines Merkmals des Art. 1 der Richtlinie 2000/43/EG und des § 1 AGG im oben genannten Sinn besonders benachteiligt sind (vgl. BAGE 137, 80 Rn. 28; BAG, NZA 2013, 577 Rn. 22).
bb) Nach Auffassung des Senats liegt eine mittelbare Diskriminierung im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43/EG und des § 3 Abs. 2 AGG nicht vor, weil der Kläger nicht zur benachteiligten Vergleichsgruppe zählt.
(1) Im Streitfall macht der Kläger geltend, das Auswahlkriterium des Ersten Juristischen Staatsexamens benachteilige Personen fremder ethnischer Herkunft, die über einen im Ausland erworbenen, gleichwertigen Abschluss verfügten, bei der Stipendienvergabe, weil diese typischerweise nicht in Deutschland studieren könnten. Der Kläger macht geltend, als italienischer Staatsangehöriger, der an einer Universität in Armenien den akademischen Grad "Bachelor of Laws" erworben habe, zur benachteiligten Gruppe zu zählen. Das Berufungsgericht hat für den Kläger Feststellungen zur Gleichwertigkeit des vom Kläger in Armenien erlangten Abschlusses mit dem Ersten Juristischen Staatsexamen nicht getroffen, so dass in der Revisionsinstanz zugunsten des Klägers die Gleichwertigkeit der Abschlüsse zu unterstellen ist.
Der Revision ist darin zuzustimmen, dass die beanstandete Ausschreibungsvoraussetzung, die eine Zuerkennung des Stipendiums vom Bestehen einer inländischen Prüfung abhängig macht, die nur nach Durchlaufen eines inländischen rechtswissenschaftlichen Universitätsstudiums abgelegt werden kann, Interessenten von der Auswahl ausschließt, denen aufgrund ihrer ausländischen Herkunft ein solches Studium in Deutschland nicht in gleicher Weise und entsprechend leicht möglich war, die aber im Ausland nach einem Universitätsstudium einen gleichwertigen rechtswissenschaftlichen Abschluss erlangt haben.
Der Kläger wird im Streitfall allerdings nicht aufgrund seiner ethnischen Herkunft benachteiligt. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts wohnt der Kläger in Deutschland und beherrscht die deutsche Sprache fließend, so dass es ihm unabhängig von seiner ethnischen Herkunft möglich war, in Deutschland das Erste Juristische Staatsexamen zu absolvieren. Das Berufungsgericht hat weiter von der Revision unbeanstandet festgestellt, dass die Wahl des Abschlussortes in Armenien in keinem Zusammenhang mit der ethnischen Herkunft des Klägers stand. Unter diesen Umständen ist nach Auffassung des Senats auch keine mittelbare Benachteiligung des Klägers durch die Zugangsvoraussetzung des Ersten Juristischen Staatsexamens festzustellen. Der Kläger zählt nicht zu einer aufgrund ihrer ausländischen Herkunft benachteiligten Vergleichsgruppe, weil er die Zugangsvoraussetzung des Ersten Juristischen Staatsexamens in gleicher Weise wie Inländer hätte erreichen können.
(2) Dieses Ergebnis ist in unionsrechtlicher Hinsicht allerdings nicht zweifelsfrei.
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, dass bei einem Sachverhalt, in dem in einem Stadtviertel, in dem im Wesentlichen Personen mit Roma-Herkunft wohnen, sämtliche Stromzähler in einer Höhe von sechs bis sieben Metern an den Masten des Freileitungsnetzes angebracht sind, während solche Zähler in den übrigen Stadtvierteln in einer Höhe von weniger als zwei Metern angebracht sind, der Begriff der Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft in Art. 1 und 2 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43/EG unterschiedslos anzuwenden ist, gleichviel ob die fragliche Maßnahme Personen einer bestimmten ethnischen Herkunft oder Personen anderer Herkunft betrifft, die durch diese Maßnahme zusammen mit Ersteren weniger günstig behandelt oder in besonderer Weise benachteiligt werden (EuGH, Urteil vom 16. Juli 2015 - C-83/14, EuGRZ 2015, 482 Rn. 60 - CHEZ Razpredelenie Bulgaria AD/Komisia za zashtita ot diskriminatsia). Danach konnte sich eine Bewohnerin des Stadtteils auf Diskriminierungsschutz berufen, obwohl sie selbst nicht die gleiche ethnische Herkunft wie die Bevölkerungsmehrheit im Stadtteil hatte. Zur Begründung hat der Gerichtshof der Europäischen Union darauf verwiesen, dass der Schutzzweck der Richtlinie 2000/43/EG nicht eng definiert werden darf und der Diskriminierungsschutz nach Erwägungsgrund 16 für alle Personen gilt und nicht auf die Angehörigen einer bestimmten Ethnie beschränkt ist (EuGH, EuGRZ 2015, 482 Rn. 56 ff. - CHEZ Razpredelenie Bulgaria AD/Komisia za zashtita ot diskriminatsia).
Nach Auffassung des Senats lässt sich aus dieser Entscheidung nichts für den Kläger Günstiges ableiten. Sie entbindet insbesondere nicht von dem Erfordernis, dass eine Person, die eine mittelbare Benachteiligung geltend macht, der benachteiligten Vergleichsgruppe - in jenem Fall: sämtliche Bewohner des von der diskriminierenden Maßnahme betroffenen Stadtteils unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft; im Streitfall: Absolventen, denen aufgrund ihrer ausländischen Herkunft ein inländischer Abschluss nicht in gleicher Weise und entsprechend leicht möglich war - angehören muss. Der Kläger zählt nach den getroffenen Feststellungen nicht zur im Streitfall benachteiligten Vergleichsgruppe, weil ihm die Erste Juristische Staatsprüfung nach den Umständen des Streitfalls in gleicher Weise wie Inländern offenstand.
cc) Nach Auffassung des Senats liegt eine mittelbare Diskriminierung im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43/EG und des § 3 Abs. 2 AGG auch deshalb nicht vor, weil die beanstandete Zugangsvoraussetzung durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und zur Erreichung des verfolgten Ziels angemessen und erforderlich ist.
(1) Nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43/EG und § 3 Abs. 2 AGG ist eine mittelbare Benachteiligung nicht gegeben, wenn die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat mit Blick auf den in Art. 119 EWG-Vertrag und der Richtlinie 75/117/EWG des Rates vom 10. Februar 1975 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen (ABl. Nr. L 45 S. 19) geregelten Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher Arbeit entschieden, der bloße Umstand, dass eine Rechtsvorschrift eine wesentlich größere Zahl weiblicher als männlicher Arbeitnehmer treffe, stelle keine mittelbare Diskriminierung dar, wenn die gewählten Mittel einem legitimen Ziel der Sozialpolitik des betroffenen Mitgliedstaats dienten und zur Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels geeignet und erforderlich seien, sofern sie nichts mit der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun hätten (EuGH, Urteil vom 6. Februar 1996 - C-457/93, Slg. 1996, I-245 = NZA 1996, 319 Rn. 36 - Lewark; vgl. auch EuGH, Urteil vom 24. Februar 1994 - C-343/92, ABl. EG 1994 Nr. C 90, S. 4 Rn. 33 f. - Roks). Der Gerichtshof der Europäischen Union hat hierzu ferner entschieden, dass eine sachliche Rechtfertigung für eine unterschiedliche Entlohnung von Vollzeit- und Teilzeitarbeit darin bestehen kann, dass der Unternehmer aus objektiv gerechtfertigten wirtschaftlichen Gründen das Ziel verfolgt, unabhängig vom Geschlecht des Arbeitnehmers einen Anreiz zur Vollzeitarbeit zu geben (EuGH, Urteil vom 31. März 1981 - Rs. 96/80, Slg. 1981, 911 = NJW 1981, 2639 Rn. 11 f. - Jenkins).
(2) Im Streitfall liegt eine sachliche Rechtfertigung, die nicht an ein diskriminierendes Merkmal anknüpft, in der bildungspolitischen Zielsetzung, die die Beklagte mit dem Bucerius-Jura-Programm verfolgt.
Nach § 2 ihrer Satzung fördert die Beklagte die Hochschulbildung junger Menschen, deren hohe wissenschaftliche oder künstlerische Begabung und deren Persönlichkeit besondere Leistungen im Dienste der Allgemeinheit erwarten lassen. Nach dem Inhalt der Ausschreibung bezweckt das Bucerius-Jura-Programm, besonders qualifizierten Absolventen des Jurastudiums in Deutschland durch die Förderung eines Forschungs- oder Studienvorhabens im Ausland die Kenntnis ausländischer Rechtssysteme, Auslandserfahrung und Sprachkenntnisse zu vermitteln. Diese Zielsetzung knüpft nicht an ein diskriminierendes Merkmal - insbesondere nicht eine inländische Herkunft - an, weil sich nach den Ausschreibungsbedingungen auch Kandidaten ohne deutsche Staatsangehörigkeit bewerben können, wenn sie ihre Hochschulzugangsberechtigung in Deutschland oder an einer deutschen Auslandsschule erworben haben, gemäß den in § 8 BAföG genannten Voraussetzungen deutschen Staatsangehörigen gleichgestellt sind oder die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Union oder der Schweiz besitzen und ihren letzten Hochschulabschluss (Bachelor, Master, Diplom, Staatsexamen) in Deutschland erworben haben (siehe Rn. 24 f.).
Hierbei handelt es sich nach Auffassung des Senats um eine im Rahmen des Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43/EG und des § 3 Abs. 2 AGG beachtliche, eine mittelbare Diskriminierung ausschließende Motivation. Besonders qualifizierten Absolventen eines Studiums in Deutschland soll ohne Rücksicht auf ihre Herkunft durch das Stipendium ein Anreiz gegeben werden, ihre auf das deutsche Recht bezogene Ausbildung durch ein im Ausland durchgeführtes Forschungs- oder Studienvorhaben zu ergänzen. Die Förderung der internationalen Ausrichtung von Absolventen, die einen auf das deutsche Rechtssystem bezogenen Studiengang durchlaufen haben, ist gesellschaftlich erwünscht und kommt der internationalen Verständigung zugute. Dass sich ein in Deutschland ansässiger eingetragener Verein darauf beschränkt, Absolventen eines Studiums in Deutschland zu fördern, ist angesichts nur begrenzt vorhandener finanzieller Mittel und der daraus folgenden Notwendigkeit, Fördermaßnahmen unter sachlichen Gesichtspunkten zu fokussieren, unter Beachtung der Ziele der Richtlinie 2000/43/EG nicht zu beanstanden, sofern hierbei - wie im Streitfall - nicht auf diskriminierende Merkmale abgestellt wird. Im Rahmen der Auslegung des Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43/EG sollte berücksichtigt werden, dass die gesellschaftlich erwünschte Bereitschaft privater Spender zur Vergabe von Stipendien oder anderen wohltätigen Unterstützungsmaßnahmen im Bildungsbereich leiden könnte, wenn eine nicht an diskriminierende Merkmale anknüpfende, aber anderweitig in sachlicher Weise an einer Zielgruppe orientierte Bewerberauswahl als sachlich nicht gerechtfertigt angesehen würde. Das von der Beklagten verlangte Zugangskriterium des in Deutschland absolvierten Ersten Juristischen Staatsexamens erweist sich damit aus Sicht des Senats als zur Erreichung des verfolgten Ziels angemessen und erforderlich.
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