Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 07.03.2019


BGH 07.03.2019 - I ZR 254/16

Wettbewerbsverstoß: Herabsetzung eines Mitbewerbers durch die Behauptung der widerrechtlichen Verwendung von fremden Betriebsgeheimnissen für die Herstellung seiner Produkte; Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalles unter Einbeziehung der betroffenen Grundrechtspositionen; schutzwürdiges Interesse an der Information der potentiellen Kunden - Knochenzement III


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
1. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
07.03.2019
Aktenzeichen:
I ZR 254/16
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2019:070319UIZR254.16.0
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 23. November 2016, Az: 3 U 215/15vorgehend LG Hamburg, 12. November 2015, Az: 327 O 133/15, Beschluss
Zitierte Gesetze
Art 5 Abs 1 S 1 GG
Art 19 Abs 3 GG
Art 11 Abs 1 S 1 EUGrdRCh

Leitsätze

Knochenzement III

1. Die Zulässigkeit einer in Bezug auf konkrete Produkte eines Mitbewerbers erhobenen Behauptung, diese seien unter widerrechtlicher Verwendung von Rezepturen und Betriebsgeheimnissen entwickelt und hergestellt worden, bestimmt sich nach den in § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG aufgestellten Maßstäben.

2. Danach erfordert die Beurteilung der Frage, ob eine Werbeaussage eines Wettbewerbers einen Mitbewerber herabsetzt, eine Gesamtwürdigung, die die Umstände des Einzelfalls wie insbesondere den Inhalt und die Form der Äußerung, ihren Anlass, den Zusammenhang, in dem sie erfolgt ist, sowie die Verständnismöglichkeiten des angesprochenen Verkehrs berücksichtigt. Dabei kommt es maßgeblich auf die Sicht des durchschnittlich informierten und verständigen Adressaten der Werbung an. In die Gesamtwürdigung sind betroffene Grundrechtspositionen einzubeziehen.

3. Ein Wettbewerber kann ein schutzwürdiges Interesse an der Information seiner potentiellen Kunden haben, dass ein Mitbewerber seine Marktstellung in der Vergangenheit nicht durch eigene Leistung, sondern durch eine obergerichtlich festgestellte widerrechtliche Verwertung von dem Wettbewerber zustehenden Betriebsgeheimnissen erlangt hat.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird der Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg - 3. Zivilsenat - vom 23. November 2016 aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg - Zivilkammer 27 - vom 12. November 2015 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet des Vertriebs von Knochenzementen. Die zum H.-Konzern gehörende Beklagte stellte zunächst Knochenzemente für die Klägerin her. Zum August 2005 kündigte sie die Zusammenarbeit mit der Klägerin und vertrieb seitdem eigene Knochenzemente unter der Bezeichnung "P.".

2

Die Klägerin verkaufte im Anschluss an die Kündigung der Beklagten bis zum Jahr 2014 eigene Knochenzemente, die sie unter der Bezeichnung "R.", "B." und "O." vertrieb. Die Einstellung des Vertriebs dieser Produkte im Jahr 2014 beruhte darauf, dass die Beklagte die Klägerin und weitere mit dieser verbundene Unternehmen erfolgreich wegen der Verletzung von Betriebsgeheimnissen gerichtlich in Anspruch genommen hatte. In der Berufungsinstanz dieses Vorprozesses ist es der Klägerin durch Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 5. Juni 2014 (6 U 15/13) verboten worden, ihre Knochenzemente unter Verwertung von Spezifikationen bestimmter Inhaltsstoffe, die das Oberlandesgericht Frankfurt am Main als Betriebsgeheimnisse der Beklagten angesehen hat, herzustellen und zu vertreiben. Das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main in diesem Vorprozess ist rechtskräftig geworden. Seit September 2014 vertreibt die Klägerin vom Unternehmen Z. hergestellte "H.  "-Knochenzemente.

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Am 21. August 2014 veröffentlichte die Beklagte die folgende Pressemitteilung:

Abbildung

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Die Klägerin beanstandet die in der Pressemitteilung enthaltenen Behauptungen der widerrechtlichen Verwendung von Betriebsgeheimnissen des H.-Konzerns als unlautere Herabsetzung.

5

Die Klägerin hat beantragt, es der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

über das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 5. Juni 2014, Az. 6 U 15/13, zu berichten, wenn und soweit als Grund für das Verbot angegeben wird, die Klägerin habe

"(B)ei der Entwicklung und Herstellung des Knochenzementportfolios [...] widerrechtlich Betriebsgeheimnisse von H. verwendet"

und/oder

"Teile der H. gehörenden Rezepturen widerrechtlich zu Herstellung eigenen Knochenzements verwendet",

wenn dies geschieht wie in der Pressemitteilung vom 21. August 2014 geschehen.

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Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.

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Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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A. Das Berufungsgericht hat die Klage als unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen vergleichenden Werbung gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 5, § 8 UWG begründet angesehen und dazu ausgeführt:

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Die Beklagte habe mit der Behauptung der widerrechtlichen Verwendung von Betriebsgeheimnissen des H.-Konzerns bei der Herstellung des eigenen Knochenzements die Waren und geschäftlichen Verhältnisse der Klägerin in unlauterer Weise herabgesetzt. Der mit der Pressemitteilung gegenüber den gewerblichen Abnehmern von Knochenzement, also Ärzten und Kliniken sowie sonstigen gewerblichen Kunden der Parteien, erhobene Vorwurf eines gerichtlich festgestellten unrechtmäßigen Verhaltens in Form der unbefugten Verwertung von Betriebsgeheimnissen durch die Klägerin und der damit verbundene Hinweis, dieser sei die Herstellung und der Vertrieb von Knochenzementen unter Verwendung bestimmter Rezepturen mit sofortiger Wirkung untersagt worden, seien geeignet, die Klägerin in den Augen ihrer (auch potentiellen) Kunden in einem schlechten Licht erscheinen zu lassen und somit die der Klägerin durch ihre Kunden entgegengebrachte Wertschätzung zu verringern.

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Es sei auch kein überwiegendes Interesse der Beklagten erkennbar, den angesprochenen Verkehr über den vorläufigen Ausgang des unter anderem mit der Klägerin geführten Rechtsstreits und hierbei insbesondere über den Inhalt des Urteils des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main zu informieren. Der angesprochene Verkehr erhalte durch die beanstandeten Angaben in der Pressemitteilung keine für seine Nachfrageentscheidung maßgebliche Information. Der Hinweis, die in der Pressemitteilung bezeichneten Produkte der Klägerin seien nach den Feststellungen eines Gerichts unter widerrechtlicher Verwendung von Betriebsgeheimnissen der Beklagten hergestellt worden, sei weder erforderlich, um die angesprochenen Verkehrskreise vor von den genannten Produkten eventuell ausgehenden Gefahren zu warnen oder zu schützen, noch für die Nachfrageentscheidung nach diesen Produkten von Bedeutung. Der angesprochene Verkehr könne allenfalls daran interessiert sein zu erfahren, ob er die Produkte noch beziehen könne. Die Beklagte habe zwar ein maßgebliches Interesse daran, die gegen die Klägerin ergangene gerichtliche Entscheidung auch durchzusetzen. Hierfür könne sie sich jedoch der dafür rechtlich vorgesehenen Mittel der Zwangsvollstreckung bedienen. Dagegen sei sie nicht darauf angewiesen, die angesprochenen Verkehrskreise über die Gründe des vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main ausgesprochenen Verbots zu informieren.

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B. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hat Erfolg und führt zur Abweisung der Klage. Die angegriffenen Behauptungen in der Pressemitteilung der Beklagten stellen keine unlautere Herabsetzung gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG dar.

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I. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass sich der im Streitfall zu prüfende Verbotstatbestand aus § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG ergibt.

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1. Die das Unionsrecht umsetzende Bestimmung gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG ist vorrangig vor der Vorschrift des § 4 Nr. 1 UWG (§ 4 Nr. 7 UWG aF) anzuwenden (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 2011 - I ZR 147/09, GRUR 2012, 74 Rn. 17 = WRP 2012, 77 - Coaching-Newsletter; Urteil vom 17. Dezember 2015 - I ZR 219/13, GRUR-RR 2016, 410 Rn. 18; Urteil vom 31. März 2016 - I ZR 160/14, GRUR 2016, 710 Rn. 37 = WRP 2016, 843 - Im Immobiliensumpf).

14

a) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Pressemitteilung als vergleichende Werbung im Sinne von § 6 Abs. 1 UWG anzusehen ist. Vergleichende Werbung ist nach dieser Bestimmung jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht.

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Aus Art. 4 Buchst. b der Richtlinie 2006/114/EG über irreführende und vergleichende Werbung (vormals Art. 3a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 97/55/EG) folgt zudem, dass für den Verkehr erkennbar sein muss, dass die verglichenen konkurrierenden Produkte einen hinreichenden Grad an Austauschbarkeit aufweisen. Vergleichende Werbung im Sinne von § 6 UWG setzt daher zwingend einen Vergleich der von konkreten Wettbewerbern angebotenen, hinreichend austauschbaren Produkte voraus (BGH, GRUR 2012, 74 Rn. 18 - Coaching-Newsletter, mwN).

16

b) Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Beklagte stellt in der beanstandeten Pressemitteilung ihre eigenen Knochenzementprodukte denen der Klägerin gegenüber und benennt sowohl ihren Wettbewerber als auch die austauschbaren Produkte namentlich.

17

2. Ohne Erfolg wendet die Revisionserwiderung ein, im Streitfall liege eine rein unternehmensbezogene Werbung vor, die bereits gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG generell unzulässig sei, so dass der Tatbestand der Herabsetzung im Sinne von § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG nicht anwendbar sei.

18

a) Es ist allerdings streitig, wie eine Werbung zu beurteilen ist, die keine Aussagen über die Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers, sondern nur Aussagen über dessen geschäftlichen oder persönlichen Verhältnisse enthält. Es wird vertreten, dass solche rein unternehmensbezogene oder persönliche vergleichende Werbung zwar von § 6 Abs. 1 UWG erfasst wird, sie aber stets gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG unlauter ist, weil keine Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen verglichen werden (Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl., § 6 Rn. 16; Großkomm.UWG/Glöckner, 2. Aufl., § 6 Rn. 348 ff.; Gloy/Bruhn, GRUR 1998, 226, 233, 237; Menke, WRP 1998, 811, 825; Scherer, GRUR 2012, 545, 550). Andere wollen in diesen Fällen den Tatbestand des § 6 Abs. 1 UWG verneinen (Sack in Harte/Henning, UWG, 4. Aufl., § 6 Rn. 116; Plassmann, GRUR 1996, 377, 379; Tilmann, GRUR 1997, 790, 795) oder den Katalog gemäß § 6 Abs. 2 UWG entweder gar nicht (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur vergleichenden Werbung und zur Änderung wettbewerbsrechtlicher Vorschriften, BT-Drucks. 14/2959, S. 10 = WRP 2000, 555, 559; Tilmann, GRUR 1999, 546, 547; Berlit, BB 2000, 1305, 1306; Kießling/Kling, WRP 2002, 615, 625) oder nur nach einem teleologisch reduzierten Maßstab anwenden (Ohly in Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl., § 6 Rn. 38 mwN; MünchKomm.UWG/Menke, 2. Aufl., § 6 Rn. 147; Ohly/Spence, GRUR-Int. 1999, 681, 686; Faßbender EuZW 2005, 42, 43; Sack, WRP 2008, 170, 175).

19

b) Auf diese Kontroverse kommt es allerdings nicht an, wenn sich der Vergleich nicht allein auf unternehmensbezogene oder persönliche Eigenschaften des Mitbewerbers bezieht, sondern, wie nicht selten, zumindest mittelbar auch Eigenschaften von Waren oder Dienstleistungen betroffen sind (vgl. Ohly in Ohly/Sosnitza aaO § 6 Rn. 38; Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen aaO § 6 Rn. 17; MünchKomm.UWG/Menke aaO § 6 Rn. 145; Scherer, WRP 2012, 545, 549). Insoweit ist ausgehend vom Zweck der Richtlinie 2006/114/EG, durch die grundsätzliche Zulassung vergleichender Werbung für die Marktgegenseite die Markttransparenz zu fördern, kein enger Maßstab anzulegen (vgl. Erwägungsgrund 8 der Richtlinie). In Zweifelsfällen ist entscheidend, ob der angesprochene Verkehr aus den verglichenen Umständen eine für seine Kaufentscheidung nützliche Information entnehmen wird (vgl. BGH, Urteil vom 1. Oktober 2009 - I ZR 134/07, GRUR 2010, 161 Rn. 27 = WRP 2010, 252 - Gib mal Zeitung; Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen aaO § 6 Rn. 17; Scherer, WRP 2012, 545, 549 f.).

20

c) Im Streitfall geht es nicht um eine rein unternehmensbezogene Werbung. Die Beklagte hat in der beanstandeten Pressemitteilung vielmehr auf konkret genannte Knochenzement-Produkte der Klägerin bezogen die Behauptung aufgestellt, diese seien unter widerrechtlicher Verwendung von Rezepturen und Betriebsgeheimnissen der Beklagten entwickelt und hergestellt worden. Angesprochen ist dabei mittelbar die Leistungsfähigkeit und Fachkompetenz des Personals der Klägerin und damit ein Gesichtspunkt, der notwendigerweise Einfluss auf die Qualität ihrer Produkte hat (vgl. auch Scherer, GRUR 2012, 545, 549). Für den durchschnittlichen Bezieher solcher Produkte wird es regelmäßig von Interesse sein, ob ein Anbieter seine Marktstellung durch eigene Leistung bei der Entwicklung eines bestimmten Produkts oder aber durch die Verletzung von Betriebsgeheimnissen eines Mitbewerbers erreicht hat (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 2017 - I ZR 160/16, GRUR 2018, 541 Rn. 42 = WRP 2018, 429 - Knochenzement II). Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist es deshalb für die Beurteilung des Streitfalls auch ohne Bedeutung, ob die Klägerin ihre in der Pressemitteilung der Beklagten vom 21. August 2014 genannten Produkte aktuell noch vertreibt oder ihren Vertrieb inzwischen auf andere Produkte umgestellt hat.

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II. Mit Erfolg wendet sich die Revision jedoch gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe die Waren und geschäftlichen Verhältnisse der Klägerin im Sinne von § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG unlauter herabgesetzt.

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1. Gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG handelt unlauter, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich die Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft.

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Eine Herabsetzung im Sinne dieser Bestimmung setzt mehr voraus als die einem kritischen Werbevergleich immanente Gegenüberstellung der Vorteile und Nachteile der verglichenen Produkte. Maßgeblich ist, ob die angegriffene Werbeaussage sich noch in den Grenzen einer sachlichen Erörterung hält oder bereits eine pauschale Abwertung der fremden Erzeugnisse darstellt. Herabsetzend im Sinne von § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG ist ein Vergleich daher nur, wenn zu den mit jedem Werbevergleich verbundenen (negativen) Wirkungen für die Konkurrenz besondere Umstände hinzutreten, die ihn als unangemessen abfällig, abwertend oder unsachlich erscheinen lassen (BGH, GRUR 2010, 161 Rn. 16 - Gib mal Zeitung, mwN). Maßgeblich für die Beurteilung ist der Gesamtzusammenhang der angegriffenen Behauptung (BGH, Urteil vom 20. September 2007 - I ZR 171/04, GRUR 2008, 443 = WRP 2008, 666 Rn. 18 - Saugeinlagen). Bei der Prüfung dieser Voraussetzungen kann auf die Grundsätze zur unlauteren pauschalen Herabsetzung ungenannter Mitbewerber gemäß § 4 Nr. 1 UWG (§ 4 Nr. 7 UWG aF) zurückgegriffen werden (vgl. BGH, GRUR 2010, 162 Rn. 16 - Gib mal Zeitung, mwN). Danach erfordert die Beurteilung der Frage, ob eine Werbeaussage eines Wettbewerbers einen Mitbewerber herabsetzt, eine Gesamtwürdigung, die die Umstände des Einzelfalls wie insbesondere den Inhalt und die Form der Äußerung, ihren Anlass, den Zusammenhang, in dem sie erfolgt ist, sowie die Verständnismöglichkeiten des angesprochenen Verkehrs berücksichtigt (BGH, GRUR-RR 2016, 410 Rn. 19 mwN). Dabei kommt es maßgeblich auf die Sicht des durchschnittlich informierten und verständigen Adressaten der Werbung an (BGH, GRUR 2010, 162 Rn. 20 - Gib mal Zeitung; GRUR-RR 2016, 410 Rn. 19). In die Gesamtwürdigung sind betroffene Grundrechtspositionen einzubeziehen (vgl. BGH, GRUR 2012, 74 Rn. 26 ff. - Coaching-Newsletter; GRUR 2016, 710 Rn. 38 - Im Immobiliensumpf; BGH, Urteil vom 1. März 2018 - I ZR 264/16, GRUR 2018, 622 Rn. 15 = WRP 2018, 682 - Verkürzter Versorgungsweg II).

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2. Das Berufungsgericht hat angenommen, bei der angegriffenen Behauptung der widerrechtlichen Verwendung von Betriebsgeheimnissen des H.-Konzerns bei der Herstellung des eigenen Knochenzements habe die Beklagte die Waren und geschäftlichen Verhältnisse der Klägerin in unlauterer Weise herabgesetzt. Der mit der Pressemitteilung gegenüber den gewerblichen Abnehmern von Knochenzement, also Ärzten und Kliniken sowie sonstige gewerbliche Kunden der Parteien erhobene Vorwurf eines gerichtlich festgestellten unrechtmäßigen Verhaltens, nämlich der unbefugten Verwertung von Betriebsgeheimnissen durch die Klägerin, verbunden mit dem Hinweis, der Klägerin sei mit sofortiger Wirkung die Herstellung und der Vertrieb von Knochenzementen unter Verwendung bestimmter Rezepturen (der Beklagten) untersagt worden, sei geeignet, die Klägerin in den Augen ihrer (auch potentiellen) Kunden in einem schlechten Licht erscheinen zu lassen und somit die der Klägerin durch ihre Kunden entgegengebrachte Wertschätzung zu verringern. Besonders schwer wiege, dass die Beklagte sich für diese Herabsetzung auf ein neutrales Werturteil in Form einer obergerichtlichen Entscheidung berufe.

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Dass die Pressemitteilung die Urteilsgründe der Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main inhaltlich zutreffend wiedergebe, rechtfertige für sich genommen nicht die angegriffene Information. Ein die entgegenstehenden Interessen der Klägerin überwiegendes Interesse der Beklagten, den angesprochenen Verkehr über den vorläufigen Ausgang des unter anderem mit der Klägerin geführten Rechtsstreits und hierbei insbesondere über den Inhalt des Urteils des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main zu informieren, sei nicht erkennbar. Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht könne das Anprangern oder Herabwürdigen einer fremden Leistung nur gebilligt werden, wenn ein sachlich berechtigtes Informationsinteresse der angesprochenen Verkehrskreise gerade an der jeweiligen Information im Hinblick auf eine künftige Nachfrageentscheidung bestehe. Im Streitfall erhalte der angesprochene Verkehr jedoch durch die beanstandeten Angaben in der Pressemitteilung keine für seine Nachfrageentscheidung maßgebliche Information.

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3. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die in der Pressemitteilung aufgestellte Behauptung einer widerrechtlichen Verwendung von Betriebsgeheimnissen des H.-Konzerns bei der Herstellung des eigenen Knochenzements überschreite die Grenze zu einer lauterkeitsrechtlich nicht hinnehmbaren Herabsetzung.

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a) Das Berufungsgericht hat keine besonderen Umstände festgestellt, die die in der Pressemitteilung gemachten Äußerungen der Beklagten als unangemessen abfällig, abwertend oder unsachlich erscheinen lassen. Es hat insoweit nicht hinreichend beachtet, dass bei der Prüfung einer unlauteren Herabsetzung eine Gesamtwürdigung vorzunehmen ist, die die Umstände des Einzelfalls wie insbesondere den Inhalt und die Form der Äußerung, ihren Anlass und den Zusammenhang, in dem sie erfolgt ist, in den Blick nimmt.

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aa) Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass die Form der Pressemitteilung und der in ihr enthaltenen Äußerungen die Annahme einer unangemessenen Herabsetzung rechtfertigt. Entsprechendes ist auch nicht ersichtlich. Die Pressemitteilung beschränkte sich auf die in sachlichem Ton gehaltene Mitteilung von unstreitig zutreffenden Umständen und verzichtete auf pauschal abwertende oder abfällige Äußerungen über die Klägerin und deren Produkte. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts spricht es nicht für, sondern gegen die Annahme einer unlauteren Herabsetzung, dass die Beklagte zur Begründung ihrer Behauptung einer widerrechtlichen Verwendung von Betriebsgeheimnissen auf das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main Bezug genommen hat. Durch diese auch nach den Feststellungen des Berufungsgerichts inhaltlich zutreffende Bezugnahme hat die Beklagte gerade kein pauschales eigenes negatives Werturteil über das wettbewerbliche Verhalten der Klägerin abgegeben, sondern die Beurteilung eines staatlichen Obergerichts wiedergegeben und dem angesprochenen Verkehr damit eine in besonderem Maße sachbezogene und nachprüfbare Grundlage für eine sachgerechte, informierte Nachfrageentscheidung mitgeteilt.

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bb) Das Berufungsgericht hat ferner nicht hinreichend berücksichtigt, dass mit der Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 5. Juni 2014 ein zeitnaher konkreter Anlass für die in der Pressemitteilung mitgeteilten Umstände bestand und die Beklagte als von der widerrechtlichen Verwertung von Betriebsgeheimnissen unmittelbar in ihrer wettbewerblichen Stellung Betroffene ein besonderes Interesse an der Information potentieller Nachfrager über diesen Umstand hatte.

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b) Dem Berufungsgericht kann ferner nicht in seiner Einschätzung gefolgt werden, der angesprochene Verkehr erhalte im Streitfall durch die beanstandeten Angaben in der Pressemitteilung keine für seine Nachfrageentscheidung maßgebliche Information.

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aa) Das Berufungsgericht hat allerdings im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend geprüft, ob die angegriffenen Äußerungen für die Nachfrageentscheidung des angesprochenen Verkehrs erheblich sind.

32

Mit Blick auf den Sinn und Zweck der Regelung über die vergleichende Werbung gemäß § 6 UWG ist es im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung von Bedeutung, ob die Äußerung für den legitimen Zweck des Vergleichs, das heißt die Unterrichtung der Adressaten der Werbung über die Vorteile des eigenen Angebots und damit die Verbesserung der Markttransparenz, erforderlich oder immerhin nützlich ist. Es kommt mithin auch darauf an, ob und inwieweit der angesprochene Verkehr die betreffende Information für eine sachgerechte, informierte Nachfrageentscheidung benötigt (Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen aaO § 6 Rn. 170; vgl. zur Maßgeblichkeit des Verbraucherinteresses an einer Marktransparenz auch BGH, Urteil vom 12. Juli 2001 - I ZR 89/99, GRUR 2002, 72, 74 [juris Rn. 33] = WRP 2001, 1441 - Preisgegenüberstellung im Schaufenster; EuGH, Urteil vom 8. April 2003 - C-44/01, Slg. I-2003, 3095 = GRUR 2003, 533 Rn. 50 - Pippig Augenoptik; Ohly in Ohly/Sosnitza aaO § 6 Rn. 68; Koos in Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, 3. Aufl., § 6 Rn. 249; Großkomm.UWG/Glöckner aaO § 6 Rn. 528).

33

bb) Die vom Berufungsgericht in dieser Hinsicht vorgenommene Beurteilung der tatsächlichen Umstände des Streitfalls hält einer Überprüfung dagegen nicht stand.

34

(1) Die Einschätzung, ob eine Information geeignet ist, geschäftliche Entscheidungen der angesprochenen Verkehrskreise zu beeinflussen, liegt allerdings auf tatrichterlichem Gebiet (vgl. BGH, Urteil vom 10. Januar 2013 - I ZR 190/11, GRUR 2013, 945 Rn. 29 = WRP 2013, 1183 - Standardisierte Mandatsbearbeitung). Die vom Tatrichter in dieser Hinsicht getroffenen Feststellungen sind in der Revisionsinstanz nur darauf zu überprüfen, ob das Gericht bei seiner Würdigung gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 21. April 2016 - I ZR 151/15, GRUR 2016, 1193 Rn. 20 = WRP 2016, 1354 - Ansprechpartner; Urteil vom 21. Juli 2016 - I ZR 26/15, GRUR 2016, 1076 Rn. 37 = WRP 2016, 1221 - LGA tested; Urteil vom 3. November 2016 - I ZR 227/14, GRUR 2017, 418 Rn. 13 = WRP 2017, 422 - Optiker-Qualität; BGH, GRUR 2018, 541 Rn. 40 - Knochenzement II). Ein solcher Fehler ist dem Berufungsgericht hier aber unterlaufen.

35

(2) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der angesprochene Verkehr erhalte im Streitfall durch die beanstandeten Angaben in der Pressemitteilung keine für seine Nachfrageentscheidung maßgebliche Information. Der Hinweis, die in der Pressemitteilung bezeichneten Produkte der Klägerin seien nach den Feststellungen eines Gerichts unter widerrechtlicher Verwendung von Betriebsgeheimnissen der Beklagten hergestellt worden, sei weder erforderlich, um die angesprochenen Verkehrskreise vor eventuellen Gefahren zu warnen oder zu schützen, die von den genannten Produkten ausgehen könnten, noch sei dies für eine Nachfrageentscheidung - auch nach jenen Produkten - von Bedeutung. Der angesprochene Verkehr könne allenfalls daran interessiert sein zu erfahren, ob er die genannten Produkte noch beziehen könne. Nicht die Mitteilung über das Vertriebsverbot, sondern diejenige über die dem Verbot zugrunde liegende tatsächliche und rechtliche Wertung des Oberlandesgericht Frankfurt am Main, die für die Nachfrageentscheidung der Kunden, der sich an der Produktqualität und dem Preisgefüge orientiere, objektiv ohne Belang sei, sei aber Gegenstand des Angriffs der Klägerin.

36

(3) Das Berufungsgericht hat bei dieser Beurteilung nicht berücksichtigt, dass die mit der Pressemitteilung angesprochenen potentiellen Kunden der Klägerin nach der Lebenserfahrung nicht allein an der Lieferbarkeit der genannten Produkte der Klägerin interessiert sein werden. Maßgeblich für eine informierte Nachfrageentscheidung zumal in Bezug auf die hier in Rede stehenden, komplex herzustellenden und wegen ihres Einsatzes auf dem Gebiet der Medizin besonders sicherheitssensiblen Produkte ist vielmehr auch die eigene Leistungsfähigkeit des Anbieters. Wie bereits dargelegt wurde (vgl. oben unter B I 2 c), wird es für den durchschnittlichen Bezieher solcher Produkte daher regelmäßig auch von Interesse sein, ob der Anbieter seine Marktstellung durch eigene Leistung bei der Entwicklung eines bestimmten Produkts oder aber durch die Verletzung von Betriebsgeheimnissen eines Mitbewerbers erreicht hat (vgl. BGH, GRUR 2018, 541 Rn. 42 - Knochenzement II). Das Berufungsgericht hat in anderem Zusammenhang selbst mit Recht festgestellt, dass die einem Unternehmen von seinen (potentiellen) Kunden entgegengebrachte Wertschätzung maßgeblich davon abhängt, ob es seine in der Vergangenheit vertriebenen Produkte unter unbefugter Verwertung von Betriebsgeheimnissen eines Konkurrenten hergestellt hat.

37

c) Soweit das Berufungsgericht außerdem angenommen hat, die Beklagte könne sich zur Durchsetzung der gegen die Klägerin ergangenen Gerichtsentscheidung der dafür rechtlich vorgesehenen Mittel der Zwangsvollstreckung bedienen und sei daher nicht darauf angewiesen, die angesprochenen Verkehrskreise über die Gründe für das vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main ausgesprochene Verbot zu informieren, hat es nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Beklagte in der Pressemitteilung potentielle Abnehmer nicht aufgefordert hat, bestimmte Knochenzemente der Klägerin nicht zu erwerben und damit das vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main ausgesprochene Vertriebsverbot durchzusetzen. Die Beklagte hat mit der angegriffenen Pressemitteilung ihre potentiellen Kunden vielmehr in sachlicher und inhaltlich zutreffender Form darüber informiert, dass die Klägerin ihre Marktstellung beim Vertrieb der betroffenen Knochenzemente in der Vergangenheit nicht durch eigene Leistung, sondern durch eine obergerichtlich festgestellte widerrechtliche Verwertung von der Beklagten zustehenden Betriebsgeheimnissen erlangt hat. Die Wahrnehmung dieses von Art. 5 Abs. 1 Satz 1, Art. 19 Abs. 3 GG und Art. 11 Abs. 1 Satz 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union geschützten Äußerungsrechts wird durch die für die Beklagte bestehende Möglichkeit der Zwangsvollstreckung aus gerichtlichen Herstellungs- und Vertriebsverboten nicht eingeschränkt.

38

III. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - C-283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 - C.I.L.F.I.T.; Urteil vom 1. Oktober 2015 - C-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 Rn. 43 - Doc Generici, mwN). Im Streitfall stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts, die nicht zweifelsfrei zu beantworten ist.

39

C. Danach ist der angefochtene Beschluss aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind und die Sache nach den getroffenen Feststellungen zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Auf die Berufung der Beklagten ist das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage mit der Kostenfolge aus § 91 Abs. 1 ZPO abzuweisen.

Schaffert     

      

Löffler     

      

Schwonke

      

Feddersen     

      

Schmaltz