Entscheidungsdatum: 03.04.2014
Die Anhörungsrüge gegen den Senatsbeschluss vom 6. November 2013 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhörungsrüge ist nicht begründet. Der Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) ist durch die Zurückweisung ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch Beschluss des Senats vom 6. November 2013 nicht verletzt.
I. Die Bestimmung des Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern, und dass das Gericht das Vorbringen zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht (BVerfGE 86, 133, 144; BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1712). Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Einzelpunkte des Parteivortrags ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 96, 205, 216 f.; BGH, Beschluss vom 24. Februar 2005 - III ZR 263/04, NJW 2005, 1432 f.). Die Partei hat auch keinen Anspruch darauf, dass das Gericht sich in dem von ihr für richtig erachteten Sinn mit ihrem Vorbringen befasst (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juli 2011 - I ZB 68/10, GRUR 2012, 314 Rn. 12 - Medicus.log).
II. Der Senat hat bei seiner Entscheidung vom 6. November 2013 die Angriffe der Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten in vollem Umfang geprüft, jedoch sämtlich nicht für durchgreifend erachtet.
1. Soweit die Beklagte mit ihrer Anhörungsrüge ihren Vortrag aus der Nichtzulassungsbeschwerde wiederholt, kann die Anhörungsrüge damit nicht begründet werden. Nach der vom Bundesverfassungsgericht gebilligten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können mit der Anhörungsrüge nur neue und eigenständige Verletzungen des Art. 103 Abs. 1 GG durch das Rechtsmittelgericht gerügt werden (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 5. Mai 2008 - 1 BvR 562/08, NJW 2008, 2635 f.; BGH, Beschluss vom 19. Juli 2012 - I ZR 92/09, MMR 2012, 766 Rn. 2). Eine Gehörsrüge gegen die Entscheidung über eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auch nicht mit dem Ziel eingelegt werden, eine Ergänzung der Begründung herbeizuführen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. April 2013 - IX ZR 100/11, juris Rn. 3; Beschluss vom 15. August 2013 - I ZR 91/12, juris Rn. 2).
2. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist im Übrigen geklärt, dass eine mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare letztinstanzliche gerichtliche Entscheidung von Verfassungs wegen regelmäßig keiner Begründung bedarf (BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2010 - 1 BvR 1382/10, NJW 2011, 1497 Rn. 12). Dies gilt auch für Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, mit denen - wie hier - eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nach § 544 Abs. 4 ZPO zurückgewiesen worden ist (BVerfG, NJW 2011, 1497 Rn. 12). Eine Begründung ist nur dann ausnahmsweise geboten, wenn vom eindeutigen Wortlaut einer Norm abgewichen wird und der Grund hierfür nicht ohne weiteres erkennbar ist oder wenn ein im Zeitpunkt der Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde bestehender Zulassungsgrund vor der Entscheidung über diese wegfällt und deswegen eine Prüfung der Erfolgsaussichten auf der Grundlage anderer als der von der Vorinstanz als tragend angesehenen Gründe erforderlich ist (BVerfG, NJW 2011, 1497 Rn. 13). Eine solche Ausnahme ist jedoch weder von der Beklagten dargetan noch sonst ersichtlich.
An diesen Grundsätzen zur Begründung letztinstanzlicher Entscheidungen ändert sich auch dann nichts, wenn mit der Nichtzulassungsbeschwerde eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch die Vorinstanz gerügt worden ist. Der Umstand, dass die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 Abs. 4 ZPO mit einer Anhörungsrüge nach § 321a ZPO angefochten werden kann, wenn mit dieser eine nicht nur sekundäre, sondern eine neue und eigenständige Gehörsverletzung gerügt wird, hat keinen Einfluss auf Begründungserleichterungen bei Beschlüssen über die Nichtzulassungsbeschwerde (BVerfG, NJW 2011, 1497 Rn. 14; BGH, Beschluss vom 15. August 2013 - I ZR 91/12, juris Rn. 4).
III. Im Streitfall bestand - anders als die Beklagte mit der Anhörungsrüge geltend macht - auch kein Grund für ein erneutes Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV. Nach dem im Revisionsverfahren gegen das erste Berufungsurteil (OLG München, GRUR Int. 2005, 72) bereits erfolgten Vorabentscheidungsersuchen (BGH, Beschluss vom 14. Februar 2008 - I ZR 69/04, GRUR 2008, 413 = WRP 2008, 669 - Bayerisches Bier I) und dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2010 - C-120/08, GRUR 2011, 240 = WRP 2011, 189 - Bavaria/Bayerischer Brauerbund II) bestehen im Streitfall bei der Auslegung des Unionsrechts keine vernünftigen Zweifel, so dass eine erneute Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nicht geboten ist (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 16 = NJW 1983, 1257 - C.I.L.F.I.T; Urteil vom 15. September 2005 - C-495/03, Slg. 2005, I-8151 Rn. 33 - Intermodal Transport).
1. Die Beklagte macht mit der Anhörungsrüge geltend, im vorliegenden Fall stelle sich die Frage, ob die gemäß Art. 1 Nr. 15 der Verordnung (EG) Nr. 692/2003 fortgeltende Bestimmung des Art. 17 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 die Gewährung des Schutzes nationalen Rechts in einem Fall ausschließt, in welchem der Kläger Schutz einer nach Art. 17 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 eingetragenen geschützten geographischen Angabe gegenüber einer vorrangigen Marke sucht und die Klage eingelegt wurde nach dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Eintragung der geschützten geographischen Angabe und der Schutz sich auf nationales Recht und Tatsachen stützt, die vor der Eintragung der geschützten geographischen Angabe liegen.
Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union ist insoweit nicht erforderlich.
Nach Art. 17 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 konnten die Mitgliedstaaten den einzelstaatlichen Schutz bis zu dem Zeitpunkt, zu dem über die Eintragung entschieden wurde, beibehalten (vgl. auch EuGH, GRUR 2011, 240 Rn. 63 f. - Bavaria/Bayerischer Brauerbund II; BGH, Urteil vom 22. September 2011 - I ZR 69/04, GRUR 2012, 394 Rn. 37 = WRP 2012, 550 - Bayerisches Bier II). Auf den Zeitpunkt der Klageerhebung stellt die Bestimmung nicht ab. Es ist zudem nichts dafür ersichtlich, dass mit dem Schutz auf Unionsebene der zuvor bestehende nationale Schutz rückwirkend entfallen ist.
Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der Exklusivität des Schutzes nach den Verordnungen Nr. 2081/92 und 510/2006, wonach diese Verordnungen eine einheitliche und abschließende Schutzregelung für Ursprungsbezeichnungen und geographische Angaben schaffen (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 8. September 2009 - C-478/07, Slg. 2009, I-7721 = GRUR 2010, 143 Rn. 114 bis 129 - American Bud II). Das betrifft nur ein Nebeneinander des nationalen und des unionsrechtlichen Schutzsystems (vgl. EuGH, GRUR 2010, 143 Rn. 114). Vorliegend geht es um einen nationalen Schutz, solange der unionsrechtliche Schutz noch nicht besteht, also um ein Nacheinander des Schutzes, den Art. 17 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 ermöglicht (vgl. EuGH, GRUR 2011, 240 Rn. 63 f. - Bavaria/Bayerischer Brauerbund II).
Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte für ihre gegenteilige Ansicht auf die mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2012 vorgelegten Urteile der obersten Gerichte Spaniens und Italiens. Die Beklagte hat schon nicht dargelegt, dass die Gründe, die für eine Schutzversagung in diesen Entscheidungen maßgeblich waren, nicht auf Besonderheiten - etwa weil "BAVARIA" im Spanischen und Italienischen keinen Bezug zu "bayerisch" oder "Bayern" aufweist - beruhen, die mit der von der Anhörungsrüge aufgeworfenen Frage nichts zu tun haben.
2. Die Anhörungsrüge meint, ein Schutz nach §§ 126 ff. MarkenG sei im Hinblick auf Art. 14 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 und der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 ausgeschlossen. Die IR-Marke dürfe deshalb weiter verwendet werden.
a) Dieses Vorbringen und die in diesem Zusammenhang formulierte Vorlagefrage rechtfertigt kein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union. Auf das Verhältnis von Art. 14 Abs. 2 der Verordnungen Nr. 2081/92 und 510/2006 zum übergangsweise zulässigen nationalen Schutz kommt es nicht an.
aa) Der Schutz des Art. 14 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 - Gleiches gilt für die Verordnung (EG) Nr. 510/2006 - setzt einen guten Glauben des Markeninhabers bei der Eintragung der Marke voraus. Einen guten Glauben der Beklagten hat das Berufungsgericht verneint. Die dagegen gerichteten, auf die Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beklagten gestützten Rügen greifen nicht durch.
bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Beklagte nicht gutgläubig bei der Eintragung der Marke war, weil zuvor Schutz für Marken mit dem Bestandteil "Bavaria" in Deutschland von Amts wegen verweigert wurde.
Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist der Begriff des guten Glaubens in Art. 14 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 unter Berücksichtigung aller Vorschriften des nationalen Rechts und des Völkerrechts zu betrachten, die in dem Zeitpunkt galten, als der Antrag auf Eintragung der Marke eingereicht wurde. Entsprechendes hat für den Zeitpunkt des Antrags auf Schutzer-streckung der IR-Marke zu gelten. Bei dem Inhaber der Marke kann grundsätzlich kein guter Glaube vermutet werden, wenn die seinerzeit geltenden Vorschriften einem Eintragungsantrag eindeutig entgegenstanden (vgl. EuGH, Urteil vom 4. März 1999 - C-87/97, GRUR Int. 1999, 443 Rn. 35 - Gorgonzola/Cambozola; BGH, GRUR 2008, 413 Rn. 36 - Bayerisches Bier I). Zu den maßgeblichen nationalen Vorschriften gehörten im Jahr 1995 § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, der ein Schutzhindernis für geographische Angaben begründet, und die Vorschriften über den nationalen Schutz geographischer Angaben, aus denen sich ein relatives Schutzhindernis nach § 13 Abs. 1 und 2 Nr. 5 MarkenG ergibt. Diese stehen nach Art. 6quinquies Abschn. B Nr. 1 und 2 PVÜ auch einer Schutzerstreckung der IR-Marke auf Deutschland entgegen.
Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beklagten folgt auch nicht daraus, dass sie seit 1925 das Zeichen "Bavaria" - etwa in der Unternehmensbezeichnung - benutzt. Markenschutz ist ihr jedenfalls mehrfach verweigert worden.
Gegen eine Bösgläubigkeit der Beklagten spricht auch nicht der Umstand, dass der Kläger den Schutz für die Bezeichnung "Bavaria" im Eintragungsverfahren hat fallen lassen. Der Tatsache, dass der Kläger für diese Bezeichnung den Schutz als geschützte geographische Angabe nach den Verordnungen der Europäischen Union nicht weiterverfolgt hat, lässt sich kein Anhalt dafür entnehmen, dass die Beklagte für eine entsprechende Bezeichnung Markenschutz erwerben kann.
b) Der Nichtzulassungsbeschwerde verhilft auch nicht der Hinweis auf Art. 14 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 zum Erfolg, die an die Stelle der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 getreten ist. Auch diese Vorschrift setzt einen guten Glauben der Beklagten voraus, an dem es vorliegend im Hinblick auf die Schutzerstreckung der IR-Marke auf Deutschland fehlt. Deshalb kommt es auch nicht auf die von der Anhörungsrüge in diesem Zusammenhang aufgeworfene Frage an, ob Art. 17 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und Art. 14 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 als Ausdruck unionsrechtlicher Verbürgung des Schutzes des geistigen Eigentums an einer gutgläubig in der Union erworbenen Marke gegenüber einer geographischen Angabe auch einer Löschung dieser Marke auf der Grundlage nationalen Rechts entgegenstehen.
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