Entscheidungsdatum: 18.05.2017
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 11. August 2016 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 34.098,26 € festgesetzt (§ 45 Abs. 1 Satz 2 GKG).
I. Die Parteien streiten in den Rechtsmittelinstanzen noch über die Frage, ob die mit Gesellschaftsvertrag vom 20. Juni 2013 gegründete und am 2. Juli 2013 als Unternehmen für die Beratung von Logistikunternehmen, den Betrieb eines Logistikunternehmens, den Betrieb eines Fuhrparks, den An- und Verkauf von Kraftfahrzeugen, den An- und Verkauf von Immobilien sowie deren Vermietung in das Handelsregister eingetragene Klägerin von der Beklagten aus abgetretenem Recht oder auch aus eigenem Recht für die Zeit von März 2013 bis Dezember 2014 20.944 € für Beratungsleistungen nebst Zinsen verlangen kann. Hilfsweise verlangt die Klägerin eine umsatzabhängige Provision in Höhe von 13.154,26 €.
Das Landgericht hat der Klage mit dem Hauptantrag stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat zur Abweisung der Klage geführt.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 544 Abs. 1 und 2 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO), und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt mit Recht, dass das Berufungsgericht das Verfahrensgrundrecht der Klägerin auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin habe den Abschluss der von ihr behaupteten Pauschalhonorarabrede weder für Februar/März 2013 noch im Zuge von Ende Juni 2013 geführten "Nachverhandlungen" hinreichend substantiiert und schlüssig dargetan. Die Klägerin habe zwar mit nachgelassenem Schriftsatz vom 28. Juli 2016 unter Vorlage einer entsprechenden Abtretungsvereinbarung vom 7. Juli 2016 einen auf sie übergegangenen Vergütungsanspruch aus einer behaupteten Vereinbarung im Februar/März 2013 vorgetragen. Es fehle aber weiterhin an substantiiertem Vorbringen der Klägerin zum rechtsverbindlichen Abschluss dieser Vereinbarung. Die Klägerin habe auch keinen plausiblen Grund angegeben, weshalb die angeblich getroffene mündliche Vereinbarung von ihr selbst erst mehrere Monate später schriftlich fixiert worden sei, wenn sie doch bereits im März 2013 verbindlich getroffen worden sei und sogar ab Februar/März 2013 begonnen haben sollte. Außerdem stehe der von der Klägerin zur Akte gereichte E-Mail-Schriftwechsel der Annahme entgegen, die Beklagte habe mit ihrer Vorgründungsgesellschaft oder gar mit dem Zeugen P. persönlich eine Vergütungsvereinbarung in Bezug auf das Frachtgeschäft geschlossen. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht aufgrund des weiteren Vorbringens der Klägerin, der Zeuge P. habe stets zum Ausdruck gebracht, dass für seine Beratungs- und Vermittlungstätigkeit eine Vergütung zu zahlen sei, ohne dass die Geschäftsführerin der Beklagten dem widersprochen habe. Zum Abschluss einer rechtsverbindlichen Vereinbarung bei den von der Klägerin behaupteten "Nachverhandlungen" fehlten nähere Angaben der Klägerin zu den konkreten Umständen und zum Inhalt des Gesprächs, die der Beklagten ein konkretes Bestreiten ermöglichten und darauf schließen ließen, dass die Parteien dabei tatsächlich eine rechtsverbindliche Einigung erzielt hätten.
Soweit die Klägerin ihren Anspruch in Höhe von 13.154,26 € hilfsweise auf eine Vermittlungsprovision für zwei Frachtaufträge stütze, könne nach dem zugrunde zu legenden Sachverhalt nicht davon ausgegangen werden, dass der Zeuge P. bei dieser Vermittlungstätigkeit nicht für die U. GmbH & Co. Speditions KG, sondern als Mitarbeiter der Klägerin oder deren Vor(gründungs)gesellschaft oder aber auch persönlich tätig geworden sei. Noch weniger könne angenommen werden, dass dies auch für die Beklagte erkennbar gewesen sei.
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde sieht mit Recht eine Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG darin, dass das Berufungsgericht bei der Beurteilung des Hauptvorbringens der Klägerin deren unter Zeugenbeweis gestellten Vortrag zu einer im Februar/März 2013 getroffenen Vereinbarung eines Pauschalhonorars für die Beratungsleistungen des Zeugen P. als so wenig konkret angesehen hat, dass er schon nicht einlassungsfähig war und es daher nicht mehr auf die vom Landgericht verneinte Frage ankam, ob das einfache Bestreiten dieser Vorgänge durch die Beklagte seinerseits erheblich war.
a) Nach ständiger Rechtsprechung verstößt die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots, die im Prozessrecht keine Stütze findet, gegen Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Februar 2013 - I ZR 22/12, TranspR 2013, 430 Rn. 10; Teilurteil vom 15. Februar 2017 - VIII ZR 284/15, juris Rn. 16, jeweils mwN). Das gilt auch dann, wenn die Nichtberücksichtigung des Beweisangebots darauf beruht, dass das Gericht verfahrensfehlerhaft überspannte Anforderungen an den Vortrag einer Partei gestellt hat. Das Gericht verschließt sich in einem solchen Fall der Erkenntnis, dass eine Partei ihrer Darlegungslast schon dann genügt, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Eine solche nur scheinbar das Parteivorbringen würdigende Verfahrensweise stellt sich als Weigerung dar, in der nach Art. 103 Abs. 1 GG gebotenen Weise den Parteivortrag zur Kenntnis zu nehmen und sich mit ihm inhaltlich auseinanderzusetzen (BGH, Beschluss vom 16. April 2015 - IX ZR 195/14, NJW-RR 2015, 829 Rn. 9 mwN). Bei einem Beweisantritt ist die Angabe näherer Einzelheiten nicht erforderlich, soweit diese Einzelheiten für die Rechtsfolgen ohne Bedeutung sind. Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des Tatsachenvortrags der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen. Wenn das Parteivorbringen diesen Anforderungen genügt, kann der Vortrag weiterer Einzelheiten nicht verlangt werden. Vielmehr muss der Tatrichter dann in die Beweisaufnahme eintreten, um dort gegebenenfalls weitere Einzelheiten zu ermitteln (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 17. September 2015 - I ZR 212/13, BGHZ 207, 1 Rn. 39 mwN).
b) Entsprechend diesen Grundsätzen darf der Vortrag einer Klagepartei, der den vorstehend dargestellten Anforderungen entspricht, auch nicht als unschlüssig und daher keiner Einlassung bedürftig abgetan werden. Das gilt in besonderem Maße für Vorgänge, an denen die Klagepartei nicht beteiligt war. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass bei einem Geschäftsbesorgungsvertrag, das heißt einem Werkvertrag oder - wie nach dem Vortrag der Klägerin im Streitfall - einem Dienstvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat (§ 675 BGB), nach § 632 Abs. 1, § 612 Abs. 1 BGB eine Vergütung als stillschweigend vereinbart gilt, wenn die Geschäftsbesorgung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist, und nach § 632 Abs. 2, § 612 Abs. 2 BGB beim Bestehen einer Taxe die taxmäßige und andernfalls die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen ist.
c) Nach den vorstehend dargestellten Grundsätzen hätte das Berufungsgericht nicht davon ausgehen dürfen, dass es bereits an einem hinreichend substantiierten und schlüssigen Vortrag der Klägerin zum Abschluss der von ihr im Rahmen ihres Hauptvorbringens behaupteten Pauschalhonorarabrede fehlte. Es hätte daher auch nicht davon absehen dürfen zu prüfen, ob die Beklagte zu ihrer Verteidigung einen erheblichen Gegenvortrag gehalten hatte; vielmehr hätte es die von der Klägerin für die Richtigkeit ihrer Sachdarstellung angebotenen Beweise erheben müssen. In diesem Zusammenhang hätte es berücksichtigen müssen, dass die Klägerin, soweit sie ihren Klageanspruch auf eine nach ihrem Vortrag im Februar/März 2013 zustande gekommene Pauschalhonorarabrede stützt, aus abgetretenem Recht vorgeht und zur damaligen Zeit selbst noch nicht bestanden hatte, womit sie in ihren Möglichkeiten, das damalige Geschehen vorzutragen, von vornherein beschränkt war. Außerdem stellt das Gesetz selbst bei einem Geschäftsbesorgungsvertrag, der eine Dienstleistung zum Gegenstand hat, an das Zustandekommen einer Vergütungsvereinbarung gemäß § 612 Abs. 1 BGB nur geringe Anforderungen.
d) Die Beschwerde ist nicht deshalb zurückzuweisen, weil sich die Entscheidung des Berufungsgerichts aus den von diesem weiterhin angenommenen Gründen - die Klägerin habe nicht plausibel dargelegt, weshalb die angeblich im Februar/März 2013 getroffene mündliche Vereinbarung erst mehrere Monate später schriftlich fixiert worden sei; der von der Klägerin selbst zur Akte gereichte E-Mail-Schriftwechsel spreche gegen die Annahme einer bereits damals getroffenen verbindlichen Vereinbarung - als richtig darstellt (§ 561 ZPO). Das Berufungsgericht hat in seiner Entscheidung zwar auch Gründe angegeben, die gegen die Plausibilität und Richtigkeit der von der Klägerin gegebenen Sachdarstellung sprechen könnten. Es hat aber nicht festgestellt, dass diese Gründe die Abweisung der Klage bereits für sich gesehen selbständig tragend rechtfertigten. Im Übrigen hätte eine solche auf einer unvollständigen Tatsachengrundlage getroffene Feststellung eine unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung dargestellt und die Klägerin daher ebenfalls in ihrem Verfahrensgrundrecht auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt.
3. Soweit das Berufungsgericht den von der Klägerin in Höhe von 13.154,26 € hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf eine Provision für die Vermittlung von zwei Frachtaufträgen im Frühjahr ebenfalls verneint hat, hat es gehörswidrig unberücksichtigt gelassen, dass die U. GmbH & Co. KG ihren Geschäftsbetrieb unstreitig bereits im Dezember 2012 eingestellt und die Beklagte, die deren ehemaligen Geschäftsräume übernommen hatte, davon bei der Vermittlung der Frachtaufträge Kenntnis hatte. Bei diesen Gegebenheiten konnte die Beklagte entgegen der Beurteilung des Berufungsgerichts nicht annehmen, dass der Zeuge P. bei dieser Vermittlungstätigkeit nicht für die Klägerin oder deren Vor(gründungs)gesellschaft oder für sich selbst tätig geworden ist und den Anspruch dann an die Klägerin abgetreten hat, sondern für die U. GmbH & Co. KG gehandelt hat.
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