Entscheidungsdatum: 10.02.2011
RENNIE
Ist der Vertrieb eines parallelimportierten Arzneimittels im Inland in einer bestimmten Packungsgröße ohne weiteres dadurch möglich, dass die Originalverpackung mit weiteren Blisterstreifen aufgefüllt und umetikettiert wird, kann sich der Markeninhaber dem Vertrieb des Arzneimittels in einer neuen Verpackung unter Wiederanbringung der Marke widersetzen .
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 2. Oktober 2009 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich des Klageantrags zu I 1 zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung und im Kostenpunkt wird das Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 3. März 2009 auf die Berufung der Klägerin abgeändert.
Die Beklagte wird unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten verurteilt, es zu unterlassen, das Arzneimittel "Rennie, 680/80 mg Kautabletten" in der Packungsgröße à 96 Kautabletten aus Tschechien nach Deutschland zu importieren, umzupacken und in Deutschland in eigenen Umverpackungen à 120 Kautabletten zu vertreiben.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 1/4 und die Beklagte zu 3/4 zu tragen.
Von Rechts wegen
Die Klägerin ist Inhaberin der für pharmazeutische Erzeugnisse eingetragenen Marke "RENNIE". Unter dieser Marke vertreibt die Muttergesellschaft der Klägerin ein verschreibungsfreies Arzneimittel. In Deutschland bietet sie es unter anderem in Packungsgrößen mit 120 Tabletten (10 Blisterstreifen mit jeweils 12 Tabletten) an. In der Tschechischen Republik wird das Arzneimittel "RENNIE" in Packungen mit höchstens 96 Tabletten in Verkehr gebracht. Die Beklagte importiert das Arzneimittel aus der Tschechischen Republik. Sie vertreibt es seit dem Jahr 2005 in einer auf 120 Tabletten aufgefüllten umetikettierten Packung. Im Mai 2008 kündigte die Beklagte an, das Arzneimittel in neu erstellten Umverpackungen mit 120 Tabletten in Deutschland zu vertreiben.
Die Klägerin macht im vorliegenden Verfahren geltend, der Vertrieb des Arzneimittels zu 120 Tabletten in neu erstellten Umverpackungen statt in umetikettierten Auffüllpackungen verletze die Rechte an ihrer Marke.
Die Klägerin hat beantragt,
I. die Beklagte zu verurteilen,
1. es unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, das Arzneimittel "Rennie, 680/80 mg Kautabletten" in der Packungsgröße à 96 Kautabletten aus Tschechien nach Deutschland zu importieren, umzupacken und in Deutschland in eigenen Umverpackungen à 120 Kautabletten zu vertreiben;
2. an sie außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.333,80 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. Oktober 2008 zu zahlen;
3. ihr Auskunft zu erteilen über den Umfang unzulässiger Handlungen gemäß Ziffer 1, und zwar unter Bekanntgabe der Namen und Anschriften der Lieferanten, der gewerblichen Abnehmer und deren Auftraggeber sowie über die Menge der bezogenen, ausgelieferten oder bestellten Arzneimittel;
II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr jeglichen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die Handlungen gemäß Ziffer 1 entstanden ist und/oder noch entstehen wird.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, ein Umpacken der importierten Arzneimittel sei erforderlich, um eine im Inland vertriebene Packungsgröße von 120 Tabletten herzustellen. Sie könne frei wählen, ob dies durch Fertigung einer neuen Verpackung oder durch Auffüllen und Umetikettieren der ursprünglichen Verpackungen geschehe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben (OLG Köln, Urteil vom 2. Oktober 2009 - 6 U 53/09, juris).
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stünden die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Erstattung von Anwaltskosten und Feststellung der Schadensersatzpflicht aus Markenrecht nicht zu. Dazu hat es ausgeführt:
Das Umpacken des von der Beklagten importierten Arzneimittels der Marke "RENNIE" in Packungen zu jeweils 120 Tabletten verletze nicht die Markenrechte der Klägerin. Die Markenrechte der Klägerin an den in der Tschechischen Republik in Verkehr gebrachten Arzneimitteln seien erschöpft. Das Umpacken der in Rede stehenden Arzneimittel sei erforderlich, um in Deutschland Zugang zu einem relevanten Teilmarkt zu erhalten. Sei die Beklagte danach zum Umpacken berechtigt, könne ihr nicht untersagt werden, neue eigene Faltschachteln zu verwenden. Sie müsse nicht eine Aufstockung der Originalpackung vornehmen. Die Frage, ob eine neue Verpackung oder eine Aufstockung vorgenommen werde, betreffe nicht die Erforderlichkeit des Umpackens, sondern nur die Art und Weise, in der das Umpacken erfolge.
II. Die Revision hat teilweise Erfolg. Die Klage ist mit dem Unterlassungsantrag zu I 1 begründet. Dagegen sind der Zahlungsantrag zu I 2, der Auskunftsantrag zu I 3 und der Schadensersatzfeststellungsantrag zu II unbegründet.
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe aufgrund der Erschöpfung kein Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 5 MarkenG gegen die Beklagte zu, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Die Arzneimittel, die die Beklagte mit einer neuen Verpackung versieht, auf der sie die Klagemarke anbringt, hat ein zum Konzern der Klägerin gehöriges Unternehmen in der Tschechischen Republik unter dieser Bezeichnung in Verkehr gebracht. Hinsichtlich der Markenrechte der Klägerin sind in Bezug auf diese Waren die Voraussetzungen der Erschöpfung nach § 24 Abs. 1 MarkenG gegeben. Die Erschöpfung erstreckt sich - vorbehaltlich der Anwendung des § 24 Abs. 2 MarkenG - auf alle Handlungen, die nach § 14 Abs. 3 MarkenG eine Markenverletzung darstellen können. Auch das Recht, die Marke auf einer neuen Verpackung anzubringen und die Ware mit dieser Verpackung zu vertreiben (§ 14 Abs. 3 Nr. 1 und 2 MarkenG), unterliegt der Erschöpfung (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juli 1996 - C-427/93, C-429/93 und C-436/93, Slg. 1996, I-3457 = GRUR Int. 1996, 1144 Rn. 34 bis 37, 49 f. - Bristol-Myers Squibb; BGH, Urteil vom 14. Juni 2007 - I ZR 173/04, GRUR 2007, 1075 Rn. 14 = WRP 2007, 1472 - Stilnox; Urteil vom 12. Juli 2007 - I ZR 147/04, BGHZ 173, 217 Rn. 15 - Aspirin II).
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann sich die Klägerin jedoch dem weiteren Vertrieb der mit der Klagemarke gekennzeichneten umverpackten Arzneimittel aus berechtigten Gründen im Sinne von § 24 Abs. 2 MarkenG widersetzen.
aa) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union beeinträchtigt das Umpacken mit einer Marke versehener Arzneimittel als solches den spezifischen Gegenstand der Marke, der darin besteht, die Herkunft der mit ihr gekennzeichneten Ware zu garantieren. Ein Umpacken der Ware durch einen Dritten ohne Zustimmung des Markeninhabers kann tatsächliche Gefahren für diese Herkunftsgarantie begründen (vgl. EuGH, Urteil vom 23. April 2002 - C-143/00, Slg. 2002, I-3759 = GRUR 2002, 879 Rn. 29 - Boehringer Ingelheim/Swingward I; Urteil vom 26. April 2007 - C-348/04, Slg. 2007, I-3391 = GRUR 2007, 586 Rn. 15, 30 - Boehringer Ingelheim/Swingward II).
Der Widerspruch des Markeninhabers gegen den Vertrieb umgepackter Arzneimittel nach Art. 7 Abs. 2 MarkenRL (§ 24 Abs. 2 MarkenG), der eine Abweichung vom Grundsatz des freien Warenverkehrs darstellt, ist jedoch nicht zulässig, wenn die Ausübung dieses Rechts durch den Markeninhaber eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten im Sinne des Art. 36 Satz 2 AEUV (Art. 30 Satz 2 EG) darstellt (vgl. EuGH, GRUR 2007, 586 Rn. 16 - Boehringer Ingelheim/Swingward II; Urteil vom 22. Dezember 2008 - C-276/05, Slg. 2008, I-10499 = GRUR 2009, 154 Rn. 23 - Wellcome/Paranova). Eine solche verschleierte Beschränkung liegt vor, wenn der Markeninhaber durch die Ausübung seines Rechts, sich dem Umpacken zu widersetzen, zur künstlichen Abschottung der Märkte zwischen den Mitgliedstaaten beiträgt und der Parallelimporteur das Umpacken unter Beachtung der berechtigten Interessen des Markeninhabers vornimmt. Der Markeninhaber kann danach die Veränderung, die mit jedem Umpacken eines mit seiner Marke versehenen Arzneimittels verbunden ist und die ihrem Wesen nach die Gefahr einer Beeinträchtigung des Originalzustands des Arzneimittels schafft, verbieten, es sei denn, das Umpacken ist für die Vermarktung der parallel importierten Ware erforderlich und die berechtigten Interessen des Markeninhabers sind gewahrt (EuGH, GRUR 2007, 586 Rn. 19 - Boehringer Ingelheim/Swingward II; BGHZ 173, 217 Rn. 18 - Aspirin II). Der Markeninhaber kann sich dem weiteren Vertrieb eines Arzneimittels nach Art. 7 Abs. 2 MarkenRL widersetzen, wenn der Importeur es umgepackt und die Marke wieder angebracht hat, es sei denn, es liegen die fünf in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union entwickelten Erschöpfungsvoraussetzungen vor (vgl. EuGH, GRUR Int. 1996, 1144 Rn. 79 - Bristol-Myers Squibb; GRUR 2007, 586 Rn. 21 - Boehringer Ingelheim/Swingward II).
bb) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass im Streitfall von einer künstlichen Marktabschottung auszugehen ist.
(1) Ob eine künstliche Marktabschottung vorliegt, beurteilt sich nach objektiven Kriterien und nicht danach, ob der Parallelimporteur eine darauf gerichtete Absicht des Markeninhabers nachweist. Von einer künstlichen Marktabschottung ist auszugehen, wenn im Zeitpunkt des Vertriebs bestehende Umstände den Parallelimporteur objektiv zu einem Umpacken des Arzneimittels zwingen, um die betreffende Ware in diesem Mitgliedstaat in Verkehr bringen zu können. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist von einer künstlichen Marktabschottung auch auszugehen, wenn der Parallelimporteur nur von einem Teilmarkt im Einfuhrmitgliedstaat ausgeschlossen wird. Das ist auch anzunehmen, wenn im Ausfuhrmitgliedstaat nur eine Packungsgröße eines Arzneimittels in Verkehr gebracht worden ist, während im Einfuhrmitgliedstaat neben dieser Packungsgröße eine weitere Packungsgröße vom Markeninhaber vertrieben wird. Dadurch wird der Parallelimporteur vom Vertrieb der weiteren Packungsgröße im Einfuhrmitgliedstaat ausgeschlossen. Dies begründet eine Zwangslage des Parallelimporteurs, die ein Umpacken rechtfertigt (vgl. EuGH, GRUR Int. 1996, 1144 Rn. 52 bis 54 - Bristol-Myers Squibb; BGH, Urteil vom 5. Juni 2008 - I ZR 208/05, GRUR 2008, 1089 Rn. 34 = WRP 2008, 1554 - KLACID PRO). Dagegen begründen rein wirtschaftliche Vorteile, die sich der Parallelimporteur etwa durch eine werbewirksame und absatzfördernde Verwendung einer anderen Verpackung verspricht, grundsätzlich keine das Umpacken rechtfertigende Zwangslage (vgl. EuGH, GRUR 2002, 879 Rn. 46 bis 48 - Boehringer Ingelheim/Swingward I; BGHZ 173, 217 Rn. 22 - Aspirin II).
(2) Von diesen Maßstäben ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat zutreffend angenommen, dass die Beklagte ohne ein Umpacken von einem Teilmarkt tatsächlich ausgeschlossen wird, der in dem Vertrieb von im Inland üblichen Packungsgrößen mit 120 Tabletten besteht.
Entgegen der Ansicht der Revision steht der Annahme einer künstlichen Marktabschottung nicht der Umstand entgegen, dass die Beklagte im Inland die aus der Tschechischen Republik importierte Packungsgröße mit 96 Tabletten vertreiben könnte. Diese Möglichkeit ändert - unabhängig von der Frage, welcher Absatz sich mit Packungen von 96 Tabletten erzielen lässt - nichts daran, dass die Beklagte ohne Umpacken im Inland von dem Teilmarkt der Packungen mit 120 Tabletten ausgeschlossen ist.
cc) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte könne das Umpacken in eigene Verpackungen unter Wiederanbringung der Klagemarke vornehmen. Sie sei nicht gehalten, das Umpacken durch Verwendung der Originalverpackungen vorzunehmen, indem diese mit zwei weiteren Blisterstreifen aufgefüllt und umetikettiert würden. Die Wahl zwischen dem Umpacken durch Neuverpackung einschließlich dem Wiederanbringen der Marke und dem Auffüllen der Originalverpackung mit Umetikettierung betreffe nur die Art und Weise des Umpackens, für die es nicht auf die Erforderlichkeit der Maßnahme ankomme. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
(1) Das Erfordernis, dass das Umpacken notwendig ist, um die Ware im Einfuhrmitgliedstaat vermarkten zu können, gilt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union für das Umpacken der Ware als solche sowie für die Wahl zwischen Neuverpackung und Überkleben im Hinblick darauf, den Vertrieb dieser Ware auf dem Markt des Einfuhrmitgliedstaates zu ermöglichen (vgl. EuGH, GRUR 2007, 586 Rn. 38 - Boehringer Ingelheim/Swingward II). Dementsprechend schließt das Kriterium der Erforderlichkeit auch die Frage ein, ob das Umpacken durch Neuverpackung oder durch Umetikettierung der Originalverpackung zu geschehen hat (vgl. EuGH, GRUR Int. 1996, 1144 Rn. 55 - Bristol-Myers Squibb; EuGH, Urteil vom 23. April 2002 - C-443/99, Slg. 2002, I-3703 = EuZW 2002, 542 Rn. 28 f. - Merck, Sharp & Dohme/Paranova; EuGH, GRUR 2002, 879 Rn. 49 f. - Boehringer Ingelheim/Swingward I; hierzu auch Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs vom 12. Juli 2001 in der Rechtssache C-443/99, Slg. 2002, I-3703 Rn. 111 - Merck, Sharp & Dohme/Paranova; BGH, Urteil vom 11. Juli 2002 - I ZR 219/99, GRUR 2002, 1059, 1062 = WRP 2002, 1163 - Zantac/Zantic; Urteil vom 11. Juli 2002 - I ZR 35/00, GRUR 2002, 1063, 1066 = WRP 2002, 1273 - Aspirin I), während die Gestaltung einer neuen Umverpackung eine Frage der Art und Weise des Umpackens ist (vgl. EuGH, GRUR 2009, 154 Rn. 25 - Wellcome/Paranova; vgl. hierzu auch EuGH, Urteil vom 11. Juli 1996 - C-71 bis 73/94, Slg. 1996, I-3603 = WRP 1996, 867 Rn. 38 - Eurim-Pharm). Das Umpacken in neu hergestellte Kartons und die Wiederanbringung der Marke sind objektiv nicht erforderlich, um einen Zugang des Parallelimporteurs zum Markt zu gewährleisten, wenn dieser mit neuen Etiketten überklebte Originalkartons verwenden kann, in die weitere Blisterstreifen gefüllt werden. In einer solchen Fallkonstellation sind durch eine Verwendung einer neu gestalteten Verpackung mit Wiederanbringung der Marke statt der umetikettierten Originalpackung nur wirtschaftliche Interessen des Parallelimporteurs in Gestalt werbewirksamerer oder absatzfördernder Maßnahmen betroffen, die den an sich gegebenen Eingriff in die Rechte des Markeninhabers nicht rechtfertigen.
Hierzu bedarf es keines Vorabentscheidungsersuchens an den Gerichtshof der Europäischen Union. Ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht geboten, wenn der Lösung der Rechtsfrage eine gesicherte Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zugrunde liegt (vgl. EuGH, Urteil vom 30. September 2003 - C-224/01, Slg. 2003, I-10239 = NJW 2003, 3539 Rn. 118 - Köbler). Davon ist im Streitfall aufgrund der zahlreichen Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union zu umgepackten Arzneimitteln auszugehen. Die Umsetzung dieser Entscheidungspraxis im konkreten Fall ist Aufgabe der Gerichte der Mitgliedstaaten (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston vom 6. April 2006 in der Rechtssache C-348/04, Slg. 2007, I-3391 Rn. 3 - Boehringer Ingelheim/Swingward II).
(2) Danach ist das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, auf die Erforderlichkeit der Neuverpackung und Wiederanbringung der Marke komme es im Streitfall nicht an, weil bei der Verwendung der Originalverpackung ein Auffüllen mit zwei Blisterstreifen und damit ein Umpacken erforderlich sei. Nach den vorstehenden Grundsätzen bezieht sich das Kriterium der Erforderlichkeit auch auf die Frage der Neuverpackung im Verhältnis zur Umetikettierung der Originalverpackung, die im Streitfall ohne weiteres möglich ist. Zwischen den Parteien ist nicht umstritten, dass die Packung mit 96 Tabletten ohne weiteres mit zwei zusätzlichen Blisterstreifen auf eine Packungsgröße von 120 Tabletten aufgestockt werden kann. Die Beklagte ist in der Vergangenheit auch entsprechend verfahren. Dass die Verbraucher eine Abneigung gegen derart aufgefüllte Packungen haben, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Die Revisionserwiderung hat auch nicht gerügt, dass entsprechender Vortrag der Beklagten übergangen worden wäre.
Andere Maßstäbe ergeben sich entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung auch nicht aus der jüngeren Senatsrechtsprechung. In dem der Entscheidung "STILNOX" (BGH, GRUR 2007, 1075) zugrunde liegenden Sachverhalt vertrieb die Markeninhaberin im Ausfuhrmitgliedstaat eine Packung mit drei Blisterstreifen zu je 10 Tabletten, während sie im Einfuhrmitgliedstaat Packungen mit 10 und 20 Tabletten in Verkehr brachte. Bei dieser Konstellation hat der Senat die Erforderlichkeit des Umpackens durch Neuverpackung für den gesamten Inhalt der importierten Originalpackung bejaht. Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar, weil für keinen der Blisterstreifen eine Neuverpackung notwendig ist. Entsprechendes gilt für die Entscheidung "CORDARONE" (BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - I ZR 148/04, BGHZ 173, 230), in der der Vertrieb des im Ausfuhrmitgliedstaat in der Packungsgröße zu 60 Tabletten in Verkehr gebrachten Produkts in der Originalverpackung im Einfuhrmitgliedstaat nicht in Rede stand. Auch in dem der Entscheidung "Micardis" (BGH, Urteil vom 13. Dezember 2007 - I ZR 89/05, GRUR 2008, 707 = WRP 2008, 944) zugrunde liegenden Sachverhalt bestand die Alternative zur Neuverpackung mit Wiederanbringung der Marke nicht in der Verwendung der umetikettierten Originalverpackung.
2. Die Revision ist dagegen unbegründet, soweit sie sich gegen die Abweisung des Zahlungsantrags zu I 2, des Auskunftsantrags zu I 3 und des Antrags auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung wendet.
a) Der mit dem Klageantrag zu II dem Grunde nach geltend gemachte Schadensersatzanspruch steht der Klägerin nicht zu, weil nicht festgestellt ist, dass die Beklagte den bislang nur angekündigten Vertrieb von neuen Umverpackungen mit 120 Tabletten aufgenommen hat. Der Schadensersatzanspruch nach § 14 Abs. 6 MarkenG setzt eine gegen § 14 Abs. 2 MarkenG verstoßende Verletzungshandlung voraus, für die von der Revision nichts aufgezeigt und auch sonst nichts ersichtlich ist.
b) Die Zahlung von Rechtsanwaltskosten kann die Klägerin ebenfalls nicht beanspruchen. Ein Schadensersatzanspruch nach § 14 Abs. 6 MarkenG, der auch die Erstattung von Rechtsverfolgungskosten umfassen kann (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 2009 - I ZR 169/07, GRUR 2010, 239 Rn. 51 = WRP 2010, 384 - BTK), besteht nicht. Ein Aufwendungsersatzanspruch nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 670, 677, 683 BGB ist ebenfalls nicht gegeben. Mit der Entgegennahme der Information und der Inanspruchnahme von anwaltlichen Beratungsleistungen, für die die Klägerin vorliegend Ersatz beansprucht, hat sie kein Geschäft der Beklagten geführt.
c) Der Auskunftsanspruch (Klageantrag zu I 3) ist nicht begründet. Ein unselbständiger Auskunftsanspruch nach § 242 BGB zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs besteht nicht, weil die Beklagte der Klägerin nicht zum Schadensersatz nach § 14 Abs. 6 MarkenG verpflichtet ist. Der Anspruch auf Drittauskunft nach § 19 MarkenG setzt ebenfalls eine Verletzungshandlung voraus (vgl. Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, 2. Aufl., § 19 MarkenG Rn. 4; Fezer, Markenrecht, 4. Aufl., § 19 Rn. 21; Hacker in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 19 Rn. 9), die vorliegend nicht gegeben ist.
III. Das Berufungsurteil kann daher nicht aufrechterhalten werden, soweit das Berufungsgericht hinsichtlich des Unterlassungsantrags zu I 1 zum Nachteil der Klägerin erkannt hat (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann auch im Umfang der Aufhebung des Berufungsurteils in der Sache selbst entscheiden, weil weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind und die Sache nach den getroffenen Feststellungen zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Eine Zurückverweisung ist nicht geboten, um der Beklagten Gelegenheit zu geben, dazu Stellung zu nehmen, ob bei Verbrauchern eine Abneigung dagegen besteht Tablettenpackungen abzunehmen, die mit zwei Blisterstreifen aufgefüllt sind. Eine Verletzung der Hinweispflicht nach § 139 ZPO liegt entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht vor. Das Berufungsgericht war nicht verpflichtet, die Beklagte darauf hinzuweisen, sie habe nichts dazu vorgetragen, dass das Publikum auf 120 Tabletten aufgefüllte Packungen nicht akzeptiere. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, einen Beklagten durch Fragen oder Hinweise zu neuem Verteidigungsvorbringen zu veranlassen, das in seinem bisherigen Vortrag nicht einmal andeutungsweise eine Grundlage hat. Eine Zurückverweisung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des fairen Verfahrens geboten. Das Revisionsgericht ist nicht gehalten, einer Partei durch Zurückverweisung der Sache in die Berufungsinstanz zu ermöglichen, neue Verteidigungsmittel vorzubringen, die sie im Hinblick auf den Sach- und Streitstand ohne weiteres in den Tatsacheninstanzen hätte geltend machen können (vgl. BGH, Urteil vom 2. November 1982 - VI ZR 32/81, NJW 1983, 624, 625; Urteil vom 21. September 2000 - I ZR 216/98, GRUR 2001, 352, 354 = WRP 2001, 394 - Kompressionsstrümpfe; Beschluss vom 2. Oktober 2003 - V ZB 22/03, BGHZ 156, 269, 270). Danach ist auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Landgerichts teilweise abzuändern und die Beklagte nach dem Unterlassungsantrag zu verurteilen.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 5 MarkenG zu. Die Beklagte hat angekündigt, unter der Marke "RENNIE" im Inland Arzneimittel zu vertreiben. Das in Aussicht genommene Verhalten erfüllt den Tatbestand einer Markenverletzung im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Der Vertrieb eines Arzneimittels unter dem Zeichen "RENNIE" im Inland ist eine Benutzung eines mit der Klagemarke identischen Zeichens für Waren, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke Schutz genießt.
Die Erschöpfung der Marke nach § 24 Abs. 1 MarkenG kommt im Streitfall nicht in Betracht, weil die Klägerin sich dem Vertrieb neuer Verpackungen mit der Klagemarke aus berechtigten Gründen im Sinne von § 24 Abs. 2 MarkenG widersetzen kann (dazu oben Rn. 10 ff.).
Die für den vorbeugenden Unterlassungsanspruch erforderliche Erstbegehungsgefahr nach § 14 Abs. 5 Satz 2 MarkenG folgt aus der in Rede stehenden Ankündigung der Beklagten, das Arzneimittel im Inland in neuen mit der Klagemarke gekennzeichneten Verpackungen zu vertreiben.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
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Kirchhoff Koch