Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 11.10.2018


BGH 11.10.2018 - I ZR 165/15

Anwendung der unionsrechtlichen Grundsätze der Erschöpfung des Markenrechts im Falle des Parallelimports von Medizinprodukten: Begriff des Umpackens der Ware durch den Importeur - Debrisoft II


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
1. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
11.10.2018
Aktenzeichen:
I ZR 165/15
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2018:111018UIZR165.15.0
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend EuGH, 17. Mai 2018, Az: C-642/16, Urteilvorgehend BGH, 6. Oktober 2016, Az: I ZR 165/15, EuGH-Vorlagevorgehend OLG Düsseldorf, 28. Juli 2015, Az: I-20 U 95/14, Urteilvorgehend LG Düsseldorf, 4. Juni 2014, Az: 34 O 117/13, Urteil
Zitierte Gesetze
Art 13 Abs 1 EGV 207/2009
Art 13 Abs 2 EGV 207/2009

Leitsätze

Debrisoft II

1. Die Frage, ob und in welchem Umfang die vom Gerichtshof der Europäischen Union aufgestellten unionsrechtlichen Grundsätze der Erschöpfung des Markenrechts im Falle des Parallelimports von Arzneimitteln auch auf Medizinprodukte (hier: Verbandsmaterial zur Wundversorgung) Anwendung finden, stellt sich nur dann, wenn der Importeur die Ware umgepackt hat, wobei der Begriff des Umpackens auch die Neuetikettierung von mit der Marke versehenen Arzneimitteln umfasst.

2. Wurde die Verpackung des betreffenden Erzeugnisses nicht verändert und die ursprüngliche Aufmachung der Verpackung nicht anders beeinträchtigt als durch Anbringen eines kleinen Aufklebers auf einem unbedruckten Teil der zudem ungeöffneten Originalverpackung des in Rede stehenden Medizinprodukts, der die Marke nicht verdeckt und den Parallelimporteur unter Angabe seiner Kontaktdaten, eines Strichcodes und einer Pharmazentralnummer als Verantwortlichen für das Inverkehrbringen ausweist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem Anbringen eines solchen Aufklebers auf der Originalverpackung um ein Umpacken handelt (im Anschluss an EuGH, Urteil vom 17. Mai 2018 - C-642/16, GRUR 2018, 736 Rn. 24 bis 37 - Junek Europ Vertrieb/Lohmann & Rauscher International).

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 28. Juli 2015 aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 4. Juni 2014 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin ist Inhaberin der am 22. Juni 2010 für "Sanitärprodukte für medizinische Zwecke", "Pflaster" und "Verbandsmaterial" eingetragenen Gemeinschaftswortmarke Nr. 8852279 "DEBRISOFT". Sie stellt her und vertreibt unter anderem das Produkt "Debrisoft zum Debridement, STERILE, 10 x 10 cm, 5 Stück". Es handelt sich dabei um Verbandsmaterial, das bei der oberflächlichen Behandlung von Wunden und der Wundumgebung verwendet wird.

2

Die Beklagte, eine in Österreich ansässige Gesellschaft, vertreibt im Wege des Parallelimports von der Klägerin hergestellte und nach Österreich exportierte Sanitärprodukte für medizinische Zwecke und Verbandmaterial in Deutschland.

3

Am 25. Mai 2012 erwarb die Klägerin in einer Apotheke in Düsseldorf ein Paket des von der Beklagten zuvor aus Österreich importierten Produkts "Debrisoft zum Debridement, STERILE, 10 x 10 cm, 5 Stück". Auf der Faltschachtel des Produkts hatte die Beklagte vor der Veräußerung an die Apotheke einen (nachfolgend aus der Wiedergabe im Klageantrag ersichtlichen) Aufkleber angebracht, der folgende Angaben enthielt:

Import BRD:

E.      GmbH

Postfach  ,

         Tel.: ...

[Wiedergabe eines Strichcodes]

PZN-9678442

4

Der Aufkleber war auf einem unbedruckten Teil der Faltschachtel in ordentlicher Weise aufgebracht und verdeckte die Marke der Klägerin nicht. Die Angabe "PZN" kürzt den Begriff "Pharmazentralnummer" ab. Diese dient dazu, den Warenverkehr mit Apotheken zu organisieren und die vereinfachte Abrechnung der Apotheken mit den Krankenkassen zu ermöglichen.

5

Die Beklagte hatte die Klägerin nicht über den Re-Import des Produkts "Debrisoft zum Debridement, STERILE, 10 x 10 cm, 5 Stück" vorab informiert und ihr auch keine durch den Aufkleber veränderte Produktpackung zur Verfügung gestellt. Die Klägerin sieht in dem Verhalten der Beklagten eine Verletzung ihrer Marke. Eine Erschöpfung ihres Markenrechts sei nicht eingetreten, weil die Beklagte sie über den Re-Import nicht vorab informiert und ihr auch kein Muster der veränderten Packung überlassen habe.

6

Die Klägerin hat beantragt,

es der Beklagten bei Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr ohne Zustimmung der Klägerin die Marke "DEBRISOFT" zur Kennzeichnung von Sanitätsprodukten, nämlich Verbandsmaterial zum Debridement, zu benutzen, insbesondere zu bewerben, anzubieten und/oder zu vertreiben und/oder zu den vorgenannten Zwecken zu besitzen,

wenn sie nicht die Markeninhaberin vorab vom Freihalten [gemeint: Feilhalten] der wie hier ersichtlichen

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an relevanter Stelle vergrößert:

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veränderten Verbandsmaterialien, nämlich Verbandsmaterial zum Debridement, unterrichtet hat und ihr auf Verlangen ein Muster der veränderten Ware zur Verfügung gestellt hat (Klageantrag zu I).

7

Die Klägerin hat die Beklagte ferner auf Auskunftserteilung, Herausgabe von Belegen im Umfang der zu erteilenden Auskunft (Klageantrag zu III) sowie auf Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 4.015,42 € (Klageantrag zu IV) in Anspruch genommen. Außerdem hat sie die Feststellung der Schadensersatzpflicht begehrt (Klageantrag zu II). Ferner hat die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, die gemäß Antrag zu I gekennzeichneten, nicht vorab angezeigten und auf Verlangen als Muster vorgelegten Waren zurückzurufen, sie endgültig aus den Vertriebswegen zu entfernen sowie solche in ihrem Besitz oder Eigentum stehenden Waren zu vernichten (Klageantrag zu V).

8

Das Landgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben (LG Düsseldorf, Urteil vom 4. Juni 2014 - 34 O 117/13, juris). Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass sich die Unterlassungsverpflichtung und die Folgeansprüche lediglich auf Deutschland beziehen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 28. Juli 2015 - I-20 U 95/14, juris). Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

9

Der Senat hat mit Beschluss vom 6. Oktober 2016 (GRUR 2017, 71 = WRP 2017, 189 - Debrisoft I) dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Frage zur Auslegung des Art. 13 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78 vom 26. Februar 2009; im weiteren auch GMV) zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist Art. 13 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 dahin auszulegen, dass der Inhaber der Marke sich dem weiteren Vertrieb eines aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführten Medizinprodukts in seiner inneren und äußeren Originalverpackung, die vom Importeur mit einem zusätzlichen äußeren Aufkleber versehen wurde, widersetzen kann, es sei denn

- es ist erwiesen, dass die Geltendmachung einer Marke durch den Markeninhaber zu dem Zweck, sich dem Vertrieb der mit einem neuen Aufkleber versehenen Ware unter der Marke zu widersetzen, zu einer künstlichen Abschottung der Märkte zwischen Mitgliedstaaten beitragen würde;

- es ist dargetan, dass die Neuetikettierung den Originalzustand der in der Verpackung enthaltenen Ware nicht beeinträchtigen kann;

- auf der Verpackung ist klar angegeben, von wem der neue Aufkleber auf der Ware angebracht worden ist und wer deren Hersteller ist;

- das mit diesem neuen Aufkleber versehene Erzeugnis ist nicht so aufgemacht, dass dadurch der Ruf der Marke und ihres Inhabers geschädigt werden kann; der Aufkleber darf folglich nicht schadhaft, von schlechter Qualität oder unordentlich sein, und

- der Importeur unterrichtet den Markeninhaber vor dem Inverkehrbringen des mit einem neuen Aufkleber versehenen Erzeugnisses und liefert ihm auf Verlangen ein Muster dieser Ware.

10

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat hierüber durch Urteil vom 17. Mai 2018 (C-642/16, GRUR 2018, 736 = WRP 2018, 929 - Junek Europ Vertrieb/Lohmann & Rauscher International) wie folgt entschieden:

Art. 13 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 ist dahin auszulegen, dass sich der Inhaber einer Marke dem weiteren Vertrieb eines Medizinprodukts in seiner inneren und äußeren Originalverpackung durch einen Parallelimporteur nicht widersetzen kann, wenn vom Importeur ein zusätzlicher Aufkleber wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehende angebracht wurde, der aufgrund seines Inhalts, seiner Funktion, seiner Größe, seiner Aufmachung und seiner Platzierung keine Gefahr für die Herkunftsgarantie des mit der Marke versehenen Medizinprodukts darstellt.

Entscheidungsgründe

11

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte habe mit dem beanstandeten Verhalten die Gemeinschaftsmarke der Klägerin gemäß Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a GMV verletzt. Zur Begründung hat es ausgeführt:

12

Der Annahme einer Markenverletzung stehe nicht entgegen, dass die Klägerin das streitgegenständliche Produkt ursprünglich in der Europäischen Union in Verkehr gebracht habe. Eine Erschöpfung des Markenrechts der Klägerin sei dadurch nicht eingetreten. Sie könne sich dem weiteren Vertrieb der Ware durch die Beklagte aus berechtigten Gründen widersetzen. Im Streitfall liege in der Aufbringung des Aufklebers durch die Beklagte eine Neuetikettierung im Sinne der vom Gerichtshof der Europäischen Union aufgestellten Grundsätze zur markenrechtlichen Behandlung von umgepackten und neuetikettierten parallelimportierten Arzneimitteln. Diese Grundsätze seien vorliegend ebenfalls anzuwenden. Die Zulässigkeit des Parallelimports hänge somit davon ab, dass der Parallelimporteur den Markeninhaber vor dem Inverkehrbringen der Produkte über die Neuetikettierung informiere und diesem auf Verlangen ein Muster der Ware liefere. Dass der Gerichtshof der Europäischen Union seine Grundsätze zur Produktgruppe der Arzneimittel aufgestellt habe, während es vorliegend um ein Medizinprodukt gehe, ändere daran wegen der vergleichbaren Bedeutung der mit der Marke verbundenen Herkunftsgarantie für Hersteller und Verbraucher nichts.

13

II. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hat Erfolg. Eine Verletzung der Marke der Klägerin liegt nicht vor, weil sich die Beklagte mit Erfolg auf die Erschöpfung des Markenrechts der Klägerin gemäß Art. 13 Abs. 1 GMV berufen kann. Die von der Klägerin erhobenen Ansprüche sind daher nicht begründet.

14

1. Im vorliegenden Rechtsstreit findet im Hinblick auf den für die Beurteilung des Sachverhalts maßgeblichen Zeitraum, der vor dem Inkrafttreten der Verordnung (EU) 2015/2424 vom 16. Dezember 2015 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates über die Gemeinschaftsmarke und der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2869/95 der Kommission über die an das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) zu entrichtenden Gebühren liegt, die Gemeinschaftsmarken-Verordnung Anwendung (BGH, GRUR 2017, 71 Rn. 12 - Debrisoft I).

15

2. Die Beklagte hat ein mit der Gemeinschaftsmarke der Klägerin identisches Zeichen für Waren benutzt, die mit denjenigen identisch sind, für die die Gemeinschaftsmarke eingetragen ist, und hat damit den Tatbestand einer Markenverletzung unter dem Gesichtspunkt der Doppelidentität im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a GMV verwirklicht (BGH, GRUR 2017, 71 Rn. 12 - Debrisoft I). Das Markenrecht der Klägerin ist jedoch gemäß Art. 13 Abs. 1 GMV erschöpft.

16

a) Nach Art. 13 Abs. 1 GMV gewährt die Gemeinschaftsmarke ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten, die Marke für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung in der Gemeinschaft in den Verkehr gebracht worden sind. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin hatte das von ihr am 25. Mai 2012 in einer Apotheke in Düsseldorf erworbene Produkt "Debrisoft zum Debridement, STERILE, 10 x 10 cm, 5 Stück" in Österreich in den Verkehr gebracht.

17

b) Der Annahme einer Erschöpfung des Markenrechts steht im Streitfall nicht der in Art. 13 Abs. 2 GMV geregelte Ausnahmetatbestand entgegen.

18

aa) Gemäß Art. 13 Abs. 2 GMV kann sich ein Dritter nicht auf die Erschöpfung des Rechts des Markeninhabers berufen, wenn berechtigte Gründe es rechtfertigen, dass der Inhaber sich dem weiteren Vertrieb der Waren widersetzt, insbesondere wenn der Zustand der Waren nach ihrem Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

19

bb) Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, eine Erschöpfung des Markenrechts der Klägerin sei nach den auch auf Medizinprodukte anzuwendenden Grundsätzen abzulehnen, die der Gerichtshof der Europäischen Union für den Parallelimport von Arzneimitteln entwickelt hat und nach denen die im Streitfall fehlende Vorabinformation des Markeninhabers und das hier ebenfalls fehlende Zurverfügungstellen eines Packungsmusters auf Verlangen des Markeninhabers Voraussetzungen der Erschöpfung darstellen.

20

(1) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann sich der Inhaber einer Marke dem weiteren Vertrieb eines aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführten Arzneimittels in einem Mitgliedstaat widersetzen, wenn der Importeur es umgepackt und die Marke wieder darauf angebracht hat, es sei denn, es liegen die nachfolgend wiedergegebenen fünf Voraussetzungen vor (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juli 1996 - C-427/93, C-429/93 und C-436/93, Slg. 1996, I-3545 = GRUR Int. 1996, 1144 Rn. 79 - Bristol-Myers Squibb/Paranova; Urteil vom 26. April 2007 - C-348/04, Slg. 2007, I-3391 = GRUR 2007, 586 Rn. 21 - Boehringer Ingelheim/Swingward II):

- Es ist erwiesen, dass die Geltendmachung einer Marke durch den Markeninhaber zu dem Zweck, sich dem Vertrieb der umgepackten Waren unter der Marke zu widersetzen, zu einer künstlichen Abschottung der Märkte zwischen Mitgliedstaaten beitragen würde. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Markeninhaber das gleiche Arzneimittel in unterschiedlichen Packungen in verschiedenen Mitgliedstaaten in den Verkehr gebracht hat und das Umpacken durch den Importeur erforderlich ist, um das Arzneimittel im Einfuhrmitgliedstaat vertreiben zu können.

- Es ist dargetan, dass das Umpacken den Originalzustand der in der Verpackung enthaltenen Ware nicht beeinträchtigen kann.

- Auf der neuen Verpackung ist klar angegeben, von wem das Arzneimittel umgepackt worden ist und wer deren Hersteller ist.

- Das umgepackte Erzeugnis ist nicht so aufgemacht, dass dadurch der Ruf der Marke und ihres Inhabers geschädigt werden kann. Die Verpackung darf folglich nicht schadhaft, von schlechter Qualität oder unordentlich sein.

- Der Importeur unterrichtet den Markeninhaber vor dem Inverkehrbringen des umgepackten Erzeugnisses und liefert ihm auf Verlangen ein Muster der umgepackten Ware.

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Diese Grundsätze finden somit nur Anwendung, wenn der Importeur die Ware umgepackt hat, wobei der Begriff des Umpackens nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auch die Neuetikettierung von mit der Marke versehenen Arzneimitteln umfasst (GRUR 2007, 586 Rn. 28 - Boehringer Ingelheim/Swingward II).

22

(2) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat auf das Vorabentscheidungsersuchen des Senats im vorliegenden Rechtsstreit ausgesprochen, dass es sich bei dem hier in Rede stehenden Anbringen eines Aufklebers auf der Originalverpackung eines Medizinprodukts nicht um ein Umpacken im Sinne seiner Rechtsprechung handele, weil - anders als in den bislang von ihm beurteilten Fällen - die Verpackung nicht verändert und die ursprüngliche Aufmachung der Verpackung nicht anders beeinträchtigt worden sei als durch Anbringen eines kleinen Aufklebers auf einem unbedruckten Teil der ungeöffneten Verpackung, der die Marke nicht verdecke und den Parallelimporteur unter Angabe seiner Kontaktdaten, eines Strichcodes und einer Pharmazentralnummer als Verantwortlichen für das Inverkehrbringen ausweise (vgl. EuGH, GRUR 2018, 736 Rn. 31 bis 35 - Junek Europ Vertrieb/Lohmann & Rauscher International). Das Anbringen eines solchen Aufklebers beeinträchtige nicht die Herkunftsfunktion der Marke und sei für den Markeninhaber kein berechtigter Grund im Sinne von Art. 13 Abs. 2 GMV, sich dem weiteren Vertrieb des Medizinprodukts zu widersetzen. Bei einer solchen Fallgestaltung sei das Markenrecht gemäß Art. 13 Abs. 1 GMV erschöpft (EuGH, GRUR 2018, 736 Rn. 36 bis 38 - Junek Europ Vertrieb/Lohmann & Rauscher International).

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(3) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, der Gerichtshof der Europäischen Union habe nicht berücksichtigt, dass nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts die Angaben des Importeurs auf dem von ihm auf der Verpackung aufgebrachten Aufkleber unzutreffend und daher geeignet gewesen seien, die Herkunftsgarantie der Marke zu beeinträchtigen. Die Klägerin habe vorgetragen, die Firmenbezeichnung der Beklagten sei auf dem Aufkleber unvollständig und daher unrichtig wiedergegeben.

24

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat bei seiner Entscheidung den Inhalt des hier in Rede stehenden Aufklebers berücksichtigt; er hat angenommen, aufgrund seines Inhalts stelle der Aufkleber keine Gefahr für die Herkunftsgarantie des mit der Marke versehenen Medizinprodukts dar (EuGH, GRUR 2018, 736 Rn. 34 bis 36 und 39 - Junek Europ Vertrieb/Lohmann & Rauscher International). Der Umstand, dass der Aufkleber unvollständige oder unrichtige Angaben enthalten mag, rechtfertigt es nicht, dass der Markeninhaber sich dem weiteren Vertrieb der Waren widersetzt. Eine der Erschöpfung entgegenstehende Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke setzt voraus, dass der angesprochene Verkehr die unzutreffenden Angaben auf dem Aufkleber zur Firmenbezeichnung des Parallelimporteurs der Klägerin als Markeninhaberin zurechnet (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2012 - I ZR 72/11, GRUR 2013, 739 Rn. 43 und 49 = WRP 2013, 902 - Barilla; BGH, GRUR 2017, 71 Rn. 21 - Debrisoft I; Thiering in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 24 Rn. 94). Dies ist im Streitfall weder festgestellt noch ersichtlich.

25

III. Eine erneute Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 - C.I.L.F.I.T.; Urteil vom 1. Oktober 2015 - C-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 Rn. 43 - Doc Generici, mwN). Im Streitfall stellen sich über die bereits durch das vorliegend durchgeführte Vorabentscheidungsverfahren geklärten Fragen hinaus keine weiteren entscheidungserheblichen Fragen zur Auslegung des Unionsrechts.

26

IV. Danach ist auf die Revision der Beklagten das Berufungsurteil aufzuheben, auf die Berufung der Beklagten das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

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Schaffert     

      

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Löffler     

      

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