Entscheidungsdatum: 27.07.2017
Eigenbetrieb Friedhöfe
Eine Gemeinde nimmt keine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG vor, wenn sie mit Bestattungen, die gemäß § 31 Abs. 2 Fall 2 BestattG-BW behördlich zu veranlassen sind, weil die bestattungspflichtigen Angehörigen nicht oder nicht rechtzeitig für die Bestattung sorgen, ausschließlich ihren Eigenbetrieb Friedhöfe betraut.
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 17. Juli 2015 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Der Kläger betreibt in F. ein Bestattungsinstitut. Die beklagte Stadt F. unterhält einen Eigenbetrieb Friedhöfe (Eigenbetrieb). Der Eigenbetrieb hat (hoheitliche) Aufgaben der Friedhofsverwaltung zu erfüllen und ist darüber hinaus auch privatwirtschaftlich im Bereich des Bestattungsdienstes tätig.
Die Beklagte beauftragte bis ins Jahr 2005 bei Todesfällen, bei denen Angehörige nicht oder nicht rechtzeitig für die Bestattung sorgten und deshalb gemäß § 31 Abs. 2 Bestattungsgesetz Baden-Württemberg (BestattG-BW) die Bestattung behördlich veranlasst werden musste, den Kläger mit diesen Bestattungen. Im Jahr 2005 stellte die Beklagte diese Praxis um und ließ seitdem ausschließlich den Eigenbetrieb die behördlich veranlassten Bestattungen vornehmen.
Der Kläger hält dieses Verhalten für wettbewerbsrechtlich unlauter. Er macht geltend, die Beklagte nutze die nur ihr zur Verfügung stehenden Informationen über Sterbefälle von Personen ohne Angehörige, in denen sie zur hoheitlichen Bestattungsanordnung verpflichtet sei, für ihre eigenen Geschäftsinteressen aus und betraue ausschließlich den Eigenbetrieb mit behördlich veranlassten Bestattungen, ohne Angebote privater Anbieter zu prüfen.
Der Kläger hat, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, beantragt, der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten,
im Falle einer ordnungsbehördlichen Bestattungsanordnung die Bestattung ausnahmslos dem städtischen Bestattungsdienst zu übertragen;
hilfsweise dazu
im Falle einer ordnungsbehördlichen Bestattungsanordnung die Bestattung ohne vorherige Prüfung von Angeboten privater Anbieter dem städtischen Bestattungsdienst zu übertragen.
Die Beklagte ist der Ansicht, sie sei bei den in Rede stehenden behördlichen Bestattungsveranlassungen nicht zur öffentlichen Ausschreibung und Vergabe an private Anbieter verpflichtet. Mit der Einschaltung ihres Eigenbetriebs erfülle sie im Interesse einer sparsamen Wirtschaftsführung eine öffentliche Aufgabe.
Das Landgericht hat die für das Revisionsverfahren noch relevanten Anträge abgewiesen (LG Freiburg, Urteil vom 26. September 2014 - 12 O 150/13, juris). Das Berufungsgericht hat die dagegen eingelegte Berufung zurückgewiesen.
Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger diese Klageanträge weiter.
A. Das Berufungsgericht hat beide Unterlassungsanträge als unbegründet angesehen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Der Unterlassungshauptantrag sei zu weitgehend, weil er auch lauterkeitsrechtlich nicht zu beanstandende Verhaltensweisen der Beklagten umfasse. Der Unterlassungshilfsantrag sei ebenfalls unbegründet. Bei gemäß § 31 Abs. 2 BestattG-BW behördlich angeordneten Bestattungen durch das Standesamt liege in der Übertragung der zur Bestattung notwendigen Dienstleistungen an den Eigenbetrieb keine geschäftliche Handlung der Beklagten. Es fehle an einem Marktbezug. Mit der Anordnung oder Veranlassung der Bestattung erfülle die zuständige Behörde der Beklagten eine öffentlich-rechtliche Pflicht. Sie nehme dadurch nicht als Anbieter am privatrechtlichen Wirtschaftsleben teil. Die Beklagte verschaffe ihrem Bestattungsdienst zudem keinen unlauteren Wettbewerbsvorteil.
B. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers ist unbegründet.
I. Die Revision ist uneingeschränkt zulässig.
Der Entscheidungssatz des angefochtenen Urteils enthält keine Beschränkung der Revisionszulassung. Eine solche Beschränkung ergibt sich auch nicht aus den Entscheidungsgründen. Das Berufungsgericht hat dort zwar ausgeführt, die Revision werde zugelassen, soweit es die Berufung des Klägers zur Abweisung des Hilfsantrages als unbegründet zurückgewiesen habe, weil die in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung seien. Damit ist aber lediglich der Grund für die Zulassung der Revision genannt. Das genügt nicht, um mit der notwendigen Sicherheit von einer nur beschränkten Zulassung des Rechtsmittels auszugehen. Der Grundsatz der Rechtsmittelklarheit gebietet es, dass für die Parteien zweifelsfrei erkennbar ist, welches Rechtsmittel für sie in Betracht kommt und unter welchen Voraussetzungen es zulässig ist (BGH, Urteil vom 27. März 2013 - I ZR 9/12, GRUR 2013, 1213 Rn. 14 = WRP 2013, 1620 - Sumo; Urteil vom 9. Oktober 2014 - I ZR 162/13, GRUR 2015, 498 Rn. 12 = WRP 2015, 569 - Combiotik; Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 7/14, GRUR 2016, 184 Rn. 11 = WRP 2016, 66 - Tauschbörse II; Urteil vom 23. Juni 2016 - I ZR 241/14, GRUR 2016, 965 Rn. 17 = WRP 2016, 1236 - Baumann II; Urteil vom 16. März 2017 - I ZR 39/15, GRUR 2017, 702 Rn. 16 - PC mit Festplatte I).
II. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Unterlassungshauptantrag sei bereits deshalb unbegründet, weil er zu weit gefasst sei.
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Unterlassungshauptantrag sei unbegründet, weil er auch erlaubte Verhaltensweisen verbiete. Der Beklagten solle mit dem Antrag wegen der Wendung "ausnahmslos" die nach den Denkgesetzen keineswegs ausgeschlossene und nach der allgemeinen Lebenserfahrung durchaus nicht völlig fernliegende Übertragung der Bestattung an den Eigenbetrieb auch dann untersagt werden, wenn dieser in lauterkeitsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ausnahmslos zum Zuge käme.
2. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die Begründetheit des Unterlassungshauptantrags nicht verneint werden. Das Berufungsgericht ist unzutreffend von einem zu weiten Klagebegehren ausgegangen.
a) Allerdings ist ein Klageantrag unbegründet, wenn er aufgrund seiner zu weiten Fassung die vom Kläger geltend gemachte konkrete Verletzungsform verfehlt, weil er auch erlaubte Verhaltensweisen erfasst (BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 - I ZR 164/12, GRUR 2014, 393 Rn. 47 = WRP 2014, 424 - wetteronline.de, mwN). Die Reichweite des Klagebegehrens ist jedoch nicht allein anhand der Fassung des Klageantrags zu bestimmen. Zur Auslegung des Klageantrags ist vielmehr der Klagevortrag heranzuziehen (BGH, Urteil vom 22. April 2009 - I ZR 216/06, GRUR 2009, 845 Rn. 11 = WRP 2009, 1001 - Internet-Videorecorder I; Urteil vom 19. November 2009 - I ZR 128/07, GRUR 2010, 620 Rn. 30 = WRP 2010, 933 - Film-Einzelbilder; Urteil vom 19. Januar 2017 - I ZR 242/15, GRUR 2017, 390 Rn. 13 = WRP 2017, 753 - East Side Gallery).
b) Aus dem zur Begründung des Unterlassungshauptantrags gehaltenen Vortrag des Klägers ergibt sich vorliegend, dass sein Klagebegehren die vom Berufungsgericht als erlaubt angesehenen Verhaltensweisen nicht erfassen sollte.
Der Kläger hat mit seinem Antrag die von der Beklagten seit dem Jahr 2005 geübte Praxis angegriffen, bei den gemäß § 31 Abs. 2 BestattG-BW zu veranlassenden Bestattungen ohne Ausnahme den Eigenbetrieb einzuschalten. Der Kläger hat insoweit beanstandet, dass die Beklagte bei ihrer Auswahlentscheidung nicht prüft, ob solche behördlich veranlasste Bestattungen an private Bestattungsunternehmer vergeben werden können. Gerügt wird damit der Sache nach, dass die Beklagte das ihr gesetzlich eingeräumte Auswahlermessen, welches Unternehmen sie mit der behördlich veranlassten Bestattung beauftragt, nicht ausübt, sondern ohne weiteres den Eigenbetrieb einschaltet. Der Kläger hat ferner geltend gemacht, dieses Verhalten sei unlauter, weil die Beklagte bei der ausnahmslosen Betrauung des Eigenbetriebs mit Bestattungsleistungen gemäß § 31 Abs. 2 BestattG-BW stets in unlauterer Weise ihr Informationsmonopol über Sterbefälle im Sinne dieser Vorschrift ausnutze. Angesichts dieses Klagevorbringens hätte das Berufungsgericht die Reichweite des mit dem Unterlassungshauptantrag verfolgten Klagebegehrens bestimmen müssen. Für den Fall, dass sich das Berufungsgericht an einer dem Klagebegehren entsprechenden Auslegung durch die vom Kläger gewählte konkrete Fassung des Antrags gehindert gesehen hat, hätte es dem Kläger gemäß § 139 ZPO Gelegenheit geben müssen, den Bedenken durch eine angepasste Antragsfassung Rechnung zu tragen (vgl. BGH, GRUR 2014, 393 Rn. 49 - wetteronline.de; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl., § 12 Rn. 2.44a).
III. Das angefochtene Urteil stellt sich allerdings im Hinblick auf den Unterlassungshauptantrag aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
1. Die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs gemäß § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1 UWG sind nicht gegeben. Es fehlt an einer geschäftlichen Handlung der Beklagten im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG.
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Übertragung der zur Bestattung notwendigen Dienstleistungen an den Eigenbetrieb bei behördlich angeordneten Bestattungen gemäß § 31 Abs. 2 BestattG-BW stelle keine geschäftliche Handlung der Beklagten dar. Es fehle ein Marktbezug. Mit der Veranlassung der Bestattungen erfülle die zuständige Behörde der Beklagten eine öffentlich-rechtliche Pflicht. Sie nehme dadurch nicht als Anbieter am privatrechtlichen Wirtschaftsleben teil. Es handele sich bei der Einschaltung des Eigenbetriebs um einen betriebsinternen Vorgang aufgrund hoheitlichen Handelns. Gegen diese Begründung wendet sich die Revision ohne Erfolg.
b) Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung im Sinne dieses Gesetzes jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrages über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Der Begriff der geschäftlichen Handlung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist nicht enger als der der Wettbewerbshandlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2004 (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2012 - I ZR 54/11, GRUR 2013, 301 Rn. 22 = WRP 2013, 491 - Solarinitiative, mwN). Zur Bestimmung einer geschäftlichen Handlung kann daher auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Begriff der Wettbewerbshandlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2004 zurückgegriffen werden (vgl. Ohly in Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl., Einf. D Rn. 24; Schünemann in GK.UWG, 2. Aufl., Einl. F Rn. 47).
c) Für die Frage, ob die öffentliche Hand eine geschäftliche Handlung vornimmt, ist zunächst zwischen rein erwerbswirtschaftlichen und hoheitlichen Tätigkeiten zu unterscheiden (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 3a Rn. 2.17). Die erwerbswirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand ist auch dann als geschäftliche Handlung anzusehen, wenn öffentliche Zwecke mitverfolgt werden (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juli 2005 - I ZR 170/02, GRUR 2005, 960, 961 = WRP 2005, 1412 - Friedhofsruhe; Urteil vom 26. Januar 2006 - I ZR 83/03, GRUR 2006, 428 Rn. 12 = WRP 2006, 741 - Abschleppkosten-Inkasso; Keller in Harte/Henning, UWG, 4. Aufl., § 2 Rn. 46, 68; Ohly in Ohly/Sosnitza aaO Einf. D Rn. 25; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 3a Rn. 2.18; Schünemann in GK.UWG, 2. Aufl., Einl. F Rn. 56). Dagegen ist bei einer Tätigkeit zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben weiter danach zu unterscheiden, ob die öffentliche Hand aufgrund gesetzlicher Ermächtigung hoheitlich tätig wird. Ist dies der Fall, ist ihre Betätigung einer Überprüfung anhand des Wettbewerbsrechts entzogen (BGH, GRUR 2006, 428 Rn. 12 - Abschleppkosten-Inkasso; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 3a Rn. 2.21; Keller in Harte/Henning aaO § 2 Rn. 44; Ohly in Ohly/Sosnitza aaO Einf. D Rn. 27). Handelt die öffentliche Hand dagegen zwar zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe, wird sie aber ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung tätig, ist eine geschäftliche Handlung nicht ausgeschlossen (vgl. BGH, GRUR 2006, 428 Rn. 12 - Abschleppkosten-Inkasso; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 3a Rn. 2.22; Keller in Harte/Henning aaO § 2 Rn. 45). Sie ist allerdings auch nicht ohne weiteres zu vermuten, sondern anhand einer umfassenden Würdigung der relevanten Umstände des Einzelfalls besonders festzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 1969 - I ZR 116/67, GRUR 1969, 418, 420 - Standesbeamte; BGH, GRUR 2013, 301 Rn. 20 f. - Solarinitiative; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 3a Rn. 2.22 f.; Ohly in Ohly/Sosnitza aaO Einf. D Rn. 28 f.; Koos in Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, 3. Aufl., S. 15 Rn. 11 ff.). Maßgeblich sind insoweit vor allem die konkreten Auswirkungen des Handelns der öffentlichen Hand im Wettbewerb (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 1990 - I ZR 78/88, GRUR 1990, 611, 613 = WRP 1990, 626 - Werbung im Programm; Keller in Harte/Henning aaO § 2 Rn. 45; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 3a Rn. 2.23) und die Frage, ob das Tätigwerden zur Erfüllung der öffentlichen Aufgabe nach Art und Umfang sachlich notwendig ist und die Auswirkungen auf den Wettbewerb nur notwendige Begleiterscheinung der Erfüllung öffentlicher Aufgaben sind (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 3a Rn. 2.23).
d) Mit diesen Grundsätzen steht die Beurteilung des Berufungsgerichts im Einklang. Das Berufungsgericht hat angenommen, die zuständige Behörde erfülle eine öffentlich-rechtliche Pflicht und handele nicht marktbezogen, wenn sie eine Bestattung gemäß § 31 Abs. 2 BestattG-BW veranlasst. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung stand.
aa) Eine rein erwerbswirtschaftliche Betätigung der Beklagten steht im Streitfall nicht in Rede. Die in der Revisionsinstanz noch relevanten Klageanträge wenden sich nicht dagegen, dass der Eigenbetrieb auf dem allgemeinen Markt der Bestattungsdienstleistungen tätig ist, die von Angehörigen von Verstorbenen nachgefragt werden.
bb) Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass das beanstandete Verhalten der Beklagten einen Bereich betrifft, in dem sie aufgrund gesetzlicher Ermächtigung hoheitlich tätig wird.
(1) Für die im Streitfall maßgebliche Frage, ob die öffentliche Hand aufgrund gesetzlicher Ermächtigung hoheitlich handelt und ihre Betätigung damit einer Überprüfung anhand des Wettbewerbsrechts entzogen ist oder die öffentliche Hand zwar zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe, aber ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung tätig wird und damit die Feststellung einer geschäftlichen Handlung im Rahmen einer umfassenden Würdigung der relevanten Umstände des Einzelfalls möglich ist, kommt es maßgeblich auf die Bestimmungen an, die der streitigen Handlung zugrunde liegen (vgl. BGH, GRUR 2006, 428 Rn. 15 f. - Abschleppkosten-Inkasso).
(2) Gemäß § 30 Abs. 1 BestattG-BW müssen Verstorbene bestattet werden. Für die Bestattung müssen die Angehörigen sorgen (§ 31 Abs. 1 BestattG-BW). Sorgen diese nicht oder nicht rechtzeitig für die Bestattung, hat die zuständige Behörde diese anzuordnen oder auf Kosten der Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen (§ 31 Abs. 2 BestattG-BW).
Vorliegend geht es allein um die in § 31 Abs. 2 BestattG-BW geregelten Fälle, in denen die Angehörigen eines Verstorbenen nicht oder nicht rechtzeitig ihrer gesetzlichen Pflicht nachkommen, für die Bestattung zu sorgen. Nicht im Streit ist allerdings die von § 31 Abs. 2 Fall 1 BestattG-BW erfasste Konstellation der behördlichen Anordnung der Bestattung, die dann zu ergehen hat, wenn zwar ein Angehöriger vorhanden ist, dieser allerdings seiner Bestattungspflicht nicht oder nicht rechtzeitig nachgekommen ist. Die in der Folge einer solchen behördlichen Anordnung vom Angehörigen privatrechtlich zu erteilenden Bestattungsaufträge sind nicht vom Streitgegenstand umfasst. Der Kläger wendet sich mit dem anhand seines Klagevortrags auszulegenden Unterlassungsantrag vielmehr ausschließlich dagegen, dass kein Angehöriger, sondern allein die beklagte Stadt im Falle der behördlichen Veranlassung einer Bestattung im Sinne von § 31 Abs. 2 Fall 2 BestattG-BW die Bestattung stets dem Eigenbetrieb überträgt, ohne zuvor Angebote privater Bestattungsanbieter zu prüfen.
(3) Bei der im Streitfall mithin allein maßgeblichen behördlichen Veranlassung einer Bestattung wird die Beklagte gemäß § 31 Abs. 2 Fall 2 BestattG-BW und damit aufgrund gesetzlicher Ermächtigung hoheitlich tätig. Dies gilt auch für die Entscheidung der Beklagten über die Durchführung der behördlich zu veranlassenden Bestattung.
Allerdings richtet sich die öffentlich-rechtliche Pflicht im Sinne einer gebundenen Entscheidung nach dem Wortlaut des § 31 Abs. 2 BestattG-BW lediglich auf die Anordnung oder Veranlassung der Bestattung. Insoweit muss die zuständige Behörde tätig werden; ein Ermessen ist ihr auf dieser das "Ob" einer Anordnung oder einer Veranlassung betreffenden Stufe nicht eröffnet. Die Revision macht mit Recht geltend, dass es sich im Hinblick auf die vorliegend maßgebliche zweite Stufe des "Wie" und "durch Wen" anders verhält. Insoweit besteht ein Auswahlermessen, das die Beklagte nach dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Vorbringen des Klägers bis zum Jahr 2005 so ausgeübt hat, dass sie in den Jahren 2000 bis 2004 bei F. Bestattungsunternehmen entsprechende Angebote eingeholt und den Kläger als kostengünstigsten Anbieter mit der Durchführung der gemäß § 31 Abs. 2 BestattG-BW angeordneten und veranlassten Bestattungen beauftragt hat.
Das Berufungsgericht ist dennoch rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die vorliegend streitgegenständliche Entscheidung der Beklagten über die Durchführung der behördlich zu veranlassenden Bestattung ebenso wie die Entscheidung, ob eine Bestattung auf der Grundlage der öffentlich-rechtlichen Eingriffsermächtigung des § 31 Abs. 2 BestattG-BW veranlasst wird, keine geschäftliche Handlung darstellt.
Dass die Entscheidung der Beklagten über die Art der Durchführung der behördlich zu veranlassenden Bestattung auf der Grundlage der öffentlich-rechtlichen Eingriffsermächtigung des § 31 Abs. 2 BestattG-BW erfolgt, folgt sowohl aus dem Wortlaut als auch aus dem Sinn und Zweck dieser Bestimmung.
Der insoweit maßgebliche Begriff der "Veranlassung" der Bestattung umfasst nach seinem Wortsinn nicht nur das "Ob", sondern ebenfalls die zweite Stufe der behördlichen Entscheidung über das "Wie" der Bestattung. Entsprechendes ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift, Gesundheitsgefahren abzuwehren und dabei die Interessen des Bestattungspflichtigen, der die Kosten tragen muss, und die Belange des Verstorbenen im Hinblick auf eine angemessene Bestattung in würdiger und ortsüblicher Form zu berücksichtigen (vgl. VGH Mannheim, NJW 1997, 3113, 3114; VGH Mannheim, NVwZ 2002, 995). Von diesem gesetzgeberischen Zweck und dessen Berücksichtigung im Rahmen der Ausübung des der Beklagten eröffneten Auswahlermessens nach § 31 Abs. 2 BestattG-BW ist das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen. Die Revision macht nicht geltend, dass eine diesen Anforderungen genügende Bestattung nur oder zumindest in besserer Weise durch den Kläger oder andere private Bestattungsunternehmen gewährleistet werden kann und deshalb die Ausübung des Auswahlermessens auf der zweiten Stufe nicht mehr vom hoheitlichen Zweck im Sinne des § 31 Abs. 2 Fall 2 BestattG-BW gedeckt ist. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die gemäß § 31 Abs. 2 Fall 2 BestattG-BW behördlich zu veranlassenden Bestattungen zur Vermeidung von Gesundheitsgefahren auch dann zwingend durchzuführen sind, wenn private Bestattungsunternehmen aus terminlichen Gründen oder aufgrund von Kapazitätsproblemen dazu im Einzelfall nicht in der Lage sein sollten.
Aus dem Umstand, dass in § 31 Abs. 2 Fall 2 BestattG-BW nicht ausdrücklich bestimmt ist, dass die vorliegend in Rede stehende Durchführung der Bestattung durch eine Behörde oder einen Eigenbetrieb der Beklagten selbst zu erfolgen hat, sondern eine Beauftragung privater Bestattungsunternehmen mit der Durchführung dieser Bestattungen gesetzlich erlaubt ist und in der Vergangenheit auch praktiziert wurde, folgt nicht, dass die Beklagte bei ihrer Auswahlentscheidung auf der zweiten Stufe nicht ebenfalls aufgrund gesetzlicher Ermächtigung hoheitlich tätig wird. Auch die Durchführung einer behördlich anzuordnenden Maßnahme durch Private ist jedenfalls ein der wettbewerbsrechtlichen Überprüfung entzogenes hoheitliches Handeln, wenn ein Unternehmen durch privatrechtlichen Vertrag ohne eigene Entscheidungsmacht als verlängerter Arm der Verwaltungsbehörde im Rahmen der Gefahrenabwehr tätig wird (vgl. BGH, GRUR 2006, 428 Rn. 15 f. - Abschleppkosten-Inkasso). Lässt die öffentliche Hand solche Maßnahmen nicht (mehr) durch Private, sondern durch einen Eigenbetrieb durchführen, liegt erst recht ein rein hoheitliches Handeln vor. So liegt es auch hier. Der Grund für die Bestattungspflicht gemäß §§ 30 ff. BestattG-BW besteht neben sittlichen Erwägungen in der Abwehr von Gesundheitsgefahren für die Bevölkerung (vgl. §§ 25, 30 Abs. 5, § 36 Abs. 2, § 37 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Satz 3 BestattG-BW). Das Berufungsgericht hat - von der Revision unbeanstandet - angenommen, dass die Beklagte ihren Eigenbetrieb im Rahmen der Durchführung der behördlich veranlassten Bestattungen gemäß § 31 Abs. 2 Fall 2 BestattG-BW wie einen verlängerten Arm ohne eigene Entscheidungsmacht tätig werden lässt. Nichts anderes gilt, wenn die Beklagte statt ihres Eigenbetriebs den Kläger oder ein anderes privates Bestattungsunternehmen einschalten würde. Die Revision macht nicht geltend, dass die Beauftragung von privaten Bestattungsunternehmen in Bezug auf die Art und Weise der Durchführung der behördlich veranlassten Bestattung im Sinne von § 31 Abs. 2 Fall 2 BestattG-BW davon abweichen und dem privaten Bestattungsunternehmen ein weitergehender Entscheidungsspielraum zustehen würde. Dafür ist auch nichts ersichtlich.
cc) Da die Beklagte bei Durchführung der gemäß § 31 Abs. 2 BestattG-BW veranlassten Bestattungen in einem ausdrücklich öffentlich-rechtlich geregelten Bereich tätig wird, ist ihre mit dem Unterlassungshauptantrag beanstandete Praxis, insoweit ausschließlich ihren Eigenbetrieb einzusetzen, keine geschäftliche Handlung und damit einer Überprüfung anhand des Wettbewerbsrechts entzogen. Auf eine umfassende Würdigung der Umstände des Einzelfalls und damit auf die von der Beklagten für ihre Praxis angeführten Motive kommt es nach alledem nicht an.
2. Entgegen der Ansicht der Revision ist der Unterlassungshauptantrag ferner nicht gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 18 Abs. 1 Nr. 1, § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 GWB unter dem Gesichtspunkt des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung begründet.
a) Die Revision macht geltend, die Beklagte verfüge auf dem Markt der gemäß § 31 Abs. 2 Fall 2 BestattG-BW veranlassten Bestattungen über ein Nachfragemonopol, da allein sie über die Informationen verfüge, aus denen sich die Notwendigkeit einer Anordnung nach dieser Vorschrift ergebe. Zudem sei nur die Beklagte als zuständige Behörde zur Beauftragung von derartigen Bestattungen befugt. Die Beklagte nutze dieses Monopol missbräuchlich im Sinne von § 19 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 GWB aus, indem sie private Unternehmen wie den Kläger bei der Beauftragung mit Bestattungen auf der Grundlage von § 31 Abs. 2 BestattG-BW ohne sachlich gerechtfertigten Grund grundsätzlich nicht berücksichtige. Nach dem vom Berufungsgericht nicht zur Kenntnis genommenen Vortrag des Klägers sei dieser vor dem Jahr 2005 von der Beklagten als günstigster Anbieter von Bestattungen gemäß § 31 Abs. 2 BestattG-BW ausgewählt worden. Die Beauftragung ihres Eigenbetriebs mit Bestattungen nach dieser Vorschrift dürfe die Beklagte somit jedenfalls gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB nicht vornehmen, ohne zuvor ein Angebot des Klägers oder eines anderen privaten Bestattungsunternehmens zu berücksichtigen. Anderenfalls könne unter keinem denkbaren Gesichtspunkt davon ausgegangen werden, dass sachlich gerechtfertigte Gründe für eine Nichtberücksichtigung der privaten Bestattungsbetriebe vorlägen. Damit hat die Revision keinen Erfolg.
b) Es kann auf sich beruhen, ob die öffentliche Hand als Unternehmen im Sinne des deutschen Kartellrechts tätig wird, wenn sie im Rahmen der Beschaffung Waren oder Dienstleistungen nachfragt und sich dabei der Formen des Privatrechts bedient (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 19. Juni 2007 - KVR 23/98, WRP 2008, 252 Rn. 12 - Tariftreueerklärung III, mwN). Jedenfalls ist ein hoheitliches Handeln der öffentlichen Hand der Geltung des Kartellgesetzes von vornherein entzogen (vgl. BGH, Urteil vom 25. September 2007 - KZR 48/05, WRP 2007, 1491 Rn. 6 f. - Rettungsleitstelle; Kühne in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Kersting/Meyer-Lindemann, Kartellrecht, 3. Aufl., § 18 Rn. 2; Fuchs/Möschel in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., § 18 Rn. 3; Wiedemann in Wiedemann, Kartellrecht, 3. Aufl., 1. Kap. § 4 Rn. 9; Bornkamm, Festschrift Hirsch, S. 233). Die beklagte Stadt handelt bei der im Streitfall angegriffenen Ermessensausübung im Rahmen des § 31 Abs. 2 Fall 2 BestattG-BW hoheitlich. Im Übrigen ist auch nicht erkennbar, dass ein besonderer Markt für Bestattungsdienstleistungen nach § 31 Abs. 2 Fall 2 BestattG-BW besteht, auf dem die Beklagte gegenüber dem Kläger als marktbeherrschender oder auch nur marktstarker Nachfrage im Sinne von § 18 Abs. 1 oder § 20 Abs. 1 GWB tätig ist. Der Kläger ist Bestattungsunternehmer, der seine Leistungen allgemein anbietet. Der für ihn relevante Markt ist damit der Nachfragemarkt für Bestattungsdienstleistungen. Auf diesem Markt ist die Beklagte nicht marktbeherrschend. Auch zu einer Normadressatenstellung der Beklagten gemäß § 30 Abs. 1 GWB ist nichts festgestellt oder in der Revisionsbegründung ausgeführt.
IV. Aus den vorstehenden Gründen ist der Unterlassungshilfsantrag ebenfalls unbegründet.
V. Danach ist die Revision gegen das Berufungsurteil auf Kosten des Klägers (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen.
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