Entscheidungsdatum: 17.10.2018
Tork
1. Grundsätzlich liegt eine Markenverletzung vor, wenn ein mit der Marke des Originalherstellers gekennzeichnetes wiederbefüllbares Behältnis mit Waren eines anderen Herstellers nachgefüllt wird und der Verkehr die Marke auf dem Behältnis als Hinweis nicht nur auf die betriebliche Herkunft des Behältnisses, sondern auch auf die betriebliche Herkunft des Inhalts versteht.
2. Für die Frage, ob der Verkehr eine solche Verbindung im Einzelfall tatsächlich herstellt, kann maßgeblich sein, ob die Nachfüllware selbst ein für den Verkehr bei der Benutzung der Ware erkennbares Kennzeichen trägt, Verbraucher den Vorgang der Befüllung selbst vornehmen und der Verkehr es gewohnt ist, dass das Behältnis mit Ware anderer Hersteller bestückt wird. Auch die Relevanz von Marken im streitgegenständlichen Produktbereich kann sich auf die Verkehrsauffassung auswirken.
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts München vom 9. März 2017 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Die Klägerin ist Inhaberin der am 8. Januar 2008 eingetragenen Unionsmarke Nr. 06561211 (im Folgenden: Klagemarke)
,
die unter anderem Schutz beansprucht für
Papier und Waren aus Papier, nämlich Abtrocken-, Trocken-, Polier- und Reinigungstücher aus Papier und Haushaltspapier in Rollen und vorgeschnittenen Stücken, Papierhandtücher, Küchen- und Toilettenpapierrollen
sowie für
Gestelle, Halterungen und Spender für Küchen- und Toilettenpapier und für Papier/nicht textil zum Abtrocknen, Trocknen, Polieren und Reinigen; Gestelle, Halterungen und Spender für Seifen.
Sie vertreibt unter dieser Marke Papierhandtuchspendersysteme und dazu passende Papierhandtücher auf Rollen als Nachfüllware für die Gastronomie, die Industrie und das Gesundheitswesen. Die Handtuchspender sind mit der Klagemarke gekennzeichnet.
Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2 ist, betreibt einen Großhandel mit Hygieneprodukten und bietet unter anderem Papierhandtuchrollen als Nachfüllware für Spender an mit dem Hinweis "passend auch für Tork-Spender". Die Nachfüllware der Beklagten ist nicht mit einer Marke gekennzeichnet.
Die Klägerin meint, das Befüllen der mit der Klagemarke gekennzeichneten Spender mit Papierhandtuchrollen der Beklagten verletze die Klagemarke. Die Beklagte zu 1 sei zumindest mittelbare Täterin dieser Markenrechtsverletzung. Nach erfolgloser Abmahnung hat die Klägerin - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - beantragt, die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union neutrale Papierhandtuchrollen wie nachstehend wiedergeben,
die nicht von der Klägerin stammen, als Nachfüllware zum Zwecke der Aufnahme und Abgabe durch mit der Marke
gekennzeichnete, öffentlich zugängliche System-Papierhandtuchspender an Besitzer solcher Spender zu liefern oder liefern zu lassen, sofern die markenmäßige Kennzeichnung der System-Papierhandtuchspender wie nachfolgend dargestellt erfolgt:
Wegen in Deutschland vertriebener Ware hat die Klägerin ferner Auskunftserteilung und die Feststellung der Schadensersatzpflicht verlangt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG München I, BeckRS 2016, 17532). Die Berufung der Klägerin ist - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - ohne Erfolg geblieben (OLG München, GRUR-RR 2017, 381). Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr in der Berufung erfolglos gebliebenes Klagebegehren weiter.
A. Das Berufungsgericht hat eine Verletzung der Klagemarke durch die Befüllung von mit der Klagemarke gekennzeichneten Handtuchspendern mit nicht von der Klägerin stammenden, von den Beklagten gelieferten Handtuchrollen verneint. Dazu hat es ausgeführt:
Die Klagemarke sei mangels Benutzung nicht verletzt. Der Durchschnittsverbraucher gehe nicht davon aus, dass ein Handtuchspender eine bloße Umhüllung der darin vorrätig gehaltenen Handtücher sei und deshalb die auf ihm angebrachte Marke sich auch auf die Handtücher beziehe. Es sei nicht mehr von einem Verkehrsverständnis wie in der Entscheidung "Handtuchspender" des Bundesgerichtshofs vom 10. Februar 1987 (KZR 43/85, BGHZ 100, 51) auszugehen. Der Verkehr sei mittlerweile daran gewöhnt, dass es bei einer Vielzahl von Waren Grundgeräte gebe, deren Betrieb den Einsatz von Material erfordere, das nicht vom Hersteller des Grundgeräts stamme (beispielsweise Druckertintenpatronen; Staubsaugerbeutel; Kaffeekapseln; Rasierklingen; Flüssigseife). Der Verkehr unterscheide deshalb zwischen der Kennzeichnung eines Geräts zur Abgabe von Ware und der Kennzeichnung der Ware selbst. Eine auf dem Gerät angebrachte Kennzeichnung werde er nur dann auch auf die abgegebene Ware beziehen, wenn dazu konkreter Anlass bestehe. Derartige besondere Umstände lägen im Streitfall nicht vor.
B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Klägerin aus Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a, Art. 102 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 über die Gemeinschaftsmarke (GMV) bzw. Art. 9 Abs. 2 Buchst. a, Art. 130 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2017/1001 über die Unionsmarke (UMV) auf Unterlassung der angegriffenen Zeichenverwendung sowie die darauf bezogenen Ansprüche auf Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung aus Art. 102 Abs. 1 Satz 2 GMV und Art. 130 Abs. 2 UMV, jeweils in Verbindung mit § 125b Nr. 2 MarkenG, nicht verneint werden.
I. Die Klage ist zulässig. Die deutschen Gerichte sind international zuständig. Der Klageantrag ist hinreichend bestimmt.
1. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, die auch unter der Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, GRUR 2015, 1129 Rn. 12 = WRP 2015, 1326 - Hotelbewertungsportal) ergibt sich aus Art. 125 Abs. 1 UMV. Die Beklagten sind im Inland ansässig.
2. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Klageantrag hinreichend bestimmt ist.
a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag - und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung - nicht derart undeutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht klar umrissen sind, die Beklagten sich deshalb nicht erschöpfend verteidigen können und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was den Beklagten verboten ist. Der Mangel der Bestimmtheit des Klageantrags ist auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 5. November 2015 - I ZR 50/14, GRUR 2016, 705 Rn. 11 = WRP 2016, 869 - ConText).
b) Danach ist der Klageantrag hinreichend bestimmt. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung erschließt sich die Bedeutung der im Unterlassungsantrag genannten "System-Papierhandtuchspender" aus der zur Auslegung des Klageantrags heranzuziehenden Klagebegründung (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2012 - I ZR 40/11, GRUR 2013, 421 Rn. 42 = WRP 2013, 479 - Pharmazeutische Beratung über Call-Center, mwN). Danach handelt es sich dabei um die von der Klägerin hergestellten, mit der Klagemarke gekennzeichneten Handtuchspender, die für Papierhandtücher auf Rollen geeignet sind.
II. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann eine markenverletzende Benutzung nicht abgelehnt werden.
1. Soweit die Klägerin den geltend gemachten Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr stützt, ist die Klage nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten sowohl zum Zeitpunkt seiner Vornahme rechtswidrig war als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz rechtswidrig ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 16. November 2017 - I ZR 160/16, GRUR 2018, 541 Rn. 12 = WRP 2018, 429 - Knochenzement II, mwN). An die Stelle des im Zeitpunkt der beanstandeten Handlungen geltenden Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a GMV ist mit Wirkung vom 1. Oktober 2017 die Vorschrift des Art. 9 Abs. 2 Buchst. a UMV getreten. Für den Streitfall erhebliche Rechtsänderungen sind hiermit nicht verbunden (vgl. auch BGH, Urteil vom 9. November 2017 - I ZR 110/16, GRUR 2018, 516 Rn. 13 bis 19 = WRP 2018, 461 - form-strip II). Für die Ansprüche auf Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung ist die Rechtslage zum Zeitpunkt der Vornahme des beanstandeten Verhaltens maßgeblich (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 2016 - I ZR 40/14, GRUR 2016, 803 Rn. 14 = WRP 2016, 1135 - Armbanduhr, mwN).
2. Das Berufungsgericht hat angenommen, den maßgeblichen Verkehrskreis bildeten Benutzer von Waschräumen, in denen die Handtuchspender mit der Klagemarke angebracht seien, und mithin der Durchschnittsverbraucher. Dessen Verständnis habe sich seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10. Februar 1987 (BGH, Urteil vom 10. Februar 1987 - KZR 43/85, BGHZ 100, 51 - Handtuchspender) gewandelt. Heute werde nicht mehr davon ausgegangen, dass ein Handtuchspender eine bloße Umhüllung der darin vorrätig gehaltenen Handtücher sei und deshalb die auf ihm aufgebrachte Marke sich auch auf diese beziehe. Der Durchschnittsverbraucher sei mittlerweile daran gewöhnt, dass es bei vielen Waren Grundgeräte gebe, für deren Betrieb Material erforderlich sei, das nicht vom Hersteller des Grundgeräts stamme. Das gelte beispielsweise für Druckertintenpatronen, Staubsaugerbeutel, Kaffeekapseln, Rasierklingen und Flüssigseife in Spendern. Der Durchschnittsverbraucher unterscheide zwischen der Kennzeichnung eines Geräts zur Abgabe von Ware und der Kennzeichnung der Ware selbst. Nur bei konkretem Anlass werde er eine auf dem Gerät angebrachte Kennzeichnung auch auf die abgegebene Ware beziehen. Das könne der Fall sein, wenn er die Kennzeichnung bereits für die Ware kenne, beispielsweise bei einer Kühltruhe für Speiseeis, bei Bierzapfhähnen oder bei Zapfsäulen an Tankstellen. Derartige besondere Umstände lägen im Streitfall nicht vor. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision mit Erfolg.
3. Nach Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a GMV (Art. 9 Abs. 2 Buchst. a UMV) hat der Inhaber einer Unionsmarke das Recht, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn das Zeichen mit der Unionsmarke identisch ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch sind, für die die Unionsmarke eingetragen ist. Liegen diese Voraussetzungen vor, kann nach Art. 9 Abs. 3 Buchst. a GMV (Art. 9 Abs. 3 Buchst. a UMV) verboten werden, das Zeichen auf Waren oder deren Verpackung anzubringen.
Eine Benutzung im geschäftlichen Verkehr im Sinne der Vorschrift liegt vor, wenn sie im Zusammenhang mit einer auf einen wirtschaftlichen Vorteil gerichteten kommerziellen Tätigkeit und nicht im privaten Bereich erfolgt (vgl. EuGH, Urteil vom 23. März 2010 - C-236/08 bis C-238/08, Slg. 2010, I-2417 = GRUR 2010, 445 Rn. 76 f. - Google France und Google).
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann der Inhaber einer Marke der Benutzung eines mit dieser Marke identischen Zeichens nur widersprechen, wenn diese Benutzung eine der Funktionen der Marke beeinträchtigen kann. Die Hauptfunktion der Marke ist die Gewährleistung der Herkunft der Ware oder Dienstleistung (vgl. EuGH, Urteil vom 17. März 2005 - C-228/03, Slg. 2005, I-2337 = GRUR 2005, 509 Rn. 26 - Gillette Company/LA-Laboratories; Urteil vom 8. Juli 2010 - C-558/08, Slg. 2010, I-6959 = GRUR 2010, 841 Rn. 29 f. - Portakabin/Primakabin, mwN; BGH, Urteil vom 15. Februar 2018 - I ZR 138/16, GRUR 2018, 924 Rn. 25 = WRP 2018, 1074 - ORTLIEB, mwN). Diese Funktion der Marke ist beeinträchtigt, wenn für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Verbraucher nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die angebotenen Waren oder Dienstleistungen vom Inhaber der Marke oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder vielmehr von einem Dritten stammen (zu Keywords vgl. EuGH, GRUR 2010, 445 Rn. 84 - Google France und Google).
Ob ein markenmäßiger Gebrauch vorliegt, richtet sich in erster Linie nach der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise. Dabei handelt es sich um die mutmaßliche Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Februar 2004 - C-218/01, Slg. 2004, I-1737 = GRUR 2004, 428 Rn. 50 - Henkel).
4. Danach hält die Beurteilung des Berufungsgerichts einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass das Nachfüllen der Handtuchspender durch die Kunden der Beklagten im geschäftlichen Verkehr geschieht. Dagegen wendet sich die Revision auch nicht; Rechtsfehler sind insoweit nicht ersichtlich. Die Kunden der Beklagten machen die Handtuchspender einer unbestimmten Vielzahl von Personen - eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder Dritten - zugänglich. Damit liegt ein Verhalten im geschäftlichen Verkehr vor (vgl. BGH, Urteil vom 16. März 2006 - I ZR 51/03, GRUR 2006, 763 Rn. 10 = WRP 2006, 1025 - Seifenspender, mwN).
b) Für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch ist es auch nicht erheblich, dass die von den Beklagten stammenden Papierhandtücher nicht von ihnen, sondern von ihren Kunden in die mit der Klagemarke versehenen Spender eingelegt werden. Für dieses - als Markenrechtsverletzung beanstandete - Verhalten haften die Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Beihilfe zu einer Markenverletzung.
aa) Die Frage, ob sich jemand als Täter, Mittäter, Anstifter oder Gehilfe in einer die zivilrechtliche Haftung begründenden Weise an einer deliktischen Handlung von Dritten beteiligt hat, beurteilt sich nach den im Strafrecht entwickelten Rechtsgrundsätzen. Die Gehilfenhaftung setzt dabei neben einer objektiven Beihilfehandlung zumindest einen bedingten Vorsatz in Bezug auf die Haupttat voraus, der das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit einschließen muss (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 31 - Internet-Versteigerung II; Urteil vom 5. Februar 2015 - I ZR 240/12, GRUR 2015, 485 Rn. 35 = WRP 2015, 577 - Kinderhochstühle im Internet III, mwN).
bb) Die Beklagten erfüllen dadurch, dass sie die beanstandeten Papierhandtücher mit dem Hinweis "passend auch für Tork-Spender" anbieten und vertreiben, selbst nicht die Merkmale einer Markenverletzung. Der Vertrieb der Papierhandtuchrollen mit diesem Kompatibilitätshinweis stellt aber eine objektive Beihilfehandlung der Beklagten zu dem als markenverletzend beanstandeten Verhalten ihrer Kunden dar. Auch der erforderliche Gehilfenvorsatz ist gegeben. Die Benutzung der Handtuchspender der Klägerin als Behältnis zur Aufnahme und Abgabe der von ihnen gelieferten Handtücher entspricht dem Willen der Beklagten, dient ihrer Absatzförderung und ist Teil ihrer Absatzplanung.
c) Zutreffend und von der Revision nicht beanstandet hat das Berufungsgericht bei der markenrechtlichen Beurteilung auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abgestellt.
d) Die Beurteilung des Verkehrsverständnisses durch das Berufungsgericht ist jedoch nicht frei von Rechtsfehlern.
aa) Die Beurteilung, ob die angegriffene Gestaltung vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden wird, obliegt im Wesentlichen dem Tatgericht. Im Revisionsverfahren sind die vom Tatgericht getroffenen Feststellungen zur Verkehrsauffassung nur darauf zu überprüfen, ob das Gericht bei seiner Würdigung gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat (vgl. BGH, Urteil vom 1. Februar 2018 - I ZR 82/17, GRUR 2018, 627 Rn. 32 = WRP 2018, 827 - Gefäßgerüst, mwN; Urteil vom 15. Februar 2018 - I ZR 201/16, GRUR 2018, 935 Rn. 31 = WRP 2018, 1081 - goFit; Urteil vom 22. März 2018 - I ZR 25/17, GRUR 2018, 1063 Rn. 17 = WRP 2018, 1193 - Zahlungsaufforderung). Die Revision rügt mit Recht, das Berufungsgericht habe bei den Feststellungen zum Verständnis des angesprochenen Verkehrs nicht alle maßgeblichen Umstände einbezogen (§ 286 ZPO).
bb) Grundsätzlich liegt eine Markenverletzung vor, wenn ein mit der Marke des Originalherstellers gekennzeichnetes wiederbefüllbares Behältnis mit Waren eines anderen Herstellers nachgefüllt wird und der Verkehr die Marke auf dem Behältnis als Hinweis nicht nur auf die betriebliche Herkunft des Behältnisses, sondern auch auf die betriebliche Herkunft des Inhalts versteht (vgl. BGHZ 100, 51, 56 f. [juris Rn. 19] - Handtuchspender; BGH, Urteil vom 24. Juni 2004 - I ZR 44/02, GRUR 2005, 162, 163 [juris Rn. 16] = WRP 2005, 222 - SodaStream). Ohne eine entsprechende Feststellung des Verkehrsverständnisses kann dagegen die bloße Gefahr einer Herkunftstäuschung keine Markenverletzung begründen.
Für die Frage, ob der Verkehr eine solche Verbindung im Einzelfall tatsächlich herstellt, kann maßgeblich sein, ob die Nachfüllware selbst ein für den Verkehr bei der Benutzung der Ware erkennbares Kennzeichen trägt. Durch eine Zweitkennzeichnung der Nachfüllware wird die herkunftshinweisende Funktion der Marke auf dem Behältnis für den Inhalt entkräftet (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Juli 2011 - C-46/10, Slg. 2011, I-6181 = GRUR Int. 2011, 827 Rn. 39 f. - Viking Gas; BGH, GRUR 2005, 162, 163 [juris Rn. 15 und 17] - SodaStream; vgl. auch GRUR 2006, 763 Rn. 17 - Seifenspender; zu § 14 MarkenG vgl. Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 14 Rn. 164; BeckOK.MarkenR/Mielke, Stand 1. Oktober 2018, § 14 Rn. 140, 142). Auch die Bedingungen, unter denen die Nachfüllware ausgetauscht wird, müssen für die Beantwortung der Frage herangezogen werden, ob der Verkehr von der betrieblichen Herkunft des Behältnisses einen Schluss auf die betriebliche Herkunft des Inhalts zieht. Dabei sind die Praktiken im jeweiligen Wirtschaftszweig einzubeziehen sowie der Umstand, ob die Verbraucher es gewohnt sind, dass das Behältnis mit Ware anderer Hersteller bestückt wird. Erheblich kann schließlich sein, ob die Verbraucher den Vorgang der Befüllung selbst vornehmen (vgl. EuGH, GRUR Int. 2011, 827 Rn. 40 - Viking Gas; BeckOK.MarkenR/Mielke aaO § 14 Rn. 143 bis 145). Diese Kriterien hat das Berufungsgericht nicht hinreichend berücksichtigt.
(1) Das Berufungsgericht hat maßgeblich darauf abgestellt, der Durchschnittsverbraucher sei mittlerweile daran gewöhnt, dass es bei vielen Waren Grundgeräte gebe, für deren Betrieb Material erforderlich sei, das nicht vom Hersteller des Grundgeräts stamme. Er unterscheide deshalb - abgesehen von Sonderkonstellationen wie zum Beispiel bei Bierzapfhähnen oder Tanksäulen - zwischen der Kennzeichnung eines Geräts zur Abgabe von Ware und der Kennzeichnung der Ware selbst. Mit dieser Begründung kann eine markenmäßige Benutzung der Klagemarke nicht verneint werden.
(2) Das Berufungsgericht hat bei seiner Beurteilung unberücksichtigt gelassen, dass die Handtuchrollen der Beklagten nicht mit eigenen Kennzeichen versehen, sondern unbedruckt sind. Die herkunftshinweisende Funktion der auf den Handtuchspendern angebrachten Klagemarke wird deshalb nicht durch eine Kennzeichnung des befüllenden Unternehmens relativiert. Der Verbraucher ist nicht in der Lage, die unbedruckten und von außen nicht sichtbaren Handtuchrollen der Beklagten zuzuordnen. Die vom Berufungsgericht für möglich gehaltene Differenzierung zwischen dem die Ware abgebenden Gerät und der Ware selbst kann mangels Kennzeichnung der Ware schon im Ausgangspunkt nicht erfolgen. Wegen einer solchen fehlenden, vom befüllenden Unternehmen veranlassten Zweitkennzeichnung unterscheidet sich der Fall von den Sachverhalten, die den Entscheidungen "SodaStream" (BGH, GRUR 2005, 162, 163), "Seifenspender" (BGH, GRUR 2006, 763 Rn. 14) und "Viking Gas" (EuGH, GRUR Int. 2011, 827 Rn. 41) zugrunde lagen.
(3) Weiter unberücksichtigt gelassen hat das Berufungsgericht, dass der Verbraucher - anders als bei den vom Berufungsgericht genannten Beispielen wie Tinte, Toner, Kaffeekapseln, Staubsaugerbeutel und Rasierklingen - die Nachfüllware im Streitfall nicht selbst austauscht oder austauschen lässt. Vielmehr findet die Neubefüllung der Handtuchspender außerhalb seines Erfahrungsbereichs statt; der Verbraucher selbst findet regelmäßig die bereits befüllten Handtuchspender in den von ihm benutzten Waschräumen vor. Dann aber ist ihm nicht bereits aus dem Nachfüllprozess selbst bekannt, dass es sich nicht um die Originalnachfüllware des Herstellers des Grundgeräts und Markeninhabers handelt.
III. Danach ist auf die Revision der Klägerin das angegriffene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Es sind weitere tatsächliche Feststellungen zum maßgeblichen Verkehrsverständnis zu treffen. Für das wiedereröffnete Berufungsverfahren wird auf Folgendes hingewiesen:
1. Das Berufungsgericht wird das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise mit Blick auf die Kennzeichnung der Handtuchspender mit der Klagemarke und einer möglichen Verbindung zum Inhalt erneut zu prüfen haben. Dabei hat es zu berücksichtigen, dass die von der Beklagten gelieferte Nachfüllware keine eigenständige Kennzeichnung aufweist und die angesprochenen Verbraucherinnen und Verbraucher den Nachfüllvorgang regelmäßig nicht selbst veranlassen oder durchführen.
2. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird allerdings zu berücksichtigen sein, dass nach den Feststellungen des Landgerichts bei Produkten im so genannten AFH-Bereich (Away-from-home-Bereich) Marken eine geringere Rolle spielen als bei anderen Produkten und es eine Vielfalt vorhandener Handtuchspender und Systeme gibt. Das Berufungsgericht muss prüfen, ob und inwieweit dieser Umstand auf die Verkehrsauffassung der maßgeblichen Verkehrskreise Auswirkungen hat. Das könnte der Fall sein, wenn bei der Benutzung von Papierhandtüchern in öffentlichen Waschräumen und Toiletten überhaupt nicht oder weniger auf Marken geachtet wird, zumal diese Produkte von den Verbrauchern nicht selbst erworben, sondern regelmäßig kostenlos in Anspruch genommen werden, und die Verkehrskreise an eine gewisse Spendervielfalt gewöhnt sind.
IV. Ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - 287/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 16 = NJW 1983, 1257 - C.I.L.F.I.T.). Die für den Streitfall relevanten Fragen zur Auslegung der Unionsmarkenverordnung sind durch Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union hinreichend geklärt (vgl. EuGH, GRUR Int. 2011, 827 - Viking Gas). Die hier entscheidende Feststellung des maßgeblichen Verkehrsverständnisses in einem konkreten Einzelfall obliegt der Beurteilung der Gerichte der Mitgliedsstaaten (vgl. EuGH, Urteil vom 22. September 2011 - C-323/09, Slg. 2011, I-8625 = GRUR 2011, 1124 Rn. 46 - Interflora).
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