Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 18.10.2011


BGH 18.10.2011 - I ZR 109/10

Wettbewerbs- und Geschmacksmusterrecht: Wettbewerbliche Eigenart des Designs eines Haushaltsgeräts; Abgrenzung zwischen wettbewerblicher und geschmacksmusterrechtlicher Eigenart


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
1. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
18.10.2011
Aktenzeichen:
I ZR 109/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 26. Mai 2010, Az: 5 U 96/05, Urteilvorgehend BGH, 9. Oktober 2008, Az: I ZR 126/06, Urteilvorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 7. Juni 2006, Az: 5 U 96/05, Urteilvorgehend LG Hamburg, 20. Mai 2005, Az: 308 O 182/04, Urteil
Zitierte Gesetze
§ 2 Abs 3 GeschmMG
Art 6 Abs 1 EGV 6/2002

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 5. Zivilsenat, vom 26. Mai 2010 wird zurückgewiesen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die auf Verletzung von Verfahrensgrundrechten gestützten Rügen nicht durchgreifen und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts auch im Übrigen nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme derjenigen der Nebenintervenientin, die diese selbst zu tragen hat (§ 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO).

Das Berufungsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die von der Klägerin hergestellte elektrische Gebäckpresse über wettbewerbliche Eigenart verfügt. Ein Erzeugnis besitzt wettbewerbliche Eigenart, wenn dessen konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2008 - I ZR 170/05, GRUR 2008, 1115 Rn. 20 = WRP 2008, 1510 - ICON; Urteil vom 1. Dezember 2010 - I ZR 12/08, GRUR 2011, 134 Rn. 67 = WRP 2011, 249 - Perlentaucher). Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht ebenfalls ausgegangen. Bei der Prüfung, ob das Erzeugnis der Klägerin diese Voraussetzungen erfüllt, hat das Berufungsgericht zwar auf die landgerichtlichen Feststellungen Bezug genommen, mit denen dieses eine Eigenart des Klagemusters begründet hat. Daraus folgt aber nicht, dass das Berufungsgericht von einem unzutreffenden Rechtsbegriff ausgegangen oder einen falschen Maßstab seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat. Vielmehr dient die Wiedergabe der landgerichtlichen Entscheidung der Beschreibung derjenigen Merkmale, die das Erzeugnis der Klägerin und dessen wettbewerbliche Eigenart ausmachen.

Aus Rechtsgründen nicht zutreffend ist allerdings die Annahme des Berufungsgerichts, das Anforderungsniveau für die Feststellung einer wettbewerblichen Eigenart liege in der Regel unterhalb derjenigen einer geschmacksmusterrechtlichen Schutzfähigkeit. Da sich die Voraussetzungen der Eigenart nach § 2 Abs. 3 GeschmMG und Art. 6 Abs. 1 GGV einerseits und der wettbewerblichen Eigenart nach den Grundsätzen des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes gemäß § 4 Nr. 9 UWG nicht decken, lassen sich allgemeine Aussagen zu einem Rangverhältnis zwischen geschmacksmusterrechtlicher und wettbewerblicher Eigenart nicht treffen. Dafür, dass das Berufungsgericht durch den unzutreffenden Ansatz zu einem falschen Ergebnis gelangt ist, ist aber nichts ersichtlich. Vielmehr ist die Würdigung des Berufungsgerichts, das Erzeugnis der Klägerin verfüge über wettbewerbliche Eigenart, nicht zu beanstanden.

Daran ändert auch die Rüge der Nichtzulassungsbeschwerde nichts, das Berufungsgericht habe keine Feststellungen getroffen, dass der Verkehr dazu neige, auf dem Markt für Gebäckpressen der Formgestaltung einer Ware einen Herkunftshinweis zu entnehmen. Bei Haushaltsgeräten seien für den Verbraucher nicht deren Ästhetik oder Design, sondern ihre Praktikabilität und Handhabbarkeit für die Kaufentscheidung wesentlich. Diese Produkte ordne der Verkehr deshalb nicht nach ihrer äußeren Form einem Hersteller zu.

In der von der Nichtzulassungsbeschwerde angenommenen Allgemeinheit kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Verkehr bei Haushaltsgeräten mit ihrem Design keine Herkunftsvorstellungen verbindet. Entscheidend ist vielmehr auch hier, ob es sich um "Allerweltserzeugnisse" oder "Dutzendware" handelt, bei denen der Verkehr auf die betriebliche Herkunft des Erzeugnisses keinen Wert legt, oder ob die Produkte bestimmte Merkmale aufweisen, anhand deren das Publikum auf die betriebliche Herkunft schließt (vgl. BGH, Urteil vom 21. September 2006 - I ZR 270/03, GRUR 2007, 339 Rn. 26 = WRP 2007, 313  Stufenleitern). Von diesen Maßstäben ist das Berufungsgericht ebenfalls ausgegangen.

Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.

Streitwert:  350.000 €

Bornkamm                                          Büscher                               Schaffert

                          Kirchhoff                                        Koch