Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 16.05.2012


BGH 16.05.2012 - I ZB 52/11

Zwangs- oder Ordnungsmittelbeschlüsse in der Zwangsvollstreckung: Aufschiebende Wirkung der Beschwerde


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
1. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
16.05.2012
Aktenzeichen:
I ZB 52/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend LG Karlsruhe, 8. August 2011, Az: 6 T 13/11vorgehend AG Pforzheim, 31. Mai 2011, Az: 29 M 3008/11vorgehend AG Pforzheim, 12. Mai 2011, Az: 29 M 3008/11
Zitierte Gesetze

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners wird der Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 8. August 2011 aufgehoben.

Auf die Beschwerde des Schuldners wird der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Pforzheim vom 12. Mai 2011 aufgehoben.

Der Antrag des Gläubigers auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wird zurückgewiesen.

Der Gläubiger trägt die weiteren Kosten des Verfahrens.

Gegenstandswert: 5.000 €

Gründe

1

I. Mt Beschluss vom 18. April 2011 verhängte das Landgericht Mannheim gegen den Schuldner ein Zwangsgeld gemäß § 888 Abs. 1 ZPO zur Erzwingung einer Auskunftserteilung. Gegen diesen Beschluss legte der Schuldner unter dem 4. Mai 2011 sofortige Beschwerde ein.

2

Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 12. Mai 2011 hat das Amtsgericht Pforzheim Ansprüche des Schuldners aus seiner Geschäftsverbindung mit der Drittschuldnerin gepfändet. Der Schuldner hat dagegen Erinnerung mit der Begründung eingelegt, seiner sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Mannheim komme aufschiebende Wirkung zu, so dass aufgrund dieses Beschlusses kein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss hätte erlassen werden dürfen.

3

Erinnerung und Beschwerde des Schuldners sind ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Schuldner seinen Antrag auf Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses weiter.

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II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

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1. Das Beschwerdegericht hat angenommen, dass die sofortige Beschwerde gegen Zwangs- und Ordnungsmittelbeschlüsse gemäß §§ 888, 890 ZPO keine aufschiebende Wirkung habe. Der Wortlaut des § 570 Abs. 1 ZPO sei im Hinblick auf die Formulierung "Festsetzung" eines Ordnungs- oder Zwangsmittels nicht eindeutig. Der Gesetzgeber habe mit § 570 Abs. 1 ZPO keine inhaltliche Erweiterung gegenüber § 572 Abs. 1 ZPO aF beabsichtigt; für eine Ausdehnung der aufschiebenden Wirkung auf Beschlüsse gemäß §§ 888, 890 ZPO bestehe kein Bedürfnis.

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2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Gemäß § 570 Abs. 1 ZPO kommt der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu, wenn sie die Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsmittels zum Gegenstand hat. Wie der beschließende Senat zeitlich nach Erlass des angefochtenen Beschlusses entschieden hat, gilt dies auch für Beschwerden gegen die Festsetzung eines Zwangs- oder Ordnungsmittels bei Zwangs- oder Ordnungsmittelbeschlüssen gemäß §§ 888, 890 ZPO (Beschluss vom 17. August 2011 - I ZB 20/11, NJW 2011, 3791 Rn. 8 ff. - Aufschiebende Wirkung). Wie dort im Einzelnen ausgeführt ist, verbietet sich mangels eindeutiger Äußerungen des Reformgesetzgebers eine Normauslegung, die den für sich gesehen durchaus klaren Wortlaut des § 570 Abs. 1 ZPO im Hinblick auf einen möglicherweise gegenteiligen Willen des Gesetzgebers korrigiert. Es kommt hinzu, dass die entsprechende Frage in den Generalklauseln des § 149 Abs. 1 Satz 1 VwGO, des § 131 Abs. 1 Satz 1 FGO und des § 201 SGG im Sinne einer aufschiebenden Wirkung von Beschwerden auch bei Zwangsgeldern gemäß § 172 VwGO, § 154 FGO und § 201 SGG geregelt ist.

7

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Bornkamm                                      Büscher                                      Schaffert

                           Kirchhoff                                        Koch