Entscheidungsdatum: 28.01.2015
Die Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG 2002, nach der Bezüge aus Anteilen an einer Körperschaft nicht zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen gehören, soweit für diese das steuerliche Einlagekonto i.S. des § 27 KStG 2002 als verwendet gilt, knüpft tatbestandlich an die im Bescheid nach § 27 Abs. 2 KStG 2002 ausgewiesenen Bestände des steuerlichen Einlagekontos an (Bestätigung des Senatsurteils vom 19. Mai 2010 I R 51/09, BFHE 230, 128, BStBl II 2014, 937). Wird die Feststellung geändert, ist hierin ein rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO mit der Folge zu sehen, dass im Hinblick auf die Steuerfestsetzung gegenüber dem Gesellschafter die Anlaufhemmung des § 175 Abs. 1 Satz 2 AO ausgelöst wird .
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 12. September 2013 2 K 62/11 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
I. Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit des gegenüber der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ergangenen Nachforderungsbescheids vom 13. August 2009 über Kapitalertragsteuer sowie den darauf entfallenden Solidaritätszuschlag im Streit.
Gesellschafter der Klägerin, einer GmbH, waren im Streitjahr (2006) R mit einem Anteil von 95 % sowie P mit einem Anteil von 5 %. Obgleich die Gesellschafter auch im Jahr 2006 die Teilauszahlung der Kapitalrücklage beschlossen hatten (im Jahr 2006 insgesamt: 134.277,85 €) und deren Ausweis nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) in der Handelsbilanz entsprechend gemindert wurde, erklärte die Klägerin am 14. Dezember 2007 mit amtlichen Vordruck (KSt 1 F) zum 31. Dezember 2006 ein gegenüber der Feststellung zum Ende des Vorjahrs (2005) unverändertes steuerliches Einlagekonto von 534.305 €. Der Erklärung hat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) mit Feststellungsbescheid vom 25. März 2008 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 der Abgabenordnung --AO--) entsprochen. Mit weiterem Bescheid vom 12. November 2009 wurde --in Anpassung an die geänderte Feststellung zum Ende des Vorjahrs (in Höhe von 484.305 €)-- das Einlagekonto zum 31. Dezember 2006 auf gleichfalls 484.305 € festgestellt. Auch dieser Bescheid stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung; da er von der Klägerin nicht angefochten wurde, ist der Feststellungsbescheid zwischenzeitlich materiell bestandskräftig geworden.
Mit Nachforderungsbescheid vom 13. August 2009 wurde gegenüber der Klägerin als Entrichtungsschuldnerin u.a. für den Zeitraum 2006 die nicht einbehaltene Kapitalertragsteuer sowie der darauf entfallende Solidaritätszuschlag (26.855 € [20 % x 134.277,85 €] zuzüglich 1.477,06 € [5,5 % x 26.855 €]) geltend gemacht. Ihr Einspruch blieb ohne Erfolg.
Mit Bescheid vom 19. Mai 2011 hat das FA auch den Antrag der Klägerin, die Kapitalertragsteuer für 2006 aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO abweichend festzusetzen, abgelehnt.
Die Klägerin hat sowohl gegen den Nachforderungsbescheid als auch gegen die Ablehnung des Billigkeitserweises Klage erhoben; Letzteres im Wege der Sprungklage, der das FA nach § 45 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) fristgerecht zugestimmt hat. Beide Verfahren wurden vom FG gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 FGO verbunden. Das FG hat die Klage (betreffend das Streitjahr 2006) abgewiesen (FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 12. September 2013 2 K 62/11, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2014, 936).
Mit der Revision beantragt die Klägerin sinngemäß, das vorinstanzliche Urteil --soweit es über die Nachforderung für das Jahr 2006 entschieden hat-- und den Nachforderungsbescheid vom 13. August 2009 über Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag insoweit aufzuheben, hilfsweise den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 19. Mai 2011 zu verpflichten, die Kapitalertragsteuer für 2006 abweichend aus Billigkeitsgründen auf 0 € festzusetzen.
II. Die Revision ist nicht begründet und nach § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen. Der Klägerin ist zwar durch das Urteil des FG --soweit es über die Nachforderung von Kapitalertragsteuer sowie des darauf entfallenden Solidaritätszuschlags für die im Jahr 2006 vorgenommenen Ausschüttungen entschieden und die Klage abgewiesen hat-- beschwert. Ihre Revision bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg, weil der Nachforderungsbescheid vom 13. August 2009 insoweit rechtlich nicht zu beanstanden ist (s. nachfolgend zu 1.) und Gründe, die die Aufhebung des Bescheids aus Billigkeitsgründen gebieten würden, nicht vorliegen (nachfolgend zu 2.).
1. Die Klägerin war nach § 45a Abs. 1 Satz 1, § 44 Abs. 1 Satz 3 und 5 i.V.m. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes 2002 (EStG 2002) verpflichtet, auf die im Jahre 2006 vorgenommenen Ausschüttungen (insgesamt: 134.277,85 €) Kapitalertragsteuer sowie den hierauf entfallenden Solidaritätszuschlag (§ 1 Abs. 2 des Solidaritätszuschlaggesetzes 1995) einzubehalten, anzumelden und abzuführen. Die Klägerin ist diesen Verpflichtungen nicht nachgekommen; demgemäß war das FA gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 AO berechtigt, gegen die Klägerin als sog. Entrichtungsschuldnerin einen Nachforderungsbescheid zu erlassen (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Variante 3 AO). Da die Kapitalertragsteuer aber vom Gläubiger der Kapitalerträge geschuldet wird (§ 44 Abs. 1 Satz 1 EStG 2002) und deshalb der Entrichtungsschuldner durch den Nachforderungsbescheid in seiner durch § 44 Abs. 5 EStG 2002 begründeten Eigenschaft als Haftungsschuldner in Anspruch genommen werden soll, ist zwar auch die Rechtmäßigkeit dieses Bescheids (vorbehaltlich abweichender gesetzlicher Regelungen) nach ständiger Rechtsprechung davon abhängig, ob der Entrichtungsschuldner nachweist, die ihm auferlegten Erklärungs-, Einbehalts- und Abzugspflichten weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt zu haben (sog. Exkulpationsmöglichkeit; Senatsurteile vom 20. August 2008 I R 29/07, BFHE 222, 500, BStBl II 2010, 142; vom 8. April 2014 I R 51/12, BFHE 246, 7, BStBl II 2014, 982). Indes hat die Klägerin einen solchen Nachweis nicht geführt.
a) Die Ausschüttungen der Klägerin gehörten zu den Gewinnanteilen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG 2002 (zum Begriff s. Senatsurteil vom 6. Juni 2012 I R 6, 8/11, BFHE 237, 346, BStBl II 2013, 111). Sie unterlagen deshalb dem Abzug der Kapitalertragsteuer sowie des Solidaritätszuschlags, unabhängig davon, ob die Anteile an der Klägerin im Privat- oder im Betriebsvermögen ihrer Gesellschafter (Gläubiger der Kapitalerträge) gehalten wurden (§ 43 Abs. 4 EStG 2002).
b) Soweit die Klägerin hiergegen geltend macht, dass sie keine Gewinne ausgeschüttet, sondern ihren Gesellschaftern die von diesen erbrachten Kapitalrücklagen erstattet habe und deshalb die Ausschüttungen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG 2002 nicht zu den kapitalertragsteuerpflichtigen Erträgen ihrer Gesellschafter gehören, kann dieser Einwand bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht durchgreifen.
aa) Er lässt außer Acht, dass mit den Bescheiden vom 12. November 2009 das steuerliche Einlagekonto nach § 27 Abs. 2 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes 2002 (KStG 2002) sowohl zum 31. Dezember 2006 als auch zum Ende des Vorjahrs (31. Dezember 2005) auf (jeweils) 484.305 € festgestellt wurde und diese Feststellungen, obgleich an die Kapitalgesellschaft als Inhaltsadressatin gerichtet, auch für die Besteuerung der Anteilseigner eine materiell-rechtliche Bindung entfalten. Der erkennende Senat hat hierzu mit Urteil vom 19. Mai 2010 I R 51/09 (BFHE 230, 128, BStBl II 2014, 937) ausgeführt, dass die Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG 2002, nach welcher Bezüge aus Anteilen an einer Körperschaft nicht zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen gehören, soweit für diese das steuerliche Einlagekonto i.S. des § 27 KStG 1999 n.F. als verwendet gilt, tatbestandlich an die im Bescheid nach § 27 Abs. 2 KStG 1999 n.F. ausgewiesenen Bestände des steuerlichen Einlagekontos anknüpft. Demgemäß ist nicht nur die mit den Feststellungen des steuerlichen Einlagekontos für die Leistungen der Körperschaft verbundene Verwendungsfiktion auch auf der Ebene der Gesellschafter zu beachten; vielmehr bedeutet die materiell-rechtliche Bindung des Gesellschafters (Anteilsinhabers) auch, dass er sich nicht mit Erfolg darauf berufen kann, das steuerliche Einlagekonto sei im Bescheid über die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos unzutreffend ausgewiesen.
bb) Der Senat sieht keine Veranlassung, von diesen Grundsätzen abzurücken. Folge hiervon ist nicht nur, dass im Streitfall nach den Feststellungen des Einlagekontos vom 12. November 2009 die Ausschüttungen nicht i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG 2002 unter Verwendung des Einlagekontos erbracht wurden und damit entgegen der Würdigung der Klägerin als Gewinnanteil i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG 2002 der Kapitalertragsteuer unterlagen. Hinzu kommt, dass auch die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos zum 31. Dezember 2006 (Änderungsbescheid vom 12. November 2009), die von der Klägerin nicht angegriffen wurde und die auf die von ihr im Dezember 2007 abgegebene Erklärung (§ 27 Abs. 2 Satz 4 KStG 2002) zurückging, nach § 181 Abs. 1 AO i.V.m. § 169 Abs. 1 Satz 1 sowie Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO mit Ablauf des Jahres 2011 bestandskräftig geworden ist. Der vorgenannte Änderungsbescheid ist zudem während des Einspruchsverfahrens gegen den Nachforderungsbescheid auf der Grundlage einer eingehenden rechtlichen Prüfung des FA ergangen. Es verbietet sich deshalb die Annahme, die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos beruhe auf einer offenbaren Unrichtigkeit i.S. von § 129 AO. Die Bestandskraft des Bescheids hat weiterhin zur Folge, dass den Einwänden der Klägerin gegen die Rechtsmäßigkeit des Feststellungsbescheids (hier: keine Ausschlusswirkung nach § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG 2002 i.d.F. des Gesetzes über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften vom 7. Dezember 2006, BGBl I 2006, 2782, BStBl I 2007, 4), im anhängigen Verfahren nicht nachzugehen ist.
c) Dem FG ist ferner darin beizupflichten, dass die Klägerin ihre Pflichten i.S. von § 44 Abs. 5 Satz 1 EStG 2002 grob fahrlässig verletzt hat. Letzteres ergibt sich bereits daraus, dass die Klägerin --aus ihrer Sicht-- fehlerhafte Erklärungen zur Feststellung des Einlagekontos abgegeben hat. Nach den Regelungen des § 27 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 KStG 2002 konnte für sie kein Zweifel daran bestehen, dass im Falle einer erklärungsgemäßen (d.h. gegenüber dem Vorjahr unveränderten) Feststellung des Einlagekontos die Ausschüttungen des Jahres 2006 nicht als aus dem Einlagekonto erbracht gelten und damit die ihr für die Erhebung der Kapitalertragsteuer als Entrichtungsschuldnerin obliegenden Pflichten auslösen. Ihr Einwand, die Minderung des Einlagekontos sei unabhängig von den ausgestellten Steuerbescheinigungen (§ 27 Abs. 2 KStG 2002) zu beurteilen, geht deshalb fehl. Er vermag --wie vom FG zutreffend erkannt-- die Klägerin nicht i.S. von § 44 Abs. 5 Satz 1 EStG 2002 zu exkulpieren. Die Klägerin ist im Zuge des Einspruchsverfahrens gegen den Nachforderungsbescheid vom 13. August 2009 mit Hinweisschreiben vom 30. Oktober 2009 auch ausdrücklich auf die materielle Bindung des Bescheids zur Feststellung des Einlagekontos für die Besteuerung der Gesellschafter aufmerksam gemacht worden (vgl. auch Senatsurteil in BFHE 230, 128, BStBl II 2014, 937). Sie hätte deshalb spätestens zu diesem Zeitpunkt zur Vermeidung ihrer Einstandspflicht als Entrichtungsschuldnerin die Änderung des Feststellungsbescheids zum 31. Dezember 2006 vom 12. November 2009 bis zum Ablauf der Feststellungsfrist (31. Dezember 2011) beantragen müssen (§ 164 Abs. 2 Satz 2 AO i.V.m. § 171 Abs. 3 AO).
d) Nicht durchgreifen kann schließlich der Einwand der Klägerin, nach der Rechtsprechung sei der Einkommensteuerveranlagung der Gesellschafter gegenüber dem nur vorläufigen Verfahren des Kapitalertragsteuerabzugs der Vorrang zu geben, ein Steuereinbehalt sowie die Inanspruchnahme der ausschüttenden Gesellschaft als Entrichtungsschuldnerin scheiden deshalb dann aus, wenn --wie vorliegend-- nach den Einkommensteuerveranlagungen für die Empfänger der Ausschüttungen (hier: R und P) feststehe, dass diese nicht zu Einkünften aus Kapitalvermögen geführt hätten (vgl. Senatsurteile vom 18. Februar 1970 I R 97/66, BFHE 98, 482, BStBl II 1970, 464; vom 19. Januar 1977 I R 188/74, BFHE 123, 124, BStBl II 1977, 847; vom 19. Oktober 2005 I R 121/04, BFH/NV 2006, 926; s. --auch zur Rechtslage ab dem Veranlagungszeitraum 2009-- Blümich/ Lindberg, § 44 EStG Rz 4). Die Erwägungen der Klägerin lassen außer Acht, dass die Erfassung der Kapitalerträge bei ihren Gesellschaftern selbst im Zeitpunkt der Entscheidung des FG über die Rechtmäßigkeit des Nachforderungsbescheids (12. September 2013) noch möglich gewesen wäre und sich bereits aus diesem Grund die Annahme verbietet, es habe im Streitfall festgestanden, R und P hätten keine der Kapitalertragsteuer unterliegenden Einkünfte bezogen. Abgesehen davon hat das FG ohnehin keine Feststellungen zum Vortrag der Klägerin getroffen, die Ausschüttungen seien bei ihren Gesellschaftern nicht als Kapitalerträge erfasst worden.
Tragend für die hier vertretene Auffassung ist abermals, dass die Bescheide über die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos auf den Schluss der Jahre 2006 und 2005 vom 12. November 2009 (jeweils in Höhe von 484.305 €; zuvor jeweils in Höhe von 534.305 €) als materiell-rechtliches Tatbestandsmerkmal unmittelbar auf die Qualifikation der Ausschüttungen auf der Stufe der Gesellschafter (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 3 EStG 2002) einwirken. Der Erlass der vorgenannten Bescheide, mit denen die zunächst getroffenen Feststellungen (Bescheide vom 25. März 2008) geändert wurden, hat deshalb als rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (vgl. Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 175 AO Rz 46 ff., m.w.N.) die Anlaufhemmung der vierjährigen Frist für die Einkommensteuerfestsetzung (betreffend R und P) nach § 175 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO ausgelöst (hier: Ablauf frühestens zum 31. Dezember 2013; vgl. zu Änderungsbescheiden Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. Juni 2005 IV R 11/04, BFHE 210, 196, BStBl II 2005, 809).
Der Senat weicht mit seiner Auffassung nicht von dem Urteil des VIII. Senats des BFH vom 19. April 2005 VIII R 27/03 (BFH/NV 2005, 1807) ab. Der VIII. Senat hat in diesem Urteil zur Feststellung der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals nach § 47 des KStG 1991 (sog. vEK-Bescheid) im Rahmen des früheren Anrechnungsverfahrens entschieden, dass der Erlass eines solchen Bescheids nicht zu einem rückwirkenden Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 2 AO führe. Das fußt auf der Erwägung, dass dem vEK-Bescheid im Rahmen der Besteuerung des Gesellschafters lediglich die Bedeutung eines (von mehreren) Beweismitteln für die Verwendung von Einlagen zukomme. Es sei gegebenenfalls in Kauf zu nehmen, dass der Behandlung der nämlichen Ausschüttungen auf der Stufe der Kapitalgesellschaft nicht mit derjenigen beim Gesellschafter korrespondiere. Diese Beurteilung ist im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens überholt; die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos (§ 27 Abs. 2 KStG 2002) ist als materielles Tatbestandsmerkmal für die Besteuerung des Gesellschafters zu werten.
2. Der Klage kann auch nicht mit dem Hilfsantrag, die Nachforderung im Billigkeitswege auf 0 € festzusetzen, stattgegeben werden. Ausgehend davon, dass behördliche Ermessensentscheidungen nach § 102 Satz 1 FGO nur in einem eingeschränkten Umfang der gerichtlichen Überprüfung unterliegen, ist es nicht zu beanstanden, dass das FA dem Billigkeitsbegehren mit Bescheid vom 19. Mai 2011 u.a. mit dem Hinweis auf die Bindungswirkung der Feststellungen zum Einlagekonto abgelehnt hat; dies entspricht dem allgemeinen Grundsatz, dass die Billigkeitsmaßnahmen nach den §§ 163, 227 AO nicht dazu bestimmt sind, die Rechtmäßigkeitsprüfung von Steuerfestsetzungs- oder Feststellungsbescheiden im Rahmen der dafür vorgesehenen Rechtsmittelverfahren und sonstigen Rechtsbehelfsverfahren zur Änderung dieser Bescheide (hier: Einspruch oder Antrag nach § 164 Abs. 2 Satz 2 AO) zu unterlaufen (Klein/Rüsken, AO, 12. Aufl., § 163 Rz 40, m.w.N.). Demgemäß ist es auch nicht zu beanstanden, dass der Vertreter des FA ergänzend zu den bisherigen Ermessenserwägungen (vgl. § 102 Satz 2 FGO; dazu Klein/ Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 141) in der mündlichen Verhandlung vor dem FG auf die mit Ablauf des Jahrs 2011 eingetretene Bestandskraft des Feststellungsbescheids zum 31. Dezember 2006 hingewiesen hat.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 2 FGO.