Entscheidungsdatum: 27.09.2017
1. Arbeitgeber dürfen hinsichtlich laufender Altersteilzeitarbeitsverträge keine Rückstellungen für den sog. Nachteilsausgleich gemäß § 5 Abs. 7 TV ATZ bilden.
2. Ein Arbeitgeber, der Jubiläumsrückstellungen in seiner Bilanz zum 31. Dezember 2005 anhand der Pauschalwerttabelle des BMF-Schreibens vom 12. April 1999 (BStBl I 1999, 434) bemessen hatte, darf später im Rahmen einer noch "offenen" Veranlagung für das Jahr 2005 zur Anwendung der im BMF-Schreiben vom 8. Dezember 2008 (BStBl I 2008, 1013) veröffentlichten Pauschalwerttabelle übergehen.
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts München, Außensenate Augsburg, vom 9. Juni 2015 6 K 1824/13 aufgehoben.
Die Klage wird im Hinblick auf die Festsetzung der Körperschaftsteuer 2004 abgewiesen.
Im Übrigen (Körperschaftsteuer 2005) wird die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht München, Außensenate Augsburg, zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.
A.
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine Sparkasse in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts. Im Hinblick auf die Festsetzung der Körperschaftsteuer für die Jahre 2004 und 2005 (Streitjahre) bestehen zwischen der Klägerin und dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) zwei Streitpunkte, denen folgende Sachverhalte zugrunde liegen:
- Rückstellung für Nachteilsausgleich bei der Altersteilzeit:
Die Klägerin hat mit verschiedenen Mitarbeitern Verträge über Altersteilzeit abgeschlossen. Grundlage dieser Verträge ist das Gesetz zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand (Altersteilzeitgesetz) vom 23. Juli 1996 (BGBl I 1996, 1078) und der für die Mitarbeiter der Klägerin einschlägige Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeit im Öffentlichen Dienst vom 5. Mai 1998 (TV ATZ). Nach § 5 Abs. 7 TV ATZ haben die Mitarbeiter einen tariflichen Anspruch auf die Zahlung einer Abfindung wegen der zu erwartenden Rentenkürzung aufgrund vorzeitiger Inanspruchnahme einer Rente (sog. Nachteilsausgleich). Die Bestimmung hat folgenden Wortlaut:
"Arbeitnehmer, die nach Inanspruchnahme der Altersteilzeit eine Rentenkürzung wegen einer vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente zu erwarten haben, erhalten für je 0,3 v.H. Rentenminderung eine Abfindung in Höhe von 5 v.H. der Vergütung ..., die bzw. der dem Arbeitnehmer im letzten Monat vor dem Ende des Altersteilzeitverhältnisses zugestanden hätte, wenn er mit der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit ... beschäftigt gewesen wäre. Die Abfindung wird zum Ende des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses gezahlt."
Die künftigen Abfindungszahlungen bei den Altersteilzeitrückstellungen hat die Klägerin in ihren Handels- und Steuerbilanzen ab Abschluss des jeweiligen Altersteilzeitvertrags in voller Höhe, jedoch abgezinst auf den Zeitpunkt der Auszahlung (Zinssatz 5,5 %) gewinnmindernd als Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten passiviert.
Das FA war der Auffassung, die Rückstellungen für die Abfindungszahlungen dürften gemäß dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 28. März 2007 (BStBl I 2007, 297, Rz 15) nicht bereits bei Abschluss des Altersteilzeitvertrags in voller (abgezinster) Höhe passiviert werden, sondern müssten --wie die Rückstellungen für die Lohn-Aufstockungszahlungen bei Altersteilzeit-- ratierlich angesammelt werden. Auf dieser Grundlage ermittelte das FA für das Streitjahr 2004 eine Gewinnerhöhung um ... € und für das Streitjahr 2005 eine Gewinnminderung um ... €. Es erließ entsprechend geänderte Körperschaftsteuerbescheide.
- Rückstellungen für Zuwendungen anlässlich Dienstjubiläen:
Die Klägerin gewährte ihren Mitarbeitern Zuwendungen anlässlich Dienstjubiläen sowohl nach den jeweils geltenden Tarifverträgen als auch nach übertariflichen Sonderzahlungen und bildete dafür Rückstellungen (sog. Jubiläumsrückstellungen). Zum 31. Dezember 2005 bildete sie die Jubiläumsrückstellungen in der Handels- und Steuerbilanz, soweit die maßgebenden Dienstverhältnisse mindestens zehn Jahre bestanden und die Zuwendung das Bestehen eines Dienstverhältnisses von mindestens 15 Jahren vorausgesetzt hatte. Den steuerlichen Ansatz der Jubiläumsrückstellungen zum 31. Dezember 2005 hat die Klägerin nach dem sog. Pauschalwertverfahren nach Maßgabe des BMF-Schreibens vom 12. April 1999 (BStBl I 1999, 434) und den darin vorgegebenen Pauschalwerten mit insgesamt ... € bemessen. Dem Pauschalwertverfahren nach dem BMF-Schreiben in BStBl I 1999, 434 lagen die "Richttafeln 1998" von Dr. Klaus Heubeck (Heubeck) zugrunde.
Das FA berücksichtigte die Jubiläumsrückstellungen bei Festsetzung der Körperschaftsteuer für das Streitjahr 2005 erklärungsgemäß. Die Klägerin beantragte im Einspruchsverfahren, die Jubiläumsrückstellungen mit ... € anzusetzen. Dieser Betrag ergebe sich unter Zugrundelegung der von der Finanzverwaltung auf der Grundlage der "Richttafeln 2005 G" von Heubeck im BMF-Schreiben vom 8. Dezember 2008 (BStBl I 2008, 1013) verlautbarten neuen Pauschalwerttabelle. Das FA lehnte die Änderung ab, weil seiner Auffassung nach der ursprüngliche Ansatz nicht fehlerhaft gewesen sei.
Die Klage hatte in beiden Punkten Erfolg (Finanzgericht --FG-- München, Außensenate Augsburg, Urteil vom 9. Juni 2015 6 K 1824/13, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte 2015, 1560).
Gegen das FG-Urteil richtet sich die --vom FG zugelassene-- Revision des FA.
Während des Revisionsverfahrens --am 20. November 2015-- hat das FA Änderungsbescheide für beide Streitjahre erlassen. Auswirkungen auf die Streitgegenstände ergaben sich dadurch nicht.
Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Änderungsbescheide vom 20. November 2015 dahin abzuändern, dass die rückgestellten Verbindlichkeiten wegen Nachteilsausgleichs gemäß § 5 Abs. 7 TV ATZ in voller (abgezinster) Höhe passiviert werden und dass --insoweit nur den Bescheid für 2005 betreffend-- die Höhe der Jubiläumsrückstellungen zum 31. Dezember 2005 auf der Grundlage der Pauschalwerttabelle gemäß dem BMF-Schreiben in BStBl I 2008, 1013 bemessen wird.
B.
I. Das angefochtene Urteil ist aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, weil die nach Ergehen des FG-Urteils erlassenen Änderungsbescheide vom 20. November 2015 an die Stelle der ursprünglich angefochtenen Bescheide getreten sind. Dem FG-Urteil liegen infolgedessen nicht mehr existierende Bescheide zugrunde und das angefochtene Urteil kann deswegen keinen Bestand mehr haben. Da die vom FG festgestellten tatsächlichen Grundlagen des Streitstoffs durch die Änderung der angefochtenen Bescheide unberührt geblieben sind, bedarf es keiner Zurückverweisung der Sache gemäß § 127 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- (z.B. Senatsurteil vom 26. Februar 2014 I R 56/12, BFHE 245, 143, BStBl II 2014, 703). Das finanzgerichtliche Verfahren leidet nicht an einem Verfahrensmangel, so dass die vom FG insoweit getroffenen tatsächlichen Feststellungen durch die Aufhebung des Urteils nicht weggefallen sind; sie bilden daher nach wie vor die Grundlage für die Entscheidung des Senats.
II. Die Klage hat nur im Hinblick auf das Streitjahr 2005 --dem Grunde nach-- Erfolg; die Sache ist insoweit zur Nachholung weiterer tatsächlicher Feststellungen an das FG zurückzuverweisen. Im Hinblick auf das Streitjahr 2004 ist die Klage als unbegründet abzuweisen.
1. Die Klage ist zulässig. Es steht der Klagebefugnis (§ 40 Abs. 2 FGO) in Bezug auf den das Streitjahr 2005 betreffenden Bescheid nicht entgegen, dass sich in dem Fall, dass die Klägerin in beiden Streitpunkten obsiegen würde, für dieses Streitjahr per Saldo eine höhere Körperschaftsteuer ergeben würde, als sie in dem angefochtenen Bescheid festgesetzt worden ist. Denn die Klägerin ist dadurch beschwert, dass das FA in dem Körperschaftsteuerbescheid 2005 die Rückstellungen für die Jubiläumszuwendungen niedriger bemessen hat, als von ihr beantragt, wodurch sich aus Sicht der Klägerin ein zu hoher Gewinn ergeben hat. Diese Beschwer entfällt nicht dadurch, dass sich aufgrund der Rechtsauffassung der Klägerin zu dem anderen Streitpunkt (Rückstellungen für den Nachteilsausgleich) für 2005 eine gegenläufige Gewinnminderung ergeben würde. Anders wäre es nur, wenn beide Streitpunkte inhaltlich in einer Weise miteinander verknüpft wären, dass ein Obsiegen in dem ersten Streitpunkt zwangsläufig auch zu einem Obsiegen im zweiten Streitpunkt führen müsste. So liegt der Fall hier aber nicht. Denn beide Streitpunkte sind inhaltlich nicht miteinander verbunden.
2. Im Hinblick auf das Streitjahr 2004 ist die Klage als unbegründet abzuweisen. Die Klägerin wird durch den angefochtenen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Sie durfte in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 2004 keine Rückstellungen für die Verpflichtungen zur Zahlung des Nachteilsausgleichs gemäß § 5 Abs. 7 TV ATZ passivieren.
a) Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs in der in den Streitjahren geltenden Fassung (HGB) sind in der Handelsbilanz u.a. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Die daraus folgende Passivierungspflicht gehört zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteil vom 25. Mai 2016 I R 17/15, BFHE 254, 228, BStBl II 2016, 930) und ist von der als Sparkasse buchführungspflichtigen Klägerin gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (EStG) i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung auch für die Steuerbilanzen zu beachten (vgl. Senatsurteil vom 11. Oktober 2012 I R 66/11, BFHE 239, 315, BStBl II 2013, 676).
b) Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten setzen entweder das Bestehen einer ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit oder die überwiegende Wahrscheinlichkeit des Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach voraus, deren Höhe zudem ungewiss sein kann. Bei den Ansprüchen der Arbeitnehmer auf Nachteilsausgleich gemäß § 5 Abs. 7 TV ATZ handelt es sich um in den Zeitpunkten des Abschlusses der jeweiligen Teilzeitarbeitsverträge sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeiten. Denn der Zahlungsanspruch setzt u.a. voraus, dass dem Arbeitnehmer nach dem Ende des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses tatsächlich nur ein "gekürzter" gesetzlicher Rentenanspruch zusteht (vgl. Urteil des Landesarbeitsgerichts --LAG-- Baden-Württemberg vom 30. Mai 2016 1 Sa 1/16, Zeitschrift für Tarif-, Arbeits- und Sozialrecht des öffentlichen Dienstes --ZTR-- 2016, 707; Urteil des LAG Schleswig-Holstein vom 19. Mai 2015 1 Sa 370 b/14, juris; Urteil des LAG Niedersachsen vom 6. August 2008 2 Sa 1738/07, juris). Damit fehlte es für die Entstehung der Zahlungsforderungen zu den Zeitpunkten des Abschlusses der Teilzeitarbeitsverträge noch an mindestens einem Tatbestandselement.
c) Ist die Verpflichtung am Bilanzstichtag --wie hier-- dem Grunde nach noch nicht rechtlich entstanden, ist eine Rückstellung nur zu bilden, wenn sie erstens mit überwiegender Wahrscheinlichkeit entsteht und der Steuerpflichtige daraus in Anspruch genommen wird und wenn sie wirtschaftlich in den bis zum Bilanzstichtag abgelaufenen Wirtschaftsjahren verursacht ist (vgl. Senatsurteile vom 27. Juni 2001 I R 45/97, BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121; vom 6. Juni 2012 I R 99/10, BFHE 237, 335, BStBl II 2013, 196; vom 6. Februar 2013 I R 8/12, BFHE 240, 252, BStBl II 2013, 686, jeweils m.w.N.). Im Streitfall liegt nur die erstgenannte Voraussetzung vor, nicht aber auch die wirtschaftliche Verursachung der Verbindlichkeiten in den bis zu den Bilanzstichtagen abgelaufenen Wirtschaftsjahren.
aa) Die überwiegende Wahrscheinlichkeit der Entstehung ist zu bejahen, wenn zum betreffenden Bilanzstichtag mehr Gründe für als gegen das Entstehen der in Rede stehenden Verbindlichkeit und die künftige Inanspruchnahme des Steuerpflichtigen sprechen (z.B. Senatsurteil vom 8. November 2000 I R 10/98, BFHE 193, 406, BStBl II 2001, 349). Im Streitfall war aus den abgeschlossenen Altersteilzeitvereinbarungen eine Inanspruchnahme der Klägerin hinreichend wahrscheinlich. Denn es war davon auszugehen, dass die Arbeitnehmer den zugesagten Nachteilsausgleich nach dem Ende der Altersteilzeit auch in Anspruch nehmen würden.
bb) An der Verursachung der Abfindungsverbindlichkeiten im abgelaufenen Wirtschaftsjahr oder in den Vorjahren fehlte es hier indessen.
aaa) Diese Passivierungsvoraussetzung erfordert, dass die wirtschaftlich wesentlichen Tatbestandsmerkmale zu den maßgeblichen Bilanzstichtagen erfüllt sind und das Entstehen der Verbindlichkeit nur noch von wirtschaftlich unwesentlichen Tatbestandsmerkmalen abhängt. Maßgebend ist hiernach die wirtschaftliche Wertung des Einzelfalls im Lichte der rechtlichen Struktur des Tatbestands, mit dessen Erfüllung die Verbindlichkeit entsteht (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteile in BFHE 240, 252, BStBl II 2013, 686; vom 15. März 2017 I R 11/15, BFHE 258, 8, BStBl II 2017, 1043). Der rechtliche und wirtschaftliche Bezugspunkt der Verpflichtung muss in der Vergangenheit liegen, so dass die Verbindlichkeit nicht nur an Vergangenes anknüpft, sondern auch Vergangenes abgilt (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17. Oktober 2013 IV R 7/11, BFHE 243, 256, BStBl II 2014, 302, m.w.N.). Unerheblich ist im Zusammenhang mit der Beurteilung der wirtschaftlichen Wesentlichkeit hingegen der Grad der Wahrscheinlichkeit der Verwirklichung des betreffenden Tatbestandsmerkmals (vgl. Senatsurteil in BFHE 258, 8, BStBl II 2017, 1043).
bbb) Wie unter B.II.2.b ausgeführt, ist § 5 Abs. 7 Satz 1 TV ATZ dahin auszulegen, dass der Abfindungsanspruch nur entsteht, wenn es beim Eintritt des jeweiligen Arbeitnehmers in den Ruhestand tatsächlich zu einer Rentenkürzung kommt. Bei dem Tatbestandselement des Eintritts einer Rentenkürzung, welches in Bezug auf die Arbeitnehmer, für die die Klägerin die in Rede stehenden Rückstellungen gebildet hat, zu den Bilanzstichtagen der Streitjahre noch nicht verwirklicht war, handelt es sich um ein im vorstehend beschriebenen Sinne wirtschaftlich wesentliches Tatbestandsmerkmal. Denn Sinn und Zweck der Abfindung nach § 5 Abs. 7 TV ATZ besteht gerade darin, jenen Arbeitnehmern, die aufgrund ihrer Bereitschaft zum Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags später eine Rentenkürzung hinnehmen müssen, einen Nachteilsausgleich zu gewähren (s.a. Urteil des LAG Baden-Württemberg in ZTR 2016, 707; Urteil des LAG Schleswig-Holstein vom 19. Mai 2015 1 Sa 370 b/14, juris; Urteil des LAG Niedersachsen vom 6. August 2008 2 Sa 1738/07, juris). Es handelt sich bei der Rentenkürzung somit um den eigentlichen wirtschaftlichen Beweggrund für die Leistung der Abfindung. Der tatsächliche Eintritt der bei Vertragsschluss erwarteten Rentenkürzung ist daher nicht nur in rechtlich-formaler, sondern auch in wirtschaftlicher Hinsicht eine wesentliche Tatbestandsvoraussetzung für die Entstehung des Abfindungsanspruchs nach § 5 Abs. 7 TV ATZ.
d) Sonach hätte die Klägerin in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 2004 keine Rückstellungen für die Verpflichtungen nach § 5 Abs. 7 TV ATZ aus laufenden Altersteilzeitarbeitsverträgen bilden dürfen. Soweit das FA die gebildeten Rückstellungen gleichwohl zu einem Teil anerkannt hat, darf der Senat den verfahrensgegenständlichen Bescheid aufgrund des im finanzgerichtlichen Verfahren bestehenden sog. Verböserungsverbots (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 29. Juli 1997 VIII R 80/94, BFHE 184, 74, BStBl II 1997, 727) nicht zu Lasten der Klägerin ändern.
3. Hinsichtlich des Streitjahrs 2005 ist der Rechtstreit nicht entscheidungsreif, so dass die Sache insoweit gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen ist.
a) Die Jubiläumsrückstellungen zum 31. Dezember 2005 sind entsprechend dem Begehren der Klägerin auf der Grundlage der im BMF-Schreiben in BStBl I 2008, 1013 verlautbarten, anhand der "Richttafeln 2005 G" von Heubeck errechneten Pauschalwerte zu bemessen. Dass die Klägerin in ihrer Steuererklärung noch die Pauschalwerte aus dem BMF-Schreiben in BStBl I 1999, 434 zugrunde gelegt hatte, steht dem nicht entgegen.
aa) Jubiläumsrückstellungen dürfen gemäß § 5 Abs. 4 EStG nur gebildet werden, wenn das Dienstverhältnis mindestens zehn Jahre bestanden hat, das Dienstjubiläum das Bestehen eines Dienstverhältnisses von mindestens 15 Jahren voraussetzt, die Zusage schriftlich erteilt ist und soweit der Zuwendungsberechtigte seine Anwartschaft nach dem 31. Dezember 1992 erwirbt. Nach den den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG sind diese Voraussetzungen im Hinblick auf die von der Klägerin zum 31. Dezember 2005 gebildeten Jubiläumsrückstellungen erfüllt. Die Revision hat insoweit keine Einwendungen erhoben.
bb) Für die Bemessung des Teilwerts von Jubiläumsrückstellungen bedarf es zur Bestimmung der Wahrscheinlichkeit des Ausscheidens von Mitarbeitern wegen Todes oder Invalidität versicherungsmathematischer Berechnungen (vgl. BFH-Urteil vom 5. Februar 1987 IV R 81/84, BFHE 149, 55, BStBl II 1987, 845; BMF-Schreiben vom 29. Oktober 1993, BStBl I 1993, 898). Zu diesem Zweck greift die Praxis --auch die Finanzverwaltung (z.B. BMF-Schreiben in BStBl I 2008, 1013; in BStBl I 1993, 898, sowie in BStBl I 1999, 434)-- in der Regel auf die Richttafeln von Heubeck zurück, wogegen von Rechts wegen nichts zu erinnern ist (vgl. BFH-Urteil vom 27. Juli 1994 II R 122/91, BFHE 175, 384, BStBl II 1995, 14, zur bewertungsrechtlichen Teilwertberechnung von Pensionsverpflichtungen; s. z.B. auch Anzinger in Herrmann/Heuer/Raupach, § 5 EStG Rz 2031; Blümich/ Krumm, § 5 EStG Rz 848).
cc) Im Streitfall hat die Klägerin von der seitens der Finanzverwaltung aus Vereinfachungsgründen angebotenen Möglichkeit der sog. Pauschalbewertung für Jubiläumsrückstellungen Gebrauch gemacht. Bei dieser Bewertungsmethode muss der Steuerpflichtige nicht, wie beim sog. Teilwertverfahren, die einzelnen relevanten Bezugsgrößen und versicherungsmathematischen Werte für jeden Arbeitnehmer zusammenstellen und den sich daraus ergebenden Barwert der Verpflichtung ermitteln. Vielmehr setzt die Finanzverwaltung auf der Grundlage der Richttafeln Pauschalwerte fest und veröffentlicht diese in Form einer Tabelle, aus der der Steuerpflichtige die Höhe der anzusetzenden Jubiläumsrückstellungen anhand der vom betreffenden Arbeitnehmer bereits abgeleisteten Dienstjahre und des Leistungszeitpunkts der jeweiligen Jubiläumszuwendung ablesen kann (vgl. die Anlagen zu den BMF-Schreiben in BStBl I 1993, 898; in BStBl I 1999, 434, und in BStBl I 2008, 1013). Von der gewählten Bewertungsmethode --Teilwert- oder Pauschalwertmethode-- kann der Steuerpflichtige nach den Vorgaben des BMF für alle Verpflichtungen nur einheitlich Gebrauch machen; zudem ist an der getroffenen Wahl grundsätzlich für fünf Wirtschaftsjahre festzuhalten (BMF-Schreiben in BStBl I 1993, 898, und in BStBl I 2008, 1013, Rz 11).
Gegen ein derartiges Angebot einer vereinfachten Wertermittlung aufgrund einer verwaltungsseitigen Pauschalierungsmethode bestehen keine grundsätzlichen Bedenken, weil das Verfahren allgemein anerkannt ist, eine praktikable und hinreichend sichere Schätzung der höchstmöglichen zukünftigen Belastungen ermöglicht (vgl. Anzinger in Herrmann/Heuer/Raupach, § 5 EStG Rz 2031; Blümich/Krumm, § 5 EStG Rz 848; Schubert in Beck Bil-Komm., 10. Aufl., § 249 HGB Rz 100 "Jubiläumszuwendung"; Tormöhlen in Korn, § 5 EStG Rz 597) und es dem Steuerpflichtigen unbenommen bleibt, stattdessen die exakten versicherungsmathematischen Barwerte aufgrund der Teilwertmethode zu ermitteln und anzusetzen.
dd) Die Anerkennung der Pauschalwertmethode setzt allerdings voraus, dass die Verwaltung die von ihr errechneten und vorgegebenen Pauschalwerte auf der Grundlage der jeweils aktuellen Version der verwendeten versicherungsmathematischen Richttafeln bemisst und bei Erscheinen einer neuen Version dieser Richttafeln eine Neuberechnung der Pauschalwerte vornimmt sowie eine neue Pauschalwerttabelle zur Verfügung stellt. Im Falle der im Juli 2005 veröffentlichten neuen "Richttafeln 2005 G" von Heubeck ist das BMF dem in der Weise nachgekommen, dass es eine neue Pauschalwerttabelle als Anlage zum BMF-Schreiben in BStBl I 2008, 1013 veröffentlicht hat. Dieses Schreiben soll gemäß dessen Rz 17 "grundsätzlich in allen noch offenen Fällen anzuwenden" sein. Zur zeitlichen Anwendung der neuen Pauschalwerttabelle heißt es in Rz 21 dieses BMF-Schreibens:
"Die Anlage dieses Schreibens kann frühestens der pauschalen Bewertung von Rückstellungen für Zuwendungen anlässlich eines Dienstjubiläums am Ende des Wirtschaftsjahres zugrunde gelegt werden, das nach dem 6. Juli 2005 (Tag der Veröffentlichung der 'Richttafeln 2005 G' von Prof. Klaus Heubeck) endet, wenn auch bei der Bewertung eventuell vorhandener Pensionsverpflichtungen und sonstiger versicherungsmathematischer Bilanzposten des Unternehmens der Übergang auf die 'Richttafeln 2005 G' erfolgt ist ..."
ee) Unter Zugrundelegung dieser Maßgaben des BMF-Schreibens in BStBl I 2008, 1013 war das FA im Streitfall gehalten, entsprechend dem im Einspruchsverfahren gestellten Antrag der Klägerin die neue Pauschalwerttabelle anzuwenden. Denn das streitgegenständliche Festsetzungsverfahren war aufgrund des Einspruchs noch "offen"; außerdem endete das der Veranlagung zugrundeliegende Wirtschaftsjahr nach dem 6. Juli 2005, nämlich am 31. Dezember 2005. Dass in der Steuerbilanz der Klägerin zum 31. Dezember 2005 noch Pensionsverpflichtungen oder sonstige versicherungsmathematische Bilanzposten enthalten waren, die nicht auf der Grundlage der "Richttafeln 2005 G" von Heubeck ermittelt worden sind, hat das FG nicht festgestellt, das FA nicht vorgetragen und die Klägerin in ihrer Revisionserwiderung --unwidersprochen-- verneint.
Das FA hat den Änderungsantrag ausschließlich mit der Begründung abgelehnt, die Klägerin habe ihrer Bilanz zum 31. Dezember 2005 für die Bemessung der Höhe der Jubiläumsrückstellungen noch die "alten" Pauschalwerte aus dem BMF-Schreiben im BStBl I 1999, 434 zugrunde gelegt. Dieser Ablehnungsgrund lässt sich indessen aus den Vorgaben des BMF-Schreibens in BStBl I 2008, 1013 nicht ableiten. Die Argumentation des FA steht vielmehr in Widerspruch zu der grundsätzlichen Vorgabe in Rz 17 des Schreibens, der zufolge das Schreiben für alle noch "offenen" Fälle Anwendung finden solle. Denn jenen Steuerpflichtigen, die sich auf das vom BMF angebotene Pauschalwertverfahren festgelegt hatten, blieb auch nach der Veröffentlichung der "Richttafeln 2005 G" im Juli 2005 bis zur Veröffentlichung der neuen Pauschalwerttabelle durch das BMF im Dezember 2008 keine andere Möglichkeit, als für die Bemessung ihrer Jubiläumsrückstellungen noch auf die alte Pauschalwerttabelle aus dem BMF-Schreiben in BStBl I 1999, 434 zurückzugreifen. Die Sichtweise des FA würde somit im Ergebnis dazu führen, dass die neue Pauschalwerttabelle erstmals für jene Wirtschaftsjahre hätte Anwendung finden können, für die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der neuen Pauschalwerttabelle im Dezember 2008 eine Steuerbilanz noch nicht beim FA eingereicht war. Eine Anwendung der neuen Tabelle auf die in den Veranlagungszeiträumen 2005 bis 2007 endenden Wirtschaftsjahre wäre damit --entgegen der Vorgabe des BMF-Schreibens in BStBl I 2008, 1013-- faktisch ausgeschlossen.
Keiner Entscheidung bedarf in diesem Zusammenhang, ob --wie die Revision meint-- nach den Vorgaben des BMF-Schreibens in BStBl I 2008, 1013 den Steuerpflichtigen ein Wahlrecht eingeräumt werden sollte, die Jubiläumsrückstellungen noch nach der alten oder schon nach der neuen Pauschalwerttabelle zu bewerten oder ob die Anwendung der neuen Pauschalwerttabelle bei Vorliegen der im BMF-Schreiben genannten Anwendungsvoraussetzungen verpflichtend sein sollte. Denn die Klägerin hätte von einem ihr durch das BMF-Schreiben eingeräumten Wahlrecht dadurch Gebrauch gemacht, dass sie die Anwendung der neuen Tabelle im Rahmen ihres Änderungsantrags zur Steuerfestsetzung verlangt hat.
ff) Die Klägerin kann sich gegenüber dem FA auf die angesprochenen Übergangsregelungen des BMF-Schreibens in BStBl I 2008, 1013 berufen. Bietet die Finanzverwaltung für die bilanzielle Bewertung eines bestimmten Wirtschaftsguts im Rahmen von Verwaltungsanweisungen ein allgemeingültiges vereinfachtes Bewertungsverfahren an, welches auf verwaltungsseitig ermittelten und veröffentlichten Pauschalwerten beruht, dann ist sie aufgrund des Gleichbehandlungsgebots gemäß Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes gehalten, die dazu ergangenen Verwaltungsanweisungen bei allen Steuerpflichtigen gleichmäßig anzuwenden (sog. Selbstbindung der Verwaltung durch typisierende oder pauschalierende Verwaltungsanweisungen, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 16. Februar 1970 VI R 325/67, BFHE 98, 353, BStBl II 1970, 380; Klein/Gersch, AO, 13. Aufl., § 4 Rz 9).
b) Welche Auswirkungen die Berücksichtigung der höheren Jubiläumsrückstellungen auf die Höhe der für das Jahr 2005 festzusetzenden Körperschaftsteuer hat, lässt sich für den Senat anhand der Feststellungen im angefochtenen Urteil nicht abschließend beurteilen. Zu berücksichtigen ist hierbei nämlich, dass das FA auch im Rahmen der Steuerfestsetzung für 2005 zugunsten der Klägerin einen Teil der gebildeten Rückstellungen für den Nachteilsausgleich gemäß § 5 Abs. 7 TV ATZ anerkannt hat und dass dies auf der Grundlage der obigen Ausführungen zu B.II.1. zu Unrecht geschehen ist. Der sich daraus für die Klägerin ergebende Vorteil muss mit dem sich aus den vom FA zu niedrig angesetzten Jubiläumsrückstellungen ergebenden Nachteil saldiert werden. Das prozessuale Verböserungsverbot hindert das Gericht nicht, innerhalb des vom FA festgesetzten Steuerbetrags einzelne Besteuerungsgrundlagen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht für den Steuerpflichtigen ungünstiger zu beurteilen, als dies in dem angefochtenen Steuerbescheid geschehen ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 19. November 2013 XI B 9/13, BFH/NV 2014, 373, m.w.N.).
Im Streitfall ist daher für eine Änderung der Steuerfestsetzung für 2005 aufgrund der zu niedrig angesetzten Jubiläumsrückstellungen nur Raum, wenn und soweit bei Saldierung mit den für die Klägerin positiven Folgen der teilweisen Anerkennung der Rückstellungen für den Nachteilsausgleich ein für die Klägerin negativer Saldo verbleibt. Ob und inwieweit dies der Fall ist, lässt sich anhand der tatrichterlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils nicht beurteilen. Denn das FG hat keine Feststellungen dazu getroffen, mit welchen konkreten Beträgen das FA die Rückstellungen für den Nachteilsausgleich für das Streitjahr 2005 anerkannt hat. Die erforderlichen Feststellungen sind im zweiten Rechtsgang nachzuholen.
III. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO. Auch bei einer nur teilweisen Zurückverweisung der Sache ist dem FG im Hinblick auf den Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung die Entscheidung über die gesamten Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteil vom 21. Januar 2016 I R 22/14, BFHE 253, 82, BStBl II 2017, 336, m.w.N.).