Entscheidungsdatum: 25.05.2016
1. Wegen der Verpflichtung, eine am Bilanzstichtag bestehende Darlehensverbindlichkeit in späteren Jahren höher zu verzinsen (Darlehen mit steigenden Zinssätzen), ist in der Bilanz grundsätzlich eine Verbindlichkeit oder eine Rückstellung wegen eines wirtschaftlichen Erfüllungsrückstandes auszuweisen .
2. Eine solche Zinsverbindlichkeit ist grundsätzlich abzuzinsen .
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 28. Juli 2014 10 K 3184/13 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht Baden-Württemberg zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.
I. Die Ende 2007 gegründete Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine zum US-amerikanischen A-Konzern gehörende GmbH, erwarb im Februar des Streitjahres 2008 von der luxemburgischen A-S.A.R.L. 90 % der Anteile an der A-GmbH. Die Kaufpreisschuld der Klägerin in Höhe von XXX.XXX.XXX € wandelten die Vertragsparteien am 1. März 2008 in ein Darlehen mit einer Laufzeit bis zum 28. Februar 2017 um. Noch am selben Tag trat die A-S.A.R.L. als Darlehensgeberin ihren Darlehensrückzahlungsanspruch an eine weitere Konzerngesellschaft, die A-Inc. & Co. KG, ab.
Hinsichtlich der Verzinsung enthielt der Darlehensvertrag folgende Bestimmungen:
"Die Zinsen für den ausstehenden Kapitalbetrag des Darlehens fallen jährlich wie folgt an:
1. Jahr 1,8 %
2. Jahr 1,3 %
3. Jahr 1,5 %
4. Jahr 4 %
5. Jahr 5,5 %
6. Jahr 7 %
7. Jahr 8,8 %
8. Jahr 10 %
9. Jahr 10,9263 %
Sie ergeben eine Rückzahlungsrendite von 5,2 %. Die aufgelaufenen Zinsen sind jährlich am letzten Tag im Februar des jeweiligen Jahres zu zahlen, beginnend am 28. Februar 2009."
Zum Kündigungsrecht des Darlehensgebers heißt es im Vertrag auszugsweise wie folgt:
"Falls es für den Darlehensgeber rechtswidrig wird, Verpflichtungen in diesem Darlehensvertrag aufrecht zu erhalten, dann kann der Darlehensgeber zu jeder Zeit durch eine schriftliche Kündigung seine vertraglichen Verpflichtungen beenden bzw. eine sofortige Rückzahlung der ausstehenden Restschulden des Darlehens plus aufgelaufener Zinsen einfordern."
Kündigungsmöglichkeiten bestanden ferner für den Fall der Auflösung, der Insolvenz oder Zahlungsunfähigkeit sowie falls der Darlehensnehmer
"seine Zinsen oder Restschuld gemäß diesem Darlehensvertrag innerhalb einer Frist von 20 Arbeitstagen ab dem Tag des Erhalts der Nachricht über den Verzug vom Darlehensgeber nicht zahlt. In Extremfällen wird dem Darlehensnehmer die Möglichkeit eingeräumt, den Gegenwert der Zinsen eines Jahres bis zur Fälligkeit des Darlehens zu stunden"
oder
"eine Person, eine Gruppe von Personen, die gemeinsam handeln, außer einem Unternehmen, das dem (A-Konzern) angehört, Kontrolle über den Darlehensnehmer erwirbt".
Die Klägerin bildete in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 2008 für die Zinsverpflichtung aus dem Darlehensvertrag eine Rückstellung in Höhe von XX.XXX.XXX €. Diesen Betrag errechnete sie wie folgt: Bei Zugrundelegung des auf die Gesamtlaufzeit des Darlehens bezogenen durchschnittlichen Zinssatzes von jährlich 5,2 % der Darlehenssumme ergibt sich ein jährlicher Zinsbetrag in Höhe von abgerundet XX.XXX.XXX €, von dem 10/12 auf die Zeit zwischen dem Vertragsbeginn am 1. März 2008 und dem Bilanzstichtag entfallen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte als Rückstellung lediglich einen Betrag in Höhe von XX.XXX.XXX €, das sind 10/12 des Betrages, der sich unter Zugrundelegung des für das erste Jahr der Darlehenslaufzeit festgelegten Zinssatzes von 1,8 % der Darlehenssumme ergibt.
Dagegen wandte sich die Klägerin erfolglos mit Einspruch und Klage (Urteil des Finanzgerichts --FG-- Baden-Württemberg vom 28. Juli 2014 10 K 3184/13).
Die Klägerin rügt mit ihrer Revision gegen das FG-Urteil eine Verletzung sachlichen Rechts.
Sie beantragt, unter Aufhebung des angegriffenen Urteils den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. August 2013 dahingehend zu ändern, dass der festgestellte Verlustvortrag um einen Betrag in Höhe von XX.XXX.XXX € erhöht wird.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Wegen der Verpflichtung, die am Bilanzstichtag bestehende Darlehensverbindlichkeit in späteren Jahren höher zu verzinsen, hat die Klägerin zu Recht --ausgehend von der Durchschnittsverzinsung-- einen Passivposten in ihrer Bilanz angesetzt. Allerdings ist die Zinsverbindlichkeit abzuzinsen. Dazu sowie zur Frage der steuerlichen Anerkennung des Darlehensvertrages bedarf es noch weiterer tatsächlicher Feststellungen.
1. a) Nach § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) hat die Klägerin das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) auszuweisen ist. Die "handelsrechtlichen" GoB ergeben sich vornehmlich aus den für alle Kaufleute geltenden Vorschriften der §§ 238 ff. des Handelsgesetzbuchs (HGB).
b) Danach sind Verbindlichkeiten grundsätzlich zu passivieren (vgl. § 247 Abs. 1 HGB) und für ungewisse Verbindlichkeiten sind grundsätzlich Rückstellungen zu bilden (§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB). Hingegen besteht für (gewisse und ungewisse) Verbindlichkeiten aus schwebenden Geschäften ein Passivierungsverbot. Dieses wiederum ist dann durchbrochen, wenn das Gleichgewicht der Vertragsbeziehungen durch Vorleistungen oder Erfüllungsrückstände eines Vertragspartners "gestört" ist (vgl. Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 23. Juni 1997 GrS 2/93, BFHE 183, 199, BStBl II 1997, 735; Senatsurteile vom 5. April 2006 I R 43/05, BFHE 213, 332, BStBl II 2006, 593; vom 21. September 2011 I R 50/10, BFHE 235, 255, BStBl II 2012, 197; BFH-Urteile vom 28. Juli 2004 XI R 63/03, BFHE 207, 205, BStBl II 2006, 866; vom 25. April 2006 VIII R 40/04, BFHE 213, 364, BStBl II 2006, 749; Blümich/ Krumm, § 5 EStG Rz 244 ff.; R 5.7 Abs. 7 und 8 der Einkommensteuer-Richtlinien).
c) Insbesondere im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen kommt es dann zu einer relevanten "Störung" der Ausgewogenheit, wenn der Verpflichtete sich mit seinen Leistungen gegenüber seinem Vertragspartner im Rückstand befindet, also weniger geleistet hat, als er nach dem Vertrag für die bis dahin vom Vertragspartner erbrachte Leistung insgesamt zu leisten hatte.
Ursprünglich wurde das Vorliegen eines solchen Erfüllungsrückstandes nach dem rechtlichen, insbesondere schuldrechtlichen Verhältnis von Leistung und Gegenleistung im schwebenden Geschäft beurteilt und somit an den schuldrechtlich gebotenen Zeitpunkt der Erfüllung geknüpft (vgl. dazu die Nachweise in Senatsurteilen vom 27. Juni 2001 I R 11/00, BFHE 195, 567, BStBl II 2001, 758; vom 15. Juli 1998 I R 24/96, BFHE 186, 388, BStBl II 1998, 728). Allerdings hat der BFH in der Folgezeit die Frage nach dem Vorliegen eines Erfüllungsrückstandes nicht ausschließlich nach bürgerlichem Recht beurteilt (vgl. BFH-Urteile vom 3. Dezember 1991 VIII R 88/87, BFHE 167, 322, BStBl II 1993, 89; vom 5. Februar 1987 IV R 81/84, BFHE 149, 55, BStBl II 1987, 845). Ausreichend ist vielmehr eine an den wirtschaftlichen Gegebenheiten orientierte Betrachtung. Auch davon ausgehend setzt das Vorliegen eines Erfüllungsrückstandes jedoch voraus, dass mit der nach dem Vertrag geschuldeten zukünftigen Leistung nicht nur an Vergangenes angeknüpft, sondern Vergangenes abgegolten wird.
Da die Erfüllung sich i.S. einer "Abgeltung" als zusätzliches, lediglich wegen der besonderen Umstände des Einzelfalles noch nicht entrichtetes Entgelt für eine bereits früher erbrachte Vorleistung darstellen muss, ist eine Verknüpfung in dem Sinne zu fordern, dass die rückständige Gegenleistung der erbrachten Vorleistung synallagmatisch zweckgerichtet und bei zeitbezogenen Leistungen auch zeitlich zuordenbar ist. Die Beurteilung des Vorliegens dieser Voraussetzungen obliegt im jeweiligen Einzelfall dem FG als Tatsacheninstanz (Senatsurteil in BFHE 213, 332, BStBl II 2006, 593).
d) Besteht ein Erfüllungsrückstand und ist dessen Höhe sicher, dann ist dem durch Ausweis einer Verbindlichkeit Rechnung zu tragen. Ist die noch zu erfüllende Leistung der Höhe nach ungewiss, dann ist eine Rückstellung zu bilden (vgl. z.B. Groh, Steuer und Wirtschaft --StuW-- 1994, 90; Christiansen, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2007, 869; Tiedchen in Herrmann/ Heuer/Raupach, § 5 EStG Rz 675 "Erfüllungsrückstand").
e) Ein Erfüllungsrückstand setzt --wie der Ausweis einer Verbindlichkeit im Allgemeinen (Senatsurteil vom 24. Mai 1984 I R 166/78, BFHE 141, 176, BStBl II 1984, 747, betreffend Zinsverbindlichkeiten aus Darlehen)-- nicht die Fälligkeit der vertraglich noch geschuldeten Leistung zum Bilanzstichtag voraus (BFH-Urteil vom 9. Dezember 2009 X R 41/07, BFH/NV 2010, 860; Senatsurteil in BFHE 213, 332, BStBl II 2006, 593).
2. Nach diesen Maßstäben war die Klägerin am Bilanzstichtag in einem Erfüllungsrückstand.
a) Die von FA und FG bereits konzedierte Bildung einer Rückstellung für den auf den Zeitraum zwischen Vertragsbeginn und Bilanzstichtag entfallenden Zinsaufwand (10/12 der Zinsschuld für das erste Vertragsjahr) beruht der Sache nach auf einem Erfüllungsrückstand, dessen Passivierung höchstrichterlich anerkannt ist (vgl. allgemein Senatsurteil in BFHE 141, 176, BStBl II 1984, 747). Zum Bilanzstichtag hatte der Darlehensgeber das Kapital bereits für zehn Monate der Klägerin zur Nutzung überlassen und ist insoweit in Vorleistung getreten, während sich diese mit ihrer Gegenleistung (Zinszahlung) im Rückstand befand. Dass die Zinsverbindlichkeit zivilrechtlich am 31. Dezember 2008 noch nicht fällig war, spielt keine Rolle.
b) Fraglich ist damit im Streitfall allein, ob für die Höhe des zu passivierenden Erfüllungsrückstandes auf die zivilrechtliche Abrede, wonach im ersten Vertragsjahr lediglich ein Zins in Höhe von 1,8 % der Darlehenssumme zu leisten ist, oder in wirtschaftlicher Betrachtung auf die dem Vertrag als eine Art "Geschäftsgrundlage" zugrundeliegende Durchschnittsverzinsung und damit auf die ansteigenden --zivilrechtlich ebenfalls noch nicht fälligen-- Zinsverbindlichkeiten der Folgejahre abzustellen ist. Letzteres ist der Fall.
aa) Dass der vom FG angewandten rein zivilrechtlichen Betrachtungsweise (Maßgeblichkeit des für das erste Vertragsjahr schuldrechtlich vereinbarten Zinssatzes) nicht zu folgen ist, ergibt sich aus der mittlerweile ständigen BFH-Rechtsprechung, nach der letztendlich eine an wirtschaftlichen Gegebenheiten orientierte Betrachtung ausreichend ist (Nachweise siehe oben unter II.1. der Gründe dieses Urteils). Triftige Gründe, die eine Abkehr von dieser Rechtsprechung rechtfertigen könnten, sieht der Senat nicht.
bb) Bei der danach gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung der Gegebenheiten stellen die von der Klägerin am Bilanzstichtag noch geschuldeten zukünftigen Zinszahlungen die Gegenleistung für die gesamte neunjährige Kapitalüberlassung des Darlehensgebers dar. Der gesamte Zinsaufwand wird anteilig durch den am jeweiligen Bilanzstichtag zurückliegenden Zeitraum wirtschaftlich verursacht. Zwischen der Verpflichtung zur Leistung einer am Ende der Laufzeit fälligen Sparprämie, die einen zu passivierenden Erfüllungsrückstand begründet (Senatsurteil in BFHE 186, 388, BStBl II 1998, 728), und einer vorliegend zur Beurteilung anstehenden progressiven Verzinsung vermag der Senat keine entscheidungserheblichen Unterschiede zu erblicken. Hier wie dort wird mit der noch ausstehenden Gegenleistung des Darlehensnehmers (Sparprämie als Zusatzverzinsung einerseits, progressive Zinszahlung als zusätzliche Vergütung im Vergleich zur zivilrechtlich im Erstjahr geschuldeten Leistung andererseits) anteilig auch die bereits vom Darlehensgeber erbrachte Vorleistung in Gestalt der Kapitalüberlassung abgegolten (im Ergebnis gleicher Auffassung Schönborn, Betriebs-Berater --BB-- 1998, 1099; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 35. Aufl., § 5 Rz 317, jeweils zu progressiven Mieten; Groh, StuW 1994, 90; Tiedchen in Herrmann/Heuer/Raupach, § 5 EStG Rz 704 "Erfüllungsrückstand"; Scholz, Die Wirtschaftsprüfung --WPg-- 1973, 53; Scheiterle, WPg 1983, 558; Kalveram, WPg 1990, 535; Birck/ Meyer, Die Bankbilanz, 3. Aufl., Teillieferung 5, V 356 f.; Schubert in Beck Bil-Komm., 10. Aufl., § 253 HGB Rz 68; Adler/ Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl., § 253 HGB Rz 89; a.A. Urteil des FG Baden-Württemberg vom 4. November 1982 X (I) 321/77, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1983, 275; Urteil des Niedersächsischen FG vom 27. Mai 1982 VI 347/80, EFG 1983, 38; Heymann/Walz, HGB, 2. Aufl., § 249 Rz 27; a.A. wohl auch Heußner, BB 1988, 2417). Dass die infolge der progressiven Verzinsung ansteigenden Zinsansprüche für die Folgejahre zivilrechtlich noch nicht fällig waren, ist unschädlich.
cc) Diese bilanzielle Behandlung steht in Übereinstimmung mit der jüngeren Senatsrechtsprechung zur Beurteilung der Zeitraumbezogenheit von Zinszahlungspflichten. So hat der Senat bei einem Darlehen mit fallenden Zinssätzen entscheidend auf die Rückforderbarkeit der Leistung im Falle vorzeitiger Vertragsbeendigung abgestellt (Senatsurteil vom 27. Juli 2011 I R 77/10, BFHE 234, 301, BStBl II 2012, 284). Überträgt man die dort im Einzelnen entwickelten bilanzsteuerrechtlichen Grundsätze auf das streitbefangene Darlehen mit steigenden Zinssätzen, so käme es darauf an, ob der Darlehensnehmer, der zu Beginn der Vertragslaufzeit von (zu) niedrigen Zinssätzen profitiert hat, im Falle einer vorzeitigen Vertragsbeendigung einem Nachforderungsanspruch des Darlehensgebers ausgesetzt wäre. Im Streitfall gibt der Vertrag für einen solchen Nachforderungsanspruch zwar nichts her, jedoch spricht das nicht dagegen, die später zu zahlenden hohen Zinsen anteilig auch als Gegenleistung für die Überlassung der Darlehensvaluta in der "Niedrigzinsphase" (Vorleistung des Darlehensgebers) anzusehen. Denn die fehlende Nachforderbarkeit der Zinsen im Falle einer vorzeitigen Vertragsbeendigung ist dann für die Zuordenbarkeit von (Vor-)Leistung und (rückständiger) Gegenleistung unschädlich, wenn das Vertragsverhältnis auf mehrere Jahre zu festen Bedingungen abgeschlossen ist und während dieser Zeit nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann und wenn konkrete Anhaltspunkte dafür fehlen, dass die Vertragsparteien der Möglichkeit einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses durch Kündigung aus wichtigem Grund und dem Fehlen eines Anspruchs auf Nachforderung der "zu wenig gezahlten" Zinsen in diesem Fall eine mehr als rein theoretische Bedeutung beigemessen haben.
Im Streitfall haben die Parteien eine feste Vertragslaufzeit ohne ordentliche Kündigungsmöglichkeit vereinbart und die Kündigung aus wichtigem Grund dürfte bei Vertragsschluss allenfalls eine theoretische Rolle gespielt haben. Etwas Gegenteiliges ist jedenfalls den tatrichterlichen Feststellungen nicht zu entnehmen.
dd) Das Senatsurteil vom 20. Januar 1993 I R 115/91 (BFHE 170, 234, BStBl II 1993, 373) zum Zuwachssparen steht der Passivierung des Erfüllungsrückstandes schon deswegen nicht entgegen, weil bei den im Urteilsfall zu beurteilenden Zuwachssparverträgen jederzeit die ordentliche Kündigung durch den Sparer bzw. den Darlehensgeber zulässig war, während im Streitfall eine feste Laufzeit vereinbart wurde. Dass innerhalb eines Konzerns einvernehmliche Vertragsaufhebungen oder -änderungen, wie im Übrigen auch zwischen fremden Dritten (theoretisch) immer möglich sind, steht der Vereinbarung einer festen Laufzeit nicht entgegen. Dies hat der Senat im vergleichbaren Zusammenhang eines Darlehens mit fallenden Zinssätzen bereits ausgesprochen (Senatsurteil in BFHE 234, 301, BStBl II 2012, 284).
3. Das FG ist von einer anderen rechtlichen Beurteilung ausgegangen. Sein Urteil ist deshalb aufzuheben. Der Rechtsstreit ist jedoch nicht entscheidungsreif. Zum einen muss bei der Bewertung der Verbindlichkeit noch das Abzinsungsgebot des § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG beachtet werden. Zum anderen wird im zweiten Rechtsgang zu prüfen sein, ob der Darlehensvertrag steuerrechtlich anzuerkennen ist.
a) Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG sind Verbindlichkeiten unter sinngemäßer Anwendung der Vorschriften der Nr. 2 anzusetzen und mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen. Von der Abzinsung sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG kurzlaufende und verzinsliche Verbindlichkeiten sowie auf Anzahlungen und Vorausleistungen beruhende Verbindlichkeiten ausgenommen.
Die Voraussetzungen für die Abzinsung sind im Streitfall erfüllt.
Die Zinsverbindlichkeit aus einem Darlehensverhältnis tritt zivil- und steuerrechtlich selbständig neben die Verpflichtung zur Rückzahlung des empfangenen Kapitals (vgl. Senatsurteil vom 11. November 2015 I R 5/14, BFHE 252, 353, BStBl II 2016, 491, m.w.N.). Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG ist damit eine Abzinsung der Zinsverbindlichkeit zwingend vorzunehmen.
Das Gebot der Abzinsung entspricht im Streitfall auch dem Gesetzeszweck. Eine an der Durchschnittsverzinsung von 5,2 % orientierte Verbindlichkeit, die nicht sogleich, sondern wirtschaftlich betrachtet erst in der zweiten Hälfte der Darlehenslaufzeit während der "Hochzinsphase" zu erfüllen ist, belastet die Klägerin weniger als eine sofort in dieser Höhe zu erfüllende Verpflichtung (vgl. Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2009 I R 4/08, BFHE 226, 347, BStBl II 2010, 177). Erst durch die zusätzliche Abzinsung wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die hohen Zinsen nicht zeitnah anteilig in jährlichen Teilbeträgen, sondern erst in der zweiten Hälfte der Vertragslaufzeit zu zahlen und bis dahin gewissermaßen "gestundet" sind. Letztendlich wird der Klägerin ein Teil der Gesamtzinsverpflichtung kreditiert (vgl. Senatsurteil in BFHE 186, 388, BStBl II 1998, 728, zu einem vergleichbaren Zinseszinseffekt mit Abzinsungspflicht bei einer endfälligen Sparprämie).
b) Soweit § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG Ausnahmen vom Abzinsungsgebot vorsieht, sind deren Voraussetzungen im Streitfall nicht erfüllt.
aa) Eine Verzinsung der Zinsforderung des Darlehensgebers wurde nicht vereinbart. Dass eine solche Vereinbarung zivilrechtlich nicht wirksam getroffen werden kann, weil gemäß § 248 Abs. 1 des Bürgerliches Gesetzbuchs (BGB) ein Zinseszinsverbot besteht, ist unerheblich (vgl. zur Maßgeblichkeit der wirtschaftlichen Gegebenheiten Senatsurteil in BFHE 186, 388, BStBl II 1998, 728; a.A. Kiesel in Herrmann/Heuer/Raupach, § 6 EStG Rz 1155 "Zinsverbindlichkeiten"). Dass die Vertragspartner nicht die Möglichkeit haben, eine Verzinsung der Zinsverbindlichkeit wirksam zu vereinbaren, macht aus der gemäß § 248 Abs. 1 BGB unverzinslichen noch keine verzinsliche Verbindlichkeit i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG.
bb) Es liegt auch keine (nur) kurzfristige Verbindlichkeit i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG vor. Eine solche ist nur gegeben, wenn die Verbindlichkeit vor Ablauf eines Jahres nach dem Bilanzstichtag vollständig getilgt ist (Kiesel in Herrmann/Heuer/Raupach, § 6 EStG Rz 1147). Zivilrechtlich betrachtet entstehen im Streitfall zwar jedes Jahr neue selbständige Zinsverbindlichkeiten, die nach den Vertragsbedingungen jeweils zum Ende eines Laufzeitjahres (vollständig) zu tilgen sind. Eine rein zivilrechtliche Betrachtungsweise liegt der Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG allerdings nicht zugrunde (vgl. Senatsurteil vom 27. Januar 2010 I R 35/09, BFHE 228, 250, BStBl II 2010, 478). Wirtschaftlich betrachtet ist aufgrund des Erfüllungsrückstandes von einer Zinsverbindlichkeit in Höhe von 5,2 % der Darlehenssumme auszugehen. Eine solche Verbindlichkeit hat die Klägerin am 28. Februar 2009 nicht getilgt und hierzu war sie nach dem Vertrag auch nicht verpflichtet. Vielmehr hat sie eine Zahlung ausgehend von dem nach dem Vertrag für das Erstjahr vereinbarten Zinssatz von 1,8 % geleistet. Der sich aus der Zinssatzdifferenz ergebende Betrag wurde der Klägerin längerfristig "zinslos" zur Nutzung überlassen und war erst später zu zahlen. Dies rechtfertigt eine Abzinsung.
Zur Durchführung der Abzinsungsberechnung ist die Sache an das FG zurückzuverweisen.
c) Die Vorinstanz wird im zweiten Rechtsgang auch die Frage zu prüfen haben, ob der Darlehensvertrag --gerade auch mit Blick auf die progressive Zinsabrede und den Bindungszeitraum-- steuerrechtlich anzuerkennen ist. Ob diese Abrede einem Fremdvergleich standhält, hat das FG --auf der Basis seiner bisher vertretenen Auffassung folgerichtig-- ausdrücklich offengelassen. Diese Prüfung wird es nunmehr gleichfalls nachzuholen haben.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.