Entscheidungsdatum: 26.10.2010
1. NV: Es liegt keine unzureichende Sachverhaltsermittlung im Ablehnungsverfahren vor, wenn das Gericht bei widersprüchlichen Tatsachendarstellungen in der dienstlichen Äußerung des wegen Befangenheit abgelehnten Richters einerseits und in den Angaben eines Prozessbeteiligten andererseits die Methode der "Wahrunterstellung" anwendet .
2. NV: Macht der Beschwerdeführer im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde die Verfassungswidrigkeit der Bestimmungen geltend, nach denen Entscheidungen des FG über Ablehnungsgesuche nicht der Beschwerde unterliegen, muss er sich in der Beschwerdebegründung u.a. mit der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG befassen .
3. NV: Stellt der Beschwerdeführer eine rechtliche Aussage des FG-Urteils zur Prüfung, kommt es für die Klärungsfähigkeit nicht auf die vom FG verwendeten Termini, sondern auf den materiellen Kern seiner rechtlichen Argumentation an .
4. NV: Der Vorlagebeschluss des Senats vom 7. April 2010 I R 77/08 (BFHE 222, 418, BStBl II 2008, 924) zum subjektiven Fehlerbegriff bezieht sich auf bilanzrechtliche Rechtsfragen und nicht auch auf zivilrechtliche Vorfragen, die mittelbar Einfluss auf die Bilanzierung haben .
I. Streitpunkt ist, ob die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) durch Bilanzänderungen bereicherungsrechtliche Verbindlichkeiten passivieren kann.
Die Klägerin ist eine GmbH, die in den Streitjahren (1994 bis 1998) mit der Abwicklung von Bauherren-, Bauträger- und sog. Erwerbermodellen befasst war. Dabei schloss sie Garantiemietverträge (Miet-, Nebenkosten-, Höchstzins- und Höchstpreisgarantien) und sonstige Dienstleistungsverträge wie z.B. Generalmietverträge, Zwischen- und Endmietverträge, Vermittlungsverträge über Finanzierung und Zwischenfinanzierung sowie Darlehensverträge mit Immobilienerwerbern ab. Die Erwerber wurden bei den Vertragsabschlüssen durch eine zur Unternehmensgruppe der Klägerin gehörende Treuhandgesellschaft vertreten, die auch die vertragliche Konzeption erstellt und die Prospektierung der Vorhaben durchgeführt hatte.
Im Anschluss an eine Außenprüfung kam der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) zu der Überzeugung, die Klägerin habe in ihren Bilanzen betreffend die Streitjahre nicht hinreichend belegte Rückstellungen für die drohende Inanspruchnahme wegen Mietwuchers und für das Risiko, in Mietwucherprozesse verwickelt zu werden, gebildet, die überdies teilweise zu Unrecht abgezinst worden seien. Auf dieser Grundlage änderte das FA die körperschaft- und gewerbesteuerlichen Festsetzungs- und Feststellungsbescheide für die Streitjahre und legte diesen Rückstellungen in geringerer Höhe zugrunde.
Erstmals in den Einspruchsverfahren gegen die Änderungsbescheide begehrte die Klägerin eine Korrektur der von ihr vorgelegten Bilanzen durch Passivierung weiterer Verbindlichkeiten. Sie berief sich darauf, dass sich nach der zwischenzeitlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) aus den Jahren 2000 und 2001 herausgestellt habe, dass sämtliche von der Klägerin mit den Immobilienerwerbern unter Einschaltung der Treuhandgesellschaft geschlossenen Verträge wegen Verstoßes gegen das vormalige Rechtsberatungsgesetz (RBerG) zivilrechtlich nichtig seien, weil die Treuhandgesellschaft nicht über eine Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG verfügt habe. Die von den Erwerbern aufgrund der nichtigen Verträge an die Klägerin geleisteten Zahlungen seien mithin ohne Rechtsgrund erfolgt und gemäß § 812 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zurückzuerstatten; es handele sich dabei um Fremdgelder und nicht um steuerpflichtige Erlöse. Die Bilanzen der Streitjahre seien mithin nach § 4 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG 1990/1997) zu berichtigen, zumindest aber in dem Umfang, in dem die vom FA nach der Außenprüfung gekürzten Rückstellungen zu Gewinnerhöhungen geführt haben, nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG 1990/1997 zu ändern.
In den nach erfolglos gebliebenen Einspruchspruchsverfahren angestrengten Klageverfahren hat die Klägerin den Vorsitzenden Richter (VR) des mit den Sachen befassten Senats des Finanzgerichts (FG) Baden-Württemberg wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Grund hierfür war ein Telefongespräch zwischen VR und dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin (RA), vom 12. September 2008, in dem VR RA zunächst seine Wertschätzung bekundete und, nachdem RA sich hierfür bedankt hat, hinzufügte, er würde auch seinem Feind dem diesen gebührenden Respekt nicht verweigern (so der Vortrag der Klägerin) bzw. er würde seine positive Einschätzung auch seinem Feind gewähren (so VR in seiner dienstlichen Äußerung). Das FG hat die Ablehnungsgesuche mit Beschlüssen vom 16. Januar 2009 als unbegründet zurückgewiesen. Die Klagen blieben in der Sache ebenfalls ohne Erfolg; das FG hat sie mit Urteilen vom 9. November 2009 6 K 490/06, 6 K 492/06, 6 K 493/06, 6 K 494/06 und 6 K 495/06 unter Mitwirkung von VR als unbegründet abgewiesen.
Die Klägerin beantragt die Zulassung der Revisionen gegen die FG-Urteile und stützt ihr Begehren auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssachen, auf eine Divergenz zur Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), auf qualifizierte Rechtsanwendungsfehler und auf Verfahrensmängel.
Das FA beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerden zurückzuweisen.
II. Die entsprechend § 121 Satz 1, § 73 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu gemeinsamer Entscheidung verbundenen Nichtzulassungsbeschwerden sind unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 FGO liegen --soweit sie hinreichend dargetan worden sind-- nicht vor.
1. Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) in Form von Verstößen gegen den Grundsatz des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--) liegen nicht vor. VR durfte nach Zurückweisung des gegen ihn gerichteten Ablehnungsgesuchs der Klägerin an den angefochtenen Urteilen mitwirken.
Beschlüsse über die Ablehnung von Gerichtspersonen --d.h. auch die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs-- können gemäß § 128 Abs. 2 FGO nicht mit der Beschwerde angefochten werden. Sie unterliegen deshalb gemäß § 124 Abs. 2 FGO nicht der Prüfung im Revisionsverfahren; anderes gilt nur dann, wenn die unberechtigte Ablehnung eines Befangenheitsantrags die Vorenthaltung des gesetzlichen Richters zur Folge hat, was nur bei einer greifbar gesetzwidrigen, d.h. willkürlichen Zurückweisung eines Befangenheitsantrags der Fall ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 13. Januar 2010 I B 83/09, BFH/NV 2010, 913, m.w.N. --die gegen diesen Senatsbeschluss erhobene Verfassungsbeschwerde wurde vom Bundesverfassungsgericht [BVerfG] nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG-Beschluss vom 31. August 2010 2 BvR 1284/10--).
Das Vorbringen der Klägerin gibt für das gerügte willkürliche Handeln des FG bei der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch nichts her. Richtig ist zwar, dass die Beschreibung des Telefongesprächs durch RA einerseits und die dienstliche Äußerung des VR insoweit differieren, als RA erklärt hat, er habe im Anschluss an die unter I. wiedergegebene Bemerkung des VR geäußert: "Ich bin doch nicht ihr Feind, wie kommen Sie denn darauf?", woraufhin VR geschwiegen habe, während VR sich darauf eingelassen hat, RA habe nicht nach dem Sinn seiner Äußerung gefragt. Das FG hat diesen Widerspruch indes erkannt, ist ihm aber mit der Begründung nicht weiter nachgegangen, dass auch dann, wenn die Darstellung des RA zuträfe, kein Grund für eine Besorgnis der Befangenheit des VR gegenüber der Klägerin bestehe; dadurch würde sich allenfalls eine Voreingenommenheit des VR gegenüber dem RA, nicht aber eine solche auch gegenüber der allein ablehnungsberechtigten Klägerin offenbaren.
Die vom FG angewandte Methode der Wahrunterstellung ist im Rahmen der Entscheidung über Ablehnungsgesuche zulässig; die von der Klägerin erhobene Rüge der unzureichenden Sachverhaltsermittlung ist daher unbegründet. Soweit die Klägerin meint, es habe dem FG geradezu "ins Auge springen" müssen, dass die Gegnerschaft des VR nicht auf dem persönlichen Verhältnis zu RA, sondern darauf beruhe, dass RA im Streitfall die Klägerin vertrete, ergibt sich aus ihrem Vorbringen kein Hinweis darauf, aus welchen tatsächlichen Gründen das FG von einer negativen Einstellung des VR gegenüber der Klägerin hätte ausgehen müssen.
2. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO hat die Klägerin nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend dargetan. Zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss der Beschwerdeführer zunächst eine für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellen. Erforderlich ist des Weiteren ein konkreter und substantiierter Vortrag, aus welchen Gründen im Einzelnen die Klärung durch die angestrebte Revisionsentscheidung aus Gründen der Rechtssicherheit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 27. Juni 1985 I B 27/85, BFHE 144, 137, BStBl II 1985, 625; vom 31. August 1995 VIII B 21/93, BFHE 178, 379, BStBl II 1995, 890; vom 24. Februar 1999 VIII B 50/98, BFH/NV 1999, 1220). Darüber hinaus sind Darlegungen dazu erforderlich, aus welchen Gründen die Rechtsfrage streitig ist, was wiederum ggf. eine Auseinandersetzung mit den in Rechtsprechung und Literatur zu dieser Frage vertretenen Auffassungen gebietet (BFH-Beschlüsse vom 24. August 2006 XI B 67/06, BFH/NV 2006, 2076; vom 14. Dezember 2006 II B 42/06, juris; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 32). Schließlich muss der Beschwerdeführer auch die Klärungsfähigkeit der von ihm aufgeworfenen Rechtsfrage darlegen (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 27. März 2007 I B 72/06, juris; BFH-Beschlüsse vom 10. Februar 2005 II B 37/04, BFH/NV 2005, 1116; vom 28. August 2003 VII B 71/03, BFH/NV 2004, 493).
Wird die Verfassungswidrigkeit einer Norm geltend gemacht, so ist zur substantiierten Darlegung eine an den Vorgaben des Grundgesetzes sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des BVerfG orientierte Auseinandersetzung erforderlich (BFH-Beschluss vom 4. Februar 2003 VIII B 182/02, BFH/NV 2003, 1059, m.w.N). In der Beschwerdebegründung ist zu erläutern, gegen welche Verfassungsnormen die angewandte Rechtsnorm verstoßen soll; der geltend gemachte Verfassungsverstoß ist näher zu begründen. Dazu gehört insbesondere eine Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BFH (Senatsbeschluss vom 6. November 2007 I B 88/07, BFH/NV 2008, 577, m.w.N.).
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
a) Soweit die Klägerin im Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip die Verfassungsmäßigkeit von § 128 Abs. 2 i.V.m. § 124 Abs. 2 FGO in Zweifel zieht, wonach Entscheidungen des FG über Ablehnungsgesuche nicht der Beschwerde unterliegen und im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht zu prüfen sind, fehlt es an einer Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG. Das FA hat in seiner Beschwerdeerwiderung zu Recht darauf hingewiesen, dass das BVerfG in dem vergleichbaren Fall des Ausschlusses der Anfechtbarkeit von erstinstanzlichen Entscheidungen der Oberlandesgerichte (OLG) u.a. über die Richterablehnung nach § 304 Abs. 4 der Strafprozessordnung (StPO) Verstöße gegen das Rechtsstaatsprinzip und die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG verneint hat (BVerfG-Beschluss vom 21. Juni 1977 2 BvR 308/77, BVerfGE 45, 363). In vergleichbarer Weise hat es der BGH als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen, dass über ein Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit eines oder mehrerer Richter eines OLG durch andere Richter dieses Gerichts abschließend entschieden wird und eine nochmalige Überprüfung dieses Gesuchs durch ein Rechtsmittelgericht nicht stattfindet (vgl. BGH-Beschluss vom 8. November 2004 II ZB 24/03, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 2005, 76). Im Übrigen entspricht es der Rechtsprechung des BVerfG, dass ein Instanzenzug von Verfassungs wegen nicht garantiert ist (vgl. BVerfG-Beschluss vom 30. April 2003 1 PBvU 1/02, BVerfGE 107, 395). Mit den diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Erwägungen hätte sich die Beschwerdebegründung befassen müssen.
Schließlich handelt es sich bei den inkriminierten Bestimmungen --entgegen der Darstellung der Klägerin-- keineswegs um einen verfahrensrechtlichen Sonderweg der Finanzgerichtsordnung. Denn auch gegen Beschlüsse und Verfügungen der OLG, Landesarbeitsgerichte, Oberverwaltungsgerichte und Landessozialgerichte, welchen die FG als obere Landesgerichte (§ 2 FGO) gerichtsverfassungsrechtlich gleichgestellt sind, findet grundsätzlich keine Beschwerde statt und die Verfahren wegen Richterablehnung bilden hierin keine Ausnahme (vgl. § 567 Abs. 1, § 574 Abs. 1 der Zivilprozessordnung, § 152 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung, § 177 des Sozialgerichtsgesetzes, § 28 Abs. 2, § 304 Abs. 4 StPO, § 87 Abs. 2 i.V.m. § 64 Abs. 7, § 49 Abs. 3 des Arbeitsgerichtsgesetzes).
b) Des Weiteren wirft die Klägerin als von grundsätzlicher Bedeutung die Frage auf, ob die erstmalige höchstrichterliche Entscheidung einer außersteuerlichen Rechtsfrage in einem Verfahren, an dem der Steuerpflichtige selbst nicht beteiligt ist, eine ansatz- oder wertbegründende Tatsache sein könne. Sie bezieht sich damit auf die Aussage in dem angefochtenen Urteil, wonach die von der Klägerin in Bezug genommene BGH-Rechtsprechung aus den Jahren 2000 und 2001 zur Nichtigkeit der Treuhandvollmachten aufgrund des Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz in den Bilanzen der Streitjahre nicht berücksichtigt werden könne, weil es sich insoweit um "wertbegründende Tatsachen" handele, die erst nach Aufstellung der Bilanzen geschaffen worden seien. Die Klägerin steht demgegenüber auf dem Standpunkt, bei einem höchstrichterlichen Erkenntnis über eine abstrakte Rechtsfrage in einem Rechtsstreit, an dem der Bilanzierende nicht beteiligt ist, könne nicht von wertbegründenden Tatsachen gesprochen werden, weil dadurch kein neues Recht geschaffen, sondern lediglich die bereits bestehende Rechtslage interpretiert werde.
aa) Dem Beschwerdevorbringen fehlt es indes an hinreichenden Ausführungen zur Klärungsfähigkeit der Frage in dem angestrebten Revisionsverfahren. Selbst wenn nämlich --wofür einiges spricht-- die Auffassung der Klägerin zuträfe und eine neue Rechtsprechung zu einer abstrakten Rechtsfrage nicht als ansatz- oder wertbegründender Umstand im Sinne des herkömmlichen Begriffsverständnisses (das die Termini "wertbegründend" oder "wertbeeinflussend" als Gegensatz zum Begriff "wertaufhellend" verwendet, z.B. Senatsurteil vom 4. April 1973 I R 130/71, BFHE 109, 55, BStBl II 1973, 485; zur Terminologie auch Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., § 3 IV 2) bezeichnet werden könnte, ergäbe sich daraus noch nicht die Begründetheit der Klage. Denn abgesehen von der verwendeten Begrifflichkeit läuft der materielle Kern der diesbezüglichen Begründung des FG darauf hinaus, dass in dem Zeitraum vor Bekanntwerden der BGH-Urteile der Jahre 2000 und 2001 noch keine Passivierungspflicht für die streitigen Verpflichtungen bestanden haben könne, weil alle Beteiligten noch auf die Wirksamkeit der Verträge hätten vertrauen dürfen. Das FG bezieht sich insoweit darauf, dass der BGH in späteren Urteilen (BGH-Urteile vom 9. November 2004 XI ZR 315/03, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2005, 668, und vom 21. Juni 2005 XI ZR 88/04, NJW 2005, 2985) ausgeführt habe, vor Ergehen der drei Urteile aus den Jahren 2000 und 2001 habe sich aus seiner Rechtsprechung nichts entnehmen lassen, was für einen Verstoß eines umfassenden Treuhand- und Geschäftsbesorgungsvertrages und der mit diesem verbundenen Vollmacht des Geschäftsbesorgers gegen Art. 1 § 1 RBerG gesprochen habe.
Aus der Sicht des FG kommt es mithin für die Frage der Berichtigungsfähigkeit der ursprünglichen Bilanzen maßgeblich darauf an, ob aus der Sicht der "Beteiligten" --also auch der Klägerin-- schon zu den Zeitpunkten der Bilanzaufstellungen ein begründeter Anlass dafür bestanden hat, an der Wirksamkeit der geschlossenen Verträge zu zweifeln. Genau dieser rechtliche Ausgangspunkt des FG wird im Grundsatz aber auch von der Klägerin geteilt, die sich in ihrer Beschwerdebegründung dafür auf den sog. subjektiven Fehlerbegriff und die dazu bisher ergangene BFH-Rechtsprechung beruft.
bb) Die Auffassungen von Klägerin und FG differieren im Ergebnis lediglich insoweit, als das FG die "Zäsur" für eine mögliche Berücksichtigung der neuen Rechtsprechung bei der Bilanzierung erst im Bekanntwerden der BGH-Urteile sieht, während die Klägerin auf zwei bereits früher --vor Aufstellung der streitbefangenen Bilanzen-- ergangene landgerichtliche Entscheidungen abstellt (Landgericht --LG-- Karlsruhe, Urteil vom 21. August 1997 5 S 133/97 und LG Landau/Pfalz, Urteil vom 6. Mai 1999 4 O 772/98, beide nicht veröffentlicht), die schon zum gleichen Ergebnis wie später der BGH gekommen seien. In Bezug auf diese --entscheidende-- Diskrepanz in der rechtlichen Beurteilung durch das FG einerseits und die Klägerin andererseits fehlt es aber in der Beschwerdebegründung an der Darlegung eines Zulassungsgrundes. Die Klägerin hat zwar die eigene Auffassung begründet und die unzureichende rechtliche Fundierung des Ergebnisses des FG kritisiert. Sie hat insoweit jedoch keinen abstrakten Rechtssatz von grundsätzlicher Bedeutung herausgestellt. Soweit die Klägerin sich auf einen sog. qualifizierten Rechtsanwendungsfehler in Bezug auf die Subsumtion unter den Begriff der wertbegründenden Tatsache beruft, betrifft auch dies nicht den geschilderten materiellen Kern der Argumentation des FG. In Bezug auf diesen vermag der Senat eine greifbare Gesetzwidrigkeit, die das Vertrauen in die Rechtsprechung beeinträchtigen könnte, nicht zu erkennen.
cc) Ergänzend --und ohne Einfluss auf die Entscheidung-- sei in diesem Zusammenhang noch bemerkt, dass nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats zum subjektiven Fehlerbegriff im Streitfall eine Bilanzberichtigung nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG 1990/1997 nicht zulässig wäre, weil die Rechtslage zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellungen --wie auch die Klägerin es sieht-- zumindest unklar war. In einem solchen Fall gilt aber, dass jede der kaufmännischen Sorgfalt entsprechende Bilanzierung als "richtig" anzusehen und das ursprüngliche Unterlassen der Passivierung der Verbindlichkeiten mithin nicht als Bilanzierungsfehler angesehen werden kann (vgl. Senatsurteil vom 5. Juni 2007 I R 47/06, BFHE 218, 221, BStBl II 2007, 818, m.w.N.). Aus dem Vorsichtsprinzip ergibt sich --anders als die Klägerin meint-- nichts Gegenteiliges (Senatsurteil vom 23. Januar 2008 I R 40/07, BFHE 220, 361, BStBl II 2008, 669). Denkbar wären danach allenfalls Bilanzänderungen nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG 1990/1997, soweit sich aus den vom FA vorgenommenen Korrekturen in den jeweiligen Streitjahren Erhöhungen der Bilanzgewinne ergeben haben (vgl. Senatsurteil vom 17. Juli 2008 I R 85/07, BFHE 222, 418, BStBl II 2008, 924).
Soweit die Beteiligten sich in ihren Ausführungen auf den Vorlagebeschluss des Senats vom 7. April 2010 I R 77/08 (BFHE 228, 533, BStBl II 2010, 739) zur Anwendbarkeit des subjektiven Fehlerbegriffs auf Rechtsfragen bezogen haben, so ist dieser im Streitfall nicht einschlägig. Die Vorlage bezieht sich nur auf bilanzrechtliche Rechtsfragen, nicht aber auch auf zivilrechtliche Vorfragen, die mittelbar Einfluss auf die Bilanzierung haben können.
3. Auf die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe in Bezug auf die Hilfsargumentation des FG (Verjährung, Aktivierung von Gegenansprüchen) kommt es nach dem Vorstehenden nicht mehr an. Denn wenn ein FG-Urteil --wie hier-- auf kumulative Begründungen gestützt wird, kann die Nichtzulassungsbeschwerde nur Erfolg haben, wenn in Bezug auf jede der Begründungen ein Zulassungsgrund dargelegt wird und vorliegt (z.B. BFH-Beschluss vom 23. Dezember 2004 III B 14/04, BFH/NV 2005, 667, m.w.N.).