Entscheidungsdatum: 29.01.2019
Gewinnabführungsvertrag
1a. Die Berücksichtigung von Abzugskapital hängt nicht davon ab, dass ein innerer Zusammenhang zum betriebsnotwendigen Eigenkapital besteht oder dass die zu Grunde liegende Überlassung von Kapital betriebsnotwendig war (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 3. März 2009 - EnVR 79/07, RdE 2010, 19 Rn. 44 f. - SWU Netze; Beschluss vom 25. April 2017 - EnVR 57/15, RdE 2017, 340 Rn. 36 - SWL Verteilungsnetzgesellschaft mbH).
1b. Die aus einem Gewinnabführungsvertrag resultierende Pflicht, den im Geschäftsjahr angefallenen Gewinn nach Erstellung der Bilanz zeitnah auszukehren, begründet eine Verbindlichkeit im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 5 GasNEV.
1c. Zur Darlegung der Betriebsnotwendigkeit von Umlaufvermögen ist es erforderlich, die Entwicklung von Liquidität und kurzfristig fälligen Verbindlichkeiten über das gesamte Geschäftsjahr hinweg darzustellen (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 3. März 2009 - EnVR 79/07, RdE 2010, 19 Rn. 20 - SWU Netze; Beschluss vom 17. Oktober 2017 - EnVR 23/16 Rn. 27 f. - SW Kiel Netz GmbH).
2a. In energiewirtschaftsrechtlichen Verwaltungsverfahren ist eine Anschlussrechtsbeschwerde entsprechend den Regeln über die Anschlussrevision im Zivilprozess statthaft (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 15. April 1986 - KVR 1/85, WuW/E BGH 2271, juris Rn. 28 - Taxigenossenschaften; Beschluss vom 14. August 2008 - KVR 54/07, WuW/E DE-R 2408 Rn. 132 - Lottoblock I).
2b. Die Zulässigkeit der Anschlussrechtsbeschwerde hängt davon ab, dass sie einen Lebenssachverhalt betrifft, der mit dem von der Rechtsbeschwerde erfassten Gegenstand in einem unmittelbaren rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang steht (Bestätigung von BGH, Urteil vom 22. November 2007 - I ZR 74/05, BGHZ 174, 244 Rn. 38 ff.).
Auf die Rechtsbeschwerde wird der Beschluss des 2. Kartellsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 21. August 2017 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 4. September 2017 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Bundesnetzagentur darin unter Aufhebung der Ausgangsentscheidung verpflichtet worden ist, die Betroffene hinsichtlich der Berücksichtigung von Verbindlichkeiten aus Gewinnabführungsverträgen beim Abzugskapital neu zu bescheiden.
Im Umfang der Aufhebung wird die Beschwerde gegen den Bescheid der Bundesnetzagentur vom 21. Oktober 2013 zurückgewiesen.
Die Anschlussrechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Die Betroffene trägt die Kosten der Beschwerde- und der Rechtsbeschwerdeinstanz einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1,9 Millionen Euro festgesetzt.
A. Die Betroffene betreibt ein Gasverteilernetz, das ihre Muttergesellschaft an sie verpachtet hat. Mit Beschluss vom 21. Oktober 2013 hat die Bundesnetzagentur in Wahrnehmung der Aufgaben der Landesregulierungsbehörde die Erlösobergrenzen für die zweite Regulierungsperiode niedriger als von der Betroffenen begehrt festgesetzt.
Mit ihrer Beschwerde hat sich die Betroffene dagegen gewandt, dass die Bundesnetzagentur Neuanlagen, die im Basisjahr erstmals aktiviert wurden, im Jahresanfangsbestand mit Null angesetzt, Umlaufvermögen nur in Höhe von einem Zwölftel des Jahresumsatzes anerkannt und Verbindlichkeiten aus Gewinnabführungsverträgen als Abzugskapital berücksichtigt hat. Das Beschwerdegericht hat die Bundesnetzagentur hinsichtlich der Neuanlagen und der Verbindlichkeiten aus Gewinnabführungsverträgen zur Neubescheidung verpflichtet.
Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde wendet sich die Bundesnetzagentur gegen die Verpflichtung zur Neubescheidung hinsichtlich des Abzugs von Verbindlichkeiten aus Gewinnabführungsverträgen. Die Betroffene tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Im Wege der Anschlussrechtsbeschwerde begehrt die Betroffene, die Bundesnetzagentur hinsichtlich der Höhe des betriebsnotwendigen Umlaufvermögens ebenfalls zur Neubescheidung zu verpflichten. Die Bundesnetzagentur hält diesen Rechtsbehelf für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet.
B. Beide Rechtsbehelfe sind zulässig, nur derjenige der Bundesnetzagentur ist begründet.
I. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung, soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Interesse, im Wesentlichen wie folgt begründet:
Im Grundsatz sei die Auffassung der Bundesnetzagentur richtig, dass das notwendige Umlaufvermögen nur durch eine Cash-flow-Analyse dargelegt werden könne. Die ursprünglichen Erklärungen der Betroffenen seien unter diesem Aspekt nicht geeignet, die Notwendigkeit eines höheren Umlaufvermögens zu begründen, weil dort Zuflüsse nicht berücksichtigt würden. Ein betriebsnotwendiges Umlaufvermögen könne auch nicht allein mit bilanzierten kurzfristigen Verbindlichkeiten belegt werden.
Entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur seien die am Bilanzstichtag bestehenden Verbindlichkeiten aus Gewinnabführungsverträgen hingegen nicht beim Abzugskapital zu berücksichtigen. Solche Verbindlichkeiten seien in § 7 Abs. 2 GasNEV nicht aufgeführt. Sie könnten auch nicht als sonstige Verbindlichkeiten aufgrund zinsloser Überlassung von Mitteln angesehen werden, weil sie mit dem betriebsnotwendigen Eigenkapital und dem Betrieb des Netzes nichts zu tun hätten, sondern ihre Quelle allein in der Sphäre der das Netz betreibenden Gesellschafter untereinander hätten.
II. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Rechtsbeschwerde nicht stand.
1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist die angefochtene Entscheidung allerdings nicht nach § 88 Abs. 2 EnWG und § 547 Nr. 6 ZPO aufzuheben.
Nach der Rechtsprechung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ist eine bei Verkündung noch nicht vollständig abgefasste Entscheidung nicht mit Gründen versehen, wenn diese nicht innerhalb von fünf Monaten nach Verkündung schriftlich niedergelegt werden (GmSOGB, Beschluss vom 27. April 1993 - GmS-OGB 1/92, BVerwGE 92, 367, 371). Diese Konstellation ist im Streitfall nicht gegeben.
Das Beschwerdegericht hat im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 28. Januar 2015 keine Entscheidung verkündet. Es hat vielmehr erst am 21. August 2017 - nach Erteilung eines Hinweises und ergänzender Stellungnahmen der Beteiligten sowie in anderer Besetzung als in der mündlichen Verhandlung - den angefochtenen Beschluss gefasst und den Beteiligten zeitnah zugestellt. Damit hat es zwar gegen § 81 Abs. 1 EnWG verstoßen, wonach über die Beschwerde grundsätzlich auf Grund mündlicher Verhandlung zu entscheiden ist. Dies füllt aber den Tatbestand des § 547 Nr. 6 ZPO nicht aus.
§ 547 Nr. 6 ZPO und entsprechende Vorschriften in anderen Verfahrensordnungen sollen gewährleisten, dass die schriftlich abgefassten Gründe mit den Gründen übereinstimmen, die nach dem Ergebnis der auf die mündliche Verhandlung folgenden Beratung für die richterliche Überzeugung und für die von dieser getragene Entscheidung maßgeblich waren (GmSOGB, BVerwGE 92, 367, 371). Zu einer diesbezüglichen Diskrepanz kann es nur dann kommen, wenn zwischen der Entscheidungsfällung und der schriftlichen Abfassung der Gründe ein längerer Zeitraum liegt, nicht aber, wenn das Gericht erst lange Zeit nach der mündlichen Verhandlung eine Entscheidung fällt und zeitnah begründet (BAG, Urteil vom 9. Februar 1994 - 2 AZR 666/93, NJW 1995, 75).
Aus der von der Rechtsbeschwerde zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich nichts Abweichendes. Danach ist eine an Verkündungs statt zugestellte Entscheidung nicht mit Gründen versehen, wenn das Gericht eine Entscheidung, deren Tenor es innerhalb der in § 116 Abs. 2 VwGO normierten Frist von zwei Wochen zur Geschäftsstelle gegeben hat, nicht innerhalb von fünf Monaten mit Gründen versieht (BVerwG, Beschluss vom 20. September 1993 - 6 B 18/93, NJW 1994, 273; Beschluss vom 11. Juni 2001 - 8 B 17/01, NVwZ 2001, 1150). Dies ist folgerichtig, weil auch in dieser Konstellation ein großer zeitlicher Abstand zwischen der Entscheidungsfällung und der schriftlichen Begründung besteht. Ein solcher Abstand besteht im Streitfall indes nicht.
2. Zu Unrecht ist das Beschwerdegericht jedoch zu dem Ergebnis gelangt, die Verbindlichkeiten aus den Gewinnabführungsverträgen seien nicht als Abzugskapital zu behandeln.
a) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist die Behandlung als Abzugskapital nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Verbindlichkeiten nicht in Zusammenhang mit betriebsnotwendigem Eigenkapital stehen.
Bei der Ermittlung des für die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung maßgeblichen Eigenkapitals sind gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 GasNEV zwei Schranken zu berücksichtigen. Nach Halbsatz 1 Nr. 1 bis 4 dürfen Gegenstände des Anlage- und Umlaufvermögens jeweils nur insoweit berücksichtigt werden, als sie betriebsnotwendig sind. Von dem so ermittelten betriebsnotwendigen Kapital sind nach Halbsatz 2 das Abzugskapital und das verzinsliche Fremdkapital abzuziehen.
Hierbei ist ein innerer Zusammenhang zwischen Eigenkapital und Abzugskapital nicht erforderlich. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist Abzugskapital nach Maßgabe von § 7 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 GasNEV zum Beispiel auch insoweit zu berücksichtigen, als sein Betrag den Betrag des betriebsnotwendigen Eigenkapitals übersteigt, so dass im Ergebnis ein negativer Kapitalbetrag anzusetzen ist (BGH, Beschluss vom 3. März 2009 - EnVR 79/07, RdE 2010, 19 Rn. 44 f. - SWU Netze; Beschluss vom 25. April 2017 - EnVR 57/15, RdE 2017, 340 Rn. 36 - SWL Verteilungsnetzgesellschaft mbH).
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung steht der Berücksichtigung von Abzugskapital im Streitfall deshalb nicht entgegen, dass dessen Höhe den Betrag des als betriebsnotwendig anerkannten Umlaufvermögens übersteigt. Nach der Rechtsprechung des Senats kann ein hoher Betrag des Abzugskapitals zwar dazu führen, dass ein höherer Betrag für das notwendige Umlaufvermögen anzusetzen ist (BGH, Beschluss vom 3. März 2009 - EnVR 79/07, RdE 2010, 19 Rn. 33 - SWU Netze). Der Netzbetreiber hat die Notwendigkeit des Umlaufvermögens aber auch in dieser Konstellation konkret darzulegen. Wenn sein diesbezügliches Vorbringen den dafür geltenden Anforderungen nicht oder nicht in vollem Umfang entspricht, hat dies nicht zur Folge, dass Abzugskapital in entsprechender Höhe unberücksichtigt zu bleiben hat.
b) Die Behandlung als Abzugskapital hängt ferner nicht davon ab, ob die zu Grunde liegende Überlassung von Kapital betriebsnotwendig war.
Eine Unterscheidung anhand dieses Kriteriums ist im Wortlaut von § 7 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 GasNEV nicht vorgesehen. Sie würde auch nicht dem Sinn und Zweck der Vorschrift entsprechen.
Der Abzug von zinslos überlassenem Kapital soll verhindern, dass ein Netzbetreiber eine Eigenkapitalverzinsung für Mittel erhält, für deren Bereitstellung ihm keine Kosten in Form von Zinsen entstehen. Dieser Ausschluss muss auch - und erst recht - gelten, wenn die Überlassung der betreffenden Mittel für den Betrieb des Netzes nicht erforderlich ist.
c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung führt auch der Umstand, dass die Pflicht zur Gewinnabführung auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage beruht, nicht dazu, dass es an dem erforderlichen Netzbezug fehlt.
Der für die Berücksichtigung im Zusammenhang mit § 7 GasNEV erforderliche Netzbezug besteht schon dann, wenn die abzuführenden Gewinne aus dem Netzbetrieb stammen. Dass diese Voraussetzung im Streitfall erfüllt ist, zieht auch die Rechtsbeschwerdeerwiderung nicht in Zweifel.
d) Ein Abzug ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Verbindlichkeiten auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage beruhen und bei einem nicht zur Gewinnabführung verpflichteten Netzbetreiber nicht anfallen würden.
Die Regelung in § 7 Abs. 1 und 2 GasNEV differenziert nicht danach, auf welcher rechtlichen Grundlage eine Kapitalüberlassung erfolgt. Ausschlaggebend ist vielmehr, wie der Senat in anderem Zusammenhang bereits entschieden hat, ob es sich um eine Vermögensposition handelt, in der sich eine (zinslose) Überlassung von Kapital durch Dritte widerspiegelt (BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2017 - EnVR 23/16, RdE 2018, 77 Rn. 19 - SW Kiel Netz GmbH). Diese Voraussetzung kann auch bei Mitteln erfüllt sein, die dem Netzbetreiber auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage überlassen werden.
Der Umstand, dass die Mittel bei einem Unternehmen, das nicht durch einen Gewinnabführungsvertrag gebunden ist, als Eigenkapital anzusehen wären, führt für sich gesehen nicht dazu, dass sie bei Bestehen eines solchen Vertrags in gleicher Weise zu qualifizieren sind. Die rechtliche Qualifikation hängt nicht davon ab, welche gesellschaftsrechtliche Gestaltung die beteiligten Unternehmen hätten wählen können, sondern davon, welche sie gewählt haben. An den rechtlichen Konsequenzen der gewählten Gestaltung muss sich die Betroffene gegebenenfalls auch insoweit festhalten lassen, als sie ihr in einzelnen Beziehungen zum Nachteil gereichen.
e) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts begründen die Pflichten aus den Gewinnabführungsverträgen eine Verbindlichkeit im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 5 GasNEV.
Wie bereits oben aufgezeigt wurde, ist als Verbindlichkeit im Sinne dieser Vorschriften jede Vermögensposition anzusehen, in der sich eine (zinslose) Überlassung von Kapital durch Dritte widerspiegelt (BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2017 - EnVR 23/16, RdE 2018, 77 Rn. 19 - SW Kiel Netz GmbH). Diese Voraussetzung ist in der Konstellation des Streitfalls erfüllt. Die aus den Gewinnabführungsverträgen Berechtigten sind zwar Gesellschafter der Betroffenen. Dennoch handelt es sich bei den abzuführenden Gewinnen nicht um Eigenkapital, weil diese der Gesellschaft nicht auf Dauer zur Verfügung stehen.
Wie die Rechtsbeschwerde zutreffend geltend macht, beruhen die in der Bilanz als Verbindlichkeiten ausgewiesenen Forderungen aus den Gewinnabführungsverträgen auf in der Vergangenheit erwirtschafteten Gewinnen, die noch nicht an die Gesellschafter ausgekehrt worden sind. Solche Mittel stehen den Gesellschaftern zu. Diese haben zwar die Möglichkeit, sie in Eigenkapital umzuwandeln. Wenn sie die Gesellschaft aber schon vorab in einem Gewinnabführungsvertrag dazu verpflichtet haben, die Gewinne zeitnah auszukehren, steht indes schon am Bilanzstichtag fest, dass das betreffende Kapital der Gesellschaft nicht auf Dauer erhalten bleiben wird. Ähnlich wie Guthaben auf Gesellschafter-Privatkonten (dazu BGH, Beschluss vom 10. November 2015 - EnVR 26/14, RdE 2016, 70 Rn. 23 ff.- Stadtwerke Freudenstadt II) sind solche Mittel deshalb nicht als notwendiges Eigenkapital im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 GasNEV anzusehen, sondern als kurzfristige und zinslose Überlassung.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung ergibt sich eine abweichende Beurteilung nicht deshalb, weil vor dem Ende eines Geschäftsjahrs nicht ohne weiteres beurteilt werden kann, ob ein Gewinn anfällt und weil dem Netzbetreiber ein erzielter Gewinn im Falle eines Gewinnabführungsvertrags nicht dauerhaft zur Verfügung steht. Diese beiden Umstände sprechen vielmehr erst recht dafür, in der Bilanz ausgewiesenes Kapital, das auf solchen Gewinnen beruht, bei der kalkulatorischen Verzinsung des Eigenkapitals für die Folgejahre unberücksichtigt zu lassen.
f) Die Mittel stehen zinslos zur Verfügung.
Entgegen der Auffassung der Betroffenen sind die Verbindlichkeiten nicht deshalb als verzinslich anzusehen, weil die Gewinne innerhalb von zwei Wochen nach Feststellung des Jahresabschlusses an die Berechtigten abzuführen sind. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Betroffene für den Zeitraum bis zur Abführung Zinsen schuldet. Letzteres ist nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Bundesnetzagentur nicht der Fall.
g) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung steht dieses Ergebnis nicht in Widerspruch zum Zweck der Anreizregulierung.
Der angestrebte Anreiz zu einer zusätzlichen Steigerung der Effizienz ergibt sich daraus, dass der Netzbetreiber - und im Falle der Ausschüttung dessen Gesellschafter - daraus resultierende Gewinne behalten darf. Hieraus kann nicht abgeleitet werden, dass erzielte Gewinne auch bei der kalkulatorischen Verzinsung des Eigenkapitals für nachfolgende Jahre zu berücksichtigen sind.
III. Die Anschlussrechtsbeschwerde ist ebenfalls zulässig, aber unbegründet.
1. Der Rechtsbehelf ist zulässig.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats ist in kartellrechtlichen Verwaltungsverfahren eine Anschlussrechtsbeschwerde entsprechend den Regeln über die Anschlussrevision im Zivilprozess (§ 554 ZPO) statthaft (BGH, Beschluss vom 15. April 1986 - KVR 1/85, WuW/E BGH 2271, juris Rn. 28 - Taxigenossenschaften; Beschluss vom 14. August 2008 - KVR 54/07, WuW/E DE-R 2408 Rn. 132 - Lottoblock I).
Für das Rechtsbeschwerdeverfahren in Energiewirtschaftssachen, das nach dem Vorbild der §§ 74 ff. GWB ausgestaltet ist, gilt nichts anderes.
b) Der erforderliche Zusammenhang mit dem Gegenstand der Rechtsbeschwerde ist gegeben.
aa) Nach den Grundsätzen des Zivilprozessrechts ist eine Anschlussrevision nur dann zulässig, wenn sie einen Lebenssachverhalt betrifft, der mit dem von der Revision erfassten Streitgegenstand in einem unmittelbaren rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang steht (BGH, Urteil vom 22. November 2007 - I ZR 74/05, BGHZ 174, 244 Rn. 38 ff.).
Diese Voraussetzungen gelten auch für die Anschlussrechtsbeschwerde.
Ebenso wie die Anschlussrevision ist die Anschlussrechtsbeschwerde ein unselbständiger Rechtsbehelf akzessorischer Natur, weil ihre Zulässigkeit von der Einlegung eines zulässigen Rechtsmittels des Gegners abhängt. Dieser Abhängigkeit würde es widersprechen, wenn mit ihr Streitstoff eingeführt werden könnte, der mit dem Gegenstand des gegnerischen Rechtsmittels weder in einem rechtlichen noch in einem wirtschaftlichen Zusammenhang steht (BGHZ 174, 244 Rn. 40).
c) Im Streitfall ist der danach erforderliche Zusammenhang gegeben.
Nach der bereits erwähnten Rechtsprechung des Senats kann ein hoher Betrag des Abzugskapitals dazu führen, dass ein höherer Betrag für das notwendige Umlaufvermögen anzusetzen ist (BGH, Beschluss vom 3. März 2009 - EnVR 79/07, RdE 2010, 19 Rn. 33 - SWU Netze). Der für die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde relevanten Frage, wie hoch das zu berücksichtigende Abzugskapital ist, kann mithin Bedeutung für die Höhe des notwendigen Umlaufvermögens zukommen. Dieser Zusammenhang rechtfertigt es, den Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens so zu erweitern, dass auch über die zweite Frage zu entscheiden ist.
Dass ein höherer Betrag des Abzugskapitals nicht ohne weiteres zu einer entsprechenden Erhöhung des notwendigen Umlaufvermögens führt, steht dem nicht entgegen. In welcher Höhe sich Umlaufvermögen als betriebsnotwendig erweist, ist eine Frage der Begründetheit des Rechtsbehelfs. Für die Zulässigkeit reicht es aus, dass die Beurteilung des Abzugskapitals für die Beurteilung des betriebsnotwendigen Umlaufvermögens von Bedeutung sein kann.
2. Die Anschlussrechtsbeschwerde ist unbegründet.
Das Beschwerdegericht ist ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass die Betroffene die Betriebsnotwendigkeit von Umlaufvermögen in einer den pauschalen Ansatz der Bundesnetzagentur übersteigenden Höhe nicht hinreichend dargelegt hat.
a) Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat, obliegt es dem Netzbetreiber, die Betriebsnotwendigkeit des von ihm in Ansatz gebrachten Umlaufvermögens nachvollziehbar darzulegen (vgl. nur BGH, Beschluss vom 3. März 2009 - EnVR 79/07, RdE 2010, 19 Rn. 20 - SWU Netze; Beschluss vom 17. Oktober 2017 - EnVR 23/16 Rn. 27 f. - SW Kiel Netz GmbH). Die Notwendigkeit eines überdurchschnittlich hohen Umlaufvermögens kann sich etwa daraus ergeben, dass kurzfristig zu bedienende Verbindlichkeiten durch die vorhandenen liquiden Mittel und kurzfristig realisierbare Forderungen nicht vollständig abgedeckt werden können (BGH, Beschluss vom 3. März 2009 - EnVR 79/07, RdE 2010, 19 Rn. 25 - SWU Netze; Beschluss vom 23. Juni 2009 - EnVR 19/08 Rn. 25).
Ob hierzu, wie das Beschwerdegericht in Übereinstimmung mit der Bundesnetzagentur meint, stets eine nach einzelnen Monaten aufgeschlüsselte Darstellung der Liquidität und der kurzfristig fälligen Verbindlichkeiten für das gesamte Geschäftsjahr erforderlich ist, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Erforderlich ist jedenfalls, dass die Entwicklung von Liquidität und kurzfristig fälligen Verbindlichkeiten über das gesamte Geschäftsjahr hinweg dargestellt werden. Eine auf einzelne Stichtage oder Teile des Geschäftsjahrs beschränkte Darstellung ist demgegenüber nicht geeignet. Gerade wenn sich im Verlauf des Jahres Schwankungen ergeben, hängt die Beantwortung der Frage, in welchem Umfang die Vorhaltung von Umlaufvermögen erforderlich ist, auch davon ab, inwieweit entstandene Ungleichgewichte kurzfristig ausgeglichen werden können. Dies kann nur beurteilt werden, wenn die Entwicklung über das gesamte Geschäftsjahr hinweg aufgezeigt wird.
b) Diesen Anforderungen wird der von der Anschlussrechtsbeschwerde aufgezeigte Vortrag der Betroffenen nicht gerecht.
Die Betroffene hat auf den vom Beschwerdegericht nach der mündlichen Verhandlung erteilten Hinweis zwar Angaben zur Liquidität gemacht. Diese betreffen aber nur einen Zeitraum von drei Monaten nach dem Bilanzstichtag, nicht hingegen das gesamte Geschäftsjahr.
c) Entgegen der Auffassung der Anschlussrechtsbeschwerde ergeben sich aus der Rechtsprechung des Senats keine unzumutbaren Anforderungen an die Darlegung der Betriebsnotwendigkeit.
Die Anforderungen an Darlegung und Nachweis der Betriebsnotwendigkeit von Umlaufvermögen ergeben sich daraus, dass diese eine zentrale Voraussetzung für die Verzinsung als Eigenkapital und die daraus resultierende Kostenbelastung für die Netznutzer darstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 3. März 2009 - EnVR 79/07, RdE 2010, 19 Rn. 20 - SWU Netze). Der von der Anschlussrechtsbeschwerde geltend gemachte Umstand, viele Netzbetreiber verfügten nicht über ausreichendes Datenmaterial, um die Entwicklung von Liquidität und kurzfristig fälligen Verbindlichkeiten über das gesamte Geschäftsjahr hinweg darzustellen, vermag eine Reduzierung dieser Anforderungen nicht zu rechtfertigen.
d) Entgegen der Auffassung der Anschlussrechtsbeschwerde hat das Beschwerdegericht den Anspruch der Betroffenen auf rechtliches Gehör nicht verletzt.
Aus dem Umstand, dass sich das Beschwerdegericht mit dem Vortrag der Betroffenen zur Entwicklung in den ersten drei Monaten nach dem Bilanzstichtag nicht im Einzelnen auseinandergesetzt hat, kann nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass es dieses Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen hat. Vom - zutreffenden - rechtlichen Standpunkt des Beschwerdegerichts aus waren die vorgetragenen Einzelheiten schon deshalb nicht relevant, weil sich die Darstellung nicht auf das gesamte Geschäftsjahr bezieht.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Satz 1 und 2 EnWG, die Festsetzung des Gegenstandswerts auf § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GKG und § 3 ZPO.
Obwohl die Betroffene im Beschwerdeverfahren teilweise obsiegt hat, erschien es nicht angemessen, der Bundesnetzagentur einen Teil der Kosten aufzuerlegen, weil hiervon nur ein sehr geringer Anteil des gesamten Gegenstandswerts betroffen ist.
Die gesonderte Festsetzung eines Gegenstandswerts für das Verfahren über die von der Betroffenen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist entbehrlich, weil dieses Rechtsmittel in der Sache auf dasselbe Ziel gerichtet war wie die Anschlussrechtsbeschwerde.
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