Entscheidungsdatum: 13.11.2018
Karenzzeiten III
§ 10c Abs. 5 EnWG ist anwendbar, wenn eine Person der Unternehmensleitung des in Deutschland tätigen Unabhängigen Transportnetzbetreibers nach Beendigung des zu diesem Unternehmen bestehenden Vertragsverhältnisses bei einem anderen, nicht in Deutschland ansässigen Unternehmen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens angestellt werden soll.
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 8. März 2017 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur werden der Betroffenen und dem Beigeladenen zu 2 als Gesamtschuldnern auferlegt. Die Auslagen der Beigeladenen zu 1 trägt sie selbst.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.
I.
Die Beteiligten streiten um Rechtmäßigkeit und Auslegung der Karenzzeitenregelungen des § 10c EnWG.
Die in Sankt Petersburg ansässige Betroffene ist ein Tochterunternehmen der russischen P. G. mit Sitz in M. . Sie ist ihrerseits Alleingesellschafterin der G. G. GmbH mit Sitz in B. und bildet mit weiteren Tochterunternehmen die G. e. -Gruppe, die in der Europäischen Union in den Bereichen Gewinnung, Vertrieb und Speicherung von Erdgas tätig ist. Die G. G. GmbH hält 49,98 % der Anteile an der Beigeladenen zu 1, bei der es sich um einen in Deutschland tätigen Gastransportnetzbetreiber handelt. Die übrigen 50,02 % der Geschäftsanteile werden von der W. -Gruppe gehalten, die zum B. -Konzern gehört.
Die Beigeladene zu 1 wurde im Jahr 2013 von der Bundesnetzagentur als Unabhängiger Transportnetzbetreiber nach § 4a EnWG zertifiziert. Hierbei wurde die Betroffene zusammen mit den ihr nachgelagerten Gesellschaften der G. e. -Gruppe als vertikal integriertes Unternehmen im Sinne des § 3 Nr. 38 EnWG eingestuft. Die P. G. ist nicht Teil des vertikal integrierten Unternehmens.
Der Beigeladene zu 2 ist russischer Staatsbürger. Nach einer Tätigkeit bei der Betroffenen im Bereich Gaslogistik wurde er zum 1. April 2013 Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1 und leitete dort außerdem das Ressort 3 "Kapazität und Entwicklung". Mit Ablauf des 30. April 2015 gab er aus persönlichen Gründen seine Stellung als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1 auf und kündigte den Dienstvertrag. Mit E-Mail vom 20. Mai 2015 teilte er der Bundesnetzagentur mit, dass er bei der Betroffenen in S. P. die Leitung der Abteilung "Logistik und Speicher" übernommen habe. Mit Schreiben vom 21. Mai 2015 informierte auch die Beigeladene zu 1 die Bundesnetzagentur über diesen Umstand.
Mit Beschluss vom 16. Dezember 2015 in der Fassung des Berichtigungsschreibens vom 19. Februar 2016 stellte die Bundesnetzagentur fest, dass die Betroffene durch die Anstellung des Beigeladenen zu 2 gegen das nachvertragliche Anstellungsverbot des § 10c Abs. 5 und Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG verstoßen habe, und untersagte ihr bis einschließlich 30. April 2019, ein Arbeitsverhältnis mit dem Beigeladenen zu 2 zu unterhalten oder eine rechtliche Verpflichtung zur Unterhaltung eines Arbeitsverhältnisses mit diesem zu begründen oder aufrechtzuerhalten.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Betroffenen und des Beigeladenen zu 2 hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Mit der - vom Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerde begehren die Betroffene und der Beigeladene zu 2 die Aufhebung des Beschlusses des Beschwerdegerichts und die Zurückverweisung der Sache an dieses zur erneuten Verhandlung.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. März 2017 - 3 Kart 10/16, juris) im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die Beschwerde sei unbegründet. Die Bundesnetzagentur habe in dem streitgegenständlichen Beschluss vom 16. Dezember 2015 zutreffend festgestellt, dass die Betroffene durch die Anstellung des Beigeladenen zu 2 gegen das nachvertragliche Anstellungsverbot des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG verstoßen habe.
Die Karenzzeitenregelungen des § 10c EnWG seien gemäß § 109 Abs. 2 EnWG auf Sachverhalte mit Auslandsbezug anwendbar, wenn sich - wie hier - Auswirkungen im Inland ergäben. Der Abschluss des Anstellungsvertrags zwischen der Betroffenen und dem Beigeladenen zu 2 vor Ablauf der Karenzzeit wirke sich nachteilig auf dem deutschen Hoheitsgebiet aus, weil er den diskriminierungsfreien und transparenten Betrieb des Transportnetzes gefährde. Er beeinträchtige damit zugleich das Vertrauen der Marktteilnehmer in einen wettbewerbsanalogen und gemeinwohldienlichen Netzbetrieb. Den Karriere- und Wechselmöglichkeiten innerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens wohne ein erhebliches Diskriminierungspotential inne. Insoweit sei im Hinblick auf den Zweck der Karenzzeitenregelung eine generalisierende Betrachtung anzustellen. Der Nachweis einer konkreten Gefährdung werde von der Kollisionsnorm des § 109 Abs. 2 EnWG nicht gefordert. Selbst wenn man den Geltungsbereich dieser Kollisionsnorm völkerrechtlich durch ein Missbrauchs- oder Einmischungsverbot begrenzen wollte, ergäbe sich nichts anderes, weil die gewichtigen öffentlichen Interessen Deutschlands an einer wettbewerbsanalogen, nichtdiskriminierenden und transparenten Regulierung der Energienetze die Interessen Russlands an einer Einhaltung des russischen Arbeitsrechts überwögen.
Das nachvertragliche Anstellungsverbot des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG sei wirksam. Es verstoße weder gegen Unionsrecht noch gegen das Grundgesetz. Dabei könne dahinstehen, ob die Vorschrift des § 10c EnWG - wegen der detaillierten europäischen Vorgaben - an der Charta der Grundrechte der Europäischen Union oder am Grundgesetz zu messen sei. Die hier betroffenen Grundrechte wiesen nach deutschem und europäischem Recht weitgehend ähnliche Schutzbereiche auf, die indes nicht in unverhältnismäßiger Weise berührt würden. Den Gesetzgebungsorganen der Europäischen Union komme bei wirtschaftspolitischen Maßnahmen ein weiter Ermessens- und Prognosespielraum zu, dessen Grenzen nicht verletzt seien.
Die Karenzzeitenregelungen griffen zwar in den Schutzbereich der Berufsfreiheit, der unternehmerischen Freiheit und des Eigentumsrechts nach Art. 52 Abs. 1 GRCh ein. Der Eingriff sei aber gerechtfertigt. Die Regelungen seien geeignet, einen diskriminierungsfreien Netzzugang zu gewährleisten, und zur Zielerreichung erforderlich, nachdem die Europäische Union und mit ihr der deutsche Gesetzgeber zu dem Ergebnis gekommen seien, dass die Entflechtung bis zum Jahr 2009 nicht in dem notwendigen Maße umgesetzt worden sei. Dies werde durch zahlreiche andere Vorschriften und Verbote im Energierecht, die ebenfalls das Ziel hätten, Diskriminierungen zu vermeiden, nicht in Frage gestellt. Denn durch die Sperrfristen solle präventiv verhindert werden, dass Diskriminierungen in besonders sensiblen Unternehmensbereichen überhaupt erst entstünden. Schließlich seien die Bestimmungen auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Durch die Vorschriften würden zwar Führungskräfte in ihren persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten und vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen bei ihrer Personalplanung eingeschränkt. Dies sei aber im Hinblick auf die mit den Karenzzeitenregelungen verbundenen Gemeinwohlziele hinzunehmen.
Die Länge der Karenzzeit von vier Jahren sei ebenfalls nicht zu beanstanden, weil dem europäischen Richtliniengeber ebenso wie dem nationalen Gesetzgeber insoweit ein weiter Gestaltungsspielraum zukomme. Die Dauer von vier Jahren sei insbesondere nicht unverhältnismäßig. Dies gelte auch, wenn die Beschäftigung der Führungskraft beim Transportnetzbetreiber - wie hier - nur halb so lange angedauert habe wie das nachfolgende Karenzverbot. Denn auch in diesem Fall könne die Führungskraft diskriminierungsrelevantes Wissen angesammelt haben und die Gefahr bestehen, das vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen im Hinblick auf eine lukrative Anschlussbeschäftigung zu bevorzugen.
Schließlich sei auch der Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 20 GRCh nicht verletzt. Es sei sachgerecht, lediglich die Wechselmöglichkeiten innerhalb des Unternehmensverbunds zu beschränken, weil hier das Diskriminierungspotential strukturell größer sei als bei einem Wechsel von oder nach außen. Eine mögliche Ungleichbehandlung mit Führungskräften der beiden anderen Entflechtungsvarianten sei ebenfalls gerechtfertigt; bei dem eigentlich unvollkommenen Entflechtungsmodell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers seien strenge Anforderungen an die persönliche Unabhängigkeit der Führungskräfte zu stellen. Schließlich sei auch eine Unterscheidung zwischen Führungskräften und sonstigem Personal sachgerecht, weil bei Führungskräften aufgrund ihrer Entscheidungsmöglichkeiten die erhöhte Wahrscheinlichkeit bestehe, dass sie relevante Informationen in diskriminierender Weise tatsächlich verwendeten.
Die angefochtene Abstellungsverfügung der Bundesnetzagentur sei auch im Übrigen rechtmäßig. Der Beigeladene zu 2 unterliege aufgrund seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1 wie auch in seiner Funktion als Leiter des Ressorts 3 mit den Zuständigkeiten für die Fachbereiche "Einkauf", "Gasdisposition", "Vertragsenergieermittlung", "IT-Management", "Kapazitätsmanagement" und "Marktgebietsmanagement und Geschäftsentwicklung" den Cooling-off-Vorgaben. Die Betroffene sei als Muttergesellschaft Teil des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens und nehme auch selbst oder über beherrschte Tochterunternehmen Funktionen in Bezug auf Gewinnung, Erzeugung, Verteilung, Lieferung, Kauf und Speicherung von Erdgas wahr.
Die Bundesnetzagentur habe in Nummer 2 des Beschlusstenors die Geltungsdauer der Karenzzeit nicht unzulässig über den 30. April 2019 hinaus ausgedehnt. Nach § 10c Abs. 5 und 6 EnWG sei es den Normadressaten untersagt, zu den in dieser Vorschrift genannten Unternehmen Interessen- oder Geschäftsbeziehungen zu unterhalten. Aufgrund der damit verbundenen abstrakten Diskriminierungsgefahr sei es ihnen daher untersagt, schon vorab etwa einen aufschiebend auf den 1. Mai 2019 bedingten Anstellungsvertrag zu schließen.
Schließlich habe die Bundesnetzagentur auch ihr Aufgreif- und Auswahlermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Die Abstellungsverfügung sei geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass die Betroffene und der Beigeladene zu 2 den Anstellungsvertrag in Kenntnis der Karenzzeitenregelungen abgeschlossen hätten. Aufgrund dessen begründe auch die persönliche Situation des Beigeladenen zu 2 keine Unverhältnismäßigkeit der Abstellungsverfügung. Im Übrigen habe er auch nicht plausibel dargelegt, weshalb er seine spezifischen Kenntnisse in Russland nur für G. im grenzüberschreitenden Gastransportwesen verwenden könne, obwohl sich seine Tätigkeit als Leiter des Ressorts 3 auch auf das IT-Management und das Marktgebietsmanagement bezogen habe.
2. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass die Betroffene durch die Anstellung des Beigeladenen zu 2 gegen das nachvertragliche Anstellungsverbot des § 10c Abs. 5 und Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EnWG verstoßen hat.
a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde sind die Karenzzeitenregelungen des § 10c Abs. 5 und Abs. 6 EnWG auf den nach russischem Recht zwischen der Betroffenen und dem Beigeladenen zu 2 geschlossenen Anstellungsvertrag anwendbar. Dies folgt - was das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - aus § 109 Abs. 2 EnWG. Eine Verletzung des völkerrechtlichen Prinzips der Territorialität und Souveränität liegt nicht vor.
aa) Gemäß § 109 Abs. 2 EnWG findet das Energiewirtschaftsgesetz auf alle Verhaltensweisen Anwendung, die sich im Geltungsbereich dieses Gesetzes auswirken, auch wenn sie außerhalb dieses Bereichs veranlasst werden.
Danach ist - ebenso wie nach der vom Gesetzgeber als Vorbild herangezogenen (BT-Drucks. 15/3917 S. 75) Regelung in § 130 Abs. 2 GWB a.F. (seit 18. April 2016: § 185 Abs. 2 GWB; bis 31. Dezember 1998: § 98 Abs. 2 GWB) - nicht maßgeblich, an welchem Ort eine Handlung vorgenommen wird. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob ein bestimmtes Verhalten Auswirkungen auf den deutschen Energiemarkt hat. Welche Auswirkungen hierfür ausreichend sind, ist mit Blick auf den Schutzzweck des Gesetzes und der jeweils in Frage kommenden speziellen Sachnormen zu beurteilen (Senatsbeschluss vom 7. März 2017 - EnVR 21/16, RdE 2018, 201 Rn. 16 mwN - Baltic Cable AB).
Die im Streitfall in Frage stehende Vorschrift des § 10c EnWG über die Unabhängigkeit des Personals und der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers dient wie auch die übrigen Vorschriften über die Zertifizierung und Entflechtung von Transportnetzbetreibern, was der Senat bereits mehrfach entschieden hat, dem Zweck, die mit einer vertikalen Integration von Versorgungs- und Netztätigkeiten einhergehenden systemimmanenten Interessenkonflikte und die daraus resultierende Gefahr einer Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts zu vermeiden (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 25 - Karenzzeiten I, vom 7. März 2017 - EnVR 21/16, RdE 2018, 201 Rn. 17 - Baltic Cable AB und vom 17. Juli 2018 - EnVR 21/17, Rn. 20 - Karenzzeiten II).
Der europäische Richtliniengeber wie auch der nationale Gesetzgeber haben den Karenzzeitenregelungen eine besondere Bedeutung für die Unabhängigkeit des Fernleitungsnetzbetreibers beigemessen (vgl. Erwägungsgrund 16 der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG [im Folgenden: Gasrichtlinie oder GasRL]; Erwägungsgrund 19 der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG [im Folgenden: Stromrichtlinie oder StromRL]; BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Denn gerade den Karriere- und Wechselmöglichkeiten innerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens oder zur Konzernobergesellschaft wohnt ein nicht unerhebliches Diskriminierungspotential inne (Senatsbeschlüsse vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 31 - Karenzzeiten I und vom 17. Juli 2018 - EnVR 21/17, Rn. 23 - Karenzzeiten II). Aufgrund dessen ist es geboten, zur Gewährleistung des diskriminierungsfreien und transparenten Netzzugangs bereits die abstrakte Gefahr einer Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts zu vermeiden, damit die entflechtungsrechtlichen Vorgaben wirksam durchgesetzt werden können.
bb) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde steht die Anwendung des deutschen Entflechtungsrechts auf im Ausland ansässige vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen und ausländische Staatsbürger nach Maßgabe von § 109 Abs. 2 EnWG nicht in Widerspruch zu allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts. Insbesondere ist der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG auch nicht im Lichte des § 109 Abs. 2 EnWG bei grenzüberschreitenden Sachverhalten dahingehend einschränkend auszulegen, dass das Anstellungsverbot nur dann eingreift, wenn bei der bisherigen Tätigkeit des betroffenen Mitarbeiters beim Unabhängigen Transportnetzbetreibers eine tatsächliche Auswirkung in Form einer tatsächlichen Diskriminierung oder einer konkreten Diskriminierungsgefahr festzustellen ist.
(1) Das von der Rechtsbeschwerde in den Vordergrund gestellte Territorialitätsprinzip schließt allerdings die einseitige Ausübung von Hoheitsgewalt auf fremden Territorien aus. Es verbietet aber nicht, Sachverhalte zu regeln, die Auswirkungen auf das eigene Hoheitsgebiet haben, auch wenn diese an Vorgänge in einem anderen Territorium anknüpfen (vgl. Senatsbeschluss vom 7. März 2017 - EnVR 21/16, RdE 2018, 201 Rn. 46 mwN - Baltic Cable AB). Für Vorschriften, die der Freiheit des Wettbewerbs dienen, wird der Ort der Auswirkung sogar überwiegend als einzig sachgerechtes Anknüpfungskriterium angesehen (Stadler in Langen/Bunte, Kommentar zum Deutschen und Europäischen Kartellrecht, 13. Auflage, § 185 GWB Rn. 143; Wagner-von Papp/Wurmnest in Münchener Kommentar zum Kartellrecht, 2. Auflage, Einleitung Rn. 1543 ff.).
Nach dem Gebot der Rücksichtnahme darf diese Anknüpfung zwar nur in einem Umfang stattfinden, der im Hinblick auf den Schutzzweck der zur Anwendung stehenden Norm erforderlich ist und die Interessen anderer Staaten nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt. Der Senat hat sie deshalb jedenfalls dann für zulässig gehalten, wenn sich die Tätigkeit des betroffenen Unternehmens nicht nur unwesentlich auf das Inland auswirkt (vgl. Senatsbeschluss vom 7. März 2017 - EnVR 21/16, RdE 2018, 201 Rn. 47 - Baltic Cable AB für den Betrieb einer im Inland belegenen Netzkomponente, der eine nicht unbedeutende Rolle für die inländische Energieversorgung zukommt).
Diese Rechtsprechung des Senats steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union. In dem - nach Erlass der Entscheidung des Beschwerdegerichts ergangenen - Urteil vom 6. September 2017 (C-413/14, EuZW 2017, 850 - Intel Corporation Inc/Kommission) hat der Gerichtshof im Rahmen der Begründung der territorialen Zuständigkeit der Kommission klargestellt, dass das völkerrechtlich akzeptierte Kriterium der sogenannten qualifizierten Auswirkungen den Zweck verfolgt, Verhaltensweisen zu erfassen, die zwar nicht im Gebiet der Union stattgefunden haben, deren wettbewerbswidrige Auswirkungen aber auf dem Unionsmarkt zu spüren sein können (EuGH aaO Rn. 45). Aufgrund dessen lässt sich mit dem Kriterium der qualifizierten Auswirkungen die Anwendung des Wettbewerbsrechts der Union völkerrechtlich rechtfertigen, wenn voraussehbar ist, dass das fragliche Verhalten in der Union unmittelbare und wesentliche Auswirkungen haben wird (EuGH aaO Rn. 49). Dies ist anhand einer Gesamtbetrachtung des fraglichen Verhaltens des oder der Unternehmen zu bestimmen (EuGH aaO Rn. 50).
Damit hat der Gerichtshof der Europäischen Union das Auswirkungskriterium ausdrücklich bestätigt. Für das Energiewirtschaftsrecht kann nichts anderes gelten. Insbesondere die Vorschriften über die Zertifizierung und Entflechtung von Transportnetzbetreibern haben den Zweck, einen diskriminierungsfreien und transparenten Netzzugang zu gewährleisten und einen wirksamen und unverfälschten Wettbewerb bei der Versorgung mit Gas und Strom sicherzustellen. Das Beschäftigungsverbot des § 10c Abs. 5 EnWG betrifft - wie auch Art. 19 Abs. 7 GasRL/StromRL - zwei voneinander zu unterscheidende Fallgestaltungen. Zum einen gilt das Verbot für die Anschlusstätigkeit bei einem anderen Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens. Insoweit greift der Verbotstatbestand nur ein, wenn - was vorliegend der Fall ist - mit der neuen Tätigkeit im Elektrizitätsbereich eine der Funktionen Erzeugung, Verteilung, Lieferung oder Kauf von Elektrizität und im Erdgasbereich eine der Funktionen Gewinnung, Verteilung, Lieferung, Kauf oder Speicherung von Erdgas wahrgenommen oder kommerzielle, technische oder wartungsbezogene Aufgaben im Zusammenhang mit diesen Funktionen erfüllt werden (§ 10c Abs. 5 Fall 1 EnWG). Zum anderen besteht das Anstellungsverbot - hier nicht einschlägig - bei jedweder Anschlusstätigkeit bei dem Mehrheitsanteilseigner; insoweit gilt das Verbot ausnahmslos (§ 10c Abs. 5 Fall 2 EnWG).
(2) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG nicht dahingehend einschränkend auszulegen, dass das Anstellungsverbot dann nicht eingreift, wenn die Tätigkeit des betroffenen Mitarbeiters bei dem Unabhängigen Transportnetzbetreiber - was die Rechtsbeschwerdeführer in der Tatsacheninstanz behauptet haben - tatsächlich keine diskriminierenden Auswirkungen gezeitigt oder keine konkrete Diskriminierungsgefahr aufgewiesen hat. Dies ist unerheblich. Die Vorgaben für die personelle Unabhängigkeit des Managements eines Unabhängigen Transportnetzbetreibers haben sich in erster Linie an der Entflechtungszielsetzung eines transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetriebs zu orientieren.
Die Vorschrift des § 10c Abs. 5 EnWG regelt die personelle Trennung der Unternehmensleitung und der weiteren Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers von der Muttergesellschaft des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens, deren Tochtergesellschaften und Mehrheitsanteilseignern, um damit deren berufliche Unabhängigkeit zu gewährleisten (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Durch die Sicherung der beruflichen Handlungsunabhängigkeit der Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers sollen in Ergänzung zur formalen personellen Entflechtung Anreize unterbunden werden, zur Verbesserung der persönlichen Karrierechancen oder der persönlichen Vergütung Marktaktivitäten des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens gegenüber dessen Wettbewerbern zu bevorzugen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 52 mwN - Karenzzeiten I und vom 17. Juli 2018 - EnVR 21/17, Rn. 26 - Karenzzeiten II). Die Vorschrift will insoweit nicht nur einer konkreten, sondern bereits der abstrakten Gefahr einer Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts begegnen, indem eine Führungskraft des Unabhängigen Transportnetzbetreibers zur bewussten oder unbewussten Verbesserung ihrer persönlichen Karrierechancen innerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens oder bei der Konzernobergesellschaft ihre Tätigkeit nicht auf eine möglichst effiziente Bereitstellung der Netzdienste im Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG ausrichtet, sondern auf eine Beförderung der Interessen der Wettbewerbsbereiche des Energieversorgungsunternehmens (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Juli 2018 - EnVR 21/17, Rn. 26 - Karenzzeiten II).
(3) Dieses Auslegungsergebnis steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Danach verfolgt das Kriterium der qualifizierten Auswirkungen den Zweck, Verhaltensweisen zu erfassen, deren wettbewerbswidrige Auswirkungen auf dem Unionsmarkt zu spüren sein können. Mit diesem Kriterium lässt sich die Anwendung des Wettbewerbsrechts der Union völkerrechtlich rechtfertigen, wenn vorhersehbar ist, dass das fragliche Verhalten in der Union unmittelbare und wesentliche Auswirkungen haben wird, wobei insoweit eine Gesamtbetrachtung des fraglichen Verhaltens anzustellen ist (vgl. EuGH, EuZW 2017, 850 Rn. 45 ff. - Intel Corporation Inc/Kommission). Dabei reicht es insbesondere aus, die wahrscheinlichen Auswirkungen eines Verhaltens auf den Wettbewerb zu berücksichtigen, damit das Erfordernis der Vorhersehbarkeit erfüllt ist (vgl. EuGH aaO Rn. 51).
Diese Voraussetzungen sind gegeben. Wie bereits ausgeführt, soll das Anstellungsverbot des § 10c Abs. 5 EnWG die berufliche Handlungsunabhängigkeit der Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers sichern und in Ergänzung zur formalen personellen Entflechtung Anreize unterbinden, zur Verbesserung der persönlichen Karrierechancen oder der persönlichen Vergütung Marktaktivitäten des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens gegenüber dessen Wettbewerbern zu bevorzugen. Im Hinblick auf die besondere Bedeutung, die der europäische Richtliniengeber den Karenzzeitenregelungen für die Unabhängigkeit des Fernleitungsnetzbetreibers beigemessen hat (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL), ist deshalb im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung auf das bloße Diskriminierungspotential abzustellen, ohne dass es darauf ankommt, ob tatsächlich ein diskriminierendes Verhalten festgestellt worden ist. Bei Fehlen eines Anstellungsverbots wäre es vielmehr hinreichend wahrscheinlich, dass eine Führungskraft des Unabhängigen Transportnetzbetreibers "sein" vertikal integriertes Energieversorgungsunternehmen gegenüber dessen Wettbewerbern auf dem in Deutschland gelegenen Markt in Form des von dem Unabhängigen Transportnetzbetreiber betriebenen Transportnetzes begünstigt und dadurch unmittelbare und wesentliche Wirkungen auf diesem Markt erzeugt. Gerade den Karriere- und Wechselmöglichkeiten innerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens wohnt - wie bereits dargelegt - ein nicht unerhebliches Diskriminierungspotential inne.
b) Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass die Karenzzeitenregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen. Die dagegen gerichteten Angriffe der Betroffenen und des Beigeladenen zu 2 bleiben - was der Senat mit Beschluss vom 26. Januar 2016 (EnVR 51/14, RdE 2016, 51 Rn. 19 ff. - Karenzzeiten I; die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 6. Juli 2016 - 1 BvR 1016/16 - nicht zur Entscheidung angenommen) entschieden und im Einzelnen begründet hat - ohne Erfolg. Die Rechtsbeschwerde zeigt insoweit keine neuen Gesichtspunkte auf, die eine andere Entscheidung gebieten würden.
c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdegericht in Nummer 2 des Beschlusstenors in der Fassung des Berichtigungsschreibens vom 19. Februar 2016 die Geltungsdauer der Karenzzeit nicht unzulässig über den 30. April 2019 hinaus ausgedehnt. Die ausgesprochene Verpflichtung der Betroffenen, es bis einschließlich 30. April 2019 zu unterlassen, ein Arbeitsverhältnis mit dem Beigeladenen zu 2 zu unterhalten oder eine rechtliche Verpflichtung zur Unterhaltung eines Arbeitsverhältnisses mit ihm zu begründen oder aufrechtzuerhalten, ist rechtmäßig.
aa) Nach dem Wortlaut des § 10c Abs. 5 EnWG und des Art. 19 Abs. 4 GasRL ist allerdings offen, ob ein Anstellungsvertrag einer den Karenzzeitenregelungen unterworfenen Person der Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers mit einem anderen Unternehmen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens bereits während der Karenzzeit aufschiebend bedingt zum ersten Tag nach Ablauf der Karenzzeit oder ob ein solcher Vertrag rechtsverbindlich frühestens an diesem Tag geschlossen werden kann. In Art. 19 Abs. 7 GasRL/StromRL heißt es insoweit, dass solche "Personen … für mindestens vier Jahre bei anderen Unternehmensteilen … keine beruflichen Positionen bekleiden oder berufliche Aufgaben wahrnehmen" dürfen, während nach § 10c Abs. 5 EnWG solche "Personen … nach Beendigung des Vertragsverhältnisses zum Unabhängigen Transportnetzbetreiber für vier Jahre nicht bei anderen Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens … angestellt sein" dürfen. Der Wortlaut der Vorschriften schließt einen Vertragsschluss bereits vor Ablauf der Karenzzeit nicht aus.
bb) Das Verbot eines Vertragsschlusses vor Ablauf der Karenzzeit folgt aber aus einer systematischen Auslegung der Vorschriften. Neben dem Anstellungsverbot untersagen Art. 19 Abs. 7 GasRL/StromRL und § 10c Abs. 5 EnWG während der Karenzzeit auch die Unterhaltung von Interessens- und Geschäftsbeziehungen. Zur Abgrenzung beider Fallvarianten ist es zwar angezeigt, die Regelung zum Anstellungsverbot als spezielle und insoweit abschließende Regelung anzusehen. Der weite Tatbestand der zweiten Fallvariante, die bereits jede Interessenbeziehung untersagt, lässt es aber zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen angezeigt erscheinen, dem Anstellungsverbot während der gesamten Karenzzeit strikte Beachtung zu verschaffen und damit auch einen aufschiebend bedingten Vertragsschluss zu untersagen.
cc) Entscheidend für das Verbot eines Vertragsschlusses vor Ablauf der Karenzzeit sprechen Sinn und Zweck des § 10c Abs. 5 EnWG und des Art. 19 Abs. 7 GasRL/StromRL.
Das Anstellungsverbot des § 10c Abs. 5 EnWG und des Art. 19 Abs. 7 GasRL/StromRL soll die berufliche Handlungsunabhängigkeit der Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers sichern und in Ergänzung zur formalen personellen Entflechtung Anreize unterbinden, zur Verbesserung der persönlichen Karrierechancen oder der persönlichen Vergütung Marktaktivitäten des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens gegenüber dessen Wettbewerbern zu bevorzugen. Dieser Gesetzeszweck würde nur unvollständig oder im Falle einer sehr frühzeitigen Verpflichtung zur Eingehung einer Anschlussbeschäftigung sogar zur Gänze nicht erreicht. Vielmehr muss die sogenannte Abkühlungsphase in voller Länge eingehalten werden, um jedwede Anreize zur Begünstigung des "eigenen" Unternehmens im Rahmen des Möglichen zu vermeiden.
dd) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, ist mit dieser Auslegung des § 10c Abs. 5 EnWG keine faktische Verlängerung der Karenzzeit verbunden. Dem betroffenen Unternehmen bleibt es unbenommen, die Stellenausschreibung bereits vor Ablauf der Karenzzeit mit dem erforderlichen zeitlichen Vorlauf - wie dies auch sonst bei einer beabsichtigten Stellenbesetzung zu einem bestimmten Zeitpunkt üblich ist - in die Wege zu leiten, die erforderlichen Gespräche mit Bewerbern zu führen und intern eine verbindliche Auswahlentscheidung zu treffen. Dass der rechtsverbindliche Abschluss des Anstellungsvertrags erst am ersten Tag nach Ablauf der Karenzzeit und damit am Tag der Arbeitsaufnahme erfolgen kann, ist nicht ungewöhnlich und berührt im Hinblick auf die mit den Karenzzeitenregelungen verfolgten gesetzgeberischen Ziele keine schützenswerten Interessen der Vertragsparteien.
ee) Die von der Rechtsbeschwerde geforderte einschränkende Auslegung des § 10c Abs. 5 EnWG ist auch von Verfassungs wegen - insbesondere im Hinblick auf die Berufsfreiheit, die unternehmerische Freiheit und das Eigentumsrecht - nicht geboten.
(1) Die Karenzzeitenregelung ist - wie der Senat bereits entschieden hat - zur Erreichung der genannten Ziele geeignet und erforderlich (vgl. Senatsbeschlüsse vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 27 mwN - Karenzzeiten I und vom 17. Juli 2018 - EnVR 21/17, Rn. 28 - Karenzzeiten II). Das ITO-Modell als dritte Möglichkeit einer Entflechtung umfasst zwar insgesamt ein ganzes Bündel an Maßnahmen zur Erreichung der genannten Ziele (siehe dazu im Einzelnen Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, aaO Rn. 30 - Karenzzeiten I). Dessen ungeachtet haben aber der europäische Richtliniengeber wie auch der nationale Gesetzgeber den Karenzzeitenregelungen eine besondere Bedeutung für die Unabhängigkeit des Fernleitungsnetzbetreibers beigemessen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL, BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Insoweit ist es geboten, dem zeitlich befristeten Beschäftigungsverbot für die gesamte Dauer der Karenzzeit ungeschmälert Geltung zu verschaffen und damit auch den Abschluss eines aufschiebend bedingten Anstellungsvertrags zu untersagen.
(2) Die sektorspezifischen Tätigkeitsverbote sind auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Karenzzeitenregelungen dienen dem gewichtigen öffentlichen Interesse der Union und ihrer Mitgliedstaaten an einem funktionierenden, wettbewerblichen Energiemarkt. Die Sperrfristenregeln gelten nur innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens (§ 10c Abs. 5 Fall 1 EnWG) oder beim Übergang von einem Unternehmen des vertikal integrierten Unternehmens zum Mehrheitsanteilseigner (§ 10c Abs. 5 Fall 2 EnWG). Sie schließen eine Tätigkeit bei einem anderen Netzbetreiber oder in einem netzfremden Tochterunternehmen innerhalb des Unternehmensverbunds, wenn es sich etwa um ein Mehrspartenunternehmen handelt, nicht aus. Die verbleibenden Nachteile der Führungskräfte bei ihrem beruflichen Fortkommen innerhalb des Unternehmensverbunds und die Erschwerungen bei der Personal- und Nachwuchsplanung des Unternehmens treten dagegen hinter die mit den Karenzzeitenregelungen verbundenen Ziele zurück (vgl. Senatsbeschlüsse vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 32 f. - Karenzzeiten I und vom 17. Juli 2018 - EnVR 21/17, Rn. 29 - Karenzzeiten II). Dies gilt auch für die Untersagung der Eingehung einer Verpflichtung zum Abschluss einer Anschlussbeschäftigung vor Ablauf der Karenzzeit. Die damit für die potentiellen Vertragsparteien verbundenen Nachteile sind gering und insbesondere für die Betroffene im Hinblick darauf zu vernachlässigen, dass sie das Stellenbesetzungsverfahren als solches bereits während der Karenzzeit durchführen kann.
d) Schließlich hat die Bundesnetzagentur ihr Aufgreif- und Auswahlermessen rechts- und verfahrensfehlerfrei ausgeübt.
aa) Nach § 65 Abs. 2 EnWG steht es im pflichtgemäßen Ermessen der Regulierungsbehörde, ob sie bei einem Verstoß gegen Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes ein Verfahren einleitet und gegebenenfalls Maßnahmen zur Einhaltung der Verpflichtungen nach diesem Gesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen anordnet. Dabei hat ihr der Gesetzgeber nach dem Wortlaut des § 65 Abs. 2 EnWG ein weites Ermessen eingeräumt. Dies betrifft sowohl die Frage, ob die Behörde ein Aufsichtsverfahren einleitet, als auch die Frage, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen sie ergreift (vgl. Senatsbeschluss vom 3. Juni 2014 - EnVR 10/13, RdE 2015, 29 Rn. 15 - Stromnetz Homberg). Eine Ermessensentscheidung ist nach den - was § 83 Abs. 5 EnWG zeigt - auch im Energiewirtschaftsrecht geltenden allgemeinen Grundsätzen gerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten (Ermessensüberschreitung), ihr Ermessen überhaupt nicht ausgeübt (Ermessensnichtgebrauch) oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (Ermessensfehlgebrauch; vgl. Senatsbeschlüsse vom 3. Juni 2014 - EnVR 10/13, aaO - Stromnetz Homberg und vom 23. Januar 2018 - EnVR 5/17, RdE 2018, 207 Rn. 19 - Stadtwerke Wedel GmbH).
bb) Nach diesen Maßgaben lässt sich entgegen den Angriffen der Rechtsbeschwerde eine fehlerhafte Ausübung des Auswahlermessens der Bundesnetzagentur nicht bejahen. Die Bundesnetzagentur hat dies in der angefochtenen Verfügung nachvollziehbar unter anderem damit begründet, dass die Durchsetzung des nachvertraglichen Anstellungsverbots auch unter Berücksichtigung der besonderen Situation des Beigeladenen zu 2 verhältnismäßig sei, weil bei der Abwägung der Vor- und Nachteile der Erreichung des verfolgten Ziels, einen diskriminierungsfreien Betrieb des Transportnetzes sicherzustellen, ein hohes Gewicht zukomme, hinter dem das Individualinteresse des Beigeladenen zu 2 zurückstehen müsse. Aus dem weiteren Inhalt der Verfügung ergibt sich, dass die Bundesnetzagentur die besonderen persönlichen Umstände des Beigeladenen zu 2 in Betracht gezogen, diese jedoch im Hinblick auf eine während der Karenzzeit mögliche Beschäftigung in seinem Spezialgebiet außerhalb Russlands oder bei einem anderen Unternehmen als der Betroffenen nicht als Hinderungsgrund für den Erlass der Missbrauchsverfügung angesehen hat. Dagegen ist im Rahmen der beschränkten gerichtlichen Kontrolle der Ermessensentscheidung nichts zu erinnern. Dass die Bundesnetzagentur dem öffentlichen Interesse an einem diskriminierungsfreien Betrieb des Transportnetzes ein höheres Gewicht beigemessen hat als den Individualinteressen des Beigeladenen zu 2 wie auch derjenigen der Betroffenen, stellt entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde keinen Ermessensfehlgebrauch dar. Das Beschwerdegericht hat insoweit auch zu Recht hervorgehoben, dass der Beigeladene zu 2 nicht plausibel dargelegt habe, weshalb er seine spezifischen Kenntnisse in Russland nur für Gazprom im grenzüberschreitenden Gastransportwesen verwenden könne, obwohl er als Leiter des Ressorts 3 bei der Beigeladenen zu 1 auch andere, nicht grenzüberschreitende Tätigkeitsbereiche ausgefüllt habe. Insoweit zeigt die Rechtsbeschwerde kein Vorbringen des Beigeladenen zu 2 auf, dass das Beschwerdegericht übergangen hätte. Soweit die Rechtsbeschwerde darauf abstellt, der Beigeladene zu 2 habe von der Unionsrechtswidrigkeit der Karenzzeitenregelungen ausgehen dürfen, ist dies unerheblich.
3. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kommt ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nicht in Betracht.
a) Gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV ist das letztinstanzliche innerstaatliche Gericht, bei dem eine entscheidungserhebliche Frage über die Auslegung von Handlungen der Organe der Europäischen Union (Art. 267 Abs. 1 Buchst. b AEUV) gestellt wird, zur Anrufung des Unionsgerichtshofs immer dann verpflichtet, wenn sich in einem bei ihm schwebenden Verfahren eine entscheidungserhebliche Frage des Unionsrechts stellt, es sei denn, das nationale Gericht hat festgestellt, dass die betreffende unionsrechtliche Frage bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder dass die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (vgl. EuGH, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 - C.I.L.F.I.T.). Ob ein solcher Fall gegeben ist, ist unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Unionsrechts, der besonderen Schwierigkeiten seiner Auslegung und der Gefahr voneinander abweichender Gerichtsentscheidungen innerhalb der Union zu beurteilen (EuGH, Slg. 2005, I-8151 Rn. 33 - Intermodal Transports). Hierzu muss das nationale Gericht davon überzeugt sein, dass auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den Unionsgerichtshof die gleiche Gewissheit bestünde (EuGH, Slg. 1982, 3415 Rn. 16 - C.I.L.F.I.T.; Slg. 2005, I-8151 Rn. 39 - Intermodal Transports; vgl. auch BVerfG, NJW 2010, 1268 Rn. 20 f.). Eine Vorlagepflicht besteht stets, wenn einzelstaatliche Gerichte Unionsrechtsakte als ungültig außer Anwendung lassen wollen (sog. Verwerfungsmonopol des Gerichtshofs; vgl. EuGH, Slg. 2005, I-10513 Rn. 19 ff. - Gaston Schul).
b) Nach diesen Maßgaben besteht keine Vorlagepflicht. Die dargestellte Rechtslage ist vielmehr offenkundig.
aa) Dies betrifft zunächst die Frage nach einem möglichen Verstoß der Karenzzeitenregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG gegen höherrangiges Recht. Diese Frage ist offenkundig zu verneinen. Das Verwerfungsmonopol des Gerichtshofs der Europäischen Union ist von vornherein nicht berührt (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 94 f. - Karenzzeiten).
Der Schutzbereich der Grundrechte auf Berufsfreiheit und die unternehmerische Freiheit sowie das Eigentumsrecht, wie sie in den Art. 15 bis 17 der Charta niedergelegt sind, und deren Schranken i.S.d. Art. 52 Abs. 1 der Charta sind - wie oben im Einzelnen dargelegt worden ist - in der Rechtsprechung des Gerichtshofs hinreichend geklärt. Insoweit legt auch die Rechtsbeschwerde keine - neuen - Zweifelsfragen dar noch sind solche aus anderen Gründen ersichtlich. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass der Unionsgerichtshof den Gemeinschaftsorganen grundsätzlich einen weiten Ermessens- und Prognosespielraum zubilligt, dessen Weite der Europäische Gerichtshof insbesondere im Rahmen wirtschaftspolitischer Maßnahmen besonders hervorhebt (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 21 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Weder in der Rechtsprechung noch im Schrifttum wird ein Verstoß des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG gegen höherrangiges Recht bejaht (vgl. BerlKommEnR/Säcker/Mohr, 3. Aufl., EnWG § 10c Rn. 16, 20; Kment/Knauff, EnWG, § 10c Rn. 14; Busch, N&R 2011, 226, 229; Mohr, N&R 2015, 45, 47 f.; Säcker/Mohr, N&R 2012, 1, 12 f.; Schmidt-Preuß, et 9/2009, 82, 86); eine vereinzelt gebliebene Gegenauffassung (Michaelis/Kemper, RdE 2012, 8, 12) wird nicht näher begründet.
bb) Des Weiteren bedarf auch die Frage nach dem Umfang des Anwendungsbereichs des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG im Lichte des § 109 Abs. 2 EnWG keiner Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union. Der Anwendungsbereich lässt sich - jedenfalls soweit er vorliegend in Frage steht und wie oben näher ausgeführt - anhand des Wortlauts der zugrundeliegenden Richtlinie und ihrem Sinn und Zweck sowie der maßgeblichen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH, EuZW 2017, 850 - Intel Corporation Inc/Kommission) eindeutig beantworten. Im Übrigen handelt es sich um eine Subsumtion im Einzelfall, weil für die Anwendung der Vorschrift der konkrete Aufgabenzuschnitt der Tätigkeit des Beigeladenen zu 2 maßgeblich ist.
4. Schließlich ist, anders als die Rechtsbeschwerde meint, auch eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 2 GG nicht erforderlich. Die von ihr aufgeworfene Frage, ob das völkerrechtliche Auswirkungsprinzip inhaltlich durch die Voraussetzungen der tatsächlichen und unmittelbaren Auswirkung mit einer gewissen Mindestintensität im Inland sowie durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt ist, ist - wie oben im einzelnen dargelegt - durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH, EuZW 2017, 850 - Intel Corporation Inc/Kommission) und des Bundesgerichtshofs (vgl. Senatsbeschluss vom 7. März 2017 - EnVR 21/16, RdE 2018, 201 Rn. 16 mwN - Baltic Cable AB) bereits geklärt. Hier stellt sich nur die Frage, ob das streitgegenständliche Verhalten der Betroffenen nach den Maßgaben des Auswirkungskriteriums des § 109 Abs. 2 EnWG dem Anwendungsbereich des § 10c Abs. 5 und 6 EnWG unterfällt. Die Anwendung einer Vorschrift auf einen konkreten Sachverhalt ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts (BVerfK 13, 246, 251; 14, 524, 533; 19, 122, 126 f.).
III.
Limperg |
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Grüneberg |
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Bacher |
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Sunder |
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Deichfuß |
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