Entscheidungsdatum: 07.03.2017
Baltic Cable AB
1. Die §§ 4a ff. EnWG sind anwendbar, wenn ein im Ausland ansässiges Unternehmen eine im Inland belegene Komponente eines Transportnetzes betreibt, der eine nicht unbedeutende Rolle für die inländische Energieversorgung zukommt.
2. Eine grenzüberschreitende Verbindungsleitung zum Transport von Elektrizität zwischen zwei Übertragungsnetzen gehört auch dann zum Verbundnetz, wenn der Verbund nur über diese Leitung hergestellt wird und wenn der Betreiber dieser Leitung nicht mit dem Transport über weitere Teile des Netzes betraut ist.
3. Der Betreiber einer Verbindungsleitung zwischen zwei Übertragungsnetzen ist auch dann Betreiber eines Übertragungsnetzes, wenn er nicht für den Betrieb weiterer Teile der verbundenen Netze verantwortlich ist.
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 24. Februar 2015 wird zurückgewiesen.
Die Betroffene trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 50.000 Euro festgesetzt.
A. Die Betroffene wendet sich gegen die Durchführung eines Zertifizierungsverfahrens gemäß § 4a EnWG.
Die Betroffene betreibt die als Baltic Cable bezeichnete Gleichstrom-Verbindungsleitung zwischen Deutschland und Schweden. Die Leitung wird mit einer Spannung von 450 Kilovolt betrieben und ist für eine Leistung von 600 Megawatt ausgelegt. Auf deutscher Seite ist sie an das Übertragungsnetz der TenneT TSO GmbH angebunden.
Die Bundesnetzagentur hat gegen die Betroffene von Amts wegen ein Zertifizierungsverfahren eingeleitet. Mit Beschluss vom 21. März 2014 (BK6-12-027) hat sie die Zertifizierung versagt.
Die auf Aufhebung des Bescheids gerichtete Beschwerde der Betroffenen ist erfolglos geblieben. Dagegen wendet sich die Betroffene mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde, der die Bundesnetzagentur entgegentritt.
B. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
I. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung (RdE 2016, 536) im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die Bundesnetzagentur sei für das Zertifizierungsverfahren zuständig. Dies ergebe sich jedenfalls daraus, dass sich das Verhalten der Betroffenen im Inland maßgeblich auswirke. Entgegen der Auffassung der Betroffenen stünden Zertifizierung und Netzbetrieb nicht isoliert nebeneinander. Sie bildeten vielmehr zusammen die Grundlage, um einen diskriminierungsfreien Netzbetrieb sicherzustellen. Ein Diskriminierungspotential bestehe im Streitfall schon aufgrund der Bedeutung der Verbindungsleitung. Einander widersprechende Entscheidungen der nationalen und europäischen Regulierungsbehörden könnten unter anderem mit Hilfe der in § 57 EnWG vorgesehenen Abstimmungs- und Koordinationsregeln vermieden werden. Diese Gesetzeslage stehe zweifelsfrei in Einklang mit europäischem Recht, weshalb eine Entscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union nicht erforderlich sei.
Die Betroffene bedürfe der Zertifizierung, weil sie ein Transportnetz betreibe. Als Übertragungsnetz im Sinne von § 3 Nr. 10 EnWG sei auch eine einzelne Verbindungsleitung zwischen zwei Netzen anzusehen. § 3 Nr. 32 EnWG stütze dieses Verständnis und habe insbesondere grenzüberschreitende Verbindungen im Blick. Die von der Betroffenen betriebene Verbindungsleitung diene der Belieferung von Letztverbrauchern oder Verteilern im Sinne dieser Vorschrift, weil sie in das europäische Stromnetz eingebunden sei, das den genannten Zwecken diene.
Die Bundesnetzagentur habe eine Zertifizierung zu Recht versagt, weil die Betroffene nicht nachgewiesen habe, dass sie die Entflechtungsvorgaben beachtet habe.
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung stand.
1. Zu Recht ist das Beschwerdegericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Bundesnetzagentur für eine Entscheidung über die Zertifizierung der Betroffenen aufgrund deren Eigenschaft als Betreiberin des Baltic Cable zuständig ist.
a) Entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur sind diesbezügliche Rügen der Betroffenen nicht gemäß § 66a Abs. 2 EnWG ausgeschlossen.
Im Streitfall geht es nicht allein um die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Bundesnetzagentur, sondern um die vorgelagerte Frage, ob die in §§ 4a ff. EnWG enthaltenen Vorschriften über die Zertifizierung und Entflechtung von Transportnetzbetreibern anwendbar sind und ob die Bundesnetzagentur deshalb als gemäß § 54 Abs. 1 EnWG zuständige Behörde zur Entscheidung berufen ist. Diese Frage wird von § 66a Abs. 2 EnWG nicht erfasst.
b) Die §§ 4a ff. EnWG sind im Streitfall gemäß § 109 Abs. 2 EnWG anwendbar.
aa) Gemäß § 109 Abs. 2 EnWG findet das Energiewirtschaftsgesetz Anwendung auf alle Verhaltensweisen, die sich im Geltungsbereich dieses Gesetzes auswirken, auch wenn sie außerhalb dieses Bereichs veranlasst werden.
Danach ist - ebenso wie nach der vom Gesetzgeber als Vorbild herangezogenen (BT-Drucks. 15/3917 S. 75) Regelung in § 130 Abs. 2 GWB a.F. (seit 18. April 2016: § 185 Abs. 2 GWB; bis 31. Dezember 1998: § 98 Abs. 2 GWB) - nicht maßgeblich, an welchem Ort eine Handlung vorgenommen wird. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob ein bestimmtes Verhalten Auswirkungen auf den deutschen Energiemarkt hat. Welche Auswirkungen hierfür ausreichend sind, ist mit Blick auf den Schutzzweck des Gesetzes allgemein und der jeweils in Frage kommenden speziellen Sachnormen zu beurteilen (so für § 98 Abs. 2 GWB: BGH, Beschluss vom 12. Juli 1973 - KRB 2/72, BGHSt 25, 208, 212 f. - Ölfeldrohre; BGH, Beschluss vom 29. Mai 1979 - KVR 2/78, BGHZ 74, 322, 324 f. - Organische Pigmente; für § 130 Abs. 2 GWB: Beschluss vom 25. September 2007 - KVR 19/07, BGHZ 174, 12 Rn. 18 - Sulzer/Kelmix).
bb) Die im Streitfall in Frage stehenden Vorschriften über die Zertifizierung und Entflechtung von Transportnetzbetreibern dienen, wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat, dem Zweck, die mit einer vertikalen Integration von Versorgungs- und Netztätigkeiten einhergehenden systemimmanenten Interessenkonflikte und die daraus resultierende Gefahr einer Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts zu vermeiden (vgl. nur BGH, Beschluss vom 26. Januar 2016 - EnVR 51/14, RdE 2016, 518 Rn. 25 - Karenzzeiten).
Die Anwendbarkeit von §§ 4a ff. EnWG hängt folglich davon ab, ob aus der Tätigkeit eines Netzbetreibers solche Gefahren für den deutschen Energiemarkt drohen können. Dies wiederum ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn ein Unternehmen eine im Inland belegene Komponente eines Transportnetzes betreibt, der eine nicht unbedeutende Rolle für die inländische Energieversorgung zukommt.
cc) Dem von der Rechtsbeschwerde stattdessen als Anknüpfungsmerkmal postulierten Sitz des Betreibers kommt keine ausschlaggebende Bedeutung zu.
Die Vorschriften über die Zertifizierung und Entflechtung von Transportnetzbetreibern betreffen zwar im Wesentlichen die Organisationsstruktur des betroffenen Unternehmens. Grund und Anknüpfungspunkt für die darin normierten Anforderungen ist aber die Tätigkeit des Unternehmens als Betreiber eines Transportnetzes und die daraus resultierende Diskriminierungsgefahr. Die Anforderungen an die Struktur des Unternehmens dienen mithin, wie das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat, der Sicherung eines diskriminierungsfreien Betriebs der Transportnetze. Die einschlägigen Vorschriften sind deshalb gemäß § 109 Abs. 2 EnWG anwendbar, wenn die Tätigkeit des Unternehmens in der oben beschriebenen Weise Auswirkungen im Inland zeitigt.
Dem steht nicht entgegen, dass eine Anknüpfung an die Wirkungen bei grenzüberschreitenden Netzen zur Anwendbarkeit mehrerer nationaler Rechtsordnungen und damit zur Zuständigkeit mehrerer nationaler Regulierungsbehörden führen kann. § 57 Abs. 1 EnWG sieht für grenzüberschreitende Sachverhalte lediglich eine Zusammenarbeit der Bundesnetzagentur mit den Regulierungsbehörden anderer Mitgliedstaaten vor. Nach § 57 Abs. 2 EnWG kann die Bundesnetzagentur ferner Sachverhalte und Entscheidungen von solchen Regulierungsbehörden berücksichtigen oder unter bestimmten Voraussetzungen von einer eigenen Entscheidung absehen. Alle diese Regelungen schließen eine parallele Zuständigkeit von Regulierungsbehörden aus mehreren Mitgliedstaaten nicht aus. Sie setzen vielmehr voraus, dass es zu solchen Situationen kommen kann, und treffen hierfür besondere Regelungen, ohne die Zuständigkeit selbst in Frage zu stellen.
Ob die Bundesnetzagentur hinsichtlich eines im Ausland ansässigen Unternehmens möglicherweise geringere Erkenntnis- und Überwachungsmöglichkeiten hat als die Regulierungsbehörde des Sitzstaats, ist in diesem Zusammenhang ebenfalls unerheblich. Nach § 109 Abs. 2 EnWG hängt die Anwendbarkeit des deutschen Rechts nicht davon ab, welche Möglichkeiten der Regulierungsbehörde im Einzelfall zur Anwendung und Durchsetzung dieser Regeln zur Verfügung stehen. Dass die Bundesnetzagentur schlechthin außerstande wäre, die Einhaltung der Entflechtungsvorschriften durch ein im Ausland ansässiges Unternehmen zu gewährleisten, ist nicht ersichtlich.
c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde enthält das Recht der Europäischen Union keine abweichenden Vorgaben.
aa) Die Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (ABl. EU L 211 S. 55) und die Verordnung (EG) Nr. 714/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1228/2003 (ABl. EU L 211 S. 15) enthalten keine für den Streitfall relevanten Regelungen über die Anwendbarkeit des Rechts einzelner Mitgliedstaaten oder über die Zuständigkeit von deren Regulierungsbehörden.
Die Richtlinie 2009/72 enthält Vorgaben für die Entflechtung und Zertifizierung von Transportnetzbetreibern. Die Umsetzung dieser Vorgaben ist Aufgabe der Mitgliedstaaten. Deren Regulierungsbehörden obliegt gemäß Art. 10 der Richtlinie grundsätzlich auch die Entscheidung über die Zertifizierung. Die Kommission ist gemäß Art. 10 Abs. 6 der Richtlinie und gemäß Art. 3 der Verordnung 714/2009 über die beabsichtigte Entscheidung vorab zu informieren und hat Gelegenheit zur Stellungnahme. Die abschließende Entscheidung trifft die nationale Regulierungsbehörde.
Diesen Bestimmungen ist nicht zu entnehmen, welche nationale Rechtsordnung für die Beurteilung eines einzelnen Falles heranzuziehen und welche nationale Regulierungsbehörde zur Entscheidung berufen ist.
bb) Aus dem Umstand, dass die Richtlinie 2009/72 drei unterschiedliche Entflechtungsmodelle vorsieht und den Mitgliedstaaten in gewissen Grenzen die Entscheidung überlässt, welches dieser Modelle sie übernehmen, ergeben sich keine abweichenden Schlussfolgerungen.
Dieser Umstand kann zwar dazu führen, dass ein Transportnetzbetreiber, dessen Tätigkeit sich auf die Energiemärkte mehrerer Mitgliedstaaten auswirkt, mit unterschiedlichen Anforderungen konfrontiert ist. Hieraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass die nationalen Kollisionsregeln so auszugestalten wären, dass stets nur das Recht eines einzigen Mitgliedstaats anwendbar oder stets nur eine einzige Regulierungsbehörde zur Entscheidung über die Zertifizierung berufen ist. Der Umstand, dass der Richtliniengeber davon abgesehen hat, alle Mitgliedstaaten auf ein bestimmtes Regelungsmodell festzulegen, hat vielmehr zur Folge, dass innerhalb des von der Richtlinie vorgegebenen Rahmens jeder Mitgliedstaat grundsätzlich eigenständig festlegen darf, welche Anforderungen in seinem jeweiligen Hoheitsbereich zu erfüllen sind. Dies steht in Einklang mit Erwägungsgrund 21 der Richtlinie, wonach ein Mitgliedstaat das Recht hat, sich für eine vollständige eigentumsrechtliche Entflechtung in seinem Hoheitsgebiet zu entscheiden, und ein Unternehmen im Falle der Ausübung dieses Rechts nicht berechtigt ist, einen unabhängigen Netzbetreiber (ISO) im Sinne von Art. 13 oder einen unabhängigen Übertragungsnetzbetreiber (ITO) im Sinne von Abschnitt V der Richtlinie zu errichten.
Miteinander unvereinbare Anforderungen, die der Tätigkeit eines einzelnen Unternehmens als Transportnetzbetreiber in mehreren Mitgliedstaaten schlechthin entgegenstehen könnten, ergeben sich daraus schon deshalb nicht, weil die unterschiedlichen Entflechtungsmodelle in einem Stufenverhältnis stehen und ein Übertragungsnetzbetreiber, wie auch die Rechtsbeschwerde im Ansatz nicht verkennt, jedenfalls dann in allen Mitgliedstaaten tätig sein kann, wenn er nach dem Recht desjenigen Mitgliedstaats zertifizierungsfähig ist, der innerhalb des von der Richtlinie vorgegebenen Rahmens die strengsten Zertifizierungsanforderungen vorsieht.
cc) Die Regelung in Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2009/72, wonach Unternehmen, die von der nationalen Regulierungsbehörde zertifiziert worden sind, in den Mitgliedstaaten zugelassen und als Übertragungsnetzbetreiber benannt werden, führt ebenfalls nicht zu einer abweichenden Beurteilung.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob diese Regelung entsprechend der Auffassung der Rechtsbeschwerde dahin auszulegen ist, dass eine Zertifizierung durch eine nationale Regulierungsbehörde stets von allen anderen Mitgliedstaaten ohne weiteres anerkannt werden muss. Selbst wenn dies zu bejahen wäre, könnte auch daraus nicht abgeleitet werden, dass stets nur eine einzige nationale Regulierungsbehörde zur Entscheidung über die Zertifizierung eines bestimmten Unternehmens berufen ist. Die von der Rechtsbeschwerde postulierte Auslegung könnte allenfalls zur Folge haben, dass nach einer positiven Entscheidung einer zuständigen Regulierungsbehörde alle anderen Regulierungsbehörden an einer negativen Entscheidung gehindert sind. Darum geht es im Streitfall nicht.
dd) Art. 38 der Richtlinie 2009/72 bestätigt das gefundene Ergebnis.
Nach Art. 38 Abs. 1 sind die Regulierungsbehörden verpflichtet, einander zu konsultieren, eng zusammenzuarbeiten und einander alle erforderlichen Informationen zu übermitteln. Diese Vorgabe ist im deutschen Recht durch § 57 EnWG umgesetzt worden. Wie bereits im Zusammenhang mit dieser Vorschrift ausgeführt wurde, spricht § 57 EnWG nicht gegen, sondern für die Annahme, dass für bestimmte grenzüberschreitende Sachverhalte mehrere nationale Regulierungsbehörden nebeneinander zuständig sein können. Für die Vorgaben aus Art. 38 der Richtlinie gilt nichts anderes.
Art. 38 Abs. 4 sieht vor, dass die in Art. 38 Abs. 2 hinsichtlich bestimmter Aufgaben vorgesehene Zusammenarbeit unbeschadet der eigenen Zuständigkeit erfolgt. Daraus ist zwar, wie die Rechtsbeschwerde im Ansatz noch zutreffend darlegt, zu entnehmen, dass die Zusammenarbeit nicht zur Verschiebung von Zuständigkeiten führt. Gerade deshalb können aus Art. 38 Abs. 4 aber keine Schlussfolgerungen für die Frage gezogen werden, welche Regulierungsbehörden für die Zertifizierung eines Transportnetzbetreibers zuständig sind.
ee) Die Zuständigkeitsregelung in Art. 17 Abs. 4 der Verordnung 714/2009 spricht ebenfalls nicht für, sondern gegen die Argumentation der Rechtsbeschwerde.
Art. 17 Abs. 4 der Verordnung schreibt vor, dass die Entscheidung über die Gewährung einer Ausnahme von den Entflechtungsanforderungen für neue (d. h. am 4. August 2003 noch nicht fertig gestellte, vgl. Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung) Gleichstrom-Verbindungsleitungen durch die Regulierungsbehörden der betreffenden Mitgliedstaaten getroffen wird.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kann daraus nicht gefolgert werden, dass in allen anderen Fällen nur eine Regulierungsbehörde zur Entscheidung berufen ist. Art. 17 Abs. 4 der Verordnung geht, wie das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat, vielmehr von der Zuständigkeit mehrerer Behörden aus und enthält für die dort geregelte Konstellation spezielle Regelungen, um dennoch eine einheitliche Entscheidung sicherzustellen.
Eine entsprechende Anwendung dieser Regelung auf die im Streitfall zu beurteilende Konstellation ist im Hinblick auf deren Ausnahmecharakter nicht möglich. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ergibt sich indes auch hieraus nicht, dass eine Entscheidung über die Zertifizierung allein durch die Regulierungsbehörde des Sitzstaats erfolgen darf. Vielmehr bleibt es bei der Anwendbarkeit mehrerer Rechtsordnungen und der daraus resultierenden Zuständigkeit mehrerer Regulierungsbehörden, die sich nach Maßgabe des nationalen Rechts (§ 57 EnWG) und der Vorgaben in Art. 38 der Richtlinie 2009/72 abstimmen müssen.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde muss diese Abstimmung nicht zwingend dadurch geschehen, dass die zuständigen Behörden eine gemeinsame Entscheidung treffen. Sie kann wie im Streitfall auch dergestalt erfolgen, dass eine Regulierungsbehörde zunächst von einem Einschreiten von Amts wegen absieht und die Entscheidung der anderen Regulierungsbehörde abwartet. Zu unzumutbaren Belastungen für den betroffenen Netzbetreiber kann diese Vorgehensweise schon deshalb nicht führen, weil das nationale Recht dem Netzbetreiber gemäß Art. 10 Abs. 3 und Abs. 4 Buchst. a der Richtlinie 2009/72 die Möglichkeit einräumen muss, die Einleitung eines Zertifizierungsverfahrens bei allen zuständigen Behörden jederzeit selbst zu veranlassen. In Deutschland wird dieser Vorgabe durch § 4a Abs. 1 Satz 1 EnWG Rechnung getragen.
ff) Die im Recht der Europäischen Union vorgesehenen Mechanismen zur Klärung von Meinungsverschiedenheiten sprechen ebenfalls für das gefundene Ergebnis.
(1) Nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 713/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Gründung einer Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ABl. EU L 2011 S. 1) ist die Agentur bei grenzüberschreitenden Infrastrukturen für die Entscheidung über bestimmte Regulierungsfragen nur zuständig, wenn sich die zuständigen nationalen Regulierungsbehörden nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraums einigen können oder wenn sie eine solche Entscheidung gemeinsam beantragen.
Für die Entscheidung des Streitfalls kann offen bleiben, ob diese Vorschrift die Zertifizierung eines Transportnetzbetreibers erfasst. Selbst wenn dies zu bejahen wäre, ergäbe sich daraus gerade eine Bestätigung dafür, dass mehrere Regulierungsbehörden nebeneinander zuständig sein können. Zu einem Übergang der Zuständigkeit auf die Agentur ist es im Streitfall jedenfalls deshalb nicht gekommen, weil kein Dissens zwischen der Bundesnetzagentur und der schwedischen Regulierungsbehörde zu Tage getreten ist.
(2) Nach Art. 39 Abs. 4 der Richtlinie 2009/72 (in Deutschland umgesetzt durch § 57a Abs. 2 EnWG) kann jede Regulierungsbehörde die Kommission informieren, wenn sie der Auffassung ist, eine von einer anderen Regulierungsbehörde getroffene Entscheidung stehe nicht im Einklang mit Leitlinien, die die Kommission gemäß dieser Richtlinie oder der Verordnung 714/2009 erlassen hat.
Hieraus ergeben sich ebenfalls keine Schlussfolgerungen hinsichtlich der Frage, welche Regulierungsbehörde für bestimmte Arten von Entscheidungen zuständig ist.
d) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde steht die Anwendung des deutschen Entflechtungsrechts auf im Ausland ansässige Netzbetreiber nach Maßgabe von § 109 Abs. 2 EnWG nicht in Widerspruch zu allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts.
Das von der Rechtsbeschwerde in den Vordergrund gestellte Territorialitätsprinzip schließt allerdings die einseitige Ausübung von Hoheitsgewalt auf fremden Territorien aus. Es verbietet aber nicht, Sachverhalte zu regeln, die Auswirkungen auf das eigene Hoheitsgebiet haben, auch wenn diese an Vorgänge in einem anderen Territorium anknüpfen (vgl. nur Markert in Berliner Kommentar zum Energierecht, 3. Auflage, § 109 EnWG Rn. 5; Hellermann in Britz/Hellermann, EnWG, 3. Auflage, § 109 Rn. 12 f.; Schex in Kment, Energiewirtschaftsgesetz, 2015, § 109 Rn. 7; Stadler in Langen/Bunte, Kommentar zum Deutschen und Europäischen Kartellrecht, 12. Auflage, § 130 GWB Rn. 142 f.; Säcker in Münchener Kommentar zum Kartellrecht, 2. Auflage, § 130 GWB Rn. 8). Für Vorschriften, die der Freiheit des Wettbewerbs dienen, wird der Ort der Auswirkung sogar überwiegend als einzig sachgerechtes Anknüpfungskriterium angesehen (Stadler in Langen/Bunte, Kommentar zum Deutschen und Europäischen Kartellrecht, 12. Auflage, § 130 GWB Rn. 143; Wagner-von Papp/Wurmnest in Münchener Kommentar zum Kartellrecht, 2. Auflage, Einleitung Rn. 1543 ff.).
Nach dem Gebot der Rücksichtnahme darf diese Anknüpfung zwar nur in einem Umfang stattfinden, der im Hinblick auf den Schutzzweck der zur Anwendung stehenden Norm erforderlich ist und die Interessen anderer Staaten nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt. Deshalb mag eine Anwendung des deutschen Entflechtungsrechts ausgeschlossen sein, wenn sich die Tätigkeit des betroffenen Unternehmens nur unwesentlich auf das Inland auswirkt (dafür etwa Markert in Berliner Kommentar zum Energierecht, 3. Auflage, § 109 EnWG Rn. 11). Sie ist aber jedenfalls dann zulässig, wenn es um den Betrieb einer im Inland belegenen Netzkomponente geht, der eine nicht unbedeutende Rolle für die inländische Energieversorgung zukommt.
Aus der von der Rechtsbeschwerde vorgelegten Stellungnahme des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags (Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 40/16) ergibt sich nichts Abweichendes. Diese Stellungnahme befasst sich mit der Frage, ob das Energierecht eines Mitgliedstaats auch in dessen vor seiner Küste gelegener Außenwirtschaftszone oder in Bezug auf den Festlandsockel Anwendung finden kann (aaO S. 12). Diese Gebiete gehören nicht zum Hoheitsgebiet des jeweiligen Staats (aaO S. 5). Im Streitfall geht es hingegen um eine Verbindungsleitung, die teilweise auf deutschem Hoheitsgebiet verläuft und der nicht unwesentliche Bedeutung für den deutschen Energiemarkt zukommt.
e) Dass die danach maßgeblichen Voraussetzungen für die Anwendbarkeit von §§ 4a ff. EnWG im Streitfall gegeben sind, hat das Beschwerdegericht rechtsfehlerfrei bejaht.
Das Baltic Cable verläuft nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts zum Teil im Inland und ihm kommt angesichts seiner Übertragungskapazität sowie seiner Funktion als Verbindung zwischen dem schwedischen und dem deutschen Übertragungsnetz nicht unerhebliche Bedeutung für den deutschen Strommarkt zu.
Ob die Tätigkeit der Betroffenen tatsächlich zu einer Diskriminierung von Netznutzern oder sonstigen Beteiligten führt, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Die zur Anwendung stehenden Regelungen in §§ 4a ff. EnWG knüpfen nicht an eine tatsächliche Diskriminierung durch eine bestimmte Art der Betriebsführung an, sondern an den Betrieb eines Transportnetzes, der eine bestimmte Organisationsstruktur des Netzbetreibers erfordert, um eine systemimmanente Gefahr von Diskriminierungen zu vermeiden. Diesem Schutzzweck entsprechend liegt eine nach § 109 Abs. 2 EnWG ausreichende Auswirkung im Inland jedenfalls dann vor, wenn ein Unternehmen eine im Inland belegene Komponente eines Transportnetzes betreibt, der eine nicht unbedeutende Rolle für die inländische Energieversorgung zukommt.
f) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht geboten.
Wie oben im Einzelnen aufgezeigt wurde, sprechen alle einschlägigen Vorschriften des europäischen Rechts dafür, dass bestimmte Sachverhalte vom Recht mehrerer Mitgliedstaaten erfasst werden und deshalb mehrere nationale Regulierungsbehörden nebeneinander zuständig sein können. Soweit die Rechtsbeschwerde etwas anderes postuliert, stützt sie sich auf vermeintliche implizite Grundsätze, die sich aus den von ihr angeführten Vorschriften nach deren Sinn und Zweck ergeben sollen. Bei dieser Ausgangslage wäre die Einholung einer Vorabentscheidung nur dann veranlasst, wenn sich den einschlägigen Vorschriften konkrete Anhaltspunkte dafür entnehmen ließen, dass sie über ihren eigentlichen Regelungsgehalt hinaus möglicherweise die alleinige Zuständigkeit einer einzelnen Behörde oder die alleinige Anwendbarkeit einer einzelnen nationalen Rechtsordnung vorsehen. Solche Anhaltspunkte liegen aus den oben aufgeführten Gründen indes nicht vor.
Eine zusätzliche Bestätigung für diese Einschätzung bildet der Umstand, dass die Kommission in ihrer Stellungnahme vom 23. Januar 2014 (C(2014) 424 final) keine Einwendungen gegen die beabsichtigte Entscheidung der Bundesnetzagentur erhoben hat und auch in anderen Stellungnahmen davon ausgegangen ist, dass mehrere nationale Regulierungsbehörden nebeneinander zuständig sein können (Stellungnahmen vom 11. März 2013 - C(2013) 1526 final und vom 20. August 2015 - C(2015) 5952 final).
Dass die von der Rechtsbeschwerde vertretene Auffassung in einer Veröffentlichung, die auf einem im Auftrag der Betroffenen erstellten Privatgutachten beruht (Koenig EnWZ 2016, 501 ff.), geteilt wird, vermag Zweifel an der Auslegung des europäischen Rechts nicht zu begründen. Die Ausführungen in dieser Veröffentlichung gehen ebenso wie die Argumentation der Rechtsbeschwerde von der Prämisse aus, eine Zuständigkeit mehrerer Regulierungsbehörden nebeneinander sei grundsätzlich ausgeschlossen. Sie zeigen aber ebenfalls keine konkreten Anhaltspunkte im Recht der Europäischen Union auf, die diese Prämisse stützen könnten.
2. Zutreffend hat das Beschwerdegericht ferner entschieden, dass die Betroffene gemäß § 4a EnWG einer Zertifizierung als Transportnetzbetreiberin bedarf.
Transportnetzbetreiber ist gemäß § 3 Nr. 31c EnWG im Bereich der Elektrizitätsversorgung jeder Betreiber eines Übertragungsnetzes. Betreiber von Übertragungsnetzen sind gemäß § 3 Nr. 10 EnWG alle Personen oder Organisationseinheiten, die die Aufgabe der Übertragung von Elektrizität wahrnehmen und die verantwortlich sind für den Betrieb, die Wartung sowie erforderlichenfalls den Ausbau des Übertragungsnetzes in einem bestimmten Gebiet und gegebenenfalls der Verbindungsleitungen zu anderen Netzen.
Bei der Betroffenen sind alle diese Voraussetzungen erfüllt.
aa) Als Betreiberin des Baltic Cable nimmt die Betroffene die Aufgabe der Übertragung von Elektrizität wahr.
Übertragung ist gemäß § 3 Nr. 32 EnWG der Transport von Elektrizität über ein Höchstspannungs- oder Hochspannungsverbundnetz einschließlich grenzüberschreitender Verbindungsleitungen zum Zwecke der Belieferung von Letztverbrauchern oder Verteilern, jedoch nicht die Belieferung der Kunden selbst.
(1) Als grenzüberschreitende Verbindungsleitung zum Transport von Elektrizität zwischen zwei Übertragungsnetzen mit einer Spannung von 450 Kilovolt bildet das Baltic Cable einen Teil eines Höchstspannungsverbundnetzes.
Verbundnetz ist gemäß § 3 Nr. 35 EnWG im Bereich der Elektrizitätsversorgung eine Anzahl von Übertragungs- und Verteilernetzen, die durch eine oder mehrere Verbindungsleitungen miteinander verbunden sind. Die an das Baltic Cable angebundenen Netze bilden ein Verbundnetz in diesem Sinne, weil sie jedenfalls durch diese eine Verbindungsleitung miteinander verbunden sind.
Nach dem Wortlaut des § 3 Nr. 32 EnWG ("einschließlich") bildet die Verbindungsleitung einen Teil des Verbundnetzes. Dies steht in Einklang mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Einer Verbindungsleitung kommt für die Funktion eines Verbundnetzes erhebliche Bedeutung zu. Dies gilt auch und erst recht, wenn der Verbund nur über eine einzige Leitung hergestellt wird.
(2) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist unerheblich, dass die Betroffene nur mit dem Transport über die Verbindungsleitung, nicht aber mit dem Transport über weitere Teile der verbundenen Netze betraut ist.
§ 3 Nr. 32 EnWG erfasst seinem Wortlaut nach jeden Transport über ein Höchstspannungs- oder Hochspannungsverbundnetz, unabhängig davon, über welche Teile, Stationen oder Komponenten des gesamten Verbundes er sich erstreckt. Damit ist auch der Transport über eine einzige Verbindungsleitung erfasst, wenn diese in der beschriebenen Weise einen Teil des Verbundnetzes bildet.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ergibt sich aus der Formulierung "Verbundnetz einschließlich grenzüberschreitender Verbindungsleitungen" keine abweichende Schlussfolgerung. Mit dieser Formulierung wird lediglich klargestellt, dass die Verbindungsleitung einen Teil des Verbundnetzes darstellt. Ihr kann hingegen nicht entnommen werden, dass eine Übertragung nur dann vorliegt, wenn sich der Transport sowohl über die Leitung als auch über ein daran angeschlossenes Netz erstreckt.
Dieses Verständnis entspricht den Vorstellungen des Gesetzgebers. In den Gesetzesmaterialien wird ausgeführt, wenn grenzüberschreitende Verbindungsleitungen vom Betreiber eines Übertragungsnetzes betrieben würden, seien sie Teil dieses Netzes; betreibe ein Unternehmen hingegen lediglich eine oder mehrere grenzüberschreitende Verbindungsleitungen, so stellten diese das Übertragungsnetz dieses Netzbetreibers dar (BR-Drucks. 342/11 S. 54).
Für dieses Verständnis sprechen auch Sinn und Zweck der Regelung. Eine grenzüberschreitende Verbindungsleitung, die dem Verbund der daran angebundenen Netze dient, ist für die Funktion des Verbundnetzes von entscheidender Bedeutung. Die Anwendbarkeit energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften kann vor diesem Hintergrund nicht davon abhängen, ob dieser Teil des Netzes von einem Unternehmen betrieben wird, das auch andere Netzteile betreibt.
(3) Der Transport über das Baltic Cable dient der Belieferung von Letztverbrauchern oder Verteilern.
Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Beschwerdegerichts bilden die mit dem Baltic Cable verbundenen Stromnetze einen Teil des europäischen Stromnetzes, über das Verteilernetze und mittels dieser Letztverbraucher mit Strom beliefert werden. Damit dient die Verbindungsleitung einem von § 3 Nr. 32 EnWG erfassten Zweck.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist unerheblich, ob Letztverbraucher oder Verteiler unmittelbar an das Baltic Cable angeschlossen sind. Ausschlaggebend und ausreichend ist vielmehr, dass die Leitung einen wesentlichen Teil eines Systems bildet, das der Belieferung von Letztverbrauchern oder Verteilern dient.
bb) Als Verantwortliche für den Betrieb einer grenzüberschreitenden Verbindungsleitung wird die Betroffene vom Tatbestand des § 3 Nr. 10 EnWG erfasst.
(1) Auch im Zusammenhang mit § 3 Nr. 10 EnWG ist nicht erforderlich, dass ein Unternehmen zusätzlich zu einer grenzüberschreitenden Verbindungsleitung weitere Teile des Übertragungsnetzes betreibt.
Aus der Verbindung der beiden Begriffe "Übertragungsnetz in einem bestimmten Gebiet" und "Verbindungsleitung zu anderen Netzen" durch die Konjunktion "und" ergibt sich, dass der Gesetzgeber auch in diesem Zusammenhang eine Verbindungsleitung als Teil des Übertragungsnetzes ansieht. Im Hinblick darauf, dass bereits § 3 Nr. 32 EnWG eine entsprechende Definition enthält, hätte es einer ausdrücklichen Wiederholung in § 3 Nr. 10 EnWG zwar nicht zwingend bedurft. Die Erwähnung von Verbindungsleitungen in § 3 Nr. 10 EnWG ist aber schon deshalb folgerichtig, weil der Wortlaut der Vorschrift insoweit der Definition in Art. 2 Nr. 4 der Richtlinie 2009/72 entspricht.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kann dieser Formulierung nicht entnommen werden, dass ein Unternehmen nur dann als Transportnetzbetreiber anzusehen ist, wenn es neben einer Verbindungsleitung auch weitere Teile eines Übertragungsnetzes betreibt. Der Zusatz "gegebenenfalls" zeigt vielmehr, dass das Gesetz zwei unterschiedliche Erscheinungsformen benennt, die sowohl kumulativ als auch jeweils einzeln vorliegen können und in allen diesen Konstellationen unter den Tatbestand der Vorschrift fallen.
Dieses Ergebnis steht wiederum in Einklang mit dem Gesetzeszweck. Angesichts der wesentlichen Bedeutung, die einer Verbindungsleitung zwischen zwei Übertragungsnetzen zukommt, kann es auch im Zusammenhang mit § 3 Nr. 10 EnWG keinen relevanten Unterschied begründen, ob der Betreiber einer solchen Leitung zusätzlich auch für andere Netzteile verantwortlich ist.
(2) Die von der Rechtsbeschwerde erörterte Frage, ob ein Verbindungskabel als Übertragungsnetz "in einem bestimmten Gebiet" angesehen werden kann, ist für die Entscheidung des Streitfalls nicht erheblich. Mit der Formulierung "und gegebenenfalls der Verbindungsleitungen" hat der Gesetzgeber klargestellt, dass es insoweit gerade nicht darauf ankommt, ob die Leitung einem bestimmten Gebiet zugeordnet werden kann.
b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde stehen die Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes in Einklang mit dem Recht der Europäischen Union.
aa) In Art. 2 Nr. 4 der Richtlinie 2009/72 ist der Begriff "Übertragungsnetzbetreiber" in gleicher Weise definiert wie in § 3 Nr. 10 EnWG. Insbesondere wird der Betrieb von Verbindungsleitungen zu anderen Netzen als gleichwertiger Tatbestand neben den Betrieb von Übertragungsnetzen in einem bestimmten Gebiet aufgeführt. Für die Auslegung dieser Vorschrift gilt mithin nichts anderes als für die Auslegung von § 3 Nr. 10 EnWG.
bb) In der Definition des Begriffs "Übertragung" in Art. 2 Nr. 3 der Richtlinie werden grenzüberschreitende Verbindungsleitungen zwar nicht ausdrücklich erwähnt. Daraus ergibt sich jedoch keine inhaltliche Abweichung zu der Definition in § 3 Nr. 32 EnWG.
Dass grenzüberschreitende Verbindungsleitungen als Teil der an sie angebundenen Übertragungsnetze anzusehen sind, ergibt sich schon aus der Definition in Art. 2 Nr. 4 der Richtlinie. Vor diesem Hintergrund kann aus dem Umstand, dass Art. 2 Nr. 3 keine entsprechende Klarstellung enthält, nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass der Begriff dort anders definiert werden soll. Gerade weil Art. 2 Nr. 3 insoweit keine abweichende Definition enthält, sind grenzüberschreitende Verbindungsleitungen vielmehr auch in diesem Zusammenhang als Teil des Übertragungsnetzes anzusehen.
cc) Unabhängig davon wäre der deutsche Gesetzgeber nicht gehindert, den Kreis der von den Entflechtungsvorschriften betroffenen Unternehmen weiter zu fassen als dies in der Richtlinie 2009/72 vorgesehen ist.
(1) Die Richtlinie dient ausweislich ihres Erwägungsgrunds 46 dem Zweck, gemeinsame Mindestnormen festzulegen, die von allen Mitgliedstaten einzuhalten sind, um den Zielen des Verbraucherschutzes, der Versorgungssicherheit, des Umweltschutzes und einer gleichwertigen Wettbewerbsintensität Rechnung zu tragen.
Mit diesem Zweck ist es vereinbar, wenn ein Mitgliedstaat Regelungen erlässt, die diesen Zielen über das vorgeschriebene Mindestmaß hinaus Rechnung tragen. Eine Vorschrift, die dazu diente, dass neben dem Betreiber eines Übertragungsnetzes im Sinne der Richtlinie auch der Betreiber einer anderen Komponente von vergleichbarer Bedeutung den Entflechtungsanforderungen unterliegt, stünde folglich nicht in Widerspruch zu den Vorgaben der Richtlinie.
(2) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde führt der Umstand, dass Art. 2 Abs. 1 der Verordnung 714/2009 auf die Begriffsbestimmungen der Richtlinie 2009/72 Bezug nimmt, nicht zu einer abweichenden Beurteilung.
Aus dieser Bezugnahme ergibt sich zwar, dass die Definitionen der Richtlinie bei der Anwendung der Verordnung nicht nur einen Mindeststandard bilden, sondern in jeder Hinsicht bindend sind. Auch dies verwehrt es dem nationalen Gesetzgeber aber nicht, ergänzend zu den in der Verordnung geregelten Sachverhalten und den in der Richtlinie vorgegebenen Mindestanforderungen weitere Bereiche in den Anwendungsbereich der Entflechtungsvorschriften einzubeziehen. Die Verordnung sieht für grenzüberschreitende Sachverhalte besondere Pflichten für die Betreiber von Übertragungsnetzen vor. Die Regelungen über die Zertifizierung sind hingegen - innerhalb des von der Richtlinie vorgegebenen Rahmens - dem nationalen Gesetzgeber überlassen. Vor diesem Hintergrund widerspräche es nicht den Vorgaben des europäischen Rechts, wenn ein Netzbetreiber nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung fiele und deshalb nicht die dort vorgesehenen besonderen Verpflichtungen zu erfüllen hätte, nach dem anwendbaren nationalen Recht aber dennoch zertifizierungspflichtig wäre.
dd) Ob die Einbeziehung von separat betriebenen Verbindungsleitungen schon durch Art. 17 der Verordnung 714/2009 zwingend geboten ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung.
Nach Art. 17 der Verordnung können Gleichstrom-Verbindungsleitungen, die am 4. August 2003 noch nicht fertig gestellt waren, unter bestimmten Voraussetzungen von einigen Entflechtungsvorschriften ausgenommen werden. Zu den Voraussetzungen für eine solche Ausnahme gehört, dass der Betreiber zumindest der Rechtsform nach von den Netzbetreibern getrennt ist, in deren Netzen die Verbindungsleitung gebaut wird.
Dies deutet, wie das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat, darauf hin, dass der Verordnungsgeber davon ausgeht, dass die Betreiber solcher Leitungen grundsätzlich von den Entflechtungsvorschriften erfasst werden. Unabhängig davon lässt sich der Vorschrift jedenfalls nicht entnehmen, dass separat betriebene Verbindungsleitungen generell von diesen Vorschriften ausgenommen sind.
ee) Die Regelungen in Art. 45 und Art. 57 der Verordnung (EU) 2015/1222 der Kommission vom 24. Juli 2015 zur Festlegung einer Leitlinie für die Kapazitätsvergabe und das Engpassmanagement (AB. EU L 197 S. 24) führen entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht zu einer abweichenden Beurteilung.
Die genannten Vorschriften enthalten Regelungen für Konstellationen, in denen eine Verbindungsleitung nicht nach Art. 3 der Verordnung 714/2009 von einem zertifizierten Übertragungsnetzbetreiber betrieben wird.
Hieraus können für die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Betreiber solcher Leitungen zertifizierungspflichtig sind, keine Schlussfolgerung gezogen werden. Die Verordnung 2015/1222 betrifft die tatsächliche Nutzung vorhandener Netze einschließlich Verbindungsleitungen. Wie schon der Streitfall zeigt, kann derzeit nicht davon ausgegangen werden, dass jeder Betreiber einer solchen Leitung tatsächlich zertifiziert ist. Deshalb ist es folgerichtig, wenn die Verordnung auch Regelungen für Fälle trifft, in denen keine Zertifizierung vorliegt. Die Frage, ob eine Zertifizierungspflicht besteht, regelt die Verordnung hingegen nicht.
c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde bedarf es auch in diesem Zusammenhang keiner Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union.
Wie oben dargelegt wurde, sind die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfenen Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2009/72 sowie der Verordnungen 714/2009 und 2015/1222 für die Entscheidung des Streitfalls schon deshalb nicht erheblich, weil keine dieser Vorschriften den Mitgliedstaaten verbietet, weitere Bereiche in den Anwendungsbereich der Regulierungsvorschriften einzubeziehen. Letzteres unterliegt angesichts von Wortlaut und Zielsetzung der Richtlinie und angesichts des jeweils auf bestimmte Felder beschränkten Anwendungsbereichs der Verordnungen keinem ernsthaften Zweifel und wird zusätzlich durch den Umstand bestätigt, dass die Kommission in ihrer Stellungnahme zu der beabsichtigten Entscheidung der Bundesnetzagentur keine Einwendungen erhoben hat.
Der Umstand, dass die Betroffene von der europäischen Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) nicht aufgefordert wurde, sich dem europäischen Netz der Übertragungsnetzbetreiber (ENTSO) anzuschließen, führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Er lässt sich ohne weiteres damit erklären, dass die Betroffene bislang nicht als Übertragungsnetzbetreiberin zertifiziert ist.
3. Nach allem hat die Bundesnetzagentur die Zertifizierung zu Recht versagt, weil die Betroffene als zertifizierungspflichtiger Netzbetreiber die Einhaltung der Entflechtungsvorgaben nicht nachgewiesen hat.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Satz 2 EnWG, die Festsetzung des Gegenstandswerts auf § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GKG und § 3 ZPO.
Limperg |
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Berichtigungsbeschluss vom 19. April 2017
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. April 2017 durch die Präsidentin des Bundesgerichtshofs Limperg und die Richter Dr. Grüneberg, Dr. Bacher, Sunder und Dr. Deichfuß
beschlossen:
Der Beschluss vom 7. März 2017 wird wegen offensichtlicher Unrichtigkeit wie folgt berichtigt:
Im Tenor wird die Jahreszahl "2015" ersetzt durch "2016".
Limperg |
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