Entscheidungsdatum: 26.02.2019
Registrierungserfordernis
Das Erfordernis, die Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz vor dem 1. Februar 2017 mit allen erforderlichen Angaben an das Register zu melden, stellt eine Stichtagsregelung mit materiell-rechtlicher Ausschlusswirkung dar, in die keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden kann.
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 22. März 2018 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 521.235 Euro festgesetzt.
A. Die Antragstellerin ist eine Zweckgesellschaft zur Errichtung und zum Betrieb eines drei Windenergieanlagen umfassenden Vorhabens. Einzige Kommanditistin und Dienstleisterin der Antragstellerin für die Betreuung der Umsetzung der Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz ist die CPC (fortan: CPC). Die erforderliche Genehmigung wurde am 27. August 2015 erteilt. Am 20. April 2017 meldete die CPC für die Antragstellerin die Anlagengenehmigung zur Registrierung gemäß § 4 Abs. 1 AnlRegV bei der Bundesnetzagentur an.
Am 26. April 2017 beantragte die Antragstellerin bei der Bundesnetzagentur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 VwVfG bezüglich der Frist nach § 22 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b EEG 2017. Die Bundesnetzagentur hat den Antrag am 31. Juli 2017 abgelehnt. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen.
Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist des § 22 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b EEG weiter. Die Bundesnetzagentur tritt dem Rechtsmittel entgegen.
B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
I. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt (OLG Düsseldorf, EnWZ 2018, 232), die Bundesnetzagentur sei für die Entscheidung über die Wiedereinsetzung zuständig, weil ihr die Führung des Anlagenregisters obliege. Die Ausschlussfrist nach § 22 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b EEG 2017 stelle nicht nur ein Tatbestandsmerkmal dar, das den zivilrechtlichen Zahlungsanspruch gegen den Netzbetreiber bestimme. Sie entscheide auch über die Teilnahme am von der Bundesnetzagentur durchgeführten Ausschreibungsverfahren. Gleichzeitig obliege der Bundesnetzagentur eine Kontrolle der Höhe der sich aus §§ 19, 22 EnWG ergebenden zivilrechtlichen Ausgleichsansprüche des Anlagebetreibers gegen den Netzbetreiber.
Die Wiedereinsetzung sei nicht nach § 32 Abs. 5 VwVfG ausgeschlossen. Weder aus Wortlaut noch aus Sinn und Zweck des § 22 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b EEG 2017 lasse sich entnehmen, dass es sich um eine materielle Ausschlussfrist handele. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EEG 2014 (Urteil vom 5. Juli 2017 - VIII ZR 147/16, EnWZ 2017, 406) betreffe die Rechtslage bei Photovoltaikanlagen; diese Ausgangslage sei mit der bei Windenergieanlagen an Land nicht vergleichbar. An anderen Stellen des EEG 2017 habe der Gesetzgeber materiell-rechtliche Ausschlussfristen ausdrücklich als solche benannt.
Der Wiedereinsetzungsantrag sei jedoch unbegründet. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Antragstellerin die Frist unverschuldet versäumt habe. Sie müsse sich ein Verschulden der CPC zurechnen lassen. Die Sorgfaltsanforderungen seien streng. Die CPC habe diesen nicht genügt.
II. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Rechtsbeschwerde im Ergebnis stand. Eine Wiedereinsetzung hinsichtlich der Stichtagsregelung des § 22 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b EEG 2017 ist ausgeschlossen.
1. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt gemäß § 32 Abs. 1 VwVfG auf Antrag in Betracht, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Diese Bestimmung erfasst vor allem Fallgestaltungen, in denen die versäumte Frist verfahrensrechtliche Bedeutung hat. Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet daher gemäß § 32 Abs. 4 VwVfG die Behörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat. Hingegen ist eine Wiedereinsetzung gemäß § 32 Abs. 5 VwVfG unzulässig, wenn sich aus einer Rechtsvorschrift ergibt, dass sie ausgeschlossen ist. Hierfür genügt es, wenn eine Wiedereinsetzung mit dem Zweck der Frist unvereinbar wäre (BVerwGE 101, 39, 44; BVerwG, NJW 1997, 2966, 2968). Dies ist insbesondere der Fall bei materiell-rechtlichen Ausschlussfristen.
Ob ein in einem Gesetz bestimmter Termin oder eine gesetzliche Frist als materiell-rechtliche Regelung zu verstehen sind, ergibt sich aus der Auslegung der jeweiligen Norm. Eine materiell-rechtliche Regelung liegt vor, wenn die Frist dazu dient, eine materiell-rechtliche Rechtsposition zu wahren oder ihr Ablauf zum Verlust einer materiell-rechtlichen Rechtsposition führt. Dies trifft insbesondere zu, wenn innerhalb einer Frist vorzunehmende Handlungen oder Anträge zugleich das materielle Recht beeinflussen. So kann es etwa genügen, wenn die Frist auch dazu dient, der Behörde einen Überblick über Ansprüche zu verschaffen, um auf dieser Grundlage begrenzte Haushaltsmittel oder Kontingente verteilen zu können (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs/Kallerhoff/Stamm, 9. Aufl. 2018, VwVfG § 32 Rn. 11).
2. Nach diesen Maßstäben kommt eine Wiedereinsetzung in die Stichtagsregelung des § 22 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b EEG 2017 nicht in Betracht.
a) Nach dem bisherigen Recht erfolgte die Förderung erneuerbarer Energien über gesetzlich festgelegte Einspeisevergütungen. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz 2017 stellt den gesetzlichen Fördermechanismus auf ein Ausschreibungsverfahren um, wonach die Zahlungsansprüche für Strom aus erneuerbaren Energien durch Ausschreibungen zu ermitteln sind. § 22 EEG 2017 stellt die zentrale Norm für den vom Gesetzgeber vorgenommenen Systemwechsel zu Ausschreibungen dar (BT-Drucks. 18/8860 S. 197). Eine gesetzliche Bestimmung des anzulegenden Werts (§ 3 Nr. 3 EEG 2017) kommt nur noch in Ausnahmefällen in Betracht.
§ 22 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EEG 2017 bestimmt, dass Windenergieanlagen an Land vom Erfordernis eines erteilten Zuschlags im Ausschreibungsverfahren nach § 19 Abs. 1, § 22 Abs. 2 Satz 1 EEG 2017 ausgenommen sind, wenn sie vor dem 1. Januar 2019 in Betrieb genommen worden sind, vor dem 1. Januar 2017 nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigt worden sind und diese Genehmigung vor dem 1. Februar 2017 mit allen erforderlichen Angaben an das Register gemäß § 4 Abs. 1 AnlRegV gemeldet worden ist, und nicht der Genehmigungsinhaber vor dem 1. März 2017 schriftlich auf den gesetzlich bestimmten Anspruch auf Zahlung verzichtet hat. § 22 Abs. 2 Satz 2 EEG 2017 regelt die Ausnahmen und damit die Fälle, in denen der anzulegende Wert noch gesetzlich festgelegt wird (BT-Drucks. aaO). In diesem Zusammenhang trifft § 22 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EEG 2017 eine Übergangsregelung, mit der der Gesetzgeber angesichts der langen Planungszeiträume den Investoren Sicherheit geben will (BT-Drucks. aaO; ähnlich bereits BT-Drucks. 18/1304 S. 182 zu § 98 des Regierungsentwurfs zum EEG 2014 = § 102 Nr. 3 EEG 2014). Diese Ausnahme ermöglicht Betreibern von Windenergieanlagen an Land, weiterhin eine gesetzliche Vergütung nach § 19 EEG 2017 in Verbindung mit § 46 EEG 2017 in Anspruch zu nehmen und schafft insoweit Planungssicherheit für Investoren (Boemke, NVwZ 2017, 1, 3). Die Vorschrift grenzt damit die Fälle, in denen der anzulegende Wert bei Windenergieanlagen an Land nach den Übergangsvorschriften festgelegt wird, von den Fällen ab, auf die das neue Recht anzuwenden ist.
Weitere Ausnahmen für Windenergieanlagen sind in § 22 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und 3 EEG 2017 geregelt. Danach sind von der Teilnahme an Ausschreibungen bestimmte Windenergieanlagen befreit, soweit sie eine objektiv festgelegte Grenze an installierter Leistung nicht überschreiten.
b) Damit handelt es sich bei dem von § 22 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b EEG 2017 bestimmten Datum um eine Stichtagsregelung mit materiell-rechtlicher Ausschlusswirkung für die weitere Anwendung einer Förderung über die gesetzliche Bestimmung des anzulegenden Wertes. § 22 Abs. 2 Satz 2 EEG regelt kein Verfahren, das für Windenergieanlagen an Land zu durchlaufen und an dessen Ende die Feststellung zu treffen wäre, ob eine Anlage in den Genuss der Übergangsvorschrift kommen kann. Vielmehr knüpft die Vorschrift die materielle Frage, auf welche Windenergieanlagen an Land das Übergangsrecht anzuwenden ist, an die tatsächliche Vornahme bestimmter Handlungen. Soweit es sich dabei um eine zu einem bestimmten Zeitpunkt erfolgte Anmeldung an das Register handelt, verlangt das materielle Recht eine tatsächlich innerhalb der gesetzlich bestimmten Frist bis zum 31. Januar 2017 erfolgte Anmeldung.
Für eine Wiedereinsetzung fehlt es damit bereits an einem Verfahren, das die Bundesnetzagentur im Hinblick auf die Übergangsbestimmung zu führen und in dessen Rahmen sie über die versäumte Handlung zu befinden hätte. Vielmehr hat die Übergangsbestimmung unmittelbar Auswirkungen auf den zivilrechtlichen Anspruch des Anlagenbetreibers gegen den Netzbetreiber. Soweit das Erneuerbare-Energien-Gesetz 2017 diesen zivilrechtlichen Anspruch abweichend vom bisherigen Rechtszustand regelt, unterliegt er nach der Regelungskonzeption des Gesetzgebers den Bestimmungen des Übergangsrechts. Dieses Übergangsrecht gewährt einerseits den Anlagenbetreibern Vertrauensschutz; andererseits widerspricht es dem Regelungsziel von Übergangsbestimmungen, den von ihnen getroffenen Abgrenzungen, auf welche Fälle das bisherige Recht oder das Übergangsrecht weiterhin anzuwenden ist, einen verfahrensrechtlichen Charakter beizumessen. Vielmehr ergibt sich aus den tatbestandlichen Voraussetzungen einer Übergangsnorm, auf welche Fälle noch altes, auslaufendes Recht anzuwenden ist. Dabei dient ein fester Stichtag der Rechtssicherheit, und zwar sowohl im Interesse der Anlagenbetreiber wie auch der Netzbetreiber.
Dass der Gesetzgeber in § 22 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EEG 2017 für die Zuordnung der Windenergieanlage zum bisherigen Recht drei Stichtage vorgesehen hat, die kumulativ eingehalten werden müssen (BT-Drucks. 18/8860 S. 197), spricht dafür, dass die Anlage in materiell-rechtlicher Hinsicht dem neuen Recht unterliegt, wenn einer dieser Stichtage überschritten wurde. Das Gesetz knüpft die materielle Rechtslage daran an, ob bestimmte tatsächliche Voraussetzungen zu einem Stichtag vorliegen, so dass mit Ablauf des Stichtags feststeht, ob sich die Rechtsposition materiell-rechtlich geändert hat oder nicht. Es handelt sich um Ausschlusskriterien, die im Interesse der Rechtssicherheit für eine klare Abgrenzung sorgen sollen und deren Einhaltung abschließend und endgültig ist (Salje, EEG 2017, 8. Aufl., § 22 Rn. 14).
Dies gilt auch für die in § 22 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b EEG 2017 genannte Frist. Die rechtzeitige Meldung an das Register ist wie alle übrigen Voraussetzungen konstitutiv (Frenz in Frenz/Müggenborg/Cosack/Hennig/Schomerus, EEG, 5. Aufl., § 22 Rn. 10). Hierfür spricht weiter, dass die Möglichkeit, gemäß § 22 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. c EEG 2017 durch schriftliche Erklärung auf den gesetzlich bestimmten Anspruch auf Zahlung zu verzichten, ebenfalls durch einen Stichtag begrenzt wird. Der Gesetzgeber hat angenommen, dass dies für die Mengensteuerung erforderlich ist und nur so die korrekte Menge von Anlagen in der Übergangsregel bei der Berechnung der Ausschreibungsmenge für das Jahr 2017 berücksichtigt werden kann (BT-Drucks. 18/8860 S. 198). Damit zielt die gesamte Übergangsregelung nicht nur darauf, Investoren Sicherheit zu geben, sondern auch dahin, Planungssicherheit zu erhalten, für welche Windenergieanlagen an Land der anzulegende Wert noch gesetzlich festgelegt wird. In vergleichbarer Weise erfasste § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EEG 2014 alle Fälle, in denen der Anlagenbetreiber die zur Registrierung der Anlagen erforderlichen Angaben nicht der Bundesnetzagentur übermittelt hat, weil er grundsätzlich selbst für die Erfüllung seiner Meldepflichten gegenüber der Bundesnetzagentur verantwortlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2017 - VIII ZR 147/16, EnWZ 2017, 406 Rn. 28 ff, 65 ff; Beschluss vom 19. September 2017 - VIII ZR 281/16, RdE 2018, 75 Rn. 9).
c) Dem steht nicht entgegen, dass der Gesetzgeber in anderen Bestimmungen des EEG 2017 ausdrücklich materielle Ausschlussfristen festlegt. Anders als § 22 Abs. 2 Satz 2 EEG 2017 beziehen sich diese Regelungen nicht auf die materielle Rechtslage, sondern auf ein behördliches Verfahren. Sie befassen sich etwa damit, innerhalb welcher Frist ein Antrag für eine Entscheidung der Bundesnetzagentur (§ 36g Abs. 3 Satz 2, § 37d Abs. 2 Nr. 2 EEG 2017) oder des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (§ 66 Abs. 1 Satz 1, § 103 Abs. 5 EEG 2017) zu stellen ist, oder damit, innerhalb welcher Frist eine für das Verfahren erhebliche Handlung vorzunehmen ist (§ 37a Satz 2 Nr. 2 EEG 2017). Diese Fristen haben verfahrensrechtliche Bedeutung; ohne eine entsprechende gesetzliche Regelung käme hier eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Satz 1 und 2 EnWG, die Festsetzung des Gegenstandswerts auf § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GKG und § 3 ZPO.
Meier-Beck |
|
Kirchhoff |
|
Bacher |
|
Sunder |
|
Schoppmeyer |
|