Entscheidungsdatum: 24.09.2014
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 26. November 2013 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
I. Der Kläger begehrt in der Hauptsache die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 50 sowie der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens G. Bei dem Kläger war nach zwei Bandscheiben-Operationen zunächst ein GdB von 30 (Bescheid vom 6.9.2005) und nach neurochirurgischer Begutachtung unter Berücksichtigung eines chronischen Schmerzsyndroms sodann ein GdB von 40 festgestellt (Abhilfebescheid vom 10.4.2006, Widerspruchsbescheid vom 14.6.2006). Das SG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ua ausgeführt, entgegen den Vermutungen des im Klageverfahren eingeschalteten weiteren neurochirurgischen Gutachters habe der zusätzlich beauftragte neuropsychiatrische Gutachter eine depressive, hypochondrische oder phobische Störung nicht bestätigen können (Urteil vom 18.9.2009). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung verweist es ua darauf, dass der geltend gemachten Schmerzproblematik bereits durch eine Höherstufung des GdB Rechnung getragen sei. Bei normalem Gehvermögen komme die Zuerkennung des Merkzeichens G offensichtlich nicht in Betracht. Eine schriftliche Äußerung des Beklagten vom 27.9.2011 zu (wiederholten) Einschätzungen des behandelnden Neurochirurgen über die nicht ausreichend gewürdigte Belastungsinsuffizienz und des behandelnden Psychologen über den bestehenden erheblichen Leidensdruck habe im Termin zur mündlichen Verhandlung verlesen werden können, da sich hieraus weder eine neue Tatsachenlage noch ein neues Beweisergebnis ergebe (Urteil vom 26.11.2013).
Mit der Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG.
II. Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG.
1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Der Kläger rügt eine Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs iS von § 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG, Art 47 Abs 2 S 1 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention. Ein solcher Verstoß liegt ua vor, wenn das Gericht seiner Pflicht, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägungen einzubeziehen, nicht nachgekommen ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 62 Nr 19 S 33 mwN) oder sein Urteil auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützt, zu denen sich die Beteiligten nicht haben äußern können (vgl BSG SozR 3-1500 § 62 Nr 12 S 19). Dementsprechend sind insbesondere Überraschungsentscheidungen verboten (vgl dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 62 RdNr 8a, 8b mwN). Zur Begründung eines entsprechenden Revisionszulassungsgrundes ist nicht nur der Verstoß gegen diesen Grundsatz selbst zu bezeichnen, sondern auch darzutun, welches Vorbringen ggf dadurch verhindert worden ist und inwiefern die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann (BSG SozR 1500 § 160a Nr 36). Ferner ist Voraussetzung für den Erfolg einer Gehörsrüge, dass der Beschwerdeführer darlegt, seinerseits alles getan zu haben, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 22 S 35; vgl auch BSGE 68, 205, 210 = SozR 3-2200 § 667 Nr 1 S 6). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der Kläger führt an, angesichts der Komplexität der Befunde und der erforderlichen Bewertung der Einwendungen des Beklagten im Schriftsatz vom 27.9.2011 habe das LSG eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme einräumen müssen. Hiervon ausgehend wäre es ihm dann auch möglich gewesen, ein in einem parallelen Rentenrechtsstreit eingeholtes Gutachten vom 9.12.2013 innerhalb der dann mutmaßlichen Stellungnahmefrist vorzulegen. Der Kläger versäumt allerdings darzulegen, zu welchem neuen Ergebnis die für erforderlich gehaltene Erörterung durch die behandelnden Ärzte angesichts des bereits bekannten medizinischen Sachverhalts hätte führen können. Spätestens mit der Nichtzulassungsbeschwerde muss aber substantiiert dargelegt werden, welchen Vortrag das LSG dem Beschwerdeführer durch sein Vorgehen abgeschnitten hat. Auch lässt der Vortrag des Klägers nicht erkennen, wieso er den Hinweis auf die bevorstehende Begutachtung im Rentenverfahren nicht unabhängig von einem Schriftsatznachlass durch einen weiteren auf Beiziehung gerichteten Beweisantrag hätte geben können, wieso also die unterbliebene Beiziehung dem LSG anzulasten sein könnte. Die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs dient nicht dazu, die gesetzlich eingeschränkte Rüge der Verletzung der Sachaufklärungspflicht zu umgehen.
3. Die Verwerfung der nicht formgerecht begründeten Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter.