Entscheidungsdatum: 21.11.2012
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 24.5.2012 wird als unzulässig verworfen.
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem bezeichneten Urteil Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt I, beizuordnen, wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
I. Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen ein Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG), mit dem dieses seine Berufung gegen ein Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 17.11.2009 zurückgewiesen hat (Urteil vom 24.5.2012).
Zur Begründung seiner Beschwerde rügt er Verfahrensfehler. Das LSG habe den Sachverhalt nicht oder nur mangelhaft aufgeklärt. Die von ihm vorgenommene Beweislastentscheidung (Beweislastumkehr) halte einer Revision nicht stand. Zudem sei ihm das rechtliche Gehör verwehrt worden, sein Vortrag sei übergangen worden. Die Begründung des LSG sei für ihn überraschend gekommen und hätte durch einen rechtlichen Hinweis vorbereitet werden müssen. Ohne einen solchen Hinweis könne nicht von einem fairen Verfahren ausgegangen werden. Die Begründung des LSG trage nicht die Aufhebung eines bestandskräftigen Leistungsbescheides.
II. Die Beschwerde ist unzulässig, weil der von dem Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund des Verfahrensfehlers (§ 160 Abs 2 Nr 3 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise bezeichnet worden ist. Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG entscheiden.
Die Revision ist nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG nur zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungspflicht) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Soweit der Kläger einen Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz rügt (mangelhafte oder unterlassene Aufklärung), trägt er schon nicht vor, dass ein Beweisantrag gestellt wurde, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt sei. Soweit Fehler in der Beweiswürdigung geltend gemacht werden, sind diese Fehler nicht dem äußeren Verfahrensgang, sondern dem materiellen Recht zuzurechnen (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 144 RdNr 34a). Deshalb ist die Verkennung der Beweislast, soweit es sich um den Beweis des Vorliegens der materiellen Anspruchsvoraussetzungen handelt, kein Verfahrensmangel, der als solcher schlüssig gerügt werden könnte (BSG, Beschluss vom 24.11.1987 - 3 BK 31/87). Ein Verfahrensmangel kommt in diesem Bereich nur in Betracht bei Verstoß gegen Denkgesetze, soweit allein der Tatsachenbereich und nicht die rechtliche Subsumtion berührt ist, oder wenn zugleich ein anderer Verfahrensfehler vorliegt (vgl Leitherer, aaO, § 144 RdNr 34a). Ob diese Voraussetzungen ggf vorliegen, ist dem Vortrag des Klägers nicht zu entnehmen. Ihm ist auch nicht zu entnehmen, inwieweit die Entscheidung des LSG auf dem behaupteten Verfahrensmangel beruht. Hierzu wäre es erforderlich gewesen, dass der Kläger nicht nur den zugrundeliegenden Sachverhalt skizziert, sondern auch die rechtliche Sicht des LSG aufzeigt, also mit welcher Begründung es die Entscheidung der Beklagten bestätigt hat. Die Darlegung muss so ins Einzelne gehen und so genau sein, dass das Revisionsgericht sich bereits anhand der Beschwerdebegründung ein Urteil darüber zu bilden vermag, ob das LSG ausgehend von seiner Rechtsansicht ohne den behaupteten Verfahrensfehler eine andere Entscheidung getroffen hätte. Der Kläger zeigt aber noch nicht einmal den Gegenstand des Verfahrens auf. Der Sachverhalt wird nur rudimentär im Zusammenhang mit der behaupteten fehlerhaften Beweiswürdigung dargelegt, sodass sich der Streitgegenstand allenfalls ansatzweise erahnen lässt.
Aus diesem Grund ist auch ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (übergangener Vortrag, Überraschungsentscheidung) und des fairen Verfahrens nicht ausreichend bezeichnet. Im Übrigen ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das Vorgehen eines Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, während es nicht verpflichtet ist, sich mit jedem Vorbringen auch in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Insbesondere ist es nicht verpflichtet, auf sämtliche Tatsachen und Rechtsansichten einzugehen, die im Laufe des Verfahrens von der einen oder der anderen Seite zur Sprache gebracht werden (BVerfGE 96, 205, 217). Deshalb kann ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 Grundgesetz) nicht angenommen werden, wenn das Gericht Ausführungen von Beteiligten unerwähnt lässt, die nach seinem Rechtsstandpunkt unerheblich oder offensichtlich haltlos sind (BVerfGE 70, 288 ff, 293 f). Warum dies vorliegend anders sein soll, hätte vorgetragen werden müssen.
Soweit der Kläger schließlich auch in materiellrechtlicher Hinsicht Einwendungen gegen die Entscheidung erhebt, macht er nicht geltend, dass die Sache grundsätzliche Bedeutung habe, sondern - ebenso wie bei den behaupteten Verfahrensmängeln -, dass die Entscheidung falsch sei; dies ist allerdings nicht Gegenstand des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwalt I ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung <ZPO>); an der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es jedoch (siehe oben). Mit der Ablehnung der begehrten PKH entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).