Entscheidungsdatum: 07.10.2015
1. Die Anrufung der sozialhilferechtlichen Schiedsstelle und deren Schiedsspruch über eine Vergütungsvereinbarung setzen nicht die Kündigung bzw sonstige Beendigung der laufenden Vereinbarung voraus.
2. Zum Entscheidungsfreiraum der Schiedsstelle in diesem Fall.
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 5. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 197 181,20 Euro festgesetzt.
Im Streit ist ein Schiedsspruch über die Höhe der Investitionskostenvergütung für die Zeit vom 1.10.2009 bis 31.12.2010.
Die Klägerin, die bis etwa Mitte 2005 unter dem Namen "h c gmbh" firmierte, ist Trägerin des landesrechtlich nicht geförderten Pflegeheims "Haus F" in G (nachfolgend Pflegeheim) im Landkreis Rastatt, einer nach dem Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) zugelassenen Pflegeeinrichtung. Das Pflegeheim verfügt über 131 vollstationäre Dauerpflegeplätze, davon 6 zur Kurzzeitpflege. Die "h c gmbh" und der Landeswohlfahrtsverband Baden (als überörtlicher Träger der Sozialhilfe) haben im Jahr 2004 eine Vereinbarung über die Vergütung der gesondert berechenbaren Aufwendungen für Investitionskosten in Höhe von 15,03 Euro täglich abgeschlossen (Vereinbarung vom 30.3.2004), und zwar ohne zeitliche Befristung ab 1.5.2004; kündbar sollte sie frühestens zum 30.4.2005 sein. Unter dem 17.7.2009 forderte die Klägerin den Beklagten als nunmehr zuständigen Sozialhilfeträger zur Verhandlung auf und forderte eine Investitionskostenvergütung in Höhe von täglich 18,58 Euro ab 1.10.2009. Nachdem der Beklagte im September 2009 Verhandlungen über Investitionskosten abgelehnt hatte, rief die Klägerin am 30.9.2009 die Schiedsstelle an.
Die Schiedsstelle setzte die Vergütung ab 1.10.2009 mit weiterhin täglich 15,03 Euro fest (Beschluss vom 18.1.2010). Zur Begründung wurde ua ausgeführt, die am 30.3.2004 abgeschlossene Investitionskostenvereinbarung sei von der Klägerin wirksam gekündigt worden. Soweit es sich bei den von der Klägerin als Investitionen bezeichneten Aufwendungen tatsächlich um Ersatzbeschaffungen gehandelt habe, seien diese schon im Wege der Abschreibung in der Vereinbarung vom 30.3.2004 berücksichtigt. Im Übrigen habe der Beklagte dem Erhöhungsverlangen zu Recht entgegengehalten, dass er von Investitionen (darlehensweise Anschaffung eines Klaviers, Miete von zwei Kopierern, Leasingvertrag über eine Kaffee-Spezialitäten-Maschine) nichts gewusst und ihnen auch nicht zugestimmt habe. Deshalb sei davon auszugehen, dass sich - bei unveränderter Höhe der Pacht - die für den Investitionsbetrag maßgeblichen Berechnungsgrundlagen seit dem 30.3.2004 nicht verändert hätten. Soweit die Klägerin geltend mache, der Betrag von 15,03 Euro täglich sei schon 2004 nicht auskömmlich gewesen, könne darauf das Erhöhungsverlangen ebenfalls nicht gestützt werden. Denn der Betrag sei damals einvernehmlich, ohne Zwang und von der Klägerin im Bewusstsein der Unterdeckung vereinbart worden; die behauptete Unterdeckung sei zudem nicht plausibel dargelegt. Auf einen Vergleich mit anderen Einrichtungen habe deshalb verzichtet werden können.
Die Klage, gerichtet auf Aufhebung des Schiedsspruchs, "soweit ein Investitionskostensatz von weniger als 18,58 Euro pro Berechnungstag festgesetzt worden" war, und auf "Zurückverweisung des Verfahrens an die Schiedsstelle", hat das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg abgewiesen (Urteil vom 5.12.2013). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Schiedsstelle sei ordnungsgemäß besetzt gewesen. Auch wenn ein Mitglied der Schiedsstelle auf Seiten des Beklagten an den Vergütungsverhandlungen beteiligt gewesen sei, führe dies nicht zu seinem Ausschluss. Der Schiedsspruch sei jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Beteiligten hätten am 30.3.2004 wirksam eine Vereinbarung über die Investitionskostenvergütung geschlossen, die weder durch Zeitablauf wirkungslos noch wirksam gekündigt worden sei. Die Klägerin habe weder durch die Aufforderung zu Neuverhandlungen noch ansonsten eine Kündigung ausgesprochen oder erklären wollen; der Beklagte habe dies auch so verstanden. Dass die Schiedsstelle zu Unrecht von einer Kündigung ausgegangen sei, sei aber unbeachtlich, weil die Voraussetzungen - unvorhersehbare wesentliche Veränderungen - für ein Anpassungsverlangen nach dem allein anwendbaren § 77 Abs 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) nicht vorlägen. Bei den Investitionen handele es sich vielmehr um solche, die schon 2004 der Kalkulation zugrunde gelegt worden seien. Ob es einer Zustimmung des Sozialhilfeträgers zu den Investitionen bedurft hätte, könne deshalb offen bleiben. Ansonsten realisiere sich in der behaupteten Unterdeckung nur ein allgemeines Vertragsrisiko.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin, das LSG sei zu Unrecht davon ausgegangen, sie habe die Vereinbarung vom 30.3.2004 nicht kündigen wollen; insoweit habe das LSG bei der Beweiswürdigung gegen Denkgesetze verstoßen. Die Aufforderung zu Verhandlungen vom 17.7.2009 könne nicht als bloßes Anpassungsverlangen verstanden werden. Der Schiedsspruch selbst verstoße gegen § 75 Abs 5 Satz 3 SGB XII iVm § 82 Abs 4 SGB XI. Die Refinanzierbarkeit von Investitionen nicht nur bei Neuverhandlungen, sondern auch im Falle von Unterdeckungen im Rahmen der bisherigen Kalkulation, werde vom Grundrecht auf Berufsfreiheit (Art 12 Grundgesetz <GG>) gedeckt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG und die Entscheidung der Schiedsstelle aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.
Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist - neben der Aufhebung des LSG-Urteils - nur noch die Aufhebung des Schiedsspruchs, gegen den sich die Klägerin zulässigerweise mit einer Anfechtungsklage gegen den Beklagten - den Vertragspartner (§ 77 Abs 1 Satz 5 SGB XII, in der Normfassung des Gesetzes zur Änderung des SGB XII und anderer Gesetze vom 2.12.2006 - BGBl I 2670) - wehrt (vgl hierzu nur BSGE 116, 227 ff RdNr 11 mwN = SozR 4-3500 § 77 Nr 1). Auch wenn sie ihren Anfechtungsantrag vor dem LSG noch dahin formuliert hat, den Schiedsspruch aufzuheben, "soweit ein Investitionskostensatz von weniger als 18,58 Euro pro Berechnungstag festgesetzt worden ist", ging ihr Interesse, wovon das LSG selbst ausgegangen ist, von Anfang an auf die vollständige Aufhebung des Schiedsspruchs; denn nur so kann die Klägerin ihr Prozessziel, eine erneute Entscheidung der Schiedsstelle über den von ihr gestellten Antrag, erreichen. Dies hat sie mit dem im Revisionsverfahren formulierten Antrag klargestellt. Den Antrag auf Zurückverweisung des Verfahrens an die Schiedsstelle (zur Unzulässigkeit einer derartigen Verurteilung vgl nur: BSGE 116, 233 ff RdNr 25 = SozR 4-3500 § 76 Nr 1; BSGE 116, 227 ff RdNr 12 = SozR 4-3500 § 77 Nr 1) hat die Klägerin vor dem Bundessozialgericht (BSG) nicht mehr aufrechterhalten.
Prozessuale Verfahrensfehler stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Der Durchführung eines Vorverfahrens bedurfte es nicht (§ 77 Abs 1 Satz 6 SGB XII, § 78 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGG). Es bedurfte auch keiner Beiladung der Schiedsstelle (BSGE 116, 227 ff RdNr 13 = SozR 4-3500 § 77 Nr 1).
Zu Recht hat das LSG den Schiedsspruch - wenn auch mit teilweise unzutreffender Begründung - im Ergebnis bestätigt. Die Entscheidung der Schiedsstelle, die eine Schlichtungsmaßnahme eines sachnahen, weisungsfreien, mit Vertretern der Interessen der betroffenen Gruppen paritätisch zusammengesetzten Gremiums darstellt (BSGE 116, 227 ff RdNr 9 mwN = SozR 4-3500 § 77 Nr 1) und deren Entscheidungsspielraum sich am Vereinbarungsspielraum der Vertragsparteien messen muss, ist gerichtlich im Rahmen der normativen Vorgaben der §§ 75 ff SGB XII zwar regelmäßig nur eingeschränkt dahin überprüfbar, ob der Sachverhalt ermittelt ist, die verfahrensrechtlichen Regelungen eingehalten sind und die Schiedsstelle bei der Abwägung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange ihren Gestaltungsspielraum nicht verkannt hat (vgl dazu: BSGE 116, 233 ff RdNr 14 mwN = SozR 4-3500 § 76 Nr 1; Jaritz/Eicher in juris PraxisKommentar
Hier ist das Schiedsverfahren als Verwaltungsverfahren nicht deshalb fehlerhaft durchgeführt worden, weil der Beklagte für den Abschluss von Vergütungsvereinbarungen nicht zuständig gewesen wäre. Hierzu stellt § 77 Abs 1 Satz 2 SGB XII für die örtliche Zuständigkeit auf den Sitz des für die Einrichtung (Pflegeheim) zuständigen Trägers der Sozialhilfe ab (BSGE 116, 233 ff RdNr 14 = SozR 4-3500 § 76 Nr 1), also darauf, wo die Einrichtung selbst gelegen ist. Auf den Sitz des Trägers der Einrichtung kommt es nach Sinn und Zweck der Regelung nicht an. Nur die Anknüpfung der örtlichen Zuständigkeit an den Sitz des Pflegeheims selbst stellt sicher, dass auf Seiten des Sozialhilfeträgers derjenige verhandelt, der mit den örtlichen Verhältnissen vertraut ist und damit die erforderlichen Kenntnisse zur Beurteilung der Angemessenheit der geforderten Vergütungen am ehesten besitzt (vgl BVerwGE 126, 295 ff). Die Regelungen zur Zusammensetzung der Schiedsstelle in § 80 Abs 2 Satz 1 SGB XII (in der Normfassung des Gesetzes vom 2.12.2006, aaO), wonach die Schiedsstelle neben Vertretern der Einrichtungen aus Vertretern der örtlichen und überörtlichen Träger der Sozialhilfe besteht, knüpft an ein derartiges Normverständnis an. Die sachliche Zuständigkeit des Beklagten ergibt sich hier aus § 97 Abs 1 SGB XII (in der Fassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das SGB vom 27.12.2003 - BGBl I 3022), der für die "Sozialhilfe" allgemein die Zuständigkeit des örtlichen Trägers der Sozialhilfe bestimmt, solange keine abweichenden landesrechtlichen Regelungen getroffen sind. Dies hat das LSG nach Prüfung des Landesrechts für den Senat bindend (§ 163 SGG) verneint.
Der Schiedsspruch ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil an seiner Beschlussfassung eine Person beteiligt war, die als Beschäftigte des Beklagten bereits bei den Vergütungsverhandlungen mitgewirkt hat; dies stellt keinen Ausschlussgrund für das Schiedsverfahren dar. Da die §§ 75 ff SGB XII keine Regelungen zum Ausschluss oder der Befangenheit von Schiedsstellenmitgliedern enthalten, ist insoweit zwar auf die allgemeinen Bestimmungen der §§ 16 und 17 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) zurückzugreifen (§ 37 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil -
Der Entscheidung der Schiedsstelle standen auch keine Verfahrenshindernisse entgegen. Für die Zulässigkeit der Anrufung der Schiedsstelle genügt es bereits nach dem Gesetzeswortlaut, dass zwischen den Beteiligten eine angestrebte Vereinbarung über die Höhe der Investitionskostenvergütung ab 1.10.2009 nicht zustande gekommen ist. Ob die Voraussetzungen für eine Neuvereinbarung der Vergütung tatsächlich vorgelegen haben oder die Beteiligen insoweit von falschen rechtlichen Vorstellungen ausgegangen sind, ist für die Zulässigkeit der Anrufung der Schiedsstelle ohne Belang, sondern von dieser erst bei der Prüfung der für ihre Entscheidung maßgeblichen normativen Vorgaben zu beachten.
Unschädlich ist auch, dass es vorliegend an einer Prüfungs- und Leistungsvereinbarung für die gesondert berechenbaren Investitionskosten fehlt, wobei die Formulierung in § 75 Abs 5 Satz 3 SGB XII (in der Normfassung des Gesetzes vom 27.12.2003, aaO) - "entsprechende Vereinbarungen nach dem Zehnten Kapitel" - nicht eindeutig erkennen lässt, welche der möglichen Vereinbarungen nach § 75 Abs 3 SGB XII überhaupt in Bezug genommen werden sollen. In der Sache ist die Notwendigkeit derartiger Vereinbarungen, bezogen auf die isolierte Investitionskostenvergütung, schon deshalb zweifelhaft, weil für sie angesichts des Inhalts der Vereinbarungen im Pflegesatzverfahren nach dem SGB XI wohl kaum Regelungsbedarf verbleiben würde (die Notwendigkeit eines Abschlusses derartiger Vereinbarungen im Rahmen des § 75 Abs 5 SGB XII deshalb generell ablehnend: Neumann in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 75 RdNr 49, Stand September 2009; für die Notwendigkeit solcher Vereinbarungen Münder in Lehr- und Praxiskommentar
Die Entscheidung der Schiedsstelle ist jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Träger der Sozialhilfe ist zur Übernahme gesondert berechneter Investitionskosten nach § 82 Abs 4 SGB XI - also bei Pflegeeinrichtungen, die wie hier nicht nach Landesrecht gefördert werden - nur verpflichtet, wenn hierüber entsprechende Vereinbarungen nach den §§ 75 ff SGB XII getroffen worden sind (§ 75 Abs 3 Satz 1 und 3 SGB XII). Für einen Anspruch auf Übernahme gesondert berechneter Investitionskosten gegenüber dem Sozialhilfeträger bedurfte es einer besonderen gesetzlichen Regelung, weil sich nur die Vergütung der stationären Pflegeleistungen nach dem SGB XI richtet (§ 75 Abs 5 Satz 1 SGB XII), dort aber die Investitionskosten, anders als im SGB XII außerhalb der Pflegeleistungen (vgl § 75 Abs 3 Satz 1 Nr 2 iVm § 76 Abs 2 Satz 1 SGB XII), nicht Bestandteil der Vergütungsvereinbarung sind. Dies beruht auf dem Finanzierungsmodell betriebsnotwendiger Investitionskosten im Bereich der sozialen Pflegeversicherung (§ 9 SGB XI, sog duales Modell, vgl dazu nur: Schütze in Udsching, SGB XI, 4. Aufl 2015, § 82 RdNr 3; Jaritz/Eicher in jurisPK SGB XII, 2. Aufl 2014, § 75 SGB XII RdNr 163). Abhängig von der landesrechtlichen Ausgestaltung der Förderung werden derartige Kosten deshalb entweder - bei vollständiger Förderung der Einrichtung - im Rahmen dieser Förderung getragen, oder können - bei teilweiser öffentlicher Förderung -, soweit ungedeckt, den Pflegebedürftigen mit Zustimmung der Landesbehörde selbst in Rechnung gestellt (§ 82 Abs 3 Satz 1 und 2 SGB XI) oder bei fehlender Förderung ohne deren Zustimmung gesondert berechnet werden (§ 82 Abs 4 SGB XI).
Der Schiedsspruch hält sich im Rahmen des der Schiedsstelle zustehenden Entscheidungsspielraums. Dabei ist aufgrund der die Revisionsinstanz bindenden tatsächlichen Feststellungen (§ 163 SGG) des LSG davon auszugehen, dass die Klägerin die Vereinbarung vom 30.3.2004 weder mit ihrer Aufforderung zu Vertragsverhandlungen kündigen wollte noch sonstige Kündigungserklärungen vorliegen und dass der Beklagte die Aufforderung zu Vertragsverhandlungen auch nicht als Kündigung verstanden hat (vgl § 133 Bürgerliches Gesetzbuch). Die Einwände der Klägerin gegen die vom LSG getroffene Wertung, wonach das LSG ihr Verhalten anders, nämlich als Kündigung hätte verstehen müssen, richten sich lediglich gegen die Feststellung von (inneren) Tatsachen, ohne dass dem LSG ein Verstoß gegen Denkgesetze, allgemeine Auslegungsgrundsätze oder Erfahrungssätze vorgeworfen werden könnte (vgl allgemein: BSGE 75, 92, 96 = SozR 3-4100 § 141b Nr 10 S 47; BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 6; BFHE 156, 103, 106 f; 162, 464, 468; 163, 87, 88; 164, 279, 283; BAGE 48, 351, 358; 56, 326, 333; BVerwGE 47, 330, 361). Das LSG hat vielmehr die von der Klägerin abgegebenen Erklärungen und ihr sonstiges Verhalten festgestellt und daraus zusätzlich den tatsächlichen Schluss im Rahmen einer Beweiswürdigung gezogen, die Klägerin habe keine Kündigung erklären wollen und der Beklagte das Verhalten der Klägerin auch nicht als Kündigung verstanden. Dass ein anderer Schluss in Betracht gekommen wäre, wovon jedenfalls die Schiedsstelle ausgegangen ist, macht die Tatsachenfeststellung des LSG nicht verfahrensfehlerhaft. Deshalb kann dahinstehen, ob, wie das LSG meint, eine - wie hier - unbefristet und ohne Kündigungsfrist abgeschlossene Vereinbarung als Dauerschuldverhältnis tatsächlich nicht ordentlich kündbar ist (vgl dazu nur BVerwG, Beschluss vom 29.12.2000 - 5 B 171/99). Die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung würde gesetzessystematisch jedenfalls weder durch das Recht zur außerordentlichen Kündigung nach § 78 SGB XII noch durch die daneben bestehende Möglichkeit (vgl § 78 Satz 4 SGB XII) der Vertragsanpassung nach § 59 SGB X ausgeschlossen (so auch: Flint in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl 2014, § 77 SGB XII RdNr 20 mwN, § 78 SGB XII RdNr 2; Neumann in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 78 RdNr 10, Stand März 2012).
Die Vereinbarung einer höheren Vergütung ist, im Gegensatz zur Auffassung des LSG, auch bei fortdauernder Wirksamkeit des Vertrags vom 30.3.2004 nicht ausschließlich an § 77 Abs 3 SGB XII (in der Normfassung des Gesetzes vom 2.12.2006, aaO) zu messen (dazu später); dabei war das LSG, anders als die Klägerin meint, zur Prüfung und Auslegung des § 77 Abs 3 SGB XII berechtigt, auch wenn die Schiedsstelle von einem anderen normativen Maßstab für ihre Entscheidung ausgegangen ist; denn die Frage des von der Schiedsstelle anzulegenden rechtlichen Maßstabs unterliegt der uneingeschränkten gerichtlichen Überprüfung.
Nach § 77 Abs 3 SGB XII müssten unvorhersehbare wesentliche Änderungen der Annahmen, die der Vereinbarung aus dem Jahr 2004 zugrunde gelegen haben, eingetreten sein. Wesentlich sind dabei Änderungen, bei denen davon auszugehen ist, dass die Vertragsparteien in Kenntnis dieser Umstände die Vergütung nicht oder nicht so vereinbart hätten (Jaritz/Eicher in jurisPK SGB XII, 2. Aufl 2014, § 77 SGB XII RdNr 135 mwN; Flint in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl 2014, § 77 SGB XII RdNr 25). Unvorhersehbar ist eine Änderung, wenn sie bei Abschluss der Vereinbarung für die Vertragsparteien nicht erkennbar war und bei sorgfältiger und gewissenhafter Prüfung auch nicht hätte erkannt werden können, sich also letztlich in der Änderung ein Risiko verwirklicht hat, das die jeweilige Vertragspartei nach der Risikoverteilung des § 77 SGB XII nicht zu tragen hat (Flint, aaO, RdNr 26). Daran fehlt es hier. Die Investitionen der Klägerin waren, soweit es die Unterdeckung betrifft, nicht unvorhersehbar und angesichts der Summe der neuen Investitionen im Vergleich zu den gesamten sonstigen Investitionskosten insoweit nicht wesentlich. Selbst wenn man dies bzgl der Neuinvestitionen anders sehen wollte, würde es an der Zustimmung des Beklagten nach § 76 Abs 2 Satz 4 SGB XII fehlen, die auch im Rahmen des § 77 Abs 3 SGB XII erforderlich ist. Nach § 76 Abs 2 Satz 4 SGB XII (in der Normfassung des Gesetzes zur Neuregelung der zivilrechtlichen Vorschriften des Heimgesetzes nach der Föderalismusreform vom 29.7.2009 - BGBl I 2319), der in Fällen des § 75 Abs 5 Satz 3 SGB XII bei der Vergütung von zugelassenen landesrechtlich nicht geförderten Pflegeeinrichtungen iS des § 72 SGB XI entsprechend gilt (vgl BSGE 116, 233 ff RdNr 19 = SozR 4-3500 § 76 Nr 1), braucht der Sozialhilfeträger einer verlangten Erhöhung der Vergütung aufgrund von Investitionsmaßnahmen nur zuzustimmen, wenn er der Maßnahme zuvor zugestimmt hat. Unvorhersehbare wesentliche Veränderungen iS des § 77 Abs 3 SGB XII können dabei auch mit Investitionen begründet werden, die nicht in die ursprünglich kalkulierte Investitionskostenvergütung eingerechnet werden konnten (so auch Schellhorn in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl 2015, § 75 SGB XII RdNr 55 mit Beispielen). Denn der Sozialhilfeträger kann bei Neuverhandlungen auf Grundlage des § 77 Abs 3 SGB XII nicht anders gestellt werden als im Rahmen jeder anderen Vergütungsverhandlung: er muss - ggf im Rahmen der Neuverhandlungen - beabsichtigten Investitionen zustimmen oder bereits getätigte genehmigen, um nicht, auch für weitere Zeiträume, vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden (vgl zu diesem Gesichtspunkt allgemein BSGE 116, 233 ff = SozR 4-3500 § 76 Nr 1). Die geltend gemachte Unterdeckung seit 2004 ist im Anwendungsbereich des § 77 Abs 3 SGB XII jedoch schon deshalb ohne Belang, weil es insoweit an einer Änderung der Verhältnisse seit 2004 fehlt.
Diese Erwägung liegt auch dem Schiedsspruch zugrunde, in dem darauf abgestellt wurde, dass die Klägerin erst fünf Jahre nach Abschluss der Investitionskostenvereinbarung eine Erhöhung geltend gemacht habe, die behauptete Unterdeckung nicht plausibel dargelegt sei und es zudem an Anhaltspunkten dafür fehle, 2004 unter besonderem Druck zum Abschluss einer nicht kostendeckenden Vereinbarung gezwungen gewesen zu sein, sodass von einer fortbestehenden Leistungsgerechtigkeit der Vergütung auszugehen sei. Deshalb war die Schiedsstelle im Rahmen des ihr zustehenden Entscheidungsfreiraums auch berechtigt, an dem im Jahr 2004 vereinbarten Betrag festzuhalten. Selbst wenn sie zu Unrecht von einer Kündigung ausgegangen und eine Kündigung nicht Voraussetzung für Neuverhandlungen ist - es obliegt insoweit der Autonomie der Vertragsparteien, über die Aufnahme und Durchführung von Verhandlungen auch bei fortbestehender Vertragsbindung zu entscheiden -, ist im Ergebnis bei tatsächlich nicht erfolgter Kündigung erst recht nicht zu beanstanden, wenn die Schiedsstelle eine bestehende Unterdeckung nicht zum Anlass nimmt, die Vergütung neu festzusetzen. Dies gilt in besonderer Weise, wenn und weil sich der Beklagte gerade auf den Inhalt der bestehenden Vereinbarung beruft.
Eine neue Prüfung wäre nur nach einer Kündigung der Vereinbarung vom März 2004 erforderlich geworden. Denn ist eine Unterdeckung auf eine von Anfang an fehlerhafte oder bewusst gestaltete Kalkulation zurückzuführen, handelt es sich um Gesichtspunkte, die nach der gesamten Struktur der §§ 75 ff SGB XII im Verantwortungsbereich des Leistungserbringers liegen und die es rechtfertigen, ihm das Risiko der Unterdeckung jedenfalls so lange aufzuerlegen, bis die Investitionskostenvereinbarung durch Kündigung oder auf sonstige Weise beendet wird. Konsequenz des Prinzips der prospektiven Verhandlung von Vergütungen ist es zwar nicht, dass Einrichtungen auf Dauer ihre Leistungen ggf unterhalb ihrer Gestehungskosten erbringen müssen, wenn die Selbstkosten in der Vergangenheit tatsächlich höher lagen als ihrer Kalkulation zugrunde gelegt wurde (BVerwGE 108, 47, 53 f). Doch ist die tatsächliche Höhe der in der Vergangenheit entstandenen Kosten dann lediglich einer von mehreren Anhaltspunkten für die prospektive Entgeltgestaltung (BVerwGE aaO). Ein Grundsatz, dass Investitionskosten refinanzierbar sein müssen, ist, anders als die Klägerin meint, dem System der §§ 75 ff SGB XII fremd und auch nicht durch die Verweisung des § 75 Abs 5 Satz 3 SGB XII auf § 82 Abs 4 SGB XI begründbar oder durch Art 12 GG geboten. Jede andere Beurteilung würde bereits dem Gebot der prospektiven Vergütungsverhandlung, das gerade das Prinzip der Selbstkostendeckung mit seinem nachträglichen Ausgleich von Überschüssen und Fehlbeträgen abgelöst hat (vgl § 77 Abs 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB XII), ad absurdum führen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 1, § 162 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 63 Abs 2, 52 Abs 1, 47 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 Gerichtskostengesetz.