Entscheidungsdatum: 28.08.2013
Mit der Genehmigung der Anstellung von Ärzten in Job-Sharing-Verhältnissen verbundene Abrechnungsobergrenzen können auch rückwirkend neu festgesetzt werden.
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. Oktober 2011 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Im Streit steht eine rückwirkende Erhöhung der Abrechnungsobergrenzen bei Anstellung einer Ärztin für den Zeitraum 1.4.2005 bis zum 31.12.2006.
Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis (jetzt: Berufsausübungsgemeinschaft), die im hier maßgeblichen Zeitraum aus zwei Fachärzten für Innere Medizin bestand, von denen der eine zum hausärztlichen, der andere zum fachärztlichen Versorgungsbereich zugelassen war. Mit Bescheid vom 27.8.1999 genehmigte der Zulassungsausschuss gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V iVm den Angestellte-Ärzte-Richtlinien (AÄRL) die Beschäftigung der Fachärztin für Innere Medizin Dr. D als ganztags angestellte Ärztin in der Praxis der Klägerin; das Beschäftigungsverhältnis endete zum 31.12.2006. Zugleich setzte der Zulassungsausschuss als Abrechnungsobergrenzen quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumina fest; diese betrugen 2.857.108,0 Punkte für das 1. Quartal, 2.624.257,3 Punkte für das 2. Quartal, 2.985.079,9 Punkte für das 3. Quartal und 3.085.633,7 Punkte für das 4. Quartal. Nach den Feststellungen des LSG wurden die Abrechnungsobergrenzen in der Folgezeit anhand der Anpassungsfaktoren nach Nr 3.4 AÄRL pro Quartal um rund 700.000 Punkte und wegen der Punktzahlsteigerungen der den Gebührenordnungspositionen für Koloskopien ab dem Quartal II/2005 um 324.581,0 Punkte erhöht.
Mit Bescheid vom 27.10.2006 forderte die zu 1. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) von der Klägerin wegen Überschreitung der Abrechnungsobergrenzen um insgesamt 2.084.639,8 Punkte in den Quartalen I/2005 bis IV/2005 26 052,86 Euro zurück (die Rückforderung ist Gegenstand eines gesonderten Klageverfahrens). Am 7.11.2006 beantragte die Klägerin beim Zulassungsausschuss die Neufestsetzung der Abrechnungsobergrenzen in Bezug auf die Anstellung von Dr. D - rückwirkend zum 1.4.2005 - und begründet dies damit, der Anstieg ihres Abrechnungsvolumens sei bei gleichbleibender Scheinzahl vorwiegend auf die strukturellen Änderungen in der neuen Gebührenordnung (EBM 2000plus) zurückzuführen. Mit Bescheid vom 28.12.2006 lehnte der Zulassungsausschuss den Antrag mit der Begründung ab, rückwirkend könne eine höhere Abrechnungsobergrenze nicht genehmigt werden, da eine solche Entscheidung wegen ihres Statuscharakters nur in die Zukunft gerichtet sein könne und die Angestellte Dr. D seit dem 1.1.2007 nicht mehr in der Praxis der Klägerin beschäftigt sei. Der beklagte Berufungsausschuss wies den hiergegen erhobenen Widerspruch mit der Begründung zurück, die Voraussetzungen für die Neubestimmung der quartalsbezogenen Gesamtpunktzahlvolumina lägen nicht vor. Die mit dem neuen einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) verbundenen Strukturänderungen wirkten sich bei der Praxis der Klägerin nicht aus; vielmehr habe das Anwachsen der Gesamtpunktzahlen seine Ursache in nicht unerheblichen Fallzahlsteigerungen im präventiven Bereich (Widerspruchsbescheid vom 12.7.2007).
Klage und Berufung der Klägerin sind erfolglos geblieben (Urteil des SG vom 30.6.2010, Urteil des LSG vom 26.10.2011). Während das SG seine Entscheidung damit begründet hat, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erhöhung der Gesamtpunktzahlvolumina, weil die Änderung des EBM-Ä keine spürbaren Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlagen gehabt habe, hat das LSG ausgeführt, der Klägerin stehe schon aus Rechtsgründen kein Anspruch auf eine rückwirkende Erhöhung der Abrechnungsobergrenzen zu. Zum einen stelle die Genehmigung des Angestelltenverhältnisses einschließlich der Festsetzung der Abrechnungsobergrenzen einen statusbegründenden Verwaltungsakt dar, der keine Rückwirkung entfalte; deswegen sei auch eine Abänderung der Abrechnungsobergrenzen mit Rückwirkung ausgeschlossen. Zum anderen folge auch aus dem Wortlaut der Nr 3.3 Satz 2 AÄRL, dass die Festsetzung einer Abrechnungsobergrenze nicht für die Vergangenheit aufgehoben werden könne. Hierbei handele es sich um einen Dauerverwaltungsakt. Bei wesentlichen Änderungen ermögliche Nr 3.3 Satz 2 AÄRL eine Neufestsetzung, doch folge aus dem Antragserfordernis, dass diese auf die Zukunft gerichtet sei, da eine ausdrückliche Regelung bezüglich einer Rückwirkung fehle. Der Zulassungsausschuss habe daher zu Recht darauf abgestellt, dass höhere Abrechnungsobergrenzen nur für die Zukunft beansprucht werden könnten und es infolge der Beendigung des Angestelltenverhältnisses zum 31.12.2006 einer solchen Entscheidung nicht mehr bedürfe. In der Sache sei der Klägerin einzuräumen, dass sich eine wirklich überzeugende Erklärung für die erhöhten Punktzahlanforderungen in den Akten nicht finden lasse. Ein aussagekräftiger Leistungsvergleich könne aber nur durch eine Transcodierung der in den Quartalen II/2004 bis IV/2004 von der Klägerin abgerechneten Leistungen auf das Bewertungssystem des ab dem 1.4.2005 geltenden EBM-Ä erbracht werden.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von Bundesrecht. Das Urteil des LSG beruhe auf einer fehlerhaften Anwendung des § 23e Satz 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL) (der Nachfolgevorschrift zu Nr 3.4 AÄRL). Die Norm enthalte keine zeitlichen Vorgaben; es gälten somit die allgemeinen Regelungen. Nach § 44 Abs 2 Satz 2 SGB X könne ein rechtswidriger, nicht begünstigender Verwaltungsakt - dies sei eine Leistungsbegrenzung - auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Die Leistungsbegrenzung werde dann rechtswidrig, wenn - wie hier - auf Grund einer Änderung des EBM-Ä die Berechnungsgrundlagen verändert worden seien und mithin Anspruch auf eine Neuberechnung bestehe. Für die Möglichkeit einer rückwirkenden Anpassung spreche auch § 23f BedarfsplRL, welcher die Anpassung der Gesamtpunktzahlvolumen an die Entwicklung der Fachgruppe regele. Schließlich lege auch der Sinn des § 23e Satz 2 BedarfsplRL die Möglichkeit einer rückwirkenden Anpassung der Gesamtpunktzahlvolumina nahe. Wenn ein Antrag nach § 23e Satz 2 BedarfsplRL nicht zu einer rückwirkenden Änderung führen könnte, müsste die Praxis bei jeder sich abzeichnenden Änderung des EBM-Ä oä schon im Voraus die Neuberechnung der Gesamtpunktzahlvolumina beantragen. Andernfalls müsste ein Vertragsarzt über einen Zeitraum von mehreren Quartalen eine rechtswidrig gewordene Leistungsbeschränkung noch hinnehmen; dies widerspräche jedoch der Intention des § 23e BedarfsplRL, der solche Härten gerade vermeiden wolle.
Einer rückwirkenden Änderung stehe auch die Rechtsprechung des BSG zur "ex nunc"-Wirkung von statusbegründenden Verwaltungsakten nicht entgegen. Die Reichweite einer statusbegründenden Entscheidung erstrecke sich nicht auf die mit der Anstellungsgenehmigung zu verbindende Leistungsbeschränkung. Eine statusbegründende Entscheidung umfasse das "Ob" der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung; hiervon sei die Frage zu trennen, "wie" der Vertragsarzt die Leistungen, die er durch seinen erworbenen Status erbringen darf, abrechnen dürfe. Die Leistungsbegrenzung betreffe allein das Innenverhältnis zwischen dem Vertragsarzt und der KÄV, nicht aber das von der statusbegründenden Entscheidung betroffene und hiervon allein erfasste Außenverhältnis zum Patienten als Leistungsempfänger. Da die Abrechnungsobergrenze nicht Bestandteil, sondern nur Voraussetzung des Teilnahmestatus sei, könne sie - anders als der Status selbst - auch rückwirkend geändert werden.
Die zum 1.4.2005 in Kraft getretenen Änderungen des EBM-Ä hätten spürbare Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlagen der Gesamtpunktzahlvolumina gehabt, da sich die Punktzahlanforderungen ihrer Praxis mit deren Inkrafttreten schlagartig erhöht hätten. Die erhöhte Punktzahlanforderung sei auch kausal auf die Änderung des EBM-Ä zurückzuführen, da sie nicht auf erhöhten Fallzahlen beruhe und sie ihre Leistungen zum 1.4.2005 weder ausgeweitet noch sonst nennenswert verändert habe. Ihrem Anspruch stehe auch nicht entgegen, dass sie bereits gemäß § 23f BedarfsplRL an der durch die Änderung des EBM-Ä induzierten Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts teilgenommen habe, weil die sie betreffenden Auswirkungen spürbar höher seien: Die Punktzahlen der Fachgruppe hätten sich mit der Änderung des EBM-Ä um 7 % erhöht, während der Zuwachs bei ihr - der Klägerin - bei 33 % gelegen habe.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 26.10.2011 und des SG Freiburg vom 30.6.2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, über den Antrag der Klägerin auf Erhöhung des Gesamtpunktzahlvolumens mit Wirkung ab 1.4.2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Der Beklagte sowie die Beigeladene zu 1. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie halten die angefochtene Entscheidung für zutreffend und verweisen darauf, dass sich die Unzulässigkeit einer rückwirkenden Erhöhung der Gesamtpunktzahlvolumina bereits daraus ergebe, dass es sich bei der Anstellungsgenehmigung einschließlich der Festsetzung der Leistungsbeschränkung um einen statusbegründenden Verwaltungsakt handele, der keiner Rückwirkung zugänglich sei. Die Beigeladene zu 1. führt ergänzend aus, die Anstellungsgenehmigung mit Leistungsbeschränkung stelle sich als rechtliche Einheit dar; die Leistungsbeschränkung sei nicht nur Voraussetzung, sondern untrennbarer Bestandteil des Status. Nur durch sie werde erst ermöglicht, dass der Vertragsarzt trotz Zulassungsbeschränkung in einem gesperrten Bereich eine Anstellungsgenehmigung erhalten könne, und nur die dauerhafte Beschränkung rechtfertige eine solche Ausnahme für die Zeit der bestehenden Anstellung und den Umstand, dass der angestellte Arzt bei der Ermittlung des Versorgungsgrades nicht mitgerechnet werde. Daher nehme die Leistungsbeschränkung selbst an dem Statuscharakter der Genehmigung teil, wie dies das BSG überzeugend für das Verhältnis zwischen Zulassung und Vertragsarztsitz entschieden habe. Die aus der Anstellungsgenehmigung folgende Berechtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung werde quantitativ begrenzt.
Dass eine Erhöhung der Gesamtpunktzahlvolumina nicht rückwirkend gewährt werden könne, ergibt sich nach Auffassung der Beigeladenen zu 1. auch aus dem Wortlaut der Regelung. § 23e Satz 2 BedarfsplRL ermögliche eine Anpassung des Dauerverwaltungsakts an veränderte Verhältnisse iS des § 48 SGB X aufgrund von Umständen, die nach der früheren Festsetzung lägen. Anders als § 48 SGB X enthalte § 23e Satz 2 BedarfsplRL - als lex specialis hierzu - gerade kein detailliertes Regelungsmodell im Hinblick auf mögliche Aufhebungen mit Wirkung für die Vergangenheit. Auch die Regelung in § 23f BedarfsplRL spreche nicht für eine rückwirkende Anpassungsmöglichkeit, denn es handele sich nicht um eine nachträgliche Festsetzung einer Leistungsobergrenze, sondern nur um die Anpassung der Leistungsobergrenze an Veränderungen im Vergütungsregelwerk. Die Unzulässigkeit der rückwirkenden Erhöhung ergebe sich schließlich auch aus der Eigengesetzlichkeit des auf ein einzelnes Quartal ausgerichteten Gesamtvergütungssystems: Wären rückwirkende Erhöhungen möglich, müssten nicht unerhebliche Teile der Gesamtvergütung zurückgehalten oder Mittel aus der laufenden Abrechnung entnommen werden.
Die übrigen Beigeladenen haben weder Anträge gestellt noch sich sonst geäußert.
Die Revision der Klägerin ist im Sinne einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht begründet. Das LSG hat zu Unrecht angenommen, dass ein Anspruch auf rückwirkende Erhöhung der Abrechnungsobergrenzen für die Zeit vom Quartal II/2005 bis einschließlich IV/2006 schon dem Grunde nach nicht besteht.
1. Rechtsgrundlage des Korrekturbegehrens der Klägerin ist die heute in § 44 Satz 2 iVm § 60 Abs 1 Satz 2 BedarfsplRL und zuvor wortgleich in Nr 3.3 Satz 2 AÄRL bzw in § 23e Satz 2 iVm § 23k Abs 1 Satz 2 BedarfsplRL aF enthaltene Regelung, wonach auf Antrag des Vertragsarztes die Gesamtpunktzahlvolumina neu zu bestimmen sind, wenn Änderungen des EBM-Ä oder vertragliche Vereinbarungen, die für das Gebiet der Arztgruppe maßgeblich sind, spürbare Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlagen haben. Diese - vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen bzw nachfolgend dem Gemeinsamen Bundesausschuss - erlassenen Regelungen haben ihre Ermächtigungsgrundlage in § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V; sie konkretisieren die dort normierten gesetzlichen Vorgaben über die Anstellung von Ärzten in Job-Sharing-Verhältnissen.
Für die Entscheidung sind formal noch die Regelungen der bis zum 31.3.2007 geltenden AÄRL (idF vom 1.10.1997- BAnz Nr 9 S 372 vom 15.1.1998 -, zuletzt geändert am 22.10.2001 - BAnz Nr 20 S 1618 vom 30.1.2002) maßgeblich, da eine rückwirkende Erhöhung der Abrechnungsobergrenzen für den Zeitraum 1.4.2005 bis 31.12.2006 im Streit steht. Zwar sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl zB BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 5; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 2 RdNr 12; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 26; BSGE 104, 128 = SozR 4-2500 § 95 Nr 15, RdNr 29; zuletzt BSG Urteil vom 20.3.2013 - B 6 KA 19/12 R - RdNr 22, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) für das auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung - oder vergleichbare Statusentscheidungen - gerichtete Vornahmebegehren grundsätzlich alle Änderungen der Sachlage bis zur mündlichen Verhandlung in der letzten Tatsacheninstanz sowie alle Rechtsänderungen bis zum Abschluss der Revisionsinstanz zu berücksichtigen. Jedoch ist diese Rechtsprechung nicht auf den vorliegenden Fall anwendbar, weil nicht die statusrechtliche Entscheidung "Anstellungsgenehmigung" im Streit steht, sondern allein die - hiervon zu trennende (s hierzu unter 3.a.) - Höhe der Abrechnungsobergrenzen. Unabhängig davon stimmen die entscheidungserheblichen Regelungen der AÄRL, der BedarfsplRL in der ab dem 1.4.2007 geltenden Fassung sowie der BedarfsplRL in der ab 1.1.2013 geltenden Neufassung vom 20.12.2012 inhaltlich überein (nachfolgend wird wegen der besseren Lesbarkeit die aktuelle Fassung der Norm verwendet).
2. Die Klage ist zulässig. Das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin ist zunächst nicht dadurch entfallen, dass Frau Dr. D nicht mehr in deren Praxis tätig ist. Wenn die Klägerin rückwirkend eine Korrektur der Abrechnungsobergrenzen erreichen kann, profitiert sie davon auch wirtschaftlich durch das Behaltendürfen von schon ausgezahltem Honorar.
Die Klägerin hat den Antrag auf (rückwirkende) Neufestsetzung der Abrechnungsobergrenzen auch rechtzeitig gestellt, nämlich innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides der zu 1. beigeladenen KÄV über die Rückforderung des Honorars, das der Klägerin wegen des Überschreitens der Abrechnungsobergrenzen nicht zustand. Durch die innerhalb der Monatsfrist gegen den Rückforderungsbescheid der KÄV erhobenen Rechtsbehelfe hat sie die Bestandskraft dieses Bescheides verhindert; wenn der Rückforderungsbescheid bestandskräftig ist, fehlt allerdings zugleich das Rechtsschutzbedürfnis für eine rückwirkende Korrektur der Abrechnungsobergrenzen. Im Übrigen gilt für die Verzahnung von Honorarbescheid, Rückforderungsbescheid wegen Überschreitung der Abrechnungsobergrenzen und Antrag auf Korrektur dieser Grenzen Folgendes: Wenn die KÄV die Folgerungen aus einer Überschreitung der Abrechnungsobergrenzen im Honorarbescheid für das jeweilige Quartal (also quartalsgleich) zieht, und der Arzt geltend machen will, die Grenzen müssten korrigiert werden, muss er den Honorarbescheid anfechten und unverzüglich einen Korrekturantrag beim Zulassungsausschuss stellen (vgl zum insoweit ähnlichen Verhältnis von Honorarbescheid und Bescheid über das Regelleistungsvolumen BSG Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 38/11 R - RdNr 13 - zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 87b Nr 1 vorgesehen); zumindest muss er deutlich machen, dass er sich einen solchen Antrag vorbehält und nur deshalb noch nicht explizit stellen kann, weil noch nicht hinreichend belegbar ist (s hierzu unter 4.), dass er wegen der Auswirkungen von Änderungen des EBM-Ä auf seine Praxis einen Anspruch auf Anhebung der Abrechnungsobergrenzen in einem bestimmten Umfang hat. Erfolgt die Reaktion der KÄV auf eine Überschreitung der Abrechnungsobergrenzen erst lange nach Bekanntgabe des Honorarbescheides durch einen gesonderten (Richtigstellungs- und) Rückforderungsbescheid, kann der Arzt die Anfechtung des Rückforderungsbescheides mit einem Antrag an den Zulassungsausschuss auf rückwirkende Anhebung der Grenzen verbinden. So hat es die KÄV mittelbar in der Hand, zügig für Klarheit zu sorgen. Kann die KÄV wegen Ablaufs der vierjährigen Ausschlussfrist den ursprünglichen Honorarbescheid unter dem Aspekt der Überschreitung der Abrechnungsobergrenzen nicht mehr zu Lasten des Arztes korrigieren, bedarf es in der Regel auch keiner rückwirkenden Korrektur der Abrechnungsobergrenzen mehr, weil der Arzt durch ihre Überschreitung zumindest wirtschaftlich nicht beschwert ist. Ist die Ausschlussfrist für die KÄV gehemmt, gilt das entsprechend auch für die dem Arzt zur Verfügung stehende Frist für die Stellung eines - an den Zulassungsausschuss zu richtenden - Antrags auf rückwirkende Neufestsetzung der Abrechnungsobergrenzen.
3. In der Sache hat die Klägerin Anspruch darauf, dass die Zulassungsgremien prüfen, ob die Voraussetzungen für eine - rückwirkende - Erhöhung der Abrechnungsobergrenzen im Zeitraum 1.4.2005 bis 31.12.2006 vorliegen. Ein Ausschluss einer rückwirkenden Neufestsetzung ergibt sich weder aus den für Statusentscheidungen geltenden Grundsätzen (a.) noch aus den für die Neufestsetzung maßgeblichen Bestimmungen (b.); eine rückwirkende Neufestsetzung kollidiert auch nicht mit der Funktion der Abrechnungsobergrenzen (c.).
a. Entgegen der Auffassung des LSG ist eine rückwirkende Änderung der Abrechnungsobergrenzen nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil nach gefestigter Rechtsprechung des Senats eine Statusentscheidung nicht rückwirkend getroffen werden kann. Die Höhe der Abrechnungsobergrenzen wird zwar bei Job-Sharing-Zulassungen und Job-Sharing-Anstellungsgenehmigungen vom Zulassungsausschuss zusammen mit der Statusentscheidung (Zulassung, Anstellungsgenehmigung) festgesetzt, hat aber selbst keine Statusrelevanz. Die für statusbegründende Verwaltungsakte geltenden Grundsätze sind auf die Festsetzung der Abrechnungsobergrenze daher nicht übertragbar.
aa. Zutreffend ist, dass der Senat in ständiger Rechtsprechung den Grundsatz aufgestellt hat, dass statusrelevante Regelungen nicht rückwirkend, sondern nur mit Wirkung für die Zukunft getroffen werden können (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 97 Nr 3 S 5 f; BSGE 86, 121, 123 = SozR 3-5520 § 24 Nr 4 S 16; BSG SozR 4-5520 § 24 Nr 2 RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 15); dies gilt für alle Arten der Statusbegründung im Vertragsarztrecht, also auch für Genehmigungen zur Anstellung von Ärzten (BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 15 unter Hinweis auf BSG SozR 3-5525 § 32b Nr 1 S 4 ff sowie BSG SozR 4-2500 § 98 Nr 4 RdNr 11 ff). Begründet hat dies der Senat damit (zusammenfassend BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 15 f, mwN), dass das System des Vertragsarztrechts nach wie vor durch das Naturalleistungsprinzip in Verbindung mit der Beschränkung der Leistungserbringung auf einen umgrenzten Kreis dafür qualifizierter Leistungserbringer geprägt wird und mit dieser Beschränkung verbunden ist, dass diesen die Berechtigung zur Erbringung von Leistungen - abgesehen von Notfällen - förmlich zuerkannt worden sein muss. Zum Schutz aller zur Leistungserbringung Berechtigter und aus ihr Verpflichteter und insbesondere zum Schutz der Versicherten muss zu Beginn einer vertragsärztlichen Behandlung feststehen, ob die zu erbringenden Leistungen innerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung durchgeführt werden oder als privatärztliche Leistungen anzusehen und zu vergüten sind (BSG aaO RdNr 16 unter Hinweis auf BSG SozR 3-1500 § 97 Nr 3 S 6, BSGE 83, 128, 132 = SozR 3-2500 § 116 Nr 17 S 86, BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 25). Ebenfalls zu Beginn einer Behandlung muss auch Gewissheit über die Befugnis des Arztes gegeben sein, die Durchführung erforderlicher diagnostischer oder therapeutischer Leistungen durch andere Ärzte oder ärztlich geleitete Einrichtungen mittels Überweisung zu veranlassen. Dasselbe gilt für Verordnungen und Anordnungen des Arztes, soweit dadurch andere, nichtärztliche Leistungserbringer ihrerseits befugt werden, in Ausführung des gesetzlichen Auftrags der Krankenkassen gegenüber deren Versicherten spezifische Leistungen zu erbringen (BSG aaO). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.
bb. Der Festsetzung der Abrechnungsobergrenze kommt jedoch keine Statusrelevanz in dem Sinne zu, dass sie untrennbarer Bestandteil der statusrechtlichen Entscheidung über die Zulassung im Job-Sharing-Verhältnis bzw über die Genehmigung der Angestelltentätigkeit ist (aA LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 26.5.2010 - L 3 KA 107/07 - Juris RdNr 31; SG Marburg Urteile vom 23.2.2011 - S 12 KA 605/10 - Juris RdNr 37 und 46 und vom 14.3.2012 - S 12 KA 741/11 - Juris RdNr 29 f; Pawlita in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 101 RdNr 161). Die Festsetzung der Abrechnungsobergrenzen ist nicht so eng mit der Zulassung eines weiteren Vertragsarztes bzw der Genehmigung der Anstellung im Rahmen des Jobsharings verknüpft, dass sie in ihrer rechtlichen Wirkung am Statuscharakter der Entscheidung teilnimmt.
Außer Zweifel steht allerdings, dass eine Anstellungsgenehmigung im Job-Sharing-Verhältnis nicht ohne die gleichzeitige Festlegung einer Leistungsbeschränkung - sowie deren (grundsätzliche) Fortgeltung bis zur Beendigung der Angestelltentätigkeit - erteilt werden darf. Zum einen gibt bereits § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V vor, dass der Gemeinsame Bundesausschuss in Richtlinien Regelungen über die Anstellung von Ärzten zu beschließen hat, und dies die Verpflichtung des Vertragsarztes zu einer Leistungsbegrenzung beinhaltet, die den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich überschreitet. Zum anderen könnte es zu einer "Zweckverfehlung" kommen, wenn das rechtliche Schicksal der Leistungsbeschränkung von der Anstellungsgenehmigung völlig unabhängig wäre. Die Leistungsbeschränkung dient der Realisierung der gegenläufigen Ziele, einerseits weiteren Ärzten den Zugang zum System der vertragsärztlichen Versorgung zu ermöglichen und andererseits eine Leistungsausweitung zu verhindern (so schon LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 26.5.2010 - L 3 KA 107/07 - Juris RdNr 34). Die angestrebte Verhinderung einer Leistungsausweitung wäre allerdings nur dann in Frage gestellt, wenn durch eine isolierte Anfechtung der Abrechnungsobergrenzen eine vollständige Aufhebung der Leistungsbeschränkung - bei gleichzeitigem Fortbestand der Anstellungsgenehmigung - erreicht werden könnte. Diese Rechtsfolge ist jedoch aus materiell-rechtlichen Gründen - keine Anstellung ohne Leistungsbeschränkung - ausgeschlossen. Die bloße Veränderung (Erhöhung oder Absenkung) der Abrechnungsobergrenzen tangiert die genannten Ziele jedoch nicht. Die Anstellungsgenehmigung erfordert nur eine Leistungsbeschränkung als solche; wie diese konkret ausgestaltet ist, ist - vom (hier nicht relevanten) Fall einer willkürlich zu hoch angesetzten Abrechnungsobergrenze abgesehen - für die Statusentscheidung unerheblich.
Es besteht auch ansonsten kein Bedürfnis, die in der Rechtsprechung des BSG dargelegten Besonderheiten bzw Rechtsgrundsätze für Statusentscheidungen auf die Festlegung bzw Neufestsetzung von Abrechnungsobergrenzen zu erstrecken. Die Abrechnungsobergrenzen regeln nicht das "Außenverhältnis" zum Patienten (bzw zu den Krankenkassen), sondern das "Abrechnungsverhältnis" zur KÄV. Sie betreffen, wie es schon ihre Bezeichnung nahelegt, nicht die Berechtigung des Arztes, gegenüber Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) Leistungen zu erbringen, sondern begrenzen allein den Umfang der Leistungen, die gegenüber der KÄV abrechnungsfähig sind. In diesem Sinne definiert auch der Gemeinsame Bundesausschuss in den maßgeblichen Regelungen die Abrechnungsobergrenze als "Gesamtpunktzahlvolumina …, welche bei der Abrechnung … als Leistungsbeschränkung (Obergrenze) maßgeblich sind" (vgl Nr 3.1 Satz 1 AÄRL; weitgehend gleichlautend § 23c Satz 1 BedarfsplRL aF und § 42 Abs 1 Satz 1 BedarfsplRL nF).
Mit der Genehmigung der Anstellung ist eine förmliche Zuerkennung der Teilnahmeberechtigung im Sinne der statusrechtlichen Rechtsprechung des Senats erfolgt; damit steht fest, dass der angestellte Arzt zur Teilnahme an der Versorgung berechtigt ist. Der im Rahmen des Jobsharings angestellte Arzt (wie auch der zugelassene Partner) darf vertragsärztlich tätig werden und muss die Leistungsbeschränkungen nach § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 und 5 SGB V beachten. Auch bei Überschreitungen der Grenzen bleiben die Behandlungen der Versicherten jedoch vertragsärztliche Leistungen, für die allerdings nur begrenztes Honorar gewährt wird. Eine im Rahmen des Job-Sharings erteilte, mit der Festsetzung von Abrechnungsobergrenzen verbundene Anstellungsgenehmigung (oder Zulassung) hat nicht zur Folge, dass der betroffene Arzt nur über eine entsprechend begrenzte Berechtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung verfügt. Vielmehr ist er auch dann (weiterhin) zur Behandlung gesetzlich krankenversicherter Patienten berechtigt, wenn er mit weiteren Behandlungen seine Abrechnungsobergrenze überschreiten würde.
Der Umstand, dass § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V (wie auch die Nr 4 der Vorschrift) von "Leistungsbegrenzung" spricht, ist nicht in dem Sinne zu verstehen, dass sich die Begrenzung auch auf die "Erbringung" der Leistungen - statt allein auf ihre "Abrechnung" - erstreckt. Der Gesetzgeber verwendet den Begriff "Leistungsbegrenzung" im allgemeineren - unspezifischen - Sinne, da - aus seiner Sicht - keine Notwendigkeit besteht, zwischen Erbringung und Abrechnung der Leistungen zu differenzieren. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass ein Arzt Leistungen, die er nicht vergütet erhält, auch nicht erbringen wird, sofern er die Erbringung beeinflussen kann; ein Abrechnungsausschluss wirkt zwangsläufig auf die Erbringung der Leistungen ein. Für eine Beschränkung der "Leistungsbegrenzung" auf einen Abrechnungsausschluss (zur abweichenden Rechtslage - iS eines Erbringungsverbots - bei Nichterfüllung von Qualifikationsanforderungen vgl BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 18 ff) spricht auch deren Zweck. Die durch Art 1 Nr 35 des Zweiten Gesetzes zur Neuordnung von Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der gesetzlichen Krankenversicherung (2. GKV-Neuordnungsgesetz <2. GKV-NOG> vom 23.6.1997, BGBl I 1520, 1527) eingeführten Regelungen in § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 und 5 SGB V dienen der Flexibilisierung, "ohne mit diesen Regelungen die Gefahr einer Leistungsausweitung auszulösen" (vgl Ausschussbericht zum 2. GKV-NOG, BT-Drucks 13/7264 S 65). Die zusätzliche Zulassung eines Job-Sharing-Arztes (bzw die entsprechende Genehmigung der Anstellung) sollte weitgehend kostenneutral gestaltet werden (Zeller/Zalewski in Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, Stand August 2010, SGB V § 101 RdNr C 101-12). Im Fokus stand damit die finanzielle Stabilität der GKV; für diese ist es aber - grundsätzlich - ohne Bedeutung, ob bestimmte Leistungen erbracht werden, wenn damit keine (zusätzliche) Vergütung verbunden ist.
Gegen die Annahme, dass die Abrechnungsobergrenzen zugleich die Teilnahmeberechtigung des Arztes begrenzen, sprechen im Übrigen auch die hieraus resultierenden Konsequenzen. Durch die allein zukunftsgerichtete Wirkung von Statusentscheidungen soll nach der Senatsrechtsprechung vermieden werden, dass Ungewissheit darüber besteht, ob der Arzt Leistungen innerhalb des Systems der GKV erbringt oder veranlasst. Hätte jedoch eine Überschreitung der Abrechnungsobergrenzen zur Folge, dass damit eine "Suspendierung" der Teilnahmeberechtigung des angestellten Arztes für den Rest des Quartals verbunden wäre, träte genau der Fall ein, der nicht eintreten soll: Der - ggf bereits im Laufe des Quartals wiederholt von diesem Arzt behandelte - Versicherte würde nunmehr von einem Arzt behandelt werden, den er nicht (mehr) in Anspruch nehmen dürfte; auch die von diesem Arzt ausgestellten Überweisungen und Verordnungen wären unwirksam.
Hinzu kommt, dass ein aus der Überschreitung einer Abrechnungsobergrenze resultierendes "Leistungserbringungsverbot" vom angestellten Arzt kaum einzuhalten wäre. Unzulässig wäre dann bereits diejenige Leistung, bei deren Erbringung die Abrechnungsobergrenze um nur einen Punkt überschritten würde; wann dies der Fall ist, ist selbst mit guter Praxis-Software nicht im Vorwege sicher feststellbar. Umso mehr gilt dies, wenn sich die maßgeblichen Abrechnungsgrundlagen geändert haben. Es dürfte daher regelhaft zur Erbringung von Leistungen kommen, die nach dieser Sichtweise unzulässig wären. Umgekehrt dürfte selbst die KÄV nicht sicher feststellen können, welche (Einzel-)Leistungen noch zulässiger Weise erbracht werden durften und welche nicht mehr. Weitere Zuordnungsschwierigkeiten ergeben sich, wenn es durch nachträgliche sachlich-rechnerische Richtigstellungen oder Wirtschaftlichkeitsprüfungen bei anderen Leistungen zu einer Verringerung der Gesamtpunktzahlvolumina der Praxis kommt, sodass weitere Leistungen nachträglich "zulässig" würden.
Handelt es sich somit bei der Festsetzung der Abrechnungsobergrenzen um eine von der Teilnahmeberechtigung und damit von der Statusentscheidung zu trennende Regelung, schließt dies nicht aus, dass gegen Ärzte, die systematisch ihre gegenüber dem Zulassungsausschuss übernommene Verpflichtung zur Leistungsbeschränkung verletzen, disziplinarisch vorgegangen werden kann (vgl Schallen, Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, Vertragszahnärzte, Medizinische Versorgungszentren, Psychotherapeuten, 8. Aufl 2012, § 16b Ärzte-ZV RdNr 172). Dies setzt allerdings voraus, dass die Überschreitung der Abrechnungsobergrenzen auf eine Leistungsausweitung und nicht lediglich auf eine Änderung der Bewertungsgrundlagen zurückzuführen ist. Angezeigt sein könnte dies etwa dann, wenn eine Leistungsausweitung erfolgt, um zB aus Gründen des Wettbewerbs gegenüber einer anderen Praxis Patienten an sich zu binden, auch wenn damit kurzfristig kein Honorarzuwachs verbunden sein mag.
b. Weder dem § 44 Satz 2 BedarfsplRL nF noch dessen Vorgängervorschriften (Nr 3.3 Satz 2 AÄRL bzw § 23e Satz 2 iVm § 23k Abs 1 Satz 2 BedarfsplRL aF) ist ein Ausschluss der Rückwirkung zu entnehmen.
aa. Die Annahme des Berufungsgerichts, dass bereits aus dem in Nr 3.3 Satz 2 AÄRL (bzw wortgleich in § 23e Satz 2 iVm § 23k Abs 1 Satz 2 BedarfsplRL aF bzw § 44 Satz 2 iVm § 60 Abs 1 Satz 2 BedarfsplRL nF) normierten Antragserfordernis folge, dass eine Neufestsetzung auf die Zukunft gerichtet sei, trifft nicht zu. Primärer Zweck eines Antragserfordernisses ist es, ein Verwaltungsverfahren in Gang zu setzen (vgl § 18 Satz 2 SGB X). Schreibt die Norm einen Antrag vor, wird damit zugleich klargestellt, dass - einerseits - die zuständige Behörde (bzw das Selbstverwaltungsgremium) nicht von Amts wegen tätig zu werden braucht, andererseits ein Tätigwerden (im Falle der Antragstellung) nicht in ihrem Ermessen steht (vgl § 18 Satz 1 SGB X). Allerdings kann dem Antrag auch materiell-rechtliche Bedeutung für die Entstehung des Anspruchs selbst zukommen (vgl von Wulffen in ders, SGB X, 7. Aufl 2010, § 18 RdNr 3; Mutschler in Kasseler Komm, § 18 SGB X RdNr 6, Stand Einzelkommentierung April 2012 ). Nur dann, wenn dem Antrag auch materiell-rechtliche Bedeutung in dem Sinne zukommen soll, dass dieser zu den Anspruchsvoraussetzungen gehört bzw konstitutive Bedeutung hat, folgte hieraus zugleich, dass eine Rückwirkung vor die Zeit vor Antragstellung nicht in Betracht kommt (so ausdrücklich BSG SozR 4-4200 § 37 Nr 3 RdNr 22 - für Leistungen der Grundsicherung). Dies ist vorliegend nicht zu erkennen.
Welche Wirkung einem Antragserfordernis zukommen soll, ist durch Auslegung zu ermitteln. Eine materiell-rechtliche (konstitutive) Wirkung wird regelmäßig in den Fällen angenommen, in denen - wie etwa in § 37 SGB II - nicht nur ein Antragserfordernis normiert, sondern zugleich in weiteren Bestimmungen eine (ausdrückliche oder mittelbare) Verknüpfung zwischen Antragstellung und Leistungsbeginn hergestellt wird (vgl hierzu etwa BSG SozR 4-2500 § 37 Nr 2 RdNr 15 - zu § 37 SGB II -, BSG Urteil vom 30.8.1963 - 2 RU 198/62 - Juris RdNr 14 - zur Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach dem FAG -, BVerwGE 140, 103 - zu § 8 Abs 5 BerRehaG - sowie OVG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 14.12.2009 - 12 A 3325/08 - Juris RdNr 37 - zum Gehörlosengeld nach dem GHBG). Eine entsprechende Regelung fehlt vorliegend jedoch. Zudem besteht hier der offensichtliche Zweck des Antragserfordernisses darin, den Zulassungsgremien Kenntnis von den für eine Neufestsetzung der Abrechnungsobergrenzen erforderlichen Veränderungen im Leistungsgeschehen der jeweiligen Arztpraxis zu vermitteln. Dass dem Antrag zugleich konstitutive Bedeutung zukommen soll, ist nicht erkennbar.
bb. Der Umstand, dass die maßgebliche Rechtsgrundlage keine ausdrückliche Regelung bezüglich einer Rückwirkung enthält, steht einer rückwirkenden Erhöhung der Abrechnungsobergrenzen nicht entgegen. Einer derartigen ausdrücklichen Regelung bedarf es nicht. Im Gegenteil spricht die Grundentscheidung des Gesetzgebers, dass die Behörde bei wesentlichen Änderungen zugunsten des Betroffenen den Dauerverwaltungsakt im Regelfall mit Wirkung für die Vergangenheit aufheben soll (vgl § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB X), dafür, dass es einer ausdrücklichen Regelung bedürfte, wenn in derartigen Fällen eine rückwirkende Korrektur ausgeschlossen sein sollte. Nichts anderes gilt für das Argument, dass Nr 3.3 Satz 2 AÄRL (bzw die entsprechenden Regelungen der BedarfsplRL) - anders als § 48 SGB X - kein detailliertes Regelungsmodell bezüglich vergangenheitsbezogener Änderungen enthalte.
c. Die Möglichkeit einer rückwirkenden Erhöhung der Abrechnungsobergrenzen kollidiert auch nicht mit deren Funktion in überversorgten Planungsbereichen. Von § 44 Satz 2 BedarfsplRL erfasst ist vor allem die Konstellation, dass die Punktmenge einer Praxis bei tendenziell gleichbleibender Fallzahl und unveränderter Behandlungsausrichtung steigt, etwa wegen Erhöhung von Punktzahlen für solche Leistungen, die für diese Behandlungsausrichtung prägend sind. Die Klägerin begehrt nicht die nachträgliche Billigung einer von ihr eigenmächtig unter Außerachtlassung der festgesetzten Abrechnungsobergrenzen vorgenommenen Mengenausweitung, sondern eine Berücksichtigung der (möglichen) Auswirkungen, die eine Änderung des EBM-Ä "auf die Berechnungsgrundlagen" gehabt hat. Wenn eine Änderung des EBM-Ä zu einer Höherbewertung von Leistungen führt, die von der betreffenden Arztpraxis häufiger - insbesondere häufiger als von den übrigen Praxen der Arztgruppe - abgerechnet werden, führt dies zwangsläufig zu einer Ausweitung der in Punktzahlen ausgedrückten "Leistungsmenge" (Gesamtpunktzahlvolumina), ohne dass sich die Anzahl der erbrachten Leistungen verändert hat. Aber auch dann, wenn im Zuge einer Änderung des EBM-Ä neu abrechenbare Leistungen eingeführt werden, ist die zusätzliche Erbringung und Abrechnung derartiger Leistungen ebenfalls Folge der EBM-Änderung und nicht einer arztinduzierten Leistungsausweitung. Jedenfalls in Fällen einer (allein) durch eine Änderung des EBM-Ä bewirkten Änderung der Berechnungsgrundlagen steht der Sinn und Zweck der Abrechnungsobergrenzen, eine Ausweitung der Leistungsmenge zu verhindern, einer Anpassung ex tunc nicht nur nicht entgegen, sondern legt die - zwangsläufig rückwirkende - Anpassung an die neuen Bedingungen vielmehr nahe. Die gebotene Leistungsbeschränkung wird durch eine rückwirkende Anpassung nicht beeinträchtigt, sondern im Gegenteil zielgenauer.
Für eine Anpassung der Abrechnungsobergrenzen ex tunc sprechen zudem verwaltungspraktische Erwägungen. Wäre jede rückwirkende Erhöhung der Abrechnungsobergrenzen ausgeschlossen, wären Ärzte gezwungen, zeitgleich mit Inkrafttreten einer potentiell punktzahlerhöhenden Änderung des EBM-Ä vorsorglich einen Antrag auf Neufestsetzung der Abrechnungsobergrenzen zu stellen, sofern auch nur die vage Möglichkeit besteht, dass die Änderung relevante Auswirkungen auf die Praxis haben könnte. Dies wäre nicht allein im Hinblick auf die dem Arzt obliegende Pflicht zur Substantiierung seines Begehrens (s hierzu unter 4.) problematisch, sondern würde auch unnötige Verwaltungsverfahren produzieren, welche wiederum, da die Auswirkungen noch nicht feststellbar wären, zunächst "ausgesetzt" werden müssten: Von § 44 Satz 2 BedarfsplRL (bzw den gleichlautenden Vorgängerregelungen) sind nur praxisspezifische Auswirkungen von Änderungen des EBM-Ä erfasst; Änderungen im Vergütungssystem, die Auswirkungen auf die gesamte Arztgruppe haben, werden typischerweise durch die Dynamisierungsregelung des § 45 BedarfsplRL berücksichtigt. Ob und in welchem Umfang sich bei sonst - also hinsichtlich Fallzahl und Behandlungsausrichtung - unverändertem Praxiszuschnitt durch Änderungen des EBM-Ä Auswirkungen auf seine Praxis ergeben, die - im Sinne einer erheblichen Erhöhung der abgerechneten Punkte - für § 44 Satz 2 BedarfsplRL relevant sind und eine Neufestsetzung rechtfertigen bzw gebieten, kann der Arzt häufig erst nach Vorliegen des ersten Quartalshonorarbescheides nach der Änderung - also in der Regel im vierten Monat nach Abschluss des betreffenden Quartals - erkennen. Bisweilen - namentlich bei quartalsweise schwankenden Abrechnungswerten - bedarf es der Kenntnis einiger Quartalsabrechnungen, um solche Auswirkungen verlässlich unter Ausschluss von Zufallsfaktoren beurteilen zu können.
Weiter ist zu berücksichtigen, dass der betroffene Arzt (bzw die Berufsausübungsgemeinschaft) es bei einem Ausschluss rückwirkender Änderungen - unabhängig vom Zeitpunkt der Antragstellung - hinnehmen müsste, dass wegen der unvermeidlichen Dauer des Verfahrens vor dem Zulassungsausschuss auch gebotene Korrekturen ihm (bzw ihr) nur mit deutlicher Verzögerung zu Gute kommen können. Wäre die Annahme des LSG zutreffend, dass auch eine Neufestsetzung der Abrechnungsobergrenze Statusrelevanz besäße, wäre selbst eine Rückwirkung der Korrektur auf den Zeitpunkt der Antragstellung ausgeschlossen, weil - wie oben (unter 3a.aa.) dargelegt - statusrelevante Regelungen nicht rückwirkend, sondern nur mit Wirkung für die Zukunft getroffen werden können.
Die von der Beigeladenen zu 1. angeführte Gefahr von Honorarverwerfungen erfordert keine andere Betrachtung. Abgesehen davon, dass sich Auswirkungen auf die Honorarverteilung bereits durch die - im Vergleich zur Gesamtzahl der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte - vergleichsweise geringe Zahl an Job-Sharing-Verhältnissen relativieren dürften, sind derartige unvermeidbare Auswirkungen - nicht anders als Korrekturen aufgrund von Honorarverteilungsregelungen, die sich nachträglich als rechtswidrig erwiesen haben - hinzunehmen.
4. Da eine rückwirkende Erhöhung der Abrechnungsobergrenzen somit nicht bereits aus Rechtsgründen ausgeschlossen ist, das LSG jedoch zu den damit klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Gesichtspunkten - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine ausreichenden Feststellungen getroffen hat, ist der Rechtsstreit gemäß § 170 Abs 2 Satz 2 SGG an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht wird die erforderlichen Feststellungen nunmehr zu treffen und bei seiner abschließenden Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Der Senat weist klarstellend darauf hin, dass er an seiner Rechtsprechung festhält, dass Anträge auf Erhöhung der Abrechnungsobergrenzen substantiiert sein müssen (s BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 1/12 R -
RdNr 36 ff, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 101 Nr 14 vorgesehen). Der Arzt muss genau darstellen, wie sich bei konstanter Fallzahl und konstanter Behandlungsausrichtung eine Änderung des EBM-Ä ausgewirkt hat. Dem hat die Klägerin hier nach dem Urteil des LSG entsprochen: Das Gericht selbst äußert die Vermutung, dass insoweit ein Zusammenhang bestehen kann. Ob das tatsächlich der Fall ist und in welchem Umfang dem durch eine Anhebung der Abrechnungsobergrenze der Praxis der Klägerin Rechnung zu tragen ist, wird das LSG in dem nach der Zurückverweisung wieder eröffneten Berufungsverfahren zu klären haben. Dem Beklagten, der das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Änderung in der Sache geprüft und verneint hat, kommt insoweit kein Beurteilungsspielraum zu, so dass seine Entscheidung vom LSG auf ihre Richtigkeit zu prüfen und nicht vom Senat wegen eventueller Fehler bei Anwendung eines Beurteilungsspielraums aufzuheben ist.