Bundessozialgericht

Entscheidungsdatum: 08.05.2012


BSG 08.05.2012 - B 5 R 48/12 B

Nichtzulassungsbeschwerde - sozialgerichtliches Verfahren - rechtliches Gehör - grundsätzliche Bedeutung


Gericht:
Bundessozialgericht
Spruchkörper:
5. Senat
Entscheidungsdatum:
08.05.2012
Aktenzeichen:
B 5 R 48/12 B
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend SG Berlin, 29. Januar 2008, Az: S 32 R 1363/06vorgehend Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, 14. Dezember 2011, Az: L 33 R 1288/08, Urteil
Zitierte Gesetze

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. Dezember 2011 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Gründe

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Mit Urteil vom 14.12.2011 hat LSG Berlin-Brandenburg einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsminderung ab dem 1.11.2005 verneint.

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Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung wurde Beschwerde zum BSG eingelegt. In der Beschwerdebegründung werden Verfahrensmängel geltend gemacht.

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Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil kein Zulassungsgrund ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).

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Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

        

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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),

        

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das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder

        

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ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).

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Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.

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Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht.

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1. Die Klägerin rügt, das LSG habe ihren Hilfsbeweisantrag verfahrensfehlerhaft übergangen,

        

"ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten nach § 109 SGG von Herrn Dr. G.-J. F. einzuholen."

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Sie übersieht jedoch, dass eine Nichtzulassungsbeschwerde nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG auf eine Verletzung des § 109 SGG unter keinen Umständen gestützt werden kann (BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 4 RdNr 3). Dieser Ausschluss gilt ausnahmslos für jede fehlerhafte Anwendung des § 109 SGG (vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 9; SozR 1500 § 160 Nr 34) und kann auch nicht mit dem Argument umgangen werden, das LSG verletze das "verfassungsmäßig abgesicherte rechtliche Gehör nach § 62 SGG und Art 103 Abs 1 GG", wenn es solche Anträge ignoriere. Darin liegt keine Missachtung von Art 103 Abs 1 GG. Vielmehr ist es gerade mit Blick auf das Amtsermittlungsprinzip (§ 103 SGG) verfassungsrechtlich unbedenklich, von einer Revisionszulassung grundsätzlich alle Entscheidungen auszunehmen, die eine fehlerhafte Anwendung des § 109 SGG aufweisen, unabhängig davon, worauf dieser Verfahrensmangel im Einzelnen beruht (BVerfG SozR 1500 § 160 Nr 69; Senatsbeschluss vom 25.5.2009 - B 5 R 126/09 B - Juris RdNr 6 sowie BSG Beschluss vom 7.3.2000 - B 9 V 75/99 - Juris RdNr 3; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 160 RdNr 17b).

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2. Sollte die Klägerin gleichzeitig Verstöße gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) geltend machen wollen, bezieht sie sich jedenfalls nicht schlüssig auf einen "Beweisantrag" iS des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG. Ihr Antrag "nach § 109 SGG" enthält schon wegen der ausdrücklichen Bezugnahme auf diese Vorschrift keinesfalls automatisch einen (subsidiären) Antrag gemäß § 103 SGG, ein Sachverständigengutachten von Amts wegen (§ 106 Abs 3 Nr 5 SGG) einzuholen (vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 4 RdNr 4; BSG Beschluss vom 3.5.2007 - B 2 U 102/07 B - Juris RdNr 3; BSG SozR 1500 § 160 Nr 67). Vielmehr kann ein rechtskundig vertretener Beschwerdeführer mit der Behauptung, sein Antrag nach § 109 SGG habe zugleich auf eine weitere Beweiserhebung von Amts wegen abgezielt, nur gehört werden, wenn er dies bei der Antragstellung eindeutig zum Ausdruck gebracht hat (BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 4 RdNr 4; vgl auch BSG Beschluss vom 5.1.2000 - B 9 SB 46/99 B - HVBG-Info 2000, 592). Die Klägerin zeigt jedoch nicht auf, dass und inwiefern dies bei ihrem Antrag "nach § 109 SGG" der Fall gewesen sein könnte.

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3. Soweit sie dem Berufungsgericht schließlich mehrfach "eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung" vorwirft, handelt es sich dabei nach dem sachlichen Gehalt des Beschwerdevorbringens um keine unzulässige Beweiswürdigungsrüge iS von § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 iVm § 128 Abs 1 S 1 SGG, sondern um eine weitere Sachaufklärungsrüge (vgl dazu Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 538), die jedoch den besonderen Anforderungen des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 iVm § 103 SGG - wie bereits dargestellt - nicht gerecht wird.

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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

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Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.