Entscheidungsdatum: 25.02.2014
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. August 2013 wird als unzulässig verworfen.
Der Antrag des Klägers, ihm für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwältin N. A. in B. beizuordnen, wird abgelehnt.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
I. Der Beklagte forderte den durchgehend SGB II-Leistungen beziehenden Kläger mit drei Meldeaufforderungen vom 9.9.2011 (Meldetermin am 22.9.2011 um 8:45 Uhr), vom 20.10.2011 (Meldetermin am 31.10.2011 um 8:45 Uhr) und vom 7.11.2011 (Meldetermin am 14.11.2011 um 9:15 Uhr) auf, bei ihm zu erscheinen, um über sein Bewerberangebot bzw seine berufliche Situation zu sprechen. Das Alg II werde um 10 % des maßgebenden Regelbedarfs für die Dauer von drei Monaten gemindert, wenn er der Einladung ohne wichtigen Grund nicht folge. Die Widersprüche gegen die Meldeaufforderungen wies der Beklagte zurück (Widerspruchsbescheide vom 28.11.2011).
Der Beklagte minderte die SGB II-Leitungen für den Zeitraum vom 1.1.2012 bis 31.3.2012 um 10 % des maßgebenden Regelbedarfs, weil der Kläger trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen zu dem Meldetermin am 31.10.2012 ohne wichtigen Grund nicht erschienen sei (Bescheid vom 13.12.2011; Widerspruchsbescheid vom 31.1.2012), ebenso für den Zeitraum vom 1.2.2012 bis 30.4.2012 (Bescheid vom 13.1.2012; Widerspruchsbescheid vom 19.3.2012). Das LSG hat die Berufung gegen den klageabweisenden Gerichtsbescheid vom 15.1.2013 zurückgewiesen (Urteil vom 28.8.2013). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, ein Rechtsschutzbedürfnis für die Fortsetzungsfeststellungsklage zu der Rechtswidrigkeit der Aufforderung zur persönlichen Meldung am 9.9.2011, 20.10.2011 und 7.11.2011 fehle. Die auf Aufhebung der Bescheide vom 13.12.2011 und 13.1.2012 gerichtete Klage könne keinen Erfolg haben, weil diese rechtmäßig seien. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Absenkung des Alg II für den hier auf vier Monate begrenzten Zeitraum bestünden nicht. Das LSG hat die Revision nicht zugelassen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision und beantragt die Bewilligung von PKH.
II. Die Beschwerde ist nicht zulässig, weil die als Zulassungsgründe geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) und ein Verfahrensfehler (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht in der erforderlichen Weise dargelegt bzw bezeichnet worden sind (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 SGG zu verwerfen.
Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache lässt sich nur darlegen, indem die Beschwerdebegründung ausführt, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; BVerwG NJW 1999, 304; vgl auch: BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Der Beschwerdeführer hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und ggf des Schrifttums nicht ohne Weiteres zu beantworten ist und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im Allgemeininteresse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31).
Mit seinem Vorbringen wird der Kläger diesen Darlegungserfordernissen nicht gerecht. Er formuliert als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung: "Stellt die Sanktionierung von Empfängern von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch durch Kürzungen der Regelleistung ohne die ersatzweise Erbringung von Sachleistungen einen Verstoß gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG dar?" Nach der Entscheidung des BVerfG vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12) sei das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums dem Grunde nach unverfügbar und müsse eingelöst werden. Die Unterschreitung des in § 20 Abs 2 SGB II festgelegten Regelbedarfs durch den Gesetzgeber sei - jedenfalls sofern die Minderung nicht durch die Gewährung von Sachleistungen ausgeglichen werde - zwangsläufig ein Eingriff in das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Die aufgeworfene Frage sei bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden worden. In der rechtswissenschaftlichen Literatur überwiege die Auffassung, dass Sanktionen grundsätzlich zulässig seien. Auch in der Rechtsprechung sei die Verfassungsmäßigkeit des Sanktionsrechts bisher nicht wesentlich in Frage gestellt worden.
Mit diesem Vorbringen hat der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht ausreichend dargetan. Zwar weist er zutreffend darauf hin, dass es der Senat in seinem Urteil vom 9.11.2010 (B 4 AS 27/10 R - SozR 4-4200 § 31 Nr 6) offen gelassen hat, ob verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Absenkung des Alg II für einen auf vier Monate begrenzten Zeitraum vom 1.11.2007 bis 29.2.2008 bei einer Absenkung um 20 vH bzw 30 vH bestehen, weil im konkreten Fall ergänzende Sachleistungen "in angemessenem Umfang" angeboten worden waren. Der Kläger hat sich jedoch nicht in dem erforderlichen Umfang mit der grundsätzlichen Bedeutung der aufgeworfenen Rechtsfrage im Hinblick auf den hier konkret vorliegenden Einzelfall, insbesondere der Minderung wegen eines Meldeversäumnisses um 10 vH der Regelleistung für einen auf einige Monate befristeten Zeitraum auseinandergesetzt. Insofern hätte sich der Kläger auch mit den Aussagen des BVerfG zu einem Abzug von 10 % des Regelbedarfs über einen gewissen Zeitraum im Rahmen der Darlehensregelung (vgl nunmehr § 42a SGB II) befassen müssen. Dieses hat die Rückführung eines Darlehens zur Deckung eines unvermutet auftretenden und unabweisbaren einmaligen Bedarfs durch Einbehalt der Regelleistung in Höhe von 10 % als "vorübergehende monatliche Kürzung der Regelleistung" im Grundsatz verfassungsrechtlich nicht beanstandet (vgl BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 - juris RdNr 150).
Soweit der Kläger "die Einordnung der unterbliebenen Entscheidung des Sozialgerichts über den mit Schriftsatz vom 02. Mai 2012 klageerweiternd gestellten Antrag auf Erstattung von 221,40 € wegen der Sanktionen vom 01. Januar 2012 bis 30. April 2012 als offensichtlich versehentlich" sowie die Übertragung auf den Einzelrichter beanstandet, ist ein Verfahrensfehler nicht ausreichend bezeichnet. Insofern fehlt es bereits an einer substantiierten Darlegung der Tatsachen, aus denen sich der Mangel ergeben soll (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 160a RdNr 16 mwN). Auch reicht nicht die hier nur aufgestellte Behauptung, dass das angefochtene Urteil auf diesem Verfahrensmangel beruht.
Dem Kläger steht PKH nicht zu, weil seine Rechtsverfolgung aus den genannten Gründen keine Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a SGG). Aus diesem Grund entfällt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts.