Entscheidungsdatum: 28.09.2017
1. Ein Verwaltungsakt, mit dem die Pflicht eines Unternehmens zur Zahlung der Künstlersozialabgabe dem Grunde nach festgestellt wird (Erfassungsbescheid), ist nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil sich die Abgabepflicht aus einem anderen als dem im Bescheid angegebenen Tatbestand der die Abgabepflicht regelnden Vorschrift des Künstlersozialversicherungsgesetzes (KSVG) ergibt, wenn dem der im Wesentlichen gleiche Sachverhalt zugrunde liegt (Fortführung von BSG vom 31.8.2000 - B 3 KR 27/99 R = SozR 3-5425 § 24 Nr 19).
2. Auch hauptberuflich tätige Ärzte können in der von ihnen als Mitglied einer Ärztekammer regelmäßig ehrenamtlich ausgeübten redaktionellen Tätigkeit im Zusammenhang mit der Herausgabe des Ärzteblattes selbstständige Publizisten im Sinn des KSVG sein.
3. Bei einer auf Dauer angelegten Tätigkeit gegen eine die Grenze der Einkommensteuerfreiheit übersteigende Aufwandsentschädigung handelt es sich - auch wenn die Tätigkeit auf einem Ehrenamt beruht - um eine nicht nur gelegentliche Auftragserteilung.
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 16. Juni 2015 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 2734,98 Euro festgesetzt.
Im Streit steht die Abgabepflicht einer Landesärztekammer nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) im Zusammenhang mit der Herausgabe ihres Ärzteblattes.
Die Klägerin gibt als öffentlich-rechtliche Körperschaft das monatlich erscheinende Landesärzteblatt (im Folgenden: Ärzteblatt) heraus, in welchem sie - gemäß ihren gesetzlichen Aufgaben - Satzungen und Verordnungen veröffentlicht und über Fortbildungs- und Weiterbildungsveranstaltungen informiert. Darüber hinaus enthält das Mitteilungsblatt wissenschaftliche Fachbeiträge, Berichte über Veranstaltungen, Rezensionen, uÄ Die Redaktion besteht aus sechs Ärzten - alle Mitglieder der Klägerin -, die für die Veröffentlichungen sorgen, Beiträge aus kostenlos zugesandten Informationen, Mitteilungen, Fachbeiträgen, etc auswählen und gelegentlich selbst Artikel verfassen. Das Ärzteblatt ist der Allgemeinheit im Internet zugänglich. Die Abonnementverwaltung und Anzeigenleitung erfolgen durch einen externen Verlag.
Mit Bescheid vom 30.11.2005 stellte die beklagte Künstlersozialkasse (KSK) dem Grunde nach die Pflicht der Klägerin zur Abführung der Künstlersozialabgabe (KSA) als Herausgeberin des Ärzteblattes wegen Betreibens eines Verlages iS des § 24 Abs 1 S 1 Nr 1 KSVG fest.
Am 8.3.2006 beantragte die Klägerin die Überprüfung und rückwirkende Aufhebung dieses Bescheides gemäß § 44 SGB X iVm § 36a KSVG. Sie sei weder Verlegerin noch folge die Abgabepflicht aus dem Betreiben von Öffentlichkeitsarbeit mit nicht nur gelegentlicher Auftragserteilung an selbstständige Künstler oder Publizisten (§ 24 Abs 1 S 2 bzw Abs 2 KSVG). Die Redaktion bestehe ausschließlich aus ehrenamtlich tätigen Kammermitgliedern, die kein Entgelt erhielten, sondern lediglich eine Aufwandsentschädigung für Reisekosten und Verdienstausfall. Für zugesandte Beiträge zahle sie kein Honorar; unregelmäßig und bis maximal zweimal jährlich erteile sie Einzelaufträge an selbstständige Grafiker.
Die Beklagte lehnte den Überprüfungsantrag ab, da für eine verlegerische Tätigkeit die Vervielfältigung und Verbreitung von Druckwerken kennzeichnend sei. Unerheblich sei, ob die Klägerin öffentliche Aufgaben oder gemeinnützige Zwecke verfolge. Zum abgabepflichtigen Entgelt gehörten auch pauschale Aufwandsentschädigungen (Bescheid vom 9.3.2006; Widerspruchsbescheid vom 10.8.2006).
Das SG hat den Überprüfungsbescheid aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, ihren Feststellungsbescheid zurückzunehmen, weil die Klägerin nicht abgabepflichtig sei. Insbesondere seien die Redaktionsmitglieder nicht aufgrund eines Auftrags tätig, sondern nur ehrenamtlich im Rahmen eines freiwilligen mitgliedschaftlichen Engagements gegen Aufwandsentschädigung (Urteil vom 11.5.2010).
Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen: Die Klägerin sei abgabepflichtig, weil sie Öffentlichkeitsarbeit für ihr eigenes Unternehmen betreibe (§ 24 Abs 1 S 2 KSVG). Die Redaktionsmitglieder seien selbstständige Publizisten iS von § 2 S 2 KSVG, die für das Ärzteblatt im Rahmen eines als Auftrag zu qualifizierenden entgeltlichen Vertrages tätig würden. Die gewährte Aufwandsentschädigung sei wegen ihrer Höhe keine steuerfreie Einnahme und daher gemäß § 25 Abs 2 S 1 iVm S 2 Nr 2 KSVG als Entgelt anzusehen (Urteil vom 16.6.2015).
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von §§ 24, 25 und 2 KSVG sowie von § 44 SGB X iVm § 36a KSVG. Eine Abgabepflicht nach § 24 Abs 1 S 2 KSVG bestehe schon deshalb nicht, weil es sich bei den ehrenamtlich erbrachten Leistungen ihrer Mitglieder für das Ärzteblatt gegen Aufwandsentschädigung nicht um "Auftragserteilungen" handele. Aufträge erteile sie in diesem Zusammenhang "nur gelegentlich" an zwei Grafiker. Die Redaktionsmitglieder seien Ärzte und keine Publizisten. Jedenfalls sei aber die vorliegende Form der "Selbstvermarktung" nicht abgabepflichtig. Ungeachtet dessen habe das Vorliegen eines anderen Abgabetatbestandes als der im ursprünglichen Erfassungsbescheid angeführte § 24 Abs 1 S 1 Nr 1 KSVG "wegen Betreibens eines Verlags" aus Rechtsgründen gar nicht geprüft werden dürfen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 16. Juni 2015 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 11. Mai 2010 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend.
Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat das stattgebende Urteil des SG revisionsrechtlich beanstandungsfrei aufgehoben und die Klage abgewiesen, weil die Beklagte die Klägerin im Zusammenhang mit der Herausgabe des Ärzteblattes seit Januar 2001 zur KSA heranziehen durfte. Der entsprechende Erfassungsbescheid der Beklagten vom 30.11.2005 war daher auch im Rahmen des Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X iVm § 36a KSVG nicht von der Beklagten zurückzunehmen. Er war bei seinem Erlass rechtmäßig.
1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs 1 und 2 SGG angegriffene Überprüfungsbescheid der Beklagten vom 9.3.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides, womit die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Rücknahme des Erfassungsbescheides vom 30.11.2005 ablehnte. Mit dem Erfassungsbescheid stellte die Beklagte die Abgabepflicht der Klägerin nach § 24 KSVG seit Januar 2001 dem Grunde nach fest. Der Geltungszeitraum seit 2001 ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Verfügungssatz des Bescheides, folgt aber aus einer am objektivierten Empfängerhorizont orientierten Auslegung eines verständigen Beteiligten (vgl dazu allgemein zB BSG SozR 4-2600 § 89 Nr 3 RdNr 17 mwN; BSG SozR 4-2700 § 54 Nr 1 RdNr 14 mwN), hier insbesondere unter Berücksichtigung der im Bescheid enthaltenen Hinweise zum Meldeverfahren und dem beigefügten Meldebogen. Dieser ist für die Zeit ab 2001 auszufüllen und soll nach den darin enthaltenen Hinweisen sämtliche Jahre umfassen, die im Rahmen der Regelverjährung nach § 25 Abs 1 S 1 SGB IV noch nicht verjährt sind.
Die von der Beklagten für die Zeit ab Januar 2001 erlassenen Abrechnungsbescheide über die Höhe der KSA sind demgegenüber nicht Gegenstand des Rechtsstreits. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats darf die KSK die Abgabepflicht zunächst nur dem Grunde nach feststellen, dh sog Erfassungsbescheide erlassen, und anschließend - gesondert - über die Abgabenhöhe entscheiden (vgl zB BSGE 74, 117, 119 = SozR 3-5425 § 24 Nr 4 S 15 mwN; BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 3 S 10; Nr 11 S 62; Nr 15 S 92).
2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Erfassungsbescheides vom 30.11.2005 nach dem gemäß § 36a KSVG auch im Bereich des Künstlersozialversicherungsrechts anwendbaren § 44 Abs 1 S 1 SGB X. Die Beklagte hat weder das bei Erlass des Erfassungsbescheides geltende Recht unrichtig angewandt noch ist sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen.
Der Erfassungsbescheid ist nicht schon deswegen rechtswidrig, weil darin die Abgabepflicht zu Unrecht zunächst auf das Betreiben eines Verlages iS von § 24 Abs 1 S 1 Nr 1 KSVG durch die Klägerin gestützt wurde (hierzu a). Die Feststellung der Abgabepflicht der Klägerin dem Grunde nach ist rechtmäßig, weil sie ein Unternehmen iS von § 24 Abs 1 S 2 KSVG (Regelung für die Zeit ab 1.7.2001 idF des Zweiten Gesetzes zur Änderung des KSVG und anderer Gesetze <2. KSVG-ÄndG> vom 13.6.2001, BGBl I 1027) betreibt (hierzu b), mit der Herausgabe des Ärzteblattes iS von § 24 Abs 1 S 2 KSVG abgabepflichtige Öffentlichkeitsarbeit für Zwecke ihres eigenen Unternehmens wahrnimmt (hierzu c), dabei an selbstständige Künstler oder Publizisten (hierzu d) Aufträge (hierzu e) erteilt und dies nicht nur gelegentlich (hierzu näher f und g). Auch in der Zeit von Januar 2001 bis 30.6.2001 erfüllte sie im Zusammenhang mit der Herausgabe des Ärzteblattes die Voraussetzungen der in diesem Zeitraum geltenden alten Fassung des § 24 Abs 1 S 2 KSVG (idF durch das Gesetz zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung
a) Die Beklagte stützte die Abgabepflicht der Klägerin im Erfassungsbescheid vom 30.11.2005 zwar nur darauf, dass die Klägerin einen Verlag iS von § 24 Abs 1 S 1 Nr 1 KSVG betreibe. Dieser Tatbestand ist vorliegend allerdings nicht erfüllt. Denn nach dieser Vorschrift ist ein Unternehmer nur abgabepflichtig, wenn der wesentliche Geschäftszweck auf die Vervielfältigung und Verbreitung von Büchern, Zeitschriften oder anderen Informationsträgern (Medien) gerichtet ist (vgl dazu näher BSG SozR 4-5425 § 24 Nr 6 RdNr 22, Nr 8 RdNr 14, Nr 16 RdNr 31). Der wesentliche Geschäftszweck der Klägerin ist aber schon deshalb nicht auf die Vervielfältigung und Verbreitung des Ärzteblattes gerichtet, weil sie für diese Aufgabe einen externen Verlag einschaltete.
Dies macht allerdings den Erfassungsbescheid nicht schon rechtswidrig, denn es handelt sich insoweit nur um eine fehlerhafte Begründung, die eine Aufhebung nicht rechtfertigt, weil der - allein maßgebende - Verfügungssatz die darin gesetzlich angeordnete Abgabepflicht jedenfalls im Ergebnis richtig umsetzt (vgl dazu allgemein ähnlich bereits BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 19 S 121). Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, dass es nicht zu einer Rechtswidrigkeit des Erfassungsbescheides führt, wenn sich herausstellt, dass sich die Abgabepflicht eines Unternehmens aus einem anderen Tatbestand des § 24 KSVG ergibt, als dem im Bescheid angegebenen und der eine Abgabepflicht begründende Sachverhalt im Wesentlichen unverändert bleibt. Denn das Gericht hat einen gebundenen Verwaltungsakt grundsätzlich unter jedem rechtlich denkbaren Gesichtspunkt auf seine Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen, auch wenn er darauf nicht gestützt worden ist (vgl zB BSGE 87, 8, 11 = SozR 3-4100 § 152 Nr 9 S 29; ebenso: BSGE 107, 255 = SozR 4-4200 § 60 Nr 1, RdNr 16). Eine Grenze findet das Nachschieben bzw Austauschen von Gründen durch die Verwaltung oder das Gericht bei einem belastenden Verwaltungsakt nur dann, wenn dieser dadurch in seinem Wesen verändert wird oder der Betroffene in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt wird (BSGE 9, 277, 280; BSGE 87, 8, 12 = SozR 3-4100 § 152 Nr 9 S 31; BSG SozR 4-4200 § 60 Nr 3 RdNr 23; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 54 RdNr 35 ff). Eine solche Wesensänderung eines Verwaltungsaktes hat die Rechtsprechung des BSG angenommen, wenn dieser auf einen grundlegend abweichenden Lebenssachverhalt (vgl BSGE 38, 157, 159 = SozR 2200 § 1631 Nr 1 S 3; BSG SozR 1500 § 77 Nr 56 S 48 mwN) oder auf eine abweichende und einem anderen Zweck dienende Rechtsgrundlage gestützt wird (BSGE 107, 255 = SozR 4-4200 § 60 Nr 1, RdNr 16 mwN). Ein solcher Fall liegt hier indessen nicht vor.
Der Lebenssachverhalt, der die Erfassung zur KSA rechtfertigt, ist hier - wie im Erfassungsbescheid übereinstimmend angegeben - die Herausgabe des Ärzteblattes. Allein die Erfüllung einer anderen Tatbestandsalternative des § 24 KSVG als der im Bescheid angegebenen bewirkt weder eine Wesensänderung des Erfassungsbescheides noch wird der Betroffene dadurch in seiner Rechtsverteidigung unangemessen beeinträchtigt. Letzteres macht auch die Klägerin selbst nicht geltend. Die verschiedenen Tatbestände des § 24 KSVG dienen demselben Zweck, nämlich Unternehmen, die regelmäßig Kunst oder Publizistik vermarkten oder verwerten, aufgrund ihrer arbeitgeberähnlichen Position zur KSA heranzuziehen (vgl hierzu BVerfGE 75, 108, 159 = SozR 5425 § 1 Nr 1 S 13).
b) Die Klägerin betreibt trotz ihrer öffentlich-rechtlichen Einbindung ein Unternehmen iS des § 24 KSVG.
Der Unternehmensbegriff des KSVG ist nicht auf erwerbswirtschaftlich oder mit Gewinnerzielungsabsicht Tätige beschränkt, sondern erfasst ua auch öffentlich-rechtlich organisierte Einrichtungen, die bei der Verwertung von Kunst und Publizistik in Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe tätig werden. Denn die spezifische Solidaritäts- und Verantwortungsbeziehung zwischen selbstständigen Künstlern bzw Publizisten und den zur KSA herangezogenen Unternehmen beruht nicht auf der Erzielung von Gewinnen oder der Verfolgung erwerbswirtschaftlicher Ziele durch die Vermarktung oder Verwertung von Kunst oder Publizistik, sondern auf der arbeitgeberähnlichen Position der Kunst bzw Publizistik vermarktenden oder verwertenden Unternehmen (s erneut BVerfGE 75, 108, 159 = SozR 5425 § 1 Nr 1 S 13). Deshalb reicht es nach der ständigen Rechtsprechung des Senats aus, wenn die Kunst- bzw Publizistikverwertung im Zusammenhang mit der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe steht, die aus Haushaltszuweisungen, Beiträgen oder ähnlichen Einnahmen finanziert wird und eine gewisse Nachhaltigkeit erreicht, dh nicht nur gelegentlich erfolgt (vgl hierzu BSGE 111, 94 = SozR 4-5425 § 24 Nr 11, RdNr 27
c) Mit der Herausgabe des Ärzteblattes betreibt die Klägerin Öffentlichkeitsarbeit für ihr eigenes Unternehmen iS des § 24 Abs 1 S 2 KSVG.
Der weite Begriff der Öffentlichkeitsarbeit umfasst im Rechtssinne jedes methodische Bemühen um Verständnis und Vertrauen in der Öffentlichkeit durch Aufbau und Pflege von Kommunikationsbeziehungen (vgl BSGE 111, 94 = SozR 4-5425 § 24 Nr 11, RdNr 39; BSG SozR 4-5425 § 24 Nr 13 RdNr 19 ff; ähnlich auch Duden online, unter www.duden.de/rechtschreibung/Oeffentlichkeitsarbeit, recherchiert im September 2017: "Das Bemühen von Organisationen oder Institutionen, der Öffentlichkeit eine vorteilhafte Darstellung der erbrachten Leistungen zu geben"). In der Herausgabe einer Zeitschrift als Print- oder Online-Medium, die der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, liegt regelmäßig ein solches methodisches Bemühen. Die Klägerin präsentiert mit dem Ärzteblatt ihre Arbeit in der Öffentlichkeit; diese Zeitschrift ist zudem im Internet (unter www.aerzteblatt-mvp.de) abrufbar, so jedem Bürger zwanglos zugänglich und daher nicht etwa nur auf den Binnenkreis der Mitglieder der Klägerin beschränkt.
d) Die für das Ärzteblatt tätigen Redaktionsmitglieder sind - ungeachtet ihres Berufs als Ärzte - im Rechtssinne als selbstständige Publizisten iS des § 2 S 2 KSVG zu qualifizieren.
aa) Ihre schriftstellerische oder journalistische Tätigkeit besteht darin, dass sie selbst Berichte, Artikel, Rezensionen oder Nachrufe verfassen sowie zugesandte Berichte und Informationen prüfen und zur Veröffentlichung auswählen. Diese publizistische Tätigkeit der Redaktionsmitglieder ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht als bloßer "Annex" zur ärztlichen Tätigkeit der Betroffenen abgabefrei. Denn auch an Personen gezahlte Entgelte, die ihre künstlerische bzw publizistische Tätigkeit nicht "hauptberuflich", sondern lediglich nebenberuflich oder nur vorübergehend bzw ohne besondere Ausbildung oder Fähigkeiten ausüben, werden im Rechtssinne an selbstständige Künstler oder Publizisten geleistet und von der Abgabepflicht erfasst (BSGE 77, 21, 28 = SozR 3-5425 § 24 Nr 12 S 78 f; BSG SozR 3-5425 § 25 Nr 6 S 27
Hier üben die betroffenen Redaktionsmitglieder die publizistische Tätigkeit zwar neben ihrem Hauptberuf als Ärzte, aber nicht nur einmalig aus, sondern - wie sich schon aus der sich über lange Zeiträume erstreckenden maßgebenden Mitwirkung an einer periodisch erscheinenden Zeitschrift ergibt - mit Regelmäßigkeit und Dauerhaftigkeit.
bb) Die Betroffenen werden insoweit auch "selbstständig" tätig. Dieses Merkmal des § 25 KSVG dient der Abgrenzung von abhängig beschäftigten Künstlern oder Publizisten, deren soziale Absicherung anderweitig geregelt ist (vgl BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 10 S 59). Anhaltspunkte für eine abhängige Beschäftigung (§ 7 Abs 1 SGB IV) der ehrenamtlich tätigen Redaktionsmitglieder im Verhältnis zur klagenden Landesärztekammer haben die Beteiligten nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich.
Aus der jüngsten Rechtsprechung des 12. Senats des BSG zur (verneinten) abhängigen Beschäftigung bei der ehrenamtlichen Betätigung eines Kreishandwerksmeisters (Urteil vom 16.8.2017 - B 12 KR 14/16 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2400 § 7 Nr 31 vorgesehen - zZt der Entscheidung des Senats insoweit lediglich bekannt durch BSG-Pressemitteilung Nr 38/2017 und BSG-Terminbericht Nr 37/17 vom 16.8.2017) kann in diesem Zusammenhang nichts zugunsten der Klägerin hergeleitet werden. Zum einen betrifft das Urteil nicht die Abgabepflicht nach dem KSVG für gegen Aufwandsentschädigung selbstständig tätige ärztliche Redaktionsmitglieder im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit einer Körperschaft; zum anderen hat der Gesetzgeber in § 25 Abs 2 S 2 Nr 2 KSVG für die Zahlung von KSA mit der ausdrücklichen Bezugnahme auf steuerfreie Aufwandsentschädigungen und Einnahmen, die auf einem ehrenamtlichen Engagement beruhen, insoweit klare Regelungen getroffen.
e) Schließlich erteilt die Klägerin auch "Aufträge" iS des § 24 Abs 1 S 2 KSVG an ihre Redaktionsmitglieder.
aa) Von dem Begriff "Aufträge" sind nach der Rechtsprechung des Senats alle "entgeltlichen" Verträge umfasst (vgl bereits BSGE 77, 21, 25 = SozR 3-5425 § 24 Nr 12 S 75; BSG SozR 3-5425 § 2 Nr 11 S 49). Die Zahlungen der Klägerin an die Redaktionsmitglieder des Ärzteblattes sind grundsätzlich als Entgelt in diesem Sinne zu qualifizieren, unabhängig davon, ob es sich bei ihrer Tätigkeit - unter einem in anderen rechtlichen Zusammenhängen maßgebenden Blickwinkel - um eine sog "ehrenamtliche Tätigkeit" im Rahmen der Selbstverwaltung handelt, für die sie lediglich eine "Aufwandsentschädigung" erhalten. Der Begriff des "Entgelts" ist im Rahmen des Künstlersozialversicherungsrechts jedenfalls nach Maßgabe des § 25 Abs 2 KSVG auszulegen. Danach ist Entgelt alles, was der zur Abgabe Verpflichtete aufwendet, um das Werk oder die Leistung zu erhalten oder zu nutzen, abzüglich der in einer Rechnung oder Gutschrift gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer (§ 25 Abs 3 S 1 KSVG). Ausgenommen hiervon sind nach § 25 Abs 2 S 2 KSVG (idF des Art 1 Nr 17 Buchst b DBuchst aa des 2. KSVG-ÄndG vom 13.6.2001, BGBl I 1027) lediglich |
||
1. |
die Entgelte, die für urheberrechtliche Nutzungsrechte, sonstige Rechte des Urhebers oder Leistungsschutzrechte an Verwertungsgesellschaften gezahlt werden, |
|
2. |
steuerfreie Aufwandsentschädigungen und die in § 3 Nr 26 EStG genannten steuerfreien Einnahmen. |
Derartige Ausnahmefälle liegen jedoch nicht vor. Unerheblich ist, dass die Ausnahmen nach § 25 Abs 2 S 2 KSVG erst für die Zeit ab 1.7.2001 in das Gesetz aufgenommen wurden, hier aber bereits die Zeit ab 1.1.2001 im Streit ist. Denn bei den an die Redaktionsmitglieder gezahlten Aufwandsentschädigungen liegen die Voraussetzungen dieser Ausnahmen nicht vor, insbesondere handelt es sich - ausgehend von den im Revisionsverfahren nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) - nicht um steuerfreie Aufwandsentschädigungen oder Einnahmen iS von § 25 Abs 2 S 2 Nr 2 KSVG.
bb) Die an die Redaktionsmitglieder gezahlten Aufwandsentschädigungen bleiben auf der Grundlage der Feststellungen des LSG nicht nach § 3 Nr 12 S 2 EStG steuerfrei. Diese Vorschrift ordnet die Einkommensteuerfreiheit nur für Bezüge an, die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden und greift nur ein, soweit nicht festgestellt wird, dass die Bezüge für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden (oder aber - was hier nicht einschlägig ist - den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar übersteigen). Für das von der Klägerin im gerichtlichen Verfahren als ermittlungsbedürftig in den Raum gestellte Vorliegen einer möglichen Steuerfreiheit gemäß § 3 Nr 12 S 2 EStG, die zum Entfallen der - vorliegend allein streitigen - Abgabepflicht dem Grunde nach in Bezug auf alle beteiligten Redakteure und Grafiker führt (und nicht nur Auswirkungen auf die Höhe der von der Klägerin zu leistenden KSA für einzelne Kalenderjahre hat), fehlen indessen hinreichende Anhaltspunkte. Die Klägerin hat nach den Feststellungen des LSG (Seite 3 des Urteils) im Überprüfungsverfahren gegenüber der Beklagten selbst vorgetragen, die Redaktionsmitglieder hätten eine Aufwandsentschädigung auch für Verdienstausfall erhalten. Im Revisionsverfahren beruft sie sich nicht etwa positiv darauf, von den Finanzbehörden insoweit tatsächlich und durchgehend Einkommensteuerfreiheit gewährt bekommen zu haben. Im Zusammenhang mit dem Komplex stützt sie sich vielmehr nur pauschal und ohne Auseinandersetzung mit früherem eigenen Vorbringen auf die Verletzung des § 25 Abs 2 S 2 KSVG als einer Vorschrift des materiellen Rechts.
cc) Die gezahlten Aufwandsentschädigungen sind auch nicht nach § 3 Nr 26 EStG steuerfrei, da von dieser Vorschrift lediglich Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten, aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten oder der nebenberuflichen Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen unter weiteren Voraussetzungen bis zu einem jährlichen Grenzbetrag erfasst werden. Die Herausnahme der steuerfreien Aufwandsentschädigungen und der in § 3 Nr 26 EStG genannten steuerfreien Einnahmen aus der Abgabepflicht nach dem KSVG dient ua der finanziellen Entlastung bestimmter an sich abgabepflichtiger Personen, weshalb insbesondere die Übungsleiterpauschalen von der Abgabepflicht ausgenommen wurden (zur Begründung vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung <11. Ausschuss> zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
Das LSG hat im Ergebnis beanstandungsfrei angenommen, dass die von der Klägerin an die sechs Redaktionsmitglieder geleisteten Zahlungen angesichts der Höhe von insgesamt ca 24 000 Euro jährlich beispielhaft im Jahr 2004 (Grenze = 1848 Euro x 6 = 11 088 Euro) keine durchgehend steuerfreien Einnahmen iS des § 3 Nr 26 S 1 EStG (idF des Gesetzes vom 22.12.1999
f) Die Klägerin erteilte den Redaktionsmitgliedern des Ärzteblattes iS von § 24 Abs 1 S 2 KSVG auch "nicht nur gelegentlich" Aufträge, sondern stand mit diesen in einer ständigen Geschäftsbeziehung.
Das Tatbestandsmerkmal der "nicht nur gelegentlichen Auftragserteilung" setzt nicht notwendig verschiedene Einzelaufträge voraus, sondern wird auch bei dauerhaften Geschäftsbeziehungen erfüllt (vgl BSG SozR 4-5425 § 24 Nr 8 RdNr 31; Nordhausen in Finke/Brachmann/Nordhausen, aaO, § 24 RdNr 189 ff). Während es sich bei den Katalogunternehmen nach § 24 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 9 KSVG um solche handelt, die typischerweise nach ihrem wesentlichen Zweck Kunst bzw Publizistik verwerten oder vermarkten, muss bei Unternehmen, bei denen dies nicht bereits ihrem Gegenstand nach typisch ist, das Merkmal der nicht nur gelegentlichen Auftragserteilung an selbstständige Künstler oder Publizisten hinzukommen, damit die arbeitgeberähnliche Position angenommen werden kann, die im Kern die KSA rechtfertigt (vgl erneut BVerfGE 75, 108, 159 = SozR 5425 § 1 Nr 1 S 13). Eine ständige Geschäftsbeziehung repräsentiert geradezu in klassischer Weise eine arbeitgeberähnliche Position.
g) Wegen Überschreitens der Grenze der Gelegentlichkeit durch die ständige Geschäftsbeziehung der Klägerin zu den Redaktionsmitgliedern kommt es für die Abgabepflicht nicht mehr darauf an, ob ihre Auftragserteilung an die bei der Erstellung der Zeitschrift auch eingesetzten Grafiker "nur gelegentlich" erfolgte. Selbst wenn die Klägerin nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Grafiker erteilt, sind auch die Zahlungen an diese Personengruppe in die Bemessungsgrundlage der KSA einzubeziehen. Denn der Erfassungsbescheid ist unternehmensbezogen; er stuft ein bestimmtes Unternehmen im Hinblick auf eine bestimmte Tätigkeit (hier die Herausgabe des Ärzteblattes) als nach § 24 KSVG dem Grunde nach abgabepflichtig ein (vgl BSG SozR 4-5425 § 2 Nr 9 RdNr 15). Die Klägerin ist wegen der Herausgabe des Ärzteblattes ein nach § 24 Abs 1 S 2 KSVG dem Grunde nach abgabepflichtiges Unternehmen und hat deshalb nach § 25 Abs 1 S 1 KSVG die KSA für alle Entgelte zu entrichten, die sie im Rahmen der Herausgabe des Ärzteblattes an selbstständige Künstler oder Publizisten zahlt.
h)Auch in der Zeit von Januar 2001 bis zum 30.6.2001 betrieb die Klägerin im Zusammenhang mit der Herausgabe des Ärzteblattes ein abgabepflichtiges Unternehmen.
Sie erfüllte auch die Voraussetzungen der in diesem Zeitraum geltenden Fassung des § 24 Abs 1 S 2 KSVG (idF des WFG vom 25.9.1996, BGBl I 1461). Danach waren zur KSA auch Unternehmer verpflichtet, die für Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung betreiben, wenn |
||
1. |
diese Werbung nach Art und Umfang der Tätigkeit der in S 1 Nr 7 genannten Unternehmen entspricht und sie nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilen oder |
|
2. |
sie Aufträge an Künstler oder Publizisten erteilen, die durch ein in S 1 Nr 7 genanntes Unternehmen vermittelt worden sind. |
Zwar wird der Begriff der Öffentlichkeitsarbeit im Wortlaut der alten Regelung nicht unmittelbar erwähnt, allerdings enthielt der in Bezug genommene § 24 Abs 1 S 1 Nr 7 KSVG in dieser Fassung die Wendung "Werbung (einschließlich Öffentlichkeitsarbeit) für Dritte". Werbung nach Art dieser Vorschrift umfasste daher auch Öffentlichkeitsarbeit.
Das zusätzliche Kriterium eines Unternehmens, das auch dem Umfang nach eine Tätigkeit entsprechend den in S 1 Nr 7 genannten Unternehmen betreibt, ist erfüllt, wenn mit gewisser Regelmäßigkeit Aufträge dieser Art erteilt werden (BSG SozR 4-5425 § 24 Nr 8 RdNr 31). Dass dies hier der Fall ist, ergibt sich bereits aus den Ausführungen unter f) und g).
4. Die Streitwertfestsetzung für das Revisionsverfahren folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 47 und § 52 Abs 1 GKG. Für den Streitwert eines Erfassungsbescheides ist nach der Rechtsprechung des Senats der Betrag maßgebend, der voraussichtlich oder zwischenzeitlich bereits konkret als KSA für die ersten drei Jahre festgesetzt wird (BSG SozR 4-1920 § 52 Nr 5). Dies waren nach den Abrechnungsbescheiden der Beklagten für das Jahr 2001 880,85 Euro, für das Jahr 2002 921,50 Euro sowie für das Jahr 2003 932,63 Euro, was insgesamt zu der aus dem Tenor ersichtlichen Streitwertfestsetzung führt.