Entscheidungsdatum: 02.07.2015
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. April 2015 Prozesskostenhilfe zu gewähren, wird abgelehnt.
I. Der Kläger begehrt von der beklagten Krankenkasse die Freistellung von den Kosten einer selbst beschafften Insulinpumpe in Höhe von 1466 Euro.
Der 1964 geborene Kläger leidet seit vielen Jahren an Diabetes mellitus Typ I. Die Erkrankung wird seit 1998 unter Verwendung von Insulinpumpen behandelt. Am 16.12.2005 beschaffte er sich bei der Firma R. GmbH auf Leihbasis eine neue Insulinpumpe des Fabrikats Accu Check Spirit (Seriennummer 2054998), die er bis Februar 2008 nutzte. Nachdem er drei Rückgabeverlangen der R. GmbH aus April und Dezember 2006 sowie Februar 2007 unbeachtet gelassen hatte, wurde ihm ein Betrag von 1466 Euro in Rechnung gestellt (Rechnung vom 14.3.2007). Er beglich die Rechnung nicht, sondern gab die Insulinpumpe im Februar 2008 zurück. Das Amtsgericht Nürtingen hat den Kläger verurteilt, an die R. GmbH 1466 Euro nebst Zinsen und Mahnkosten zu zahlen (Teilanerkenntnisurteil vom 27.5.2008). Unter Vorlage dieses Urteils beantragte der Kläger am 6.7.2009 die Kostenübernahme für die Insulinpumpe. Die Beklagte lehnte den Antrag ab, weil die Voraussetzungen für eine Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 SGB V nicht erfüllt seien (Bescheide vom 22.7.2009 und 21.5.2010, Widerspruchsbescheid vom 20.10.2010).
Das SG hat die auf Freistellung von den Kosten in Höhe von 1466 Euro gerichtete Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 25.6.2014). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 23.4.2015). Der Kostenerstattungsanspruch sei unbegründet, weil der Kläger sich das Hilfsmittel beschafft habe, ohne zuvor die Beklagte zu konsultieren und die Versorgung im Wege der Sachleistung zu beantragen (§ 33 Abs 1 SGB V). Die entstandene Zahlungsverpflichtung beruhe daher nicht auf einer rechtswidrigen Leistungsverweigerung (§ 13 Abs 3 Satz 1, 2. Alternative SGB V). Es habe sich auch nicht um eine unaufschiebbare Leistung gehandelt (§ 13 Abs 3 Satz 1, 1. Alternative SGB V). Unaufschiebbarkeit liege nur vor, wenn es wegen der Eilbedürftigkeit der Maßnahme dem Versicherten nicht möglich oder nicht zuzumuten gewesen ist, sich vor der Leistungsbeschaffung mit der Krankenkasse in Verbindung zu setzen und deren Entscheidung abzuwarten. Ein solcher Eilfall habe hier nicht vorgelegen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG möchte der Kläger Beschwerde einlegen. Dazu beantragt er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) und die Beiordnung eines Rechtsanwalts.
II. Es kann offenbleiben, ob der Kläger nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen in der Lage wäre, die Kosten für die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts selbst aufzubringen. PKH kann ihm jedenfalls nicht bewilligt werden, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 73a SGG iVm § 114 ZPO). Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich; es kann ausgeschlossen werden, dass der Kläger mit anwaltlicher Hilfe mit einer Nichtzulassungsbeschwerde Erfolg haben könnte.
Gemäß § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn |
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1. |
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder |
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das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder |
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ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Bestimmte Verfahrensrügen sind jedoch nur eingeschränkt oder gar nicht geeignet, die Zulassung der Revision zu begründen (§ 160 Abs 2 Nr 3, 2. Halbsatz SGG). |
2. Nach der im PKH-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten des beabsichtigten Rechtsmittels liegt keiner der Zulassungsgründe des § 160 Abs 2 SGG vor.
a) Der Rechtsstreit wirft keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Zu beiden Regelungs-Alternativen des Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs 3 SGB V liegt umfangreiche Rechtsprechung des BSG vor (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 1 mwN). Der vorliegende Sachverhalt lässt keine Fallkonstellation erkennen, die als noch ungeklärt angesehen werden könnte.
Dass einem dauernd auf ein bestimmtes Hilfsmittel angewiesenen Versicherten zugemutet wird, außer in Eilfällen den gesetzlich vorgeschriebenen Beschaffungsweg einzuhalten und vor der Selbstbeschaffung der Leistung die Entscheidung der Krankenkasse abzuwarten, stellt keinen Verstoß gegen das Verbot der Benachteiligung eines Menschen wegen seiner Behinderung nach Art 3 Abs 3 Satz 2 GG dar.
b) Das Berufungsurteil weicht nicht von der höchstrichterlichen Rechtsprechung ab, sodass auch der Zulassungsgrund der Divergenz nicht besteht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG). Das LSG hat seine Entscheidung auf der Basis der vorhandenen Rechtsprechung zum Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V getroffen.
c) Das Berufungsverfahren weist auch keine die Zulassung der Revision begründenden Verfahrensmängel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG auf. Es bestehen insbesondere keine Hinweise darauf, dass das LSG seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 103 SGG) oder den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG) verletzt hat.
Die geltend gemachte Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist nach dem Akteninhalt nicht nachvollziehbar. Der Kläger hat nach der Einlegung der Berufung (Schriftsatz vom 29.7.2014) am Berufungsverfahren nicht mehr mitgewirkt. Die bei der Berufungseinlegung angekündigte Berufungsbegründung, die zu einem späteren Zeitpunkt durch gesonderten Schriftsatz erfolgen sollte, ist trotz mehrmaliger Aufforderung des Gerichts (Verfügungen vom 30.7., 1.9., 8.10. und 17.11.2014) nicht angefertigt und eingereicht worden. Den Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem LSG am 23.4.2015, zu dem er am 14.3.2015 ordnungsgemäß geladen worden ist, hat der Kläger nicht wahrgenommen. Der Kläger hätte also ausreichend Gelegenheit gehabt, sich im Berufungsverfahren zu äußern; davon hat er keinen Gebrauch gemacht.