Entscheidungsdatum: 18.06.2014
Ein Anspruch des Krankenhausträgers gegen die Krankenkasse auf Zahlung der Aufwandspauschale bei unverändert gebliebenem Rechnungsbetrag ist ausgeschlossen, wenn die Abrechnungsprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Leistungen des Krankenhauses bei Schwangerschaft und Mutterschaft (hier: stationäre Entbindung mittels Kaiserschnitts) betrifft.
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 27. Februar 2013 geändert und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 100 Euro festgesetzt.
Streitig ist, ob die beklagte Krankenkasse der Klägerin eine Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V in Höhe von 100 Euro nebst Zinsen zu zahlen hat.
Die bei der Beklagten versicherte Patientin F.C. wurde in der Zeit vom 3. bis 25.2.2008 zur Entbindung mittels Kaiserschnitt (Sectio caesarea) in der von der klagenden Gesellschaft betriebenen Klinik vollstationär behandelt. Die Klägerin berechnete der Beklagten hierfür auf der Basis des DRG-Entgeltkataloges 2008 die DRG O01F (Sectio caesarea ohne komplizierende Diagnose, Schwangerschaftsdauer mehr als 33 vollendete Wochen
Die Klägerin verweist darauf, dass nach § 195 Abs 2 RVO die für die Leistungen nach dem SGB V geltenden Vorschriften für die Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft entsprechend gelten, soweit nichts Abweichendes bestimmt sei. Eine abweichende Regelung, nach welcher die Entbindung im Krankenhaus keine Krankenhausbehandlung iS des § 39 SGB V sei, enthalte die RVO nicht. Die Abrechnung über Fallpauschalen zeige vielmehr, dass es sich um allgemeine Krankenhausleistungen handele, da nur diese nach dem Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) über Fallpauschalen abrechenbar seien. Schließlich fehle dem MDK schon die Berechtigung zur Abrechnungsprüfung nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V, wenn keine Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V vorliege. Zumindest seien die Regelungen des § 275 Abs 1c SGB V analog anzuwenden; dies sei unter Berücksichtigung des "Gebots der Waffengleichheit" erforderlich und ergebe sich auch daraus, dass die Interessenlage der Beteiligten bei einem Krankenhausaufenthalt zur Entbindung mit jedem anderen Krankenhausaufenthalt identisch sei.
Das SG hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung der Aufwandspauschale in Höhe von 100 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.4.2011 verurteilt (Urteil vom 27.2.2013) und auf Antrag beider Beteiligten die Sprungrevision zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Da Schwangerschaft und Entbindung definitionsgemäß keine Krankheiten seien, habe der Anspruch auf Behandlung, Pflege und Verpflegung in einem Krankenhaus einer gesonderten Regelung bedurft. Der in § 197 S 2 RVO (in der bis zum 30.10.2012 gültigen Fassung) geregelte Ausschluss eines Anspruchs auf Krankenhausbehandlung für die Zeit der Entbindung in einem Krankenhaus diene lediglich der Vermeidung doppelter inhaltsgleicher Ansprüche. Eine gesonderte Definition der Krankenhausbehandlung finde sich in der RVO jedoch nicht. Deshalb stelle eine Behandlung im Krankenhaus zur Entbindung auch eine Krankenhausbehandlung iS des § 39 SGB V dar. Inzwischen seien die Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft vollständig in das SGB V integriert worden, wodurch der Gesetzgeber nochmals zum Ausdruck gebracht habe, dass die stationäre Versorgung bei Schwangerschaft und Mutterschaft in einem Krankenhaus Krankenhausbehandlung iS des § 39 SGB V sei. Schließlich sei § 275 Abs 1c S 3 SGB V mindestens analog auf eine solche Art der stationären Behandlung anwendbar.
Die Beklagte rügt mit der Sprungrevision die Verletzung materiellen Rechts durch eine unrichtige Anwendung bzw Auslegung des § 275 Abs 1c S 3 SGB V. Diese Regelung beziehe sich nach ihrem eindeutigen Wortlaut, nach der Systematik und nach der Gesetzesgeschichte ausschließlich auf Krankenhausbehandlungen nach § 39 SGB V, also nicht auf stationäre Entbindungen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 27.2.2013 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung nach den §§ 165, 153 Abs 1, 124 Abs 2 SGG einverstanden erklärt.
1. Die Revision der Beklagten ist als Sprungrevision nach § 161 SGG gegen das Urteil des SG zulässig. Die Beklagte hat die schriftliche Zustimmung der Klägerin zur Einlegung der Sprungrevision vom 3.6.2013 vorgelegt.
2. Die Revision ist auch begründet, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung der Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V (idF von Art 1 Nr 185 Buchst a Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung
a) Rechtsgrundlage für die von einer Krankenkasse vorgenommene Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zur Erfüllung von Zahlungsansprüchen der Krankenhäuser ist § 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm §§ 387 ff BGB (vgl BSGE 107, 78 = SozR 4-2500 § 140d Nr 2; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 8; BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2). Auch außerhalb der besonderen Regelungen der §§ 51, 52 SGB I über die Aufrechnung gegen Sozialleistungsansprüche besteht im Sozialrecht allgemein die Möglichkeit, einer öffentlich-rechtlichen Forderung im Wege der Aufrechnung, auf welche die §§ 387 ff BGB entsprechend anzuwenden sind, entgegenzutreten (BSGE 75, 283, 284 ff = SozR 3-2400 § 28 Nr 2; BSGE 63, 224, 230 f = SozR 1300 § 48 Nr 47). Dazu müssen sich zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung gegenseitige, gleichartige und fällige bzw erfüllbare Forderungen gegenüberstehen (§ 387 BGB, vgl BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 11).
Dem unstreitigen Vergütungsanspruch der Klägerin aus dem späteren Behandlungsfall (Rechnung vom 11.4.2011) stand in entsprechender Anwendung von § 812 BGB ein fälliger Erstattungsanspruch in Höhe von 100 Euro entgegen, da die Beklagte die Aufwandspauschale ohne Rechtsgrund geleistet hat. Dieser Gegenanspruch der Beklagten war im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung fällig und nicht mit einer Einrede behaftet. Er war insbesondere nach der einschlägigen sozialrechtlichen Verjährungsfrist von vier Jahren nicht verjährt und auch nicht wegen eines Verstoßes gegen eine Beschleunigungspflicht verwirkt. Außerhalb der gesetzlichen Verjährungsregelungen kann eine Verwirkung nur unter besonderen Umständen begründet sein. Wie bereits der erkennende Senat (unter Bezugnahme auf BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 37 ff) ausgeführt hat, bedarf es neben dem Zeitmoment eines besonderen Umstandsmoments (BSG SozR 4-2500 § 276 Nr 2 RdNr 27). Ein solches ist hier nicht ersichtlich. Insbesondere fehlt es an einer vertraglichen Regelung zwischen den Krankenhausträgern und den Krankenkassen über die Modalitäten der Zahlung der Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V, sodass es hier bei den allgemeinen Fälligkeits-, Verzugs- und Verjährungsregelungen bleiben muss.
b) Die Beklagte hat die Aufwandspauschale ohne Rechtsgrund geleistet, da die Voraussetzungen hierfür nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V nicht gegeben sind. Nach § 275 Abs 1c S 1 SGB V ist bei Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V eine Prüfung nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V zeitnah durchzuführen. Die Prüfung nach Satz 1 ist spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK dem Krankenhaus anzuzeigen (§ 275 Abs 1c S 2 SGB V). Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages führt, hat die Krankenkasse dem Krankenhaus nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V eine Aufwandspauschale in Höhe von 100 Euro zu entrichten. Erst seit dem 25.3.2009 beträgt die Aufwandspauschale 300 Euro.
Voraussetzung eines Anspruchs auf die Aufwandspauschale ist danach eine nach Prüfung des MDK unbeanstandet gebliebene Abrechnung einer Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V (hierzu aa). Leistungen zur Entbindung sind, auch wenn sie stationär im Krankenhaus erbracht werden, keine Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V (hierzu bb), und § 275 Abs 1c S 3 SGB V ist insoweit einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich (hierzu cc).
aa) Während § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V (in der durch das Fallpauschalengesetz vom 23.4.2002, BGBl I 1412, mWv 1.1.2003 eingeführten und seitdem unveränderten Fassung) die Voraussetzungen regelt, unter denen die Krankenkassen allgemein bei der Erbringung von Leistungen eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einzuholen haben, enthält § 275 Abs 1c SGB V Sonderregelungen für die Begutachtung bei Krankenhausbehandlungen nach § 39 SGB V. Das ergibt sich für § 275 Abs 1c S 1 SGB V unmittelbar aus dem Wortlaut, und Satz 2 nimmt ausdrücklich Bezug auf "die Prüfung nach Satz 1". Damit ist klargestellt, dass nicht alle Prüfungen nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V gemeint sind, sondern nur die in § 275 Abs 1c S 1 SGB V genannten Prüfungen bei Krankenhausbehandlungen nach § 39 SGB V. Satz 3 lässt dann keinen Zweifel daran, dass sich "die Prüfung" ebenfalls nur auf solche von Krankenhausbehandlungen nach § 39 SGB V bezieht. Nur diesbezüglich sah der Gesetzgeber aufgrund der hohen Prüfquoten bei Krankenhausabrechnungen und dem damit zusammenhängenden Verwaltungsaufwand für die Krankenhäuser einen Handlungsbedarf, um die Verfahren zu beschleunigen und den Krankenhäusern ihren Verwaltungsaufwand pauschal zu vergüten für den Fall, dass die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages führt. Der insoweit eindeutige Wortlaut der Vorschrift lässt keinen Raum für eine Ausdehnung auf andere Leistungen als die Krankenhausbehandlungen nach § 39 SGB V.
Es trifft deshalb nicht zu, wenn die Klägerin meint, dem MDK fehle für Leistungen, die keine Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V darstellten, die Berechtigung zur Abrechnungsprüfung nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V. Denn im Gegensatz zu § 275 Abs 1c SGB V differenziert § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V gerade nicht nach der Art der Leistung, sondern gilt allgemein "bei Erbringung von Leistungen".
bb) Leistungen im Zusammenhang mit einer stationären Entbindung sind keine Krankenhausbehandlung iS von § 39 SGB V (idF durch das KHRG vom 17.3.2009, BGBl I 534), auch wenn sie in einem zugelassenen Krankenhaus erbracht werden. Nach § 39 Abs 1 S 1 SGB V wird die Krankenhausbehandlung vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär (§ 115a SGB V) sowie ambulant (§ 115b SGB V) erbracht. § 39 Abs 1 S 2 SGB V gibt den Versicherten Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfasst nach § 39 Abs 1 S 3 SGB V im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs 1 SGB V), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung.
Systematisch gehört § 39 SGB V zum Fünften Abschnitt des Dritten Kapitels des SGB V, in dem die "Leistungen bei Krankheit" (§§ 27 bis 52a SGB V) geregelt sind. Nach § 27 Abs 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs 1 S 2 Nr 5 SGB V auch die Krankenhausbehandlung. Unter dieser systematischen Einordnung wird deutlich, dass die Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V nur Behandlungen erfasst, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Dies verdeutlicht auch § 11 Abs 1 Nr 4 SGB V, der für Leistungen zur Behandlung einer Krankheit ausdrücklich auf die §§ 27 - 52 SGB V verweist.
Krankheit im Sinne des SGB V ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (stRspr, vgl zB BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 20 RdNr 10; BSGE 100, 119 = SozR 4-2500 § 27 Nr 14, RdNr 10; BSGE 93, 252 = SozR 4-2500 § 27 Nr 3, RdNr 4; jeweils mwN). Schwangerschaft und Mutterschaft sind danach keine Krankheit. Aus diesem Grund sind für Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft gesonderte Regelungen erforderlich, die sich bis zum 29.10.2012 in den Regelungen der §§ 195 - 200 RVO fanden und durch das Gesetz zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung (Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz - PNG) vom 23.10.2012 (BGBl I 2246) mit Wirkung vom 30.10.2012 mit kleinen Änderungen in die Vorschriften der §§ 24c bis 24i SGB V übernommen und damit in das SGB V integriert wurden.
Die Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft umfassen nach § 195 Abs 1 Nr 3 RVO (idF des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung
Der Gesetzgeber hat diese Differenzierung ganz ausdrücklich vorgesehen. Sie dient nicht nur dem Ausschluss von doppelten Leistungsansprüchen, denn verschiedene Anspruchsgrundlagen bilden grundsätzlich nur verschiedene rechtliche Gründe für denselben Anspruch, ohne diesen zu erweitern. Der Ausschluss einer Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V bei stationärer Entbindung hat vielmehr weitergehende Rechtsfolgen, die der Gesetzgeber offenbar bewusst setzen wollte.
Lediglich eine Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V führt zu einer Zuzahlungspflicht der Versicherten nach § 39 Abs 4 SGB V. Handelt es sich bei einer stationären Entbindung nicht um Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V, fällt demgegenüber für die Versicherte keine Zuzahlung an; dies ist eine vom Gesetzgeber offensichtlich gewollte Rechtsfolge.
Dies muss unabhängig davon gelten, ob es sich um eine unkomplizierte Entbindung ohne Krankheitswert handelt oder ob es sich aufgrund einer "Regelwidrigkeit" bei der Entbindung zugleich auch um eine Krankheitsbehandlung handelt. Denn der Anspruch auf stationäre Entbindung nach den Vorschriften der §§ 195 ff RVO nimmt eine solche Unterscheidung nicht vor und schließt in jedem Fall einer stationären Entbindung in einem Krankenhaus einen Krankenhausbehandlungsanspruch nach § 39 SGB V aus. Zudem war der Anspruch der Versicherten auf Unterkunft, Pflege und Verpflegung für sich und das Neugeborene zur Entbindung in einem Krankenhaus oder in einer anderen Einrichtung in der bis zum 31.3.2007 gültigen Fassung des § 197 RVO (durch das Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen <Gesundheits-Reformgesetz - GRG> vom 20.12.1988, BGBl I 2477) für die Zeit nach der Entbindung auf längstens sechs Tage beschränkt. Nur für diese Zeit bestand kein Anspruch auf Krankenhausbehandlung. Diese zeitliche Beschränkung hat der Gesetzgeber mit dem GKV-WSGim Jahre 2007 ausdrücklich aufgehoben. Dies beruhte darauf, dass die Krankenkassen in Fällen, in denen die Versicherte länger als sechs Tage nach der Entbindung Krankenhausbehandlung benötigte, dazu übergingen, Unterkunft, Pflege und Verpflegung für das gesunde Neugeborene ab dem siebten Tag abzulehnen, wenn für die Versicherte selbst krankheitsbedingt ab dem siebten Tag ein Krankenhausbehandlungsanspruch nach § 39 SGB V bestand. Durch die Neuregelung wollte der Gesetzgeber den Anspruch auf Unterkunft, Pflege und Verpflegung auch des gesunden Neugeborenen über den sechsten Tag hinaus sicherstellen (BT-Drucks 16/4247 S 61 f). Damit steht aber zugleich fest, dass sich der Anspruch auf stationäre Entbindung auch in komplizierten Fällen, denen möglicherweise ein krankheitswertiger Zustand zugrunde liegt und die daher einen längeren Krankenhausaufenthalt erforderlich machen, ausschließlich nach den Vorschriften der §§ 195 ff RVO (heute §§ 24c ff SGB V) richtet und ein Anspruch auf Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V ausgeschlossen ist (vgl auch LSG für das Saarland Beschluss vom 1.3.2013 - L 2 KR 3/12 NZB).
cc) Der 1. Senat des BSG hat bereits entschieden, dass im Hinblick auf den Ausnahmecharakter der Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V diese Vorschrift einer erweiternden Auslegung grundsätzlich nicht zugänglich ist (vgl hierzu ausführlich BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 18 ff; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 6 RdNr 16 mwN). Dem schließt sich der erkennende Senat für den vorliegenden Fall aufgrund des eindeutigen Wortlauts und der folgenden Erwägungen an.
In anderen Zusammenhängen hat der Gesetzgeber die Unterscheidung zwischen Krankenhausbehandlung und Geburtshilfe durchaus gesehen und berücksichtigt (vgl zB § 107 Abs 1 Nr 1 SGB V). Eine planwidrige Regelungslücke durch ein Versehen des Gesetzgebers ist daher auszuschließen, zumal die Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c SGB V ebenfalls mit dem GKV-WSG, also mit dem gleichen Gesetz eingeführt wurde, mit dem in § 197 RVO die Begrenzung des Anspruchs auf längstens sechs Tage nach der Entbindung gestrichen wurde. Der Satz, dass für diese Zeit kein Anspruch auf Krankenhausbehandlung besteht, blieb bei dieser Änderung des § 197 RVO jedoch unverändert beibehalten. Gerade bei der Einführung der Aufwandspauschale musste dem Gesetzgeber daher klar sein, dass er bei einer Bindung des Anspruchs an die Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V Leistungen eines Krankenhauses zur Entbindung nicht miterfasst.
Aufgrund der eindeutigen Rechtslage kommt eine erweiternde Auslegung auch nicht im Hinblick auf eine möglicherweise vergleichbare Interessenlage bezüglich des Verwaltungsaufwands bei Abrechnungsprüfungen im Falle einer Entbindung und solchen bei Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V in Betracht.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO. Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG. |