Entscheidungsdatum: 28.08.2012
Dem Kläger wird auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in die Frist zur Begründung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 10. November 2011 (L 6 U 148/06) gewährt.
Der Beschluss des Bundessozialgerichts vom 15. Mai 2012 (B 2 U 98/12 B) wird insoweit aufgehoben, als er die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wegen Versäumung der Begründungsfrist verworfen hat.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 10. November 2011 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
1. Wegen der Prozessgeschichte wird auf Ziffer 1 der Gründe des Beschlusses vom 15.5.2012 (B 2 U 98/12 B) verwiesen. Ergänzend hierzu ist auszuführen, dass der Kläger nach Zustellung des Beschlusses vom 15.5.2012 am 31.5.2012 nun Wiedereinsetzung in die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde beantragt. Er stützt sich auf die eidesstattlichen Versicherungen der Rechtsanwälte R. und G., in denen diese darlegen, dass sie von der zuständigen Serviceeinheit des BSG die Auskunft erhalten haben, dass die Nichtzulassungsbeschwerde erst nach Eingang des Beschlusses über die Wiedereinsetzung zu begründen sei. Aufgrund dieser Auskunft habe er entgegen seinem Vortrag im Schriftsatz vom 14.3.2012 (Original) die Beschwerde nicht bis 18.4.2012 begründet, sondern mit der Begründung zugewartet. Überraschenderweise sei ihm dann der Beschluss vom 15.5.2012 zugestellt worden, mit dem die Nichtzulassungsbeschwerde verworfen wurde. Diese Entscheidung sei überraschend, da er sich auf die von der Serviceeinheit erteilte Auskunft habe verlassen dürfen.
Der Kläger hat die versäumte Rechtshandlung, Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde, mit Schriftsatz vom 14.3.2012, aktualisiert am 26.6.2012, sowie gesondertem Schriftsatz vom 26.6.2012 und vom 1.7.2012 nachgeholt.
2. Dem Kläger ist auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in die Frist zur Begründung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG zu gewähren, denn er war infolge einer Rechtsauskunft der Serviceeinheit des BSG ohne sein Verschulden gehindert, die Beschwerde fristgerecht zu begründen. Da das BSG entgegen der erteilten Auskunft, die der Senat bis zur Entscheidung nicht kannte, abschließend über die Beschwerde und nicht nur über die Wiedereinsetzung entschieden hat, liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor. Diese ist auf sinngemäßen Antrag des Klägers dadurch zu beseitigen, dass der unter Verletzung des rechtlichen Gehörs ergangene Beschluss des Senats insoweit aufzuheben ist, als er auf der Verletzung des rechtlichen Gehörs beruht (Rechtsgedanke des § 178a Abs 1 Satz 1 SGG).
3. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 10.11.2011 ist unzulässig, da keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe des Verfahrensmangels, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), sowie der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) in ausreichender Weise bezeichnet worden sind (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
a) Der Kläger hat verschiedene Fragen als grundsätzlich bedeutsam bezeichnet. Er wirft die Frage auf, ob er infolge der ausgeübten Berufstätigkeit eine Gesundheitsschädigung erlitten hat. Wie die (bei ihm) vorliegenden Erkrankungen der Wirbelsäule im Hinblick auf die BK 2108 zu würdigen seien? Welche Konstellation im Sinne der Konsensempfehlungen bei ihm vorliege? Ob eine Berufskrankheit auch vorliege, wenn - wie hier - die Krankheit erst zeitnah nach Aufgabe der wirbelsäulenbelastenden Tätigkeit diagnostiziert werden könne.
Die Fragen sind schon nicht zur angeblich zweifelhaften Auslegung benannter Vorschriften des Bundesrechts aufgeworfen. Zudem beziehen sie sich auf die Gegebenheiten des Einzelfalls. Der Kläger zeigt nicht auf, inwieweit die aufgeworfenen Fragen Breitenwirkung entfalten könnten, sie also über den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung haben. Soweit dies bei der letzten Frage der Fall sein könnte, wird nicht deutlich, weshalb diese klärungsbedürftig ist und nicht vielmehr zwanglos bejaht werden kann.
b) Soweit der Kläger die Verletzung von Verfahrensrecht rügt, macht er geltend, das LSG habe keine hinreichende Sachaufklärung betrieben (Verletzung des § 103 SGG). Der Kläger habe bis zuletzt den Beweisantrag gestellt, Prof. Dr. S. dazu zu hören, ob sich aus den zeitlichen Zusammenhängen mit einer Röntgenaufnahme im Jahr 1996 der Schluss ziehen lasse, dass die Spondylose 2. Grades vor der Chondrose 1. Grades vorgelegen habe, so dass es sich um eine Begleitspondylose handelt. Das LSG sei dem Antrag nicht nachgekommen, da der Sachverständige mehrfach gehört worden sei und sich - so das LSG - insoweit eindeutig positioniert habe. Der Kläger meint, eine eindeutige Positionierung des Sachverständigen liege nicht vor.
Der Kläger zeigt nicht auf, dass der von ihm bezeichnete Punkt nach mehrfachen ergänzenden Stellungnahmen zuletzt noch beweisbedürftig geblieben ist. Insbesondere setzt er sich nicht mit den Ausführungen in den ergänzenden Stellungnahmen des Sachverständigen auseinander und erläutert unter Bezugnahme hierauf nicht, dass der von ihm bezeichnete Punkt ungeklärt geblieben war. Er zeigt auch nicht in der gebotenen Weise auf, dass das Urteil des LSG auf der unterbliebenen Beweiserhebung beruht. Hierzu hätte er nicht lediglich behaupten dürfen, die Nachfrage hätte zu dem von ihm gewünschten Beweis geführt, sondern aufzeigen müssen, dass bei Bejahung der von ihm unterstellten zeitlichen Abfolge die BK 2108 festzustellen gewesen wäre.
Da die Beschwerde unzulässig ist, ist sie ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG). Der Senat verzichtet auf eine weitere Begründung des Beschlusses, da diese nicht geeignet ist, zur (weiteren) Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 SGG, BVerfG Beschluss vom 8.12.2010 - 1 BvR 1382/10 - NJW 2011, 1497).