Bundessozialgericht

Entscheidungsdatum: 29.05.2012


BSG 29.05.2012 - B 13 R 97/12 B

(Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Rüge einer Verletzung des § 109 SGG)


Gericht:
Bundessozialgericht
Spruchkörper:
13. Senat
Entscheidungsdatum:
29.05.2012
Aktenzeichen:
B 13 R 97/12 B
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend SG Landshut, 29. Juli 2009, Az: S 14 R 1328/07vorgehend Bayerisches Landessozialgericht, 9. Februar 2012, Az: L 14 R 984/09, Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 9. Februar 2012 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

Das Bayerische LSG hat mit Beschluss vom 9.2.2012 einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit verneint.

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Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss hat die Klägerin beim BSG Beschwerde erhoben. Sie rügt Verfahrensfehler.

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Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Beschwerdebegründung vom 16.5.2012 genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, denn sie hat den allein geltend gemachten Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht in der erforderlichen Weise bezeichnet (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).

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Wer die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels begehrt, muss in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde die bundesrechtliche Verfahrensnorm, die das Berufungsgericht verletzt haben soll, hinreichend genau bezeichnen. Zudem müssen die tatsächlichen Umstände, welche den Verstoß begründen sollen, substantiiert dargetan und darüber hinaus muss dargestellt werden, inwiefern die angefochtene Entscheidung auf diesem Verfahrensmangel beruhen kann (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 4; BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 4). Dabei ist zu beachten, dass gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG gestützt werden kann und dass die Rüge einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 103 SGG nur statthaft ist, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

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1. Sofern die Klägerin geltend macht, das LSG hätte den mit Telefax vom 31.1.2012 gestellten Antrag nach § 109 SGG nicht als verspätet zurückweisen dürfen, kann hierauf gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden. Der in jener Bestimmung normierte Ausschluss der Rüge einer Verletzung des § 109 SGG gilt uneingeschränkt und damit für jeden Fall einer verfahrensrechtlichen Übergehung eines nach § 109 SGG gestellten Antrags (stRspr, zB BSG SozR 1500 § 160 Nr 34 S 30; BSG SozR 1500 § 160 Nr 67 S 72 ff; BSG vom 25.5.2009 - B 5 R 126/09 B - Juris RdNr 5).

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2. Des Weiteren rügt die Klägerin eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG). Eine Gehörsverletzung liege vor, weil das LSG ihren (ehemaligen) Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwältin S. und Rentenberater W., keine ausreichende Frist zur Stellungnahme eingeräumt habe.

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Rechtsanwältin S. habe mit Schriftsatz vom 13.12.2011 ihre Bevollmächtigung angezeigt, einen Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt und Akteneinsicht unter Fristverlängerung zur Stellungnahme bis zum 31.1.2012 beantragt, nachdem der bis dahin bevollmächtigte Ehemann der Klägerin vom LSG zuvor mit Schreiben vom 5.12.2011 zur Stellungnahme bis zum 9.1.2012 aufgefordert worden sei. Mit Schreiben vom 14.12.2011 habe das Berufungsgericht der Prozessbevollmächtigten mitgeteilt, sie erhalte die Akten zur Einsichtnahme für eine Woche und eine Fristverlängerung zur Stellungnahme bis zum 20.1.2012. Mit Schriftsatz vom 2.1.2012 habe Rechtsanwältin S. das Mandat niedergelegt und auf eine Akteneinsicht verzichtet. Die Klägerin meint, die ihrer damaligen Prozessbevollmächtigten vom LSG eingeräumte Frist zur Akteneinsicht und Stellungnahme sei zu kurz bemessen gewesen. Hätte das Berufungsgericht die Frist bis zum 31.1.2012 gewährt, hätte die Bevollmächtigte das Mandat fortgeführt, die erforderlichen Anträge gestellt und sich zur Beweislage geäußert.

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Rentenberater W. habe mit Schriftsatz vom 10.1.2012 seine Vertretung angezeigt und zur Einarbeitung in das Mandat sowie der Begründung der Berufung um kurzfristige Akteneinsicht gebeten. Mit Schreiben des LSG vom 17.1.2012 seien ihm die Akten zur Einsichtnahme für eine Woche mit einer Frist zur Stellungnahme bis zum 31.1.2012 übersandt worden. Auch hier habe sich der Bevollmächtigte aufgrund der zu kurz bemessenen Frist nicht seiner Sach- und Rechtskunde entsprechend äußern können.

9

Mit diesem Vorbringen hat die Klägerin eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht schlüssig bezeichnet. Ihrer Darstellung kann schon nicht entnommen werden, dass sie bzw ihre damaligen Prozessbevollmächtigten alles Erforderliche unternommen haben, um ihren (vermeintlichen) Anspruch auf Verlängerung der Frist zur Stellungnahme durchzusetzen. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass ihre damaligen Prozessbevollmächtigten (auch) nach der Fristsetzung durch das LSG beantragt haben, die vom Berufungsgericht zur Stellungnahme eingeräumte Frist zu verlängern. Auf eine Verletzung rechtlichen Gehörs kann sich aber nur berufen, wer seinerseits alles Erforderliche getan hat, um sich Gehör zu verschaffen (vgl zB BSGE 68, 205, 210 = SozR 3-2200 § 667 Nr 1; BSG SozR 4-1200 § 33a Nr 2 RdNr 12; s auch BVerfGE 74, 220, 225). Die Klägerin hat auch nicht behauptet, dass die damaligen Prozessbevollmächtigten vom LSG an der Stellung entsprechender Anträge gehindert worden seien oder dass das Berufungsgericht Anträge auf Fristverlängerung abgelehnt habe.

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3. Schließlich rügt die Klägerin, das Berufungsgericht habe nicht durch Beschluss gemäß § 153 Abs 4 SGG entscheiden dürfen. Sie versäumt es aber auch hier, den geltend gemachten Verfahrensfehler hinreichend darzulegen. Die Entscheidung, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß § 153 Abs 4 SGG zurückzuweisen, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Berufungsgerichts (vgl BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 13 S 38; BSG vom 11.12.2002 - B 6 KA 13/02 B - Juris RdNr 8; Senatsbeschluss vom 27.12.2011 - B 13 R 253/11 B - Juris RdNr 12). Die Beschwerdebegründung zeigt aber nicht hinreichend auf, dass das LSG seiner Verpflichtung, mit der Verfahrensweise nach § 153 Abs 4 SGG möglichst schonend umzugehen, nicht nachgekommen ist. Insofern hätte die Klägerin konkret darlegen müssen, dass die Zulässigkeit eines Vorgehens nach § 153 Abs 4 SGG auf einer groben Fehleinschätzung oder sachfremden Erwägungen des LSG beruht (vgl BSG aaO). Allein die nicht näher substantiierte Behauptung, die "Pflicht zur Fürsorge und zur Erteilung von Hinweisen" hätte es geboten, die prozessuale Lage (auch) mündlich zu erläutern, reicht nicht aus. Hierdurch ist noch nicht aufgezeigt, dass die Schwierigkeit oder besondere Komplexität des Falles in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich gemacht hätte.

11

4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

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Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschuss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

13

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.