Entscheidungsdatum: 07.01.2016
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 21. September 2012 Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil des Hessischen Landessozialgerichts wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
I. Das Hessische LSG hat im Urteil vom 21.9.2012 einen Anspruch des Klägers gegen den beklagten Rentenversicherungsträger auf Auszahlung der bei rückwirkender Bewilligung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen für die Monate Mai bis Oktober 2008 errechneten Rentennachzahlung in Höhe von 2032,58 Euro verneint. Der Anspruch gelte im Hinblick auf einen Erstattungsanspruch des beigeladenen Jobcenters für in diesem Zeitraum gezahlte SGB II-Leistungen gemäß § 107 Abs 1 SGB X als erfüllt und sei deshalb erloschen.
Der Kläger hat durch seinen Prozessbevollmächtigten der Vorinstanzen beim BSG zunächst ausdrücklich nur einen Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) angebracht. Der Prozessbevollmächtigte hat nach Widerruf der Vollmacht seitens des Klägers die Vertretung niedergelegt. Nachfolgend hat der Sozialverband VdK, dessen Mitglied der Kläger seit April 2010 ist, die Übernahme der Prozessvertretung in diesem Verfahren angezeigt, unter Beantragung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision erhoben und den Antrag auf Bewilligung von PKH zurückgenommen. Nach Gewährung von Wiedereinsetzung (Senatsbeschluss vom 30.7.2013) und Einsicht in die Akten hat der VdK die Vertretung des Klägers niedergelegt, ohne die Beschwerde zu begründen. Der Kläger hat daraufhin dem BSG erneut eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse übersandt.
II. 1. Der durch Übersendung eines neuen PKH-Formulars vom Kläger sinngemäß gestellte weitere Antrag auf PKH ist abzulehnen.
Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 Abs 1 S 1 ZPO kann einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, für das Verfahren vor dem BSG PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hier fehlt es bereits an den wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine Bewilligung von PKH.
Gemäß § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 115 Abs 3 S 1 ZPO hat der um PKH nachsuchende Beteiligte für die Prozessführung vorrangig sein Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. Der mit der Mitgliedschaft im VdK, einem zur Prozessvertretung vor dem BSG befugten Sozialverband (§ 73 Abs 4 S 2, Abs 2 S 2 Nr 5 und 8 SGG), verbundene Anspruch auf Rechtsschutz in sozialrechtlichen Angelegenheiten stellt ein vermögenswertes Recht iS von § 115 Abs 3 S 1 ZPO dar. Dies gilt, solange der Sozialverband im Einzelfall die Gewährung von Rechtsschutz nicht abgelehnt hat oder es als sicher erscheint, dass dies geschehen wird (vgl BAG Beschluss vom 5.11.2012 - 3 AZB 23/12 - BAGE 143, 250 = AP Nr 10 zu § 115 ZPO, RdNr 13 f). Das Mitglied eines Sozialverbands muss deshalb zunächst seine satzungsmäßigen Rechte auf Prozessvertretung durch den Verband ausschöpfen. Es kann PKH - bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen - erst dann bewilligt erhalten, wenn der Verband tatsächlich keinen Rechtsschutz gewährt oder wenn im Einzelfall die (weitere) Inanspruchnahme des Verbandsrechtsschutzes unzumutbar ist (BSG Beschluss vom 12.3.1996 - 9 RV 24/94 - SozR 3-1500 § 73a Nr 4 S 5; s auch BAG aaO sowie Reyels, jurisPR-SozR 21/2011 Anm 6). Letzteres kann bei einer erheblichen Störung des Vertrauensverhältnisses zu dem vom Verband gestellten Prozessvertreter der Fall sein (vgl BAG aaO RdNr 14; BSG aaO). Dabei ist der Maßstab für triftige Gründe, die ein Absehen von der weiteren Vertretung durch einen Prozessvertreter des Verbands und den Wechsel zu einem mit Hilfe von PKH finanzierten anderen Prozessvertreter rechtfertigen können, derselbe wie für die Genehmigung des Wechsels eines im Rahmen der PKH gerichtlich beigeordneten Rechtsanwalts (BSG aaO; Reyels aaO Abschn D; s hierzu auch BFH Beschluss vom 19.3.2013 - XI S 2/13 (PKH) - BFH/NV 2013, 967 RdNr 11 mwN; zu demselben Maßstab bei Wechsel eines Notanwalts s BSG Beschluss vom 3.11.2009 - B 13 R 23/09 B - Juris RdNr 6). Das um PKH nachsuchende Verbandsmitglied ist verpflichtet, die Gründe, die für eine Unzumutbarkeit der (weiteren) Inanspruchnahme des Verbandsrechtsschutzes sprechen, gegenüber dem Gericht im Einzelnen darzulegen (vgl BAG aaO RdNr 14, 17).
Nach diesen Grundsätzen kann der Kläger nicht als mittellos iS von § 114 Abs 1 S 1 ZPO angesehen werden. Aufgrund seiner Mitgliedschaft seit April 2010 im VdK Landesverband Hessen-Thüringen hat er das Recht, in Verfahren vor dem BSG durch hierfür zugelassene Verbandsvertreter vertreten zu werden (vgl § 5 Abs 1 S 2 der Satzung des Sozialverbandes VdK Deutschland e.V. vom 14.5.2014). Die Bundesrechtsabteilung des VdK hat die Prozessvertretung in seinem Fall auch tatsächlich übernommen, Beschwerde eingelegt, Wiedereinsetzung erwirkt sowie Akteneinsicht genommen. Dass noch vor Ablauf der Frist zur Begründung der Beschwerde die weitere Vertretung des Klägers in dieser Sache niedergelegt wurde, rechtfertigt für sich genommen nicht die Annahme, der VdK habe in seinem Fall die Gewährung von Rechtsschutz abgelehnt. Das kann vielmehr auch das Ergebnis einer fachkundigen Prüfung des Prozessvertreters sein, dass das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren keine Aussicht auf Erfolg habe, weil keiner der in § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG genannten Zulassungsgründe geltend gemacht werden könne. Wenn dies mit nachvollziehbarer Begründung gegenüber dem Kläger transparent gemacht wurde, kann allein darauf die Unzumutbarkeit einer weiteren Vertretung durch diesen Prozessbevollmächtigten nicht gestützt werden (vgl BAG Beschluss vom 5.11.2012 - 3 AZB 23/12 - BAGE 143, 250 = AP Nr 10 zu § 115 ZPO, RdNr 17). Irgendwelche Umstände, aus denen sich ergeben würde, dass eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem VdK unzumutbar oder das Verhältnis zu dessen Prozessvertreter zerrüttet gewesen sein könnte, hat der Kläger trotz Aufforderung des Gerichts zur Benennung der Gründe für die Niederlegung der Vertretung durch den VdK nicht mitgeteilt. Auf dieser Grundlage könnte auch der Wechsel eines im Rahmen der PKH beigeordneten Rechtsanwalts nicht bewilligt werden.
2. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG ist ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdeeinlegungsfrist (s hierzu BSG Beschluss vom 25.10.2011 - B 13 R 251/11 B - NZS 2012, 320 RdNr 6) von einem vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten begründet worden ist (§ 160a Abs 2 iVm § 169 SGG).