Entscheidungsdatum: 22.10.2012
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 29. Mai 2012 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die ausschließlich auf Verfahrensfehler des Landessozialgerichts (LSG) gestützte Beschwerde ist unzulässig. Ein Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist nicht in der nach § 160a Abs 2 S 3 SGG gebotenen Weise bezeichnet.
Nach § 160a Abs 2 S 3 SGG muss in der Begründung der Beschwerde der Verfahrensmangel, auf dem das Urteil des LSG beruhen kann, bezeichnet werden. Eine Bezeichnung in diesem Sinne liegt nur vor, wenn die den Mangel (angeblich) begründenden Tatsachen substantiiert und schlüssig dargetan sind (stRspr, ua BSG SozR 1500 § 160a Nr 14). Das Bundessozialgericht (BSG) muss allein anhand der Begründung darüber entscheiden können, ob ein die Revisionsinstanz eröffnender Verfahrensmangel in Betracht kommt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (vgl ua Beschluss des Senats vom 29.12.2010 - B 11 AL 82/10 B - mwN). Diese Anforderungen verfehlt die vorgelegte Beschwerdebegründung.
Der Kläger und Beschwerdeführer macht geltend, die Vorgerichte hätten unter Verletzung der Amtsermittlungspflicht sowie der Verletzung des rechtlichen Gehörs angenommen, er habe grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht.
Bei diesem Vorbringen beachtet der Beschwerdeführer nicht hinreichend, dass die Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG den Revisionsrechtszug nur eröffnet, wenn geltend gemacht wird, das LSG sei einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt. Insoweit obliegt es nach ständiger Rechtsprechung jedenfalls einem anwaltlich vertretenen Beteiligten, im Berufungsverfahren gestellte Beweisanträge in der mündlichen Verhandlung oder bei Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach Erhalt der Anhörungsmitteilung ausdrücklich aufrechtzuerhalten (vgl ua BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 29; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 mwN). In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde muss konkret vorgetragen werden, dass vor dem LSG ein Beweisantrag formgerecht gestellt worden ist (vgl zu den Anforderungen BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3). Dass dies der Fall gewesen wäre, ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen jedoch nicht.
Die Beschwerdebegründung enthält vorwiegend Ausführungen zum Verfahrensablauf vor dem Sozialgericht. Verfahrensmängel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG sind jedoch Verstöße im unmittelbar vorangehenden Rechtszug (vgl ua BSG, Beschluss vom 28.1.2009 - B 6 KA 27/07 B; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 440, 445). Soweit zusätzlich vorgetragen wird, der im Berufungsverfahren anwaltlich vertretene Kläger habe bestimmte Vorgänge oder Ausführungen aus dem erstinstanzlichen Verfahren in der Berufungsinstanz "ausdrücklich vorgetragen und unter Beweis gestellt", bleibt unklar, welcher Beweisantrag mit welchem Inhalt wann gestellt und in welcher Weise ein bestimmter Beweisantrag vor der abschließenden Entscheidung des LSG aufrechterhalten worden ist.
Soweit der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der angeblichen Nichtbeachtung eines Beweisantrags auch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs behauptet, ist dies ebenfalls unzureichend. Zwar kann als Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 iVm § 62 SGG gerügt werden, das Gericht habe wesentliches Vorbringen nicht in Erwägung gezogen. Bezieht sich dieser Vorwurf jedoch auf Beweisanträge und enthält er im Kern lediglich eine Wiederholung des zu § 103 SGG Vorgebrachten, so kann die Beschwerde hierauf nicht gestützt werden, weil die in § 160 Abs 2 Nr 3 SGG geregelte Beschränkung nicht über den Umweg des § 62 SGG erweitert werden darf (vgl BSG, Beschlüsse vom 28.7.1992 - 2 BU 37/92 -, vom 20.1.1998 - B 13 RJ 207/97 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 22 und vom 3.12.2010 - B 12 KR 11/10 B).
Keine formgerechte Bezeichnung eines Verfahrensmangels enthält auch das Vorbringen, der Kläger sehe in dem vorliegenden Verfahren seine Glaubwürdigkeit in Frage gestellt. Insoweit ist nicht beachtet, dass nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 S 1 SGG (Entscheidung des Gerichts nach freier, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnener Überzeugung) gestützt werden kann.
Das Beschwerdevorbringen genügt schließlich den Anforderungen des § 160a Abs 2 S 3 SGG schon deshalb nicht, weil nicht schlüssig dargelegt ist, dass die angefochtene Entscheidung des LSG auf einem etwaigen Verfahrensmangel beruhen kann. In der Beschwerdebegründung wird der zugrundeliegende Sachverhalt nur unvollständig und nur aus der Sicht des Klägers geschildert; es bleibt unklar, wie im Einzelnen das LSG aufgrund welcher tatsächlicher Feststellungen und welcher Rechtsgrundlagen entschieden hat. Eine Bezugnahme auf vorinstanzliche Schriftsätze reicht nicht aus (vgl Beschluss des Senats vom 12.11.2008 - B 11 AL 125/08 B). Damit kann der Senat allein aufgrund der Angaben der Beschwerdebegründung nicht beurteilen, wie ein etwa vorliegender Verfahrensmangel die angefochtene Entscheidung beeinflusst haben kann. Es ist nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts, sich selbst anhand des Urteils und der Akten ein Urteil darüber zu bilden (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14; stRspr).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 SGG).