Entscheidungsdatum: 21.06.2018
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 5. Dezember 2016 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Im Streit ist ein Anspruch auf Kug sowie die Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Monate Mai bis August und Oktober 2010.
Der klagende Verein verwaltet und vermarktet treuhänderisch acht Immobilien, die sich im Eigentum der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) befinden, und führt darüber hinaus im Fremdauftrag die Objektbetreuung für zwei weitere Wohnhäuser durch. Er beschäftigte im Jahr 2010 zunächst elf Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen betriebsüblichen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden. Unter ihnen waren drei Objektbetreuer, die jeweils für bestimmte Objekte bzw für die Objektsuche für einen geplanten Zukauf zuständig waren, und zwei dem sog Bautrupp zugehörige Bauarbeiter, die Arbeiten an sämtlichen Objekten zu verrichten hatten.
Am 25.5.2010 zeigte der Kläger gegenüber der Beklagten einen Arbeitsausfall und die geplante Reduzierung der regelmäßigen betriebsüblichen wöchentlichen Arbeitszeit bei fünf Arbeitnehmern von 40 Stunden auf null Stunden mit Wirkung von Mai 2010 bis voraussichtlich April 2011 an, die den am 23.4.2010 mit den drei Objektbetreuern und zwei Mitarbeitern des Bautrupps geschlossenen Vereinbarungen über die Einführung von Kurzarbeit ab dem 1.5.2010 entsprach. Zu den Ursachen des Arbeitsausfalles gab der Kläger an, man sei von der größten internationalen Wirtschafts- und Finanzkrise besonders betroffen. Die dadurch verursachte Einschränkung der Liquidität, die durch einen Bankenboykott gegen die MLPD und den Verein selbst verstärkt werde, zwinge dazu, einen geplanten Zukauf und geplante Sanierungsmaßnahmen zu verschieben.
Am 4.6.2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Zahlung von Kug sowie die pauschalierte Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge für die fünf Kurzarbeiter im Abrechnungsmonat Mai 2010 in Höhe von insgesamt 2436,03 Euro.
Die Beklagte teilte dem Kläger mit, der Anzeige vom 25.5.2010 könne "nicht entsprochen werden" (Bescheid vom 15.6.2010). Hauptgrund für den vorhandenen Arbeitsmangel sei die bereits eingeschränkte Liquidität des Klägers, noch verstärkt durch einen Bankenboykott; diese sei somit nicht auf eine wirtschaftliche Situation zurückzuführen, sondern Folge einer politisch motivierten Krise. Den Leistungsantrag für den Abrechnungsmonat Mai 2010 und einen weiteren Antrag auf Leistungen in Höhe von 1699,55 Euro für Juni 2010 lehnte die Beklagte ab (Bescheide vom 22.6.2010 und 6.7.2010). Die Widersprüche gegen diese drei Bescheide blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 12.8.2010). Es sei nicht glaubhaft gemacht, dass die vom Kläger angeführten Vermarktungs- und Liquiditätsprobleme wirtschaftliche Gründe iS des § 170 Abs 1 Nr 1 Alt 1 SGB III aF hätten und nicht dem normalen Betriebsrisiko des Klägers zuzurechnen seien. Leistungsanträge des Klägers für Juli 2010 (1764,24 Euro) und August 2010 (3055,46 Euro) lehnte die Beklagte ebenfalls ab (Bescheide vom 16.8.2010 und 6.9.2010).
Am 31.8.2010 kündigte der Kläger die Arbeitsverhältnisse mit zwei der Objektbetreuer zum 30.9.2010 und das Arbeitsverhältnis mit einem weiteren Objektbetreuer zum 30.11.2010. Auf die am 15.9.2010 vor dem SG Gelsenkirchen (Az S 22 AL 488/10) erhobene Klage hob die Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 25.3.2011 nach einem Hinweis des Gerichts auf § 131 Abs 5 Satz 1 SGG den Widerspruchsbescheid vom 12.8.2010 auf und verpflichtete sich, nach Klärung noch offener Fragen einen neuen Widerspruchsbescheid zu erteilen. Zwischenzeitlich hatte die Beklagte weitere Leistungsanträge des Klägers für September und Oktober 2010 (1283,73 Euro bzw 1505,61 Euro für nunmehr zwei Beschäftigte) abgelehnt (Bescheide vom 11.10.2010 und 9.11.2010). Widerspruch legte der Kläger nur gegen den Bescheid ein, der den Monat Oktober 2010 betraf.
Die Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide vom 15.6.2010, 22.6.2010, 6.7.2010, 16.8.2010, 6.9.2010 und 9.11.2010 wies die Beklagte (erneut) zurück (Widerspruchsbescheid vom 3.6.2011). Die dagegen erhobene Klage blieb erfolglos (Urteil des SG Gelsenkirchen vom 31.1.2014).
Im Berufungsverfahren hat das LSG eine Aufstellung des Klägers zu den in dessen Eigentum stehenden bzw im Fremdauftrag verwalteten Immobilien mit monatlicher Auflistung der Mieteinnahmen je Objekt für die Jahre 2007 bis 2011 veranlasst, ferner Aufstellungen zu den in den Jahren 2007 bis 2009 durchgeführten Bau- und Sanierungsmaßnahmen und zum finanziellen Volumen bezüglich der einzelnen Objekte. Unter Berücksichtigung dieser Unterlagen hat es die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 5.12.2016). Der Arbeitsausfall mit Entgeltausfall beruhe weder auf wirtschaftlichen Gründen noch habe ein unabwendbares Ereignis vorgelegen. Aufgrund der feststellbaren äußeren Umstände sei nicht ersichtlich, dass der vom Kläger behauptete Liquiditätsengpass auf wirtschaftlichen Gründen beruht habe. Die Einnahmen für 2010 unterschieden sich nicht wesentlich von denen der Vorjahre. Soweit ein möglicher Kreditboykott durch als Kreditgeber infrage kommende Banken Grund für den Liquiditätsengpass sei, stelle dieser mangels zeitlicher Begrenzung kein unabwendbares Ereignis iS des § 170 Abs 1 Nr 1 Alt 2 SGB III aF dar. Der bereits seit 2006 andauernde Boykott sei ein dauerhaftes strukturelles Geschäftsproblem des Klägers, denn seit Jahren könne er sich im üblichen Kreditgeschäft der Banken nicht mehr bewegen.
Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision macht der Kläger eine Verletzung von § 170 Abs 1 Nr 1 Alt 2 und Nr 2 SGB III aF geltend. Entgegen der Auffassung des LSG könne ein anhaltender Kreditboykott durch Kreditinstitute ein unabwendbares Ereignis im Sinne der genannten Norm darstellen und einen Anspruch auf Kug begründen, wenn es hierdurch infolge Liquiditätseinschränkung zu einem Arbeitsausfall komme. Ein solcher Boykott sei vergleichbar mit dem Regelbeispiel einer behördlichen oder behördlich anerkannten Maßnahme iS von § 170 Abs 3 Satz 2 SGB III aF und nicht als ein kontinuierlicher gesellschaftlicher Prozess des Akzeptanzverlustes eines Produktes auf dem Markt anzusehen. Unter einem Ereignis sei auch nicht nur ein zeitlich begrenztes und vorübergehendes Geschehen zu verstehen; zeitlich begrenzt und vorübergehend müsse allein der durch das Ereignis hervorgerufene Arbeitsausfall sein. Dies sei vorliegend der Fall, da im Laufe der Zeit der Boykott der Kreditinstitute durch die Gewinnung von privaten Darlehensgebern ausgeglichen und damit der Liquiditätsengpass habe überwunden werden können. Entgegen der Auffassung des LSG könne daher nicht von einem dauerhaften strukturellen Geschäftsproblem gesprochen werden.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 5. Dezember 2016 sowie des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 31. Januar 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 15. Juni 2010 sowie der Bescheide vom 22. Juni 2010, 6. Juli 2010, 16. August 2010, 6. September 2010 und 9. November 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juni 2011 zu verurteilen, den betroffenen Arbeitnehmern Kurzarbeitergeld für die Monate Mai, Juni, Juli, August und Oktober 2010 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
Die Revision des Klägers, der in zulässiger Weise Rechte der Arbeitnehmer seines Betriebs auf Kug im Wege der Prozessstandschaft geltend macht (vgl nur BSG vom 14.9.2010 - B 7 AL 21/09 R - SozR 4-4300 § 173 Nr 1 RdNr 10 mwN), ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Das LSG hat seine Berufung gegen das klageabweisende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen, denn ein Anspruch auf Kug und auf die Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen für die betroffenen fünf Arbeitnehmer besteht nicht.
Streitgegenstand ist neben den Entscheidungen der Vorinstanzen zunächst der Bescheid vom 15.6.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.6.2011. Durch diesen Bescheid hat die Beklagte in der Sache - trotz der gewählten Formulierung, der Anzeige nicht entsprechen zu können - die Feststellung eines Arbeitsausfalls und die betrieblichen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Kug im Anerkennungsverfahren abgelehnt (sog negativer Anerkennungsbescheid); diese Feststellungen sind auf der ersten Stufe des zweistufig konzipierten Verwaltungsverfahrens zu treffen (vgl § 173 Abs 3 SGB III in der vom 1.1.2004 bis zum 31.3.2012 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 - BGBl I 2848, nunmehr § 99 Abs 3 SGB III; vgl dazu BSG vom 14.9.2010 - B 7 AL 21/09 R - SozR 4-4300 § 173 Nr 1 RdNr 16). Darüber hinaus sind Streitgegenstand die im Leistungsverfahren (der zweiten Stufe des Verwaltungsverfahrens) ergangenen Bescheide vom 22.6.2010, 6.7.2010, 16.8.2010, 6.9.2010 und 9.11.2010, jeweils ebenfalls in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.6.2011, mit denen die Zahlung von Kug und die pauschalierte Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge für die Monate Mai, Juni, Juli, August und Oktober 2010 abgelehnt worden sind. Werden sowohl der negative Anerkennungsbescheid als auch ablehnende Leistungsbescheide angegriffen, ist richtige Klageart allein die hier auch erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 1, 4 SGG (BSG vom 28.7.1987 - 7 RAr 92/85 - juris RdNr 18 f; BSG vom 15.2.1990 - 7 RAr 22/89 - juris RdNr 15). Der Kläger begehrt die Geldleistungen für die betroffenen fünf Arbeitnehmer auch zulässigerweise dem Grunde nach (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG).
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs ist § 169 Satz 1 SGB III (in der vom 1.4.2006 bis 31.3.2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Förderung ganzjähriger Beschäftigung vom 24.4.2006 - BGBl I 926, nunmehr § 95 SGB III). Hiernach haben Arbeitnehmer Anspruch auf Kug, wenn ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt (Nr 1), die betrieblichen (Nr 2) sowie die persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind (Nr 3) und der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit angezeigt worden ist (Nr 4). Erheblich ist ein Arbeitsausfall nach § 170 Abs 1 Nr 1 SGB III (in der vom 1.1.2009 bis 27.12.2011 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen und zur Änderung anderer Gesetze vom 21.12.2008 - BGBl I 2940, nunmehr § 96 SGB III; im Folgenden: aF), wenn er auf wirtschaftlichen Gründen (Alt 1) oder einem unabwendbaren Ereignis (Alt 2) beruht.
Ergänzend zu § 170 Abs 1 Nr 1 Alt 1 SGB III aF bestimmt § 170 Abs 2 SGB III aF, dass ein Arbeitsausfall auch dann auf wirtschaftlichen Gründen beruht, wenn er durch eine Veränderung der betrieblichen Strukturen verursacht wird, die durch die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung bedingt ist. Anknüpfungspunkt für die Bestimmung eines wirtschaftlichen Grundes ist mithin die "allgemeine wirtschaftliche Entwicklung". Der Begriff schließt deshalb alle Arbeitsausfälle ein, die sich aus der Gesamtheit der laufenden Produktions- und Konjunkturvorgänge, den Veränderungen des Wirtschaftskreislaufes und damit aus der Teilnahme des Betriebs am Wirtschaftsleben ergeben (so bereits BSG vom 29.4.1998 - B 7 AL 102/97 R - BSGE 82, 124 = SozR 3-4100 § 64 Nr 4, juris RdNr 21 ff, noch zu § 64 AFG; BSG vom 15.12.2005 - B 7a AL 10/05 R - BSGE 96, 14 = SozR 4-4300 § 170 Nr 1, RdNr 15). Ein "Beruhen" des Arbeitsausfalls auf solchen Gründen ist dann anzunehmen, wenn diese Gründe ursächlich im Sinne einer wesentlichen Bedingung für den Arbeitsausfall gewesen sind (vgl nur BSG vom 29.4.1998 - B 7 AL 102/97 R - BSGE 82, 124 = SozR 3-4100 § 64 Nr 4, juris RdNr 31; ausführlich Bieback in Gagel, SGB II/SGB III, § 96 SGB III RdNr 60 ff, Stand Oktober 2016).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das LSG ausgehend von seinen nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen (§ 163 SGG) ohne Rechtsfehler verneint, dass hier wirtschaftliche Gründe den Arbeitsausfall wesentlich verursacht haben. Trotz der veränderten wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen infolge der Immobilienkrise in den USA hat es nach den vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen keine zusätzlichen Leerstände in den verwalteten Objekten und ebenso wenig signifikante Unterschiede zwischen den Einnahmen des Klägers im Jahre 2010 und denen der Vorjahre gegeben. Ein möglicherweise eingetretener Liquiditätsengpass des Klägers im Jahre 2010 kann deshalb nicht durch die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung bedingt sein.
Das LSG hat auch zutreffend erkannt, dass ein Liquiditätsengpass, wenn er tatsächlich auf einen Kreditboykott der als Kreditgeber infrage kommenden Banken zurückzuführen sein sollte, nicht als ein unabwendbares Ereignis iS des § 170 Abs 1 Nr 1 Alt 2 SGB III aF anzusehen wäre. Ein unabwendbares Ereignis liegt insbesondere vor, wenn ein Arbeitsausfall auf ungewöhnlichen, dem üblichen Witterungsverlauf nicht entsprechenden Witterungsgründen beruht (§ 170 Abs 3 Satz 1 SGB III aF). Ein solches Ereignis ist aber auch dann anzunehmen, wenn ein Arbeitsausfall durch behördliche oder behördlich anerkannte Maßnahmen verursacht ist, die vom Arbeitgeber nicht zu vertreten sind (§ 170 Abs 3 Satz 2 SGB III aF). Diese gesetzliche Konkretisierung des Begriffs "unabwendbares Ereignis" spricht dafür, dass es sich um ein zeitlich begrenztes, außergewöhnliches und von außen auf den Betrieb einwirkendes Geschehen handeln muss, das den Betrieb vergleichbar den äußeren Witterungsereignissen trifft (vgl BSG vom 15.12.2005 - B 7a AL 10/05 R - BSGE 96, 14 = SozR 4-4300 § 170 Nr 1; BSG vom 11.12.2014 - B 11 AL 3/14 R - SozR 4-4300 § 170 Nr 3 RdNr 14).
Entgegen der Auffassung der Revision und mit dem LSG ist ein gerade auch in zeitlicher Hinsicht begrenztes Geschehen zu verlangen (vgl BSG vom 15.12.2005 - B 7a AL 10/05 R - BSGE 96, 14 = SozR 4-4300 § 170 Nr 1, RdNr 18 und BSG vom 11.12.2014 - B 11 AL 3/14 R - SozR 4-4300 § 170 Nr 3 RdNr 14). Dies folgt schon aus dem allgemeinen Verständnis des Begriffs "Ereignis", welcher eine vom bestehenden Zustand abweichende, überraschend und plötzlich eintretende Lage beschreibt. Ein sich allmählich entwickelndes bzw sich länger hinziehendes Geschehen kann in Abgrenzung dazu nicht mehr als Ereignis angesehen werden, das einen Anspruch auf Kug begründen kann (vgl Bieback in Gagel, SGB II/SGB III, § 96 SGB III RdNr 39, Stand Oktober 2016; Wehrhahn in Eicher/Schlegel, SGB III nF, § 96 RdNr 31, Stand März 2015). Soweit die Revision auf die Beherrschbarkeit besonderer Umstände als Anspruchsvoraussetzung für das Kug abstellen will, vermag dem im Hinblick auf das Verständnis des Begriffs "unabwendbar" möglicherweise Bedeutung zukommen (vgl - auch zur Wechselwirkung zu dem eigenständigen in § 170 Abs 1 Nr 3 SGB III aF geregelten Merkmal der "Vermeidbarkeit" - Bieback in Gagel, SGB II/SGB III, § 96 SGB III RdNr 40, 108, Stand Oktober 2016). Dies ist jedoch nicht geeignet, das Verständnis des Begriffs "Ereignis" an sich zu relativieren.
Gestützt wird diese Auslegung durch die Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Regelung. Unter einem "unabwendbaren Ereignis" war schon nach der Begründung des Regierungsentwurfs zum Arbeitsförderungsgesetz (AFG) "jedes objektiv feststellbare Ereignis, das auch durch äußerste, nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt nicht abzuwenden war" zu verstehen (BT-Drucks V/2291 S 70 zu § 59 Abs 1 Nr 1). Mit Kug als Leistung der aktiven Arbeitsförderung (vgl § 3 Abs 3 Nr 5, Abs 4 Nr 4 SGB III) soll somit nicht das gesamte Betriebs- und Wirtschaftsrisiko auf die Solidargemeinschaft verlagert werden, sodass eine rein innerbetriebliche Entwicklung als Ursache für den Arbeitsausfall nicht genügt (vgl BSG vom 15.12.2005 - B 7a AL 10/05 R - BSGE 96, 14 = SozR 4-4300 § 170 Nr 1, RdNr 14 ff; BSG vom 11.12.2014 - B 11 AL 3/14 R - SozR 4-4300 § 170 Nr 3 RdNr 14).
Vor diesem Hintergrund ist das vom LSG als plausibel angesehene geschäftsfelduntypische Marktverhalten verschiedener Kreditinstitute zum Nachteil des Klägers, dem trotz guter Bonität keine Geschäftskredite gewährt wurden, nicht als Ereignis iS von § 170 Abs 1 Nr 1 Alt 2 SGB III aF zu beurteilen. Denn der Kläger war nach den weiteren Feststellungen des LSG schon seit 2006 und auch über den streitbefangenen Zeitraum im Jahre 2010 hinaus mit diesem Verhalten konfrontiert. Das von der Revision präferierte Anknüpfen an einzelne Kreditablehnungen als Ereignis wird diesem tatsächlich über Jahre andauernden Verhalten nicht gerecht. Unabhängig davon wie dieses zivilrechtlich und politisch zu bewerten ist, fehlt ihm deshalb die zeitliche Begrenzung, um als wesentliche Ursache für einen erheblichen Arbeitsausfall im Sinne der Vorschriften zum Kug in Betracht kommen zu können.
Selbst wenn dieses langjährige Marktverhalten tatsächlich auch die Ursache für - möglicherweise sogar nur vorübergehende - Liquiditätsengpässe des Klägers gewesen sein sollte, könnten diese innerbetrieblichen Folgewirkungen ebenfalls nicht als außergewöhnliches und von außen auf den Betrieb einwirkendes Geschehen beurteilt werden. Sie wären letztlich nur Ausdruck von auf Dauer angelegten Akzeptanzproblemen des Klägers als Akteur im Wirtschaftsleben, die dessen Risikosphäre angehören (vgl BSG vom 15.12.2005 - B 7a AL 10/05 R - BSGE 96, 14 = SozR 4-4300 § 170 Nr 1, RdNr 18; zur gewissen Unschärfe dieser Abgrenzung aber auch Bieback in Gagel, SGB II/SGB III, § 96 SGB III RdNr 24, Stand Oktober 2016). Im Spannungsverhältnis der Entlastungsziele des Kug (dazu zuletzt BSG vom 11.12.2014 - B 11 AL 3/14 R - SozR 4-4300 § 170 Nr 3 RdNr 16; vgl zur Funktion und zum Funktionswandel des Kug Bieback in Gagel, SGB II/SGB III, Vor § 95 SGB III RdNr 4 f, 33 ff, Stand Oktober 2016) zum Betriebs- und Wirtschaftsrisiko der Unternehmen sind Unternehmer vor der Verwirklichung von Risiken, die der wirtschaftlichen Betätigung von vornherein innewohnen, aber gerade nicht durch die Zahlung von Kug geschützt.